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„Was in Sanssouci stirbt – wird auch in Bornstedt begraben.“
(Theodor Fontane)
Bornstedt lag einst vor den Toren von Potsdam. 1935 wurde der Ort nach Potsdam eingemeindet. Bereits Friedrich Wilhelm v. Brandenburg, der Große Kurfürst, erwarb 1664 das örtliche Gut, dass dann bis 1918 als Krongut Bornstedt im Besitz der preußischen Königsfamilie war.
Der Dorffriedhof wurde 1599 als Kirchhof erstmals erwähnt. Er wurde bis 1905 ständig bis zur heutigen Größe mit 5 Teilen erweitert. Die... weiterlesen ursprüngliche Dorfkirche wurde 1805 abgerissen. Der Neubau wurde 1855 durch eine Kirche von Friedrich August Stüler ersetzt, die 1882 von Reinhold Persius zum heutigen Aussehen erweitert wurde.
Seit dem 18. Jahrhundert wurde der Friedhof zunehmend vom Potsdamer Bürgertum und dem preußischen Adel als Begräbnisort gewählt. Grund dafür war ua. die Nähe des Friedhofs zur Residenzstadt Potsdam und zum preußischen Königshof dort. Zahlreiche Beamte und Würdenträger des Hofs fanden hier ihre letzte Ruhe.
Der Friedhof unterteilt sich in den historischen Teil I rund um die Kirche, der heute nicht mehr belegt wird. Die Teile II bis V sind vom Teil I durch eine Mauer getrennt. Außen an Teil I an der Eichenallee grenzt ein Ehrenhain für die Gefallenen des 1. Weltkrieges (eigene Location bei Golocal, siehe dort).
An Teil I bis III grenzt der Sello-Privatfriedhof (eigene Location bei Golocal, siehe dort).
Für den Bornstedter Friedhof sind ca. 600 Gräber belegt. Wer seinen Rundgang planen will, ist gut beraten, sich entsprechende Pläne und Namenslisten aus dem Internet auszudrucken. Parallel dazu gibt es aber auch übersichtliche und gut gemachte Infotafeln zu jedem Teil des Friedhofs vor Ort.
Es gibt 2 Zugänge: an der Ribbeckstraße auf den Teil I mit der Kirche und über die Eichenallee auf den Teil II zur Trauerhalle.
Es ist nachfolgend einfach nicht möglich, alle Grabstellen und Namen zu nennen. Ich belasse es daher bei einigen wenigen Nennungen.
Teil I:
Empfohlen wird der Beginn des Rundgang in der Ribbeckstraße über den Eingang mit der Säulenhalle der Kirche auf den historischen Teil I. Auf diesem Teil finden heute keine Beisetzungen mehr statt. Zahlreiche Gräber fielen dem Erweiterungsbau der Kirche Ende des 19. Jahrhunderts zum Opfer. An sie und andere, nicht mehr auffindbare Gräber erinnern heute Gedenktafeln.
Hier befindet sich auch der älteste Grabstein des Friedhofs aus dem 17. Jahrhundert:
Amtsschreiber Christoph Schmaill (1613-1678 / Potsdamer Amtsschreiber, Zoll- und Zinsverwalter).
Auch das Grab eines „Langen Kerls“ der Grenadiergarde des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. hat sich hier erhalten: Heinrich Wilhelm Wagenführer (1690-1758), der es als Weinhändler zu einigem Wohlstand gebracht haben muss, wie sein eindrucksvolles Grab beweist.
Einer der prominentesten hier Beigesetzten ist General Erich v. Falkenhayn (1861-1922). Während er diese schöne Grabstelle hat, vermodern hunderttausende Soldaten in namenlosen Massengräbern auf den Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs, deren Tod Falkenhayn als Kriegsminister und kaiserlicher Generalstabschef mit zu verantworten hat. Neben seinem Grab erinnert eine Gedenktafel an Generalmajor Henning v. Tresckow, der als einer der führenden Köpfe des Widerstands gegen Hitler 1944 an der Ostfront Selbstmord beging und der mit Falkenhayns Tochter verheiratet war.
An der Westseite des Teil I sind befanden sich mehrere Grabgewölbe, die heute meist nicht mehr erhalten sind. Einziges erhaltenes begehbares Grabgewölbe ist das der Fähren- und Brückenbesitzerfamilie Müller aus Nedlitz aus dem 16.-18. Jahrhundert.
Weiterhin findet man auf dem Teil ua. die Gräber von Joahnn Gottlieb Ranft (1735-1772 / Leibarzt von König Friedrich II.), Louise v. Niesemeuschel (geb. v. Linkersdorf / 1774-1843 / Jugendfreundin des Dichters Heinrich v. Kleist), Oscar v. Chelius (1859-1923 / General und Komponist / Freundeskreis von Kaiser Wilhelm II.), Johann Friedrich Pietsch (+1741 / Leibarzt von König Friedrich Wilhelm I.), das Familiengrab der Freiherren v. Sell ….
Teil II bis V:
Mit dem Gang durch den Sello-Privatfriedhof kann man dann Weg durch die parkähnlichen Teile II bis V des Friedhofs fortsetzen. Auf diesen Teilen finden bis heute Beisetzungen statt. Auch hier findet man mehr oder weniger bekannte Namen mit und ohne „von“ sowie interessante Grabstellen und Grabsteine.
Im nordöstlichen Teil ist z.B. das Grab von Admiral Ludwig v. Reuter (1869-1943), der als Kommandeur der nach dem 1. Weltkrieg ausgelieferten deutschen Hochseeflotte deren Selbstversenkung 1919 im britischen Scapa Flow befahl.
An der südlichen Friedhofsmauer haben sogar 2 Mitglieder des preußischen Königshauses ihre letzte Ruhe gefunden:
Prinz Oskar v. Preußen (1915-1939), der als Oberleutnant der Wehrmacht 5 Tage nach Beginn des 2. Weltkriegs im Polenfeldzug fiel. Er wurde nach der deutschen Wiedervereinigung auf den Bornstedter Friedhof überführt.
An seiner Seite ruht Prinz Wilhelm Karl v. Preußen (1922-2007). Er war der letzte lebende Enkel von Kaiser Wilhelm II. und seit 1999 Herrenmeister des Johanniterordens.
Mit den Gräfinnen v. Brockdorf, v. Keller und v. Gersdorff haben auch die Hofdamen der letzten Deutschen Kaiserin und Königin v. Preußen, Auguste Viktoria, ihre letzte Ruhe in Bornstedt gefunden.
Einige weitere Grabstellen:
Kurt v. Plattenberg (1891-1945, Selbstmord in Gestapo-Haft nach Festnahme wegen Beteiligung am Hitlerattentat)
Gillis E. Grafström (1893-1938, mehrfacher schwedischer Olympiasieger und Weltmeister im Eiskunstlauf)
Otto Meermann (1863-1957, letzter königlicher Hofgärtner von Sanssouci)
Richard Schäfer (1873-1946, dokumentierte den Völkermord an den Armeniern durch die Türken im 1. Weltkrieg)
Karl Bröhan (1921-2000, Gründer des Berliner Bröhan-Museums)
Grab der Familie Joop. Das Grabdenkmal eines Engels wurde 2010 durch Entmannung geschändet.
Grab eines unbekannten weiblichen Babys, das 2011 an einem Potsdamer Bahndamm gefunden und 2012 auf Initiative Potsdamer Bürger christlich beigesetzt wurde. Das Grabmal stammt vom Bildhauer Michael Spengler.
Auf dem Teil II befindet sich die 1900 von Reinhold Persius erbaute und 2010 mit UNESCO-Mitteln sanierte Trauerhalle. In der Nähe der Trauerhalle steht das einzige Erbbegräbnis in Form eines Mausoleums auf dem Friedhof (Erbbegräbnis der Familien Meisner und Branig).
Sehenswert ist auch der Friedhofsbrunnen aus dem 19. Jahrhundert an der Trauerhalle.
Fazit: Fazit und interessanter historischer Ort, für deren Besuch man unbedingt Zeit mitbringen sollte.[verkleinern]