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Neueste Bewertungen für Niemegk im Bereich Kunst & Unterhaltung

  1. Userbewertung: 4 von 5 Sternen

    Wie der Name es schon verrät, stammt die Postmeilensäule aus der Zeit, als die Stadt Niemegk (55 km südwestlich von Berlin) noch zum Kurfürstentum Sachsen gehörte.

    Als fürsorglicher Landesvater wollte Kurfürst Friedrich August I. (bekannt als August der Starke / 1670-1733 / seit 1694 Herzog und Kurfürst v. Sachsen und seit 1697 König v. Polen und Großfürst v. Litauen) den Reisenden und fahrenden Händlern in seinem Reich das Leben etwas leichter machen, damit diese besser wussten, wie lange man denn so ungefähr unterwegs sein würde, denn Navis und Routenplaner gabs damals ja noch nicht.

    Aus diesem Grund befahl der Kurfürst ab 1721 die Errichtung von Distanz- bzw. Postmeilensäule, auf denen die Entfernungen zu anderen Städten in Meilen bzw. Reisestunden angegeben waren. Mit den Meilen war das so eine Sache, denn man musste schon wissen, in welchem der deutschen Lande man sich gerade befand, variierten die Längen der Meilen doch z.T. erheblich. Die Angabe in Reisestunden war da schon zuverlässiger.
    Grundlage zur Errichtung der Säulen waren die kartographischen und Vermessungsarbeiten des kursächsichen Land- und Grenzkommissars Adam Friedrich Zürner (1679-1742 / sächsischer Kartograph) in den Jahren von 1713 bis 1718.

    Eine solche Säule steht in Niemegk. Wie alle Postsäulen wurde sie ursprünglich vor dem Stadttor errichtet. Die Stadtbefestigung hat Niemegk nicht mehr und so steht die Säule heute an der Kreuzung Wittenberger Straße/Lindenstraße in der Stadt.
    Zürner hatte ursprünglich für beide Niemegker Stadttore Säulen vorgesehen. Wie andere sächsische Städte verweigerte auch der Stadtrat von Niemegk zunächst die Aufstellung der Säulen – aus Kostengründen. Der Kurfürst befahl zwar 1725 deren Aufstellung, bezahlen mussten aber die betroffenen Städte. Und dass die Kommunen finanziell klamm sind ist keine Erfindung der Neuzeit.

    Der Bürgermeister von Niemegk legte Widerspruch gegen die Säulen ein und weigerte sich standhaft, diese in Auftrag zu geben. Man erreichte lediglich, dass nur eine Säule vor dem südlichen Stadttor errichtet werden musste.
    An der Weigerung änderte sich auch nichts, als August der Starke 1727 die Aufstellung der einen Säule anmahnte.

    Schließlich riss dem Landesherren der Geduldsfaden und er forderte die Stadt unter Androhung eines Strafgeldes ultimativ zur Errichtung der Meilensäule auf.
    Da den Niemekgern der örtliche Steinmetz zu teuer war, beauftragten sie seinen Kollegen in Torgau, der die verzierte Sandsteinsäule 1729 schließlich errichtete.

    Allerdings zeigte sich der Stadtrat weiterhin renitent und bockig: er verweigerte die Bezahlung des Steinmetzes. Und so kam es wie es kommen musste: der Steinmetz nahm sich einen Anwalt, damals Advokat genannte, und ging vor Gericht. Das verdonnerte die Stadtväter von Niemegk zur Zahlung der ausstehenden Kosten – allerdings mit Jahren Verzögerung.

    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erlangten die sächsischen Kurfürsten von Gnaden des französischen Kaisers Napoleon I. (1769-1821 / 1804-1814 und 1815 Kaiser der Franzosen) die Würde als Könige v. Sachsen, erkauften sich diese Standeserhöhung allerdings mit dem politischen und militärischen Bündnis mit Frankreich.

    Der Fortgang der Geschichte ist bekannt: Frankreich und seine Verbündeten unterlagen 1814 und dann nochmals 1815 den Alliierten, zu denen auch Preußen gehörte.

    Auf dem Wiener Kongress von 1815 erhielt Sachsen dann die Quittung für seine Vasallentreue. Zwar blieb Sachsen Königreich, verlor aber große Gebiete. Dazu gehörten auch heute im Bundesland Brandenburg liegende Landesteile. 1815 wechselten daher in Niemgk die Landesherren – die Stadt kam an das Königreich Preußen.

    Obwohl Symbol der einstigen Zugehörigkeit der Stadt zu Sachsen, bleib die Postmeilensäule auch unter den Preußen stehen.
    In den 1930er Jahren wurde die Säule erstmals restauriert. Zunehmender Verfall durch Verwitterung machte 1969 eine erneute Restaurierung nötig, bei der beschädigte Teile gegen Repliken ausgetauscht wurden. 1999 erfolgte eine Generalsanierung.

    Da es sich um standardisierte Säulen handelt, sehen sie im Prinzip überall im ehemals kursächsichen Gebiet gleich aus, egal welcher Steinmetz sie schuf. Lediglich die Städte und die Entfernungsangaben sind unterschiedlich.

    Über dem Posthorn im unteren Teil ist in der Niemegker Säule die Jahreszahl 1725 eingelassen – das Jahr, in dem der Kurfürst den Befehl zu Errichtung gab.

    Die Säule trägt die Krone und das Wappen von Sachsen und die Krone des Königreichs Polen sowie das königlich-polnisch-litauische Wappen, bildete Polen in dieser Zeit einen Staatenbund mit Litauen. Da Sachsen damals durch die Wahl der sächsischen Kurfürsten zu Königen von Polen mit Polen und Polen mit Litauen in Personalunion verbunden war, waren die sächsischen Kurfürsten neben Königen von Polen auch Großfürsten von Litauen.
    Die blaue Namenskartusche trägt die verschlungenen goldenen Buchstaben „A“ (für August) und „R“ (für Rex = König).

    Die Entfernungen zu verschiedenen Orten in der näheren und weiteren Umgebung sind in Reisestunden zu Pferd, bis auf die Achtelstunde genau, angegeben. Nach Berlin waren es damals z.B. 17 ¼ Stunden.

    Fazit: Schöne Sehenswürdigkeit.

    geschrieben für:

    Freizeitanlagen / Kultur in Niemegk

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    Ein golocal Nutzer Die Postmeilensäulen findet man sehr oft. Sind interessant, wenn man die "Reisegeschwindigkeiten" bedenkt. Anstrengend für die Reisenden und auch Gefahren waren genügend vorhanden. Schön geschildert!
    Ausgeblendete 8 Kommentare anzeigen
    Ein golocal Nutzer Nee alle Pferde waren nicht schneller. So gut waren die Kutschen auch nicht, vor allem doch auch schwer ! @grubmard Glückwunsch zum schnellen verdienten Daumen.
    Calendula Gruß und Glückwunsch aus Marburg.
    Der Bürgermeister von Niemegk hat mein Sympathie. -)
    Sedina Gut, dass es keine Seemeilensteine gibt....
    Glückwunsch zur interessanten Geschichte und zum Grünen Daumen!
    Sedina An Bojen machen Boote fest (Ausnahme:Klotzbojen).
    Was Du meinst sind "Tonnen". Die markieren das Fahrwasser und haben unregelmäßige Abstände, die vom Verlauf des Fahrwassers abhängen (bei geradem Verlauf können die Abstände größer sein, als bei Biegungen, jedoch muss von der einen Tonne aus die nächste sichtbar sein).

    bestätigt durch Community

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