Es gibt Themen, über die spricht man nicht gerne…. Und es gibt Orte, die im Geiste stets negativ belegt sind. Dazu gehören, was mich betrifft, auch Pflegeheime. Zu sehr sehe ich in Gedanken noch alte Heime vor mir, die mehr an Verwahranstalten, als an den Ort erinnern, wo Menschen in Ruhe und Würde ihren Lebensabend verbringen sollen oder müssen. Ellenlange Zimmerfluchten, Linoleumwunderland, Gruselküche, eigenartige Gerüche, schlechte Betreuung…
Noch vor einiger Zeit hätte ich mich mit... weiterlesen
diesem Thema nicht aktiv auseinandersetzen sollen, können und wollen. Doch das Leben hält manchmal andere Pläne bereit. Was einst noch fern war, wird mit einem Schlag real. Ein Pflegeplatz musste her. Dringend. Nach einigem bürokratischen Wahnsinn kam ein Anruf… im Haus Lindach wäre ein Platz frei. Ich würde niemals jemanden in eine solche Einrichtung schicken, wenn ich diese nicht vorher besichtigt habe. Also, ab ins Auto und unangemeldet dort auflaufen… mal sehen, wie der Betrieb funktioniert.
Das Haus liegt nahe der Reutlinger Altstadt und ist mit seinen fünf Jahren noch relativ neu. Im Erdgeschoss befinden sich eine Kindertagesstätte, ein vom Träger betriebenes offenes Café, sowie das Foyer des Hauses Lindach selbst. Alles wirkt recht modern, wenngleich das dunkle Holz sicherlich eher etwas für die Leute ist, die dort wohnen. Granitboden, kein Linoleum. Aha. Da die Rezeption nicht besetzt ist, wähle ich spontan das ersten von zwei Stockwerken aus und klopfe bei der Stationsleitung. Auch hier liegt Steinboden, alles wirkt hell und freundlich. Eine Schwester kommt sofort, ich erkläre mein Anliegen, sie meldet sich bei ihrem Kollegen ab und führt mich durchs Haus.
Erster und zweiter Stock sind, so erfahre ich, gleich aufgebaut. Im zweiten Stock wäre wohl das freie Zimmer. Wir gehen hin, die Schwester nimmt sich viel Zeit und erklärt Hausabläufe, zeigt das Zimmer, stellt mich dem Personal des zweiten Stocks vor. In „Klein Venedig“, wie der Speiseraum des zweiten Stocks heißt, sitzt gerade eine illustre Truppe beim Mittagskaffee. Ich krähe ein freundliches „Grüß Gott“ und erhalte ebenso fröhliche Antwort. Die Herrschaften sehen zufrieden aus. Das Zimmer ist zweckmäßig, aber ganz hübsch gehalten. Eigene Aufhübschungen sind ausdrücklich erlaubt. Ich werfe noch einen Blick auf den „Aktivitätenplan“… von Spielenachmittagen, Gesangsstunden, Gedicht- und Geschichtenlesungen, sowie Zeitungsvorlesestunde und Sport ist alles dabei. Klingt gut. Auch der Essensplan liest sich ganz lecker. Aus dem Partnerhaus „Unterm Georgenberg“ kenne ich das Essen bereits. Weder püriert, noch zermatscht, sondern wirklich lecker. Dieselben Gerichte werden auch für 5,50€ im offenen Café angeboten. Jeweils mit einem Salatteller und einem kleinen Dessert inklusive. An „Klein Venedig“ angehängt befindet sich noch ein Fernsehzimmer mit dunklem Holz, roten Sofas und einem monströsen Flatscreen (und einer seeeehr gut funktionierenden Heizung… uff…).
Alles wirkt stimmig, die Einwilligung erfolgte. Nun, nach ein paar Wochen, hat sich die anfängliche Meinung bestätigt. Die Unterbringung und Versorgung sind bestens. Einiges könnte noch ein wenig reibungsloser laufen (z.B. die Aushändigung von Apothekenrezepten), aber das spielt sich hoffentlich noch ein. Mein besonderes Lob gebührt der noch namenlosen Schwerter, die jeden Mittag aufopferungsvoll für und mit acht Herrschaften dort Uno spielt und sich herzzerreißend um die Bewohner kümmert. Danke dafür.
Bis dato gibt es vier Sterne. Die Rezeptübergabe muss ein wenig besser laufen und die Parkplatzsituation vor dem Haus ist grausig. Es gibt vier kostenlose Parkplätze, die häufig von zwei Guerillaparkern gänzlich belegt werden. Für den Rest der Parkplätze wird man mit 1,30€pro Stunde zur Kasse gebeten.[verkleinern]