- bestätigt durch Community
- Ausgezeichnete Bewertung
Die einstige brandenburgische Festungsstadt Peitz (Land Brandenburg / ca. 85 km südöstlich von Berlin / ca. 15 km nordöstlich von Cottbus) ist ein alter historischer Eisenhüttenstandort.
Bereits 1550 veranlasste Markgraf Johann v. Brandenburg-Küstrin (Haus Hohenzollern / 1513-1571 / Markgraf ab 1535), zu dessen Herrschaft Peitz damals gehörte, die Gründung des Eisenhüttenwerks am heutigen Standort. Das Werk war in Staatsbesitz. Zunächst verhüttete man Raseneisenstein (Sedimentsteine mit... weiterlesen hohem Eisengehalt) zu Guss- und Schmiedeeisen, dass dann zu Acker- und Haushaltsgeräten sowie zu Kanonen- und Musketenkugeln für brandenburgische Armee verarbeitet wurde.
Während des 30jährigen Kriegs (1618-1648) wurde das Hüttenwerk von schwedische Truppen verwüstet. Auf Befehl von Friedrich Wilhelm v. Brandenburg (Haus Hohenzollern / 1620-1688 / Kurfürst seit 1640) wurde 1658 im Peitzer Hüttenwerk der ersten Hochofen der Mark Brandenburg (die Markgrafschaft Brandenburg-Küstrin war wegen Kinderlosigkeit des Landesherrn 1571 an Brandenburg zurückgefallen) errichtet.
Für den Bau des Berliner Stadtschlosses und des Berliner Zeughauses gehörte Peitz zu den bedeutenden Eisenzulieferern.
Im Siebenjährigen Krieg wurde das Hüttenwerk 1759 erneut schwer beschädigt.
Nach der Niederlage Preußens im Krieg gegen Frankreich 1806 schlug Napoleon (1769-1821 / von 1804-1815 Kaiser der Franzosen) den Cottbuser Kreis mit Peitz seinem Verbündeten Sachsen zu.
Der alte Hochofen war noch von den Preußen 1806 abgerissen worden. Ab 1807 erbauten die Sachsen den noch von Preußen geplanten neuen Hochofen, der 1810 in Betrieb ging sowie die heute noch erhaltene Hochofenhalle. Heute gehört dieser Hochofen zu den wenigen erhaltenen historischen Hochöfen im Osten der Bundesrepublik
Zur Wasserversorgung und zum Antrieb des Hochofenblasebalgs wurde der am Werk vorbeiführende Hammergraben genutzt.
1813 eroberte Preußen den Cottbuser Kreis zurück, das Hüttenwerk wurde wieder königlich-preußisch und produzierte in den Befreiungskriegen hauptsächlich Munition.
In den folgenden Jahrzehnten wurde das Hüttenwerk immer wieder modernisiert und umgebaut.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts ging der Ertrag des Werks zurück und es gab eine Wirtschaftskrise. 1858 wurde der Hochofenbetrieb eingestellt. Zwar gab es weiterhin einen eingeschränkten Hüttenbetrieb, aber in andere Gebäude des Werks zogen eine Tuch- und eine Papierfabrik ein.
1898 wurde der Hüttenbetrieb eingestellt und die Gebäude von Domäne Peitz für die Fischerei genutzt. Im III. Reich wurde das Hüttenwerk in das „Verzeichnis der Technischen Kulturdenkmale der Mark Brandenburg“ aufgenommen. Die DDR übernahm den Eintrag 1952 in ihre „Liste der nationalen Kulturdenkmale der DDR“ und sicherte das Hüttenwerk baulich.
Ab 1973 war die Hochofenhalle als technisches Denkmal zu besichtigen.
Erst 1987 begann die Stadtverwaltung mit der baulichen Rekonstruktion und Sanierung des Hochofengebäudes, die sich über Jahre hinzogen.
1996 konnte schließlich die Eisenhütte als Museum für Besucher geöffnet werden. Seither findet hier mehrmals im Jahr ein Schaugießen statt. Im Jahr 2001 kam die Dauerausstellung „Peitz - Aufstieg und Niedergang eines Industriestandorts“ in der ehemaligen Mechanischen Werkstatt im nördlichen Seitenflügel hinzu.
2006 wurde das Fischereimuseum Peitz in der ehemaligen Formerei im südlichen Seitenflügel eröffnet.
Man betritt das einstige Betriebsgelände am Hälterteich durch das große Werkstor mit dem eisernen Bogen und der Inschrift „Koengl Huettenwerk Peitz“. Um den großen Hof gruppieren sich die Hüttengebäude, die heute ua. für Verwaltung, Wohnzwecke, Ausstellungen und vom Hütten- und Fischereimuseum genutzt werden.
Gegenüber vom Museum sind 3 große Stahlglocken aufgestellt, die allerdings nicht in Peitz sondern von 1948 bis 1959 vom Bochumer Verein für die Kirche am Berliner Hohenzollernplatz gegossen wurden.
Im Eingangsbereich gibt es neben der Kasse noch einen kleinen Museumsshop. Der Eintrittspreis beträgt moderate 3,50 €uro (Stand 2021) / Ermäßigungen werden gewährt). Die Eintrittskarte gilt für das Hüttenwerk und das Fischereimuseum. Führungen (+1 €uro) werden auch angeboten. Der Erwerb einer Kombikarte (6 €uro) für die Museen und den Peitzer Festungsturm ist möglich.
Im rechten Seitenflügel, der ehemaligen Mechanischen Werkstatt ist die erwähnte Dauerausstellung zur Geschichte des Hüttenstandorts Peitz. Neben der umfangreichen textlichen Dokumentation sind auch zahlreiche Eisen-Exponate ausgestellt: Alltags- und Hausgeräte, Werkzeuge, Waffen, Eisenkunstguss.
Erwähnt sei ein Peitzer Kanonenrohr. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhundert versuchte man in Peitz auch Kanonenrohre zu gießen. Der Versuch endete desaströs: 14 von 15 Kanonenrohre zersprangen beim Schießversuch da durch den hohen Phosphorgehalt das Peitzer Eisen zu spröde war.
Weniger kriegerisch ist die große Sammlung Klemmkucheneisen zum backen von Klemmkuchen, der brandenburgischen Variante von Hippen und Waffeln.
Linker Hand vom Eingangsbereich befindet sich die historische Hochofenhalle (Eisenhütte) mit Deutschlands ältester funktionierender Eisengießereianlage mit dem Hochofen von 1810 und 2 Kupolöfen (Schachtöfen), in denen nach der Stilllegung des Hochofens 1858 weiter Gusseisen produziert wurde. Neben den Produktionsstätten mit dem ebenfalls aus dem Jahr 1810 stammenden Balkenkran sind auch Werkzeuge und Eisengussprodukte zu sehen.
In einem von der Halle abgehenden Raum ist noch die fast 800 Stücke umfassende Mineralien- und Fossiliensammlung von Hanskarl Möller (*1928) zusehen, die dieser in 40 Jahren zusammentrug und 2015 der Stadt Peitz schenkte. Wunderschöne Mineralien sind darunter – ein Wunder, was die Erde so alles „produziert“.
Wer gut zu Fuß und bei Puste ist, kann den Essenturm erklimmen, der ein bisschen an einen Kirchturm erinnert und in dem sich der Oberofen des Hochofens befindet. Im Turm hat die einstige Wanderausstellung „Woodstock am Karpfenteich – Free Jazz in der DDR“ ein dauerhaftes Domizil gefunden.
Von der Außengalerie des Turms hat man einen schönen Blick über das Werksgelände und die Umgebung.
Fazit: hochinteressantes technisches Denkmal und Museum. Termin zum Schaugießen muss man erfragen.[verkleinern]
Der Beitrag wurde zuletzt geändert