Eine Runde durch Oberhavel führte mich zum Tongrubenweg nach Zehlendorf. Da wollte ich doch mal schauen, ob es da etwas Interessantes gibt.
Ja ich habe was gefunden, die historisch bedeutungsvollen etwa 3 Hektar große Zehlendorfer Tongrube oder auch den Zehlendorfer Tonstich. Sie / er liegt etwa 1,5 km weg von der Alten Dorfstraße, zu erreichen über den mich auf die „Suchidee“ bringenden Zehlendorfer Tongrubenweg.
Dort fand ich eine Stele, die darauf hinwies, dass hier zu unrühmlichen... weiterlesen
deutschen Zeiten eine Außenstelle des KZ-Sachsenhausens war. Dieser Ort des Martyriums und Todes wird von der Außenwelt aus meiner Sicht eher gar nicht mehr wahr genommen.
Während ich so die Stele fotografierte wurde ich von einer sehr netten Frau angesprochen, sie erkundigte sich, ob ich etwas suche.
Natürlich suchte ich nichts, hatte ja gerade etwas Interessantes und wahrscheinlich eher Vergessenes gefunden. Daraufhin begann sie, mir von der Geschichte der Tongrube, der Häftlinge, des Grundstückes und des Gebäudes zu berichten. Als sie mir etwas von einem Bahnsteig sagte, bat ich diesen fotografieren zu dürfen und ich dürfte auf ihr Grundstück. Während sie weiter erzählte fotografierte ich Teile des ehemaligen Bahnsteiges der Bahnlinie. Weiter sind nur noch die Reste des Bahndammes offensichtlich aus dem Abraum der Grube aufgeschüttet in Richtung Westen (ehemaliges zum KZ Sachsenhausen gehörendes Klinkerwerk) zu sehen. Da das Bahnhofsgebäude bzw. SS-Wachgebäude heute Wohnhaus ist, habe ich es nicht fotografiert.
Die Ahnen der jetzigen Bewohner haben es nach direkt nach dem Krieg bezogen. Damals war die Tongrube noch knapp 25 Meter tief. Heute werden es noch 15 Meter sein.
Vor Jahren seien 3 ehemalige Häftlinge an den Ort ihres Grauens zurück gekehrt. Sie haben beim Anblick der Anlage wegen der aufkommenden Erinnerungen geweint. Ich kann das verstehen, das war äußerst bewegender Moment für alle Anwesenden, die Erinnerungen, das Leid, die Gefühle und die Schmerzen kam wieder direkt in ihr Bewustsein. Ich mag und kann mir das alles gar nicht vorstellen.
Anfänglich wurden die Häftlinge mit Lkw bis 1,5 km vor die Grube gefahren, ab da mussten das von allen Häftlingen gefürchtete Strafkommando „Kommando Tongrube“ laufen. 1939 mussten sie dann eine Kleinbahnbauen, deren Loren auch für die Anfahrt zur "Separathölle Tongrube" genutzt wurden. Ein Dampfbagger stand für die Abraumbeseitigung zur Verfügung. Für die Tonförderung gab es zwei Eimerbagger. Nach Kriegsende wurde die komplette Gerätschaft als Reparationszahlung abtransportiert.
Der berüchtigtste Aufseher war der SS-Kommandoführer der Tongrube Zehlendorf Busse, genannt „der Bademeister“, weil er Häftlinge zwischen den rollenden Loren Strafsport machen ließ oder sie mit gezielten Fußtritten zum Stürzen brachte, sie wurden überrollt, ertranken oder unterkühlten sich derart, dass sie daran starben oder Selbstmord begingen. Hier bekam „Hinter den Zug werfen“ seine inhaltliche Bedeutung her, denn die Loren rollten zurück..........
In dem unveröffentlichten Manuskript von Joachim Müller: „Befragungen in der Region Tongrube vom April 1990“ steht, dass zum Kommando Tongrube auch Gefangene aus den von der Wehrmacht besetzen Ländern, u.a. Franzosen und Polen gehörten. Vom letzten »Kommando Tongrube« sollen nur 7 Häftlinge überlebt haben.
In der Veröffentlichung von Joachim Müller steht weiter zur Tongrube Zehlendorf: „In der Voruntersuchung zum zweiten Prozeß »Otto Kaiser« teilte der Zeuge W., der zeitweise Lokomotivführer der Tonbahn war, mit, daß im »Todeskommando Tongrube [ ] täglich insbesondere jüdische Häftlinge sowie Homosexuelle und Bibelforscher zu schwerster Arbeit angetrieben wurden.«10 Der ehemalige Sachsenhausen-Häftling Heinz Heger nennt diese Tongrube »das Auschwitz für die Homosexuellen. “
Quelle für obrigen Angabe und Zitate:
- die Stele vor dem umfriedeten Grundstück
- der Bericht der Bewohnerin und
- die Internetseite des GedenkstättenForum
https://www.gedenkstaettenforum.de/nc/aktuelles/einzelansicht/news/das_klinkerwerk_oranienburg-1/
ABSATZ
Heute ist die Tongrube fast ein Paradies. Ich durfte auf die ehemalige Insel am Tongrubenweg und die Grube fotografieren. In ein paar Metern Abstand ist ein seltsames Holzgestell im Wasser. Darauf angesprochen sagte sie uns, das ist ein Land-, Rast-und Sturzflugstartplatz für den blauen Diamanten, den Eisvogel. Wenn der dort wohnt, ist die Natur garantiert noch in Ordnung.
Ich bedankte mich mich für Informationen und die Möglichkeit, das anschauen und fotografieren zu dürfen und machte mich weiter auf den Weg.
Bei etwas schönerem Wetter werde ich noch versuchen, eine Runde um den Stich zu drehen, natürlich und auch auf Anraten der netten Frau entsprechen in wasserfestem Schuhwerk.
Übrigens, der Tonstich wird vom DAV bewirtschaftet und Angler fangen u. a. Aale, Hechte, Flussbarsche, Karpfen, Brassen, Rotfedern, Güster, Rotaugen, Schleie, Ukelei und Welse.
Schlusswort:
Ich hoffe, mit der Erinnerung an diesen Platz einen Beitrag dafür zu leisten, dass dieser geschichtsträchtige Ort nicht komplett in Vergessenheit gerät und weiter in der Versenkung verschwindet.
UND, mir ging das alles doch recht nahe,
es bedrückt mich,
beim Hören, Recherchieren und Schreiben...[verkleinern]