Gegenüber der evangelischen Selalduskirche versteckt sich unter dem vermeintlich "altem Rathaus" - das gar nicht danach aussieht, eine der spannendsten und zugleich gruseligsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, die so genannten Lochgefängnisse. Zu der Zeit, in der sie rege benutzt wurden, ist keiner der Insassen freiwillig rein gekommen, denn man galt, im Gegensatz zu unserer Zeit, schon von vorne hinein als schuldig!
Diese Einrichtung ist im weitesten Sinne mit einem Untersuchungsgefängnis... weiterlesen vergleichbar. Doch bevor ich weiter darauf eingehe ein kleiner Hinweis: egal wie das Wetter an der Oberfläche ist, darunter ist es stets paar Grad kälter, also an eine Jacke denken, bevor man in die mittelalterliche Unterwelt "abtauchen" kann, wird der lächerliche Betrag von gerade mal 3,50 €/ 1,50 € an der Kasse als Obolus entrichtet. Da der Führer gleichzeitig als Kassierer fungiert, muss man auf die Uhr über dem Kassenhäuschen achten, denn dort werden die Zeiten, wann die Führung stattfindet! Wenn keiner da ist, dann erst recht.
Dem Einwand meines Freundes, dass es eine Altersuntergrenze geben sollte, ab der man es überhaupt betreten darf, würde ich voll zustimmen, denn die Ausführungen des Führers sind nichts für schwache Nerven. Bei unserem Besuch gab es einen Grundschüler, der sehr forsch an die Sache heranging, doch man muss bedenken, dass nicht jedes Kind in gleicher weise auf das Gesehene reagiert, wie der "kleine Mann". Aus unserer Sicht ist es erst frühestens ab 10 Jahren ein Besuch empfehlenswert, denn mir ist nicht bekannt, ob es eine besondere Führung für jüngeres Publikum geboten wird, auf der Homepage steht jedenfalls nichts der gleichen.
Da das Rathaus die oberste Justizinstanz in Nürnberg darstellte, was lag da näher, als die Gefängnisse darunter zu errichten. Bei diversen Führungen hieß es, dass die Gänge unter der Stadt sehr weitläufig sind und es bei näherer Betrachtung nach einem Labyrinth aus Gängen und Wegen, die die Stadt von unten wie einen Löcherkäse aussehen lassen.
Wenn man sich in diese nicht nur bildlich gemeinte dunkle Welt begibt, merkt der Besucher bald, wie die nasskalte Lufthauch durch die Glieder fährt, den Effekt wird auch noch durch den historischen Hintergrund verstärkt. Die freie Reichsstadt Nürnberg ließ beim Bau des Rathauses im 14. gleichzeitig diese Räume errichten.
Bei dem Rundgang, der ca. 30 min. dauert, sieht man die unterschiedlichen Zellen, die je nach dem Grund für die Einkerkerung ein wenig unterschiedlich ausfallen: hinter dem ersten Eingang, der in eine Art Übergangsbereich darstellt, gelangt man zum einen in die Todeszellen oder die sog. "normalen", wo man bis zum Geständnis festgehalten wurde.
Die gravierendsten Unterschiede sind, dass die bereits verurteilten Tag und Nacht von zwei Wächtern bewacht wurden und auf das Licht nicht verzichten brauchten. Bei der anderen Gruppe wurden die Insassen an Händen und Füßen angekettet, und auch noch nackt wurden sie in einen Holztrog mit 2 weiteren Insassen (und auch noch in eigenen Ausscheidungen sitzend) verbrachten sie ihre Zeit! Es ist nicht gerade angenehme Vorstellung.
Das ganze wurde auch noch damit getoppt, dass der stockdunkle Raum holzvertäfelt ist und zusätzlich jede Frischluftzufuhr fehlt, bewirkt es einen saunaartigen Effekt, dass die Insassen bewusst damit mürbe gemacht werden sollen. Wer mutig genug ist, (so wie ich) kann es selbst versuchen, doch bei den modernen Besuchern bleibt die Außentür geöffnet! Bei den "Todeszellen" gibt es wenigstens eine Art Plumsklo, doch bei ständiger Beobachtung, ich weiß ja nicht...
Die sprichwörtliche Henkersmahlzeit wurde in einem separaten Raum verrichtet, die Kosten dafür übernahm die Stadtkasse.
Zwei Zellen möchte ich nicht unerwähnt lassen: bei dem, an dem auf der Tür ein roter Hahn steht, war den Schwerverbrechern der Zeit - Brandstiftern vorbehalten, diese Tat führte unweigerlich in den Tod, das gleiche galt auch bei jenen, die ein Raum weiter sich befanden: bei dem mit der schwarzen Katze (nur mit sehr viel Phantasie erkennbar), denn das waren die Verleumder gewesen...
Wenn man denkt, dass hatte sich nur im finsteren Mittelalter abgespielt, der irrt sich, denn als Gefängnis wurde es bis 1813 benutzt! Doch zum Teil liegt man mit der Vermutung richtig, denn die Folterinstrumente (relativ überschaubare Menge) kann man meistens als Kopien in den "Vierhörräumen" bewundern.
Zu viele Details möchte ich nicht verraten, denn sonst macht es bei einem Besuch keinen Spaß, wenn man alles vorher schon weißt, doch eins möchte ich nicht vorenthalten: der berühmteste Insasse war der namhafte Bildhauer Veit Stoß gewesen, der wegen Urkundenfälschung (heute würde es eher als Betrug gelten), denn er hatte ein Wechsel manipuliert. Die Mindeststrafe war die Blendung (...bis zu Todesstrafe...), doch durch die Fürsprache einflussreicher Gönner wurde es umgewandelt...
Die Zeiten waren rau und brutal, das kann man hier hautnah erfahren, was ich jedem Geschichtsinteressierten nahe liegen möchte!
Die Öffnungszeiten sind: April bis Oktober 10-16:30 und im Winter bis 16 h; wegen der baulichen Gegebenheiten (eng und rutschig) ist es für Rollifahrer gänzlich ungeeignet![verkleinern]