Neben der Gedenkstätte für das 1936 von den Nazis in Oranienburg (15 km nördlich von Berlin) als „Schutzhaftlager“ errichtete KZ Sachsenhausen gibt es hier zahlreiche weitere Gedenkorte, die sich auf das braune und später rote Terrorlager beziehen, denn nach 1945 nutzte der sowjetische Geheimdienst NKWD Sachsenhausen als Internierungslager weiter.
Der Gedenkort „SS-Schießstand im Klinkerwerk“ bezieht sich aber auf die braune Zeit, auch wenn die Geschichte des Schießstands 1945 nicht... weiterlesen
endete.
Mit der Errichtung des KZ Sachsenhausen war auch eine Bewachung des Lagers erforderlich. Im III. Reich waren dafür SS-Verbände zuständig.
Für Sachsenhausen übernahm das 1934 gebildete SS-Sonderkommando „Oranienburg/Sachenhausen“ die Bewachung, das 1935 mit dem Sonderkommendo „Columbia“ zur SS-Wachgruppe V „Brandenburg“ zusammengeschlossen wurde und die im zur Kaserne umfunktionierten Oranienburger Schloss stationiert war. 1936 wurde der Verband in SS-Totenkopf-Sturmbann V „Brandenburg"und 1937 in SS-Totenkopf-Standarte 2 „Brandenburg" umbenannt.
Eben diese Truppe brauchte als militärischer Verband auch was fürs Schießtraining. Dafür pachtete man von der Stadt Flächen direkt an der Schleuse Lehnitz am Ostufer des Hohenzollernkanals (heute Havel-Oder-Wasserstraße) und errichtete einen Schießstand für Infanteriewaffen.
Es entstand eine in West-Ost-Richtung verlaufende Anlage mit vier, 300 m langen Schießbahnen, die an den Seiten und am Ende mit Kugelfängen aus Erdwällen begrenzt ist.
Am westlichen Rand wurde eine steinerne Baracke ua. für den Schießplatzkommandanten und die Wache errichtet.
Ab März 1938 ließ sich die SS die Schießanlage innerhalb von 8 Monaten errichten. An Arbeitskräften war kein Mangel – sie standen in Form von Häftlingen aus dem KZ Sachsenhausen in ausreichender Anzahl kostenlos zur Verfügung.
Vor allem jüdische Häftlinge, Homosexuelle und Zeugen Jehovas wurden hier zur Zwangsarbeit herangezogen.
Zahlreiche Häftlinge überlebten den Bau des Schießplatzes nicht. Sie starben an Erschöpfung/Entkräftung oder bei Arbeitsunfällen oder durch die Willkür der SS-Wachen.
Wer beim Militär schon mal Wache gestanden hat, weiß wie endlos langweilig diese militärische Tätigkeit sein kann. Die zur Bewachung der zwangsarbeitenden Häftlinge eingesetzten SS-Wachen wussten sich zu helfen. Sie steckten den Postenbereich, den die Häftlinge nicht verlassen durften, mit Fähnchen ab. Dann trieben einige SS-Leute wahllos Häftlinge über die Postenlinie. Andere SS-Leute erschossen dann diese Häftlinge „auf der Flucht“, nur so – aus Spaß und weil sie es konnten …
Das kommt dabei heraus, wenn, unterstützt von einer menschenverachtenden Ideologie, alle menschlichen Regungen verloren gehen und Menschen in lebenswertes und lebensunwertes Leben eingeteilt werden, sich Menschen Kraft ihrer Macht über andere Menschen erheben.
Ansichten, die sich auch heute wieder Einige in Deutschland, Europa und sonst wo auf der Welt auf ihre Fahnen geschrieben haben. Ein deutscher Politiker vom neuen rechten braun-blauen Rand nannte dass, was in den 12 Jahren passierte, einen „Fliegenschiss“ in der deutschen Geschichte.
Der Schießplatz, seit 1941 neben dem KZ-Außenlager „Klinkerwerk“ gelegen, wurde bis Anfang 1945 genutzt.
Mit der deutschen Kapitulation am 8.5.1945 endete dieses Kapitel. Die überlebenden SS-Männer gingen in alliierte Gefangenschaft, wurden in geringem Umfang wegen Kriegsverbrechen verurteilt, manche wurden hingerichtet und die SS an sich als verbrecherische Organisation verboten.
Während das Klinkerwerk nach dem Krieg von der UdSSR als Reparation demontiert und die Reste gesprengt wurden, blieb der Schießplatz erhalten, war aber Sperrgebiet der Roten Armee.
1951 übergab die sowjetische Militärverwaltung das gesamte Areal wieder an die Stadt Oranienburg.
1956 übernahm das Ministerium für Nationale Verteidigung der DDR das Areal als Übungsgelände für die frisch gebackene NVA. Bis 1963 übten nun NVA-Rekruten dort schießen, wo man 20 Jahre zuvor KZ-Häftlinge erschossen hatte.
Sonst so auf ihre antifaschistischen Traditionen bedacht, zeigte sich die DDR bei der Nutzung militärischer Anlagen durchaus pragmatisch. Ins Sachsenhausener SS-Truppenlager neben dem ehemaligen KZ zog das Motorisierte Schützenregiment 1 (MSR 1 – entspricht den bundesdeutschen Panzergrenadieren) der NVA ein, dass auch den Schießplatz der SS-Totenkopfstandarte nutzte.
Nach der Wiedervereinigung zeigten sich die neuen bundesdeutschen Landesherren im Umgang mit dem SS-Erbe genauso instinktlos wie die DDR-Vorgänger. Der Schießplatz wurde von der Brandenburger Polizei und von der Oranienburger Schützengilde munter weiter genutzt!
Erst nach zunehmenden Protesten von NS-Opferverbänden wurde der Schießbetrieb 1994 endgültig eingestellt.
Seither liegt das Gelände brach. Die Wachbaracke verfällt zusehends und die Schießbahnen werden von Natur langsam zurück erobert. Heute ist das Gelände eingezäunt und nicht zugänglich.
Hinter dem Gedenkort „Steine für „Germania“ – Granaten für den Endsieg“ erreicht man über einen kurzen Gitterweg die Glasstele mit dem Informationstext auf deutsch und englisch. Hier kann man auch einen Blick auf die langsam verfallende Wachbaracke und die genauso langsam zuwachsenden Schießbahnen werfen.
Der Gedenkort ist 24/7 und kostenfrei zugänglich.[verkleinern]