Neueste Bewertungen für Schenklengsfeld im Bereich Kunst & Unterhaltung
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von Nike
Als ich zu Schulzeiten während der Oberstufe im Kunstunterricht einen Fotokurs belegte und mir als Thema Bestattungskultur wählte , fragte ausgerechnet mein Lehrer mich, ob es nicht interessantere Motive als Friedhöfe gäbe. Da ich schon immer wusste, was ich wollte und mein Ding auch durchgezogen habe, habe ich mich gleichwohl nicht davon abhalten lassen, die historischen Friedhöfe im Kreisgebiet abzuklappern und mit einer Zenit in schwarz- weiß Fotografie das abzulichten, was ich an Sepulkralkultur interessant fand.
Ich habe seinerzeit auch vieles über die Kulturgeschichte der Orte recherchiert und erfahren.
Ich fand es interessant und spannend und das ist bis heute so geblieben.
Die anschließend auch noch im schulischen Fotolabor selbst entwickelten Fotos besitze ich leider nicht mehr, sie sind im Laufe der Zeit leider ebenso verloren gegangen, wie die Negative.
Also hatte ich an einem Wochenende einen guten Grund, erneut auf Exkursion zu gehen.
Etwa 150 Meter nördlich des Marktplatzes mit der 1000 - jährigen Linde befindet sich der historische (christliche) Friedhof von Schenklengsfeld.
Es ist der Friedhof der sprechenden Steine.
Nein, ich habe es hier ebenso wenig flüstern und raunen gehört, wie auf dem Ribbeckschen Friedhof.
Vielmehr sind diese mehrere Jahrhundert Jahre alten Grabsteine aus einem extrem harten Sandstein aus der Gemarkung von Hilmes gefertigt, so dass die Inschriften und Verzierungen sehr gut erhalten sind und daher jede Menge über die Menschen erzählen, denen sie gewidmet sind.
Während bis Anfang der 17. Jahrhunderts um die Kirche herum bestattet wurde, wurde dieser Friedhof im Jahre 1610 am damaligen Nordrand des Ortes oberhalb des Weinberges angelegt.
Bei der Einfriedung aus Sandstein wurden auch Grabplatten des alten Friedhofes an der Kirche verwendet.
Am Südeingang steht eine kleine achteckige Totenkapelle - auch Predigerkapelle genannt - die mit Holzschindeln belegt ist. Sie wurde im Jahre 1618 - also während des 30-jährigen Krieges - errichtet.
In den Jahren 1959 bis 1964 wurden unter fachkundiger Anleitung insgesamt 275 über den Friedhof verstreut stehende Grabdenkmäler aus dem 17. - 19. Jahrhundert gesammelt und auf dem südlichen Teil des örtlichen Friedhofes in Reihen aufgestellt.
Dieser für den Besucher frei zugängliche Teil der Gesamtanlage , bietet einen Überblick über die Kulturgeschichte der vergangenen Jahrhunderte einer ländlichen Gemeinde.
Meines Wissens ist dies die größte erhaltene Ansammlung von historischen Grabmahlen im Landkreis - Hersfeld Rotenburg und ist wohl dem Umstand zu verdanken, dass aufgrund der Lage und Ausdehnung des Friedhofes auf einem Bergsporn niemals Platznot im Bestattungswesen der Gemeinde entstanden ist und so die Ruhestätten über Jahrhunderte erhalten blieben.
Wenn man sich genauer mit den Grabmahlen befasst kann man viele Besonderheiten in den Details entdecken. Gemeinsam haben die Grabsteine, dass sie über die Jahrhunderte hinweg von der ortsansässigen Steinmetzfamilie Stöppler gefertigt wurden.
So findet man zum Beispiel schneckenartige Stilelemente ( sog. Voluten) und geflügelte Engelsköpfe der Renaissance, die im Barock eine Abwandlung dahingehend erhalten, dass sie den Toten oder die Krone ewigen Lebens halten. Die Barocken Grabsteine bilden die größte Gruppe, wobei die plastischen Gestaltungselemente nach 1800 mehr und mehr zu Gunsten graphischer Gestaltung zurück tritt.
Man findet auch Sinnbilder und Symbolpflanzen jedoch keine Abbildungen der göttlichen Personen oder aus der biblischen Geschichte, da eine Anordnung des Landgrafen Moritz aus dem Jahre 1608 dies verbot. Ein sehr häufiges Motiv ist neben Engeln, Blumen, Sternen und der Darstellung der Verstorbenen und ihrer Familien in Tracht auch die Krone.
Viele Grabsteine wurden für spätere Familiengenerationen wiederverwendet und dabei
nach bearbeitet.
Auf den Rückseiten der Grabsteine befinden sich die sog. Leichentexte. Das sind die Psalmen aus der Bibel, die der Pfarrer als Leitmotiv des Trauergottesdienstes wählte.
Ärmere Familien konnten sich jedoch nur gusseiserne oder hölzerne Grabmahle leisten.
Auf historischen Friedhof findet man zudem eine Gedenkstätte für die in den Kriegen gefallenen Männer der Gemeinde.
Nördlich des historischen Friedhofsteils schließt sich eine Friedhofskapelle und daran der neue Friedhof mit gepflegten Gräbern an.
Ich hoffe, allen Interessierten einen Überblick in Wort und Bild verschaffen zu können.
Für denjenigen, der sich für die Sepulkralkultur des 17. bis 19. Jahrhunderts sowie die örtliche Kulturgeschichte
interessiert, ist der Besuch dieser Anlage ein absolutes Muss.
bestätigt durch Community
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von Nike
Schon während meiner Schulzeit interessierte ich mich für die Geschichte und das Leben der Jüdischen Bürger in unserem Landkreis - dem Landkreis Hersfeld - Rotenburg.
Damals fand man jedoch nicht all zu viele Informationen dazu. Selbst im Hersfelder Museum wurde nicht ein einziges Wort darüber dokumentiert.
Die einzigen sichtbaren Zeugen waren seinerzeit die vereinzelt zu findenden, jedoch meist sehr versteckt liegenden und in Vergessenheit geratenen Jüdischen Friedhöfe. Weder kannte man Stolpersteine, noch beschäftigte man sich mit der Vertreibung und Vernichtung der Jüdischen Bürger.
Das Verdrängen und Vergessen, welches ich zum Haus Bahnhofstraße 10 in Bad Hersfeld geschildert habe, war symptomatisch für die sog. Nachkriegszeit und wirkt bis in die Gegenwart fort.
Einige meiner ehemaligen Lehrer haben sich sehr verdient gemacht, um die Recherche und Darstellung einstigen jüdischen Lebens in unserer Region. Vorweg ist hier Karl Honickel zu nennen, der den christlich - jüdischen Arbeitskreis in Schenklengsfeld in´s Leben rief, aber auch Waldemar Zillinger.
Weiterhin sind auch Barbara Händler - Lachmann sowie Brunhilde Miehe hier stellvertretend zu nennen stellvertretend für viele, die sich insoweit verdient gemacht haben.
Ich will nicht verschweigen, dass die Enthüllungen nicht überall auf Begeisterung stießen und sogar Anfeindungen zur Folge hatten.
An einem Samstag Nachmittag waren wir in Schenklengsfeld unterwegs, um uns die Sehenswürdigkeiten des Ortes anzuschauen. Dabei fiel mir ein, dass es auch einen jüdischen Friedhof hier geben soll. Ich hatte jedoch nur eine vage Ortsangabe darüber, wo dieser Friedhof zu finden sei.
Nach einigem Suchen wurden wir in der Feldgemarkung außerhalb der Ortschaft dann fündig und zwar hinter einer beschnittenen Hecke, über die gebogene Betonpfosten als einstige Umzäunung ragen, an zwei Seiten von einer Solaranlage bedrängt, wie durch eine Armee Bewacher. Unwillkürlich fühle ich mich an die Sicherheitseinrichtungen eines Vernichtungslagers erinnert. Traurig, dass man die Pietät so wenig wahrt, das Gesamtbild ist erheblich gestört.
Über einen Feldweg laufe ich entlang der Hecke, bis ich unten im Tal das Tor finde.
Das Tor des Friedhofes ist verschlossen. Den Schlüssel bekommt man bei der Gemeinde oder Herrn Honickel - natürlich nicht an einem Samstag, denn am jüdischen Sabbat ist der Besuch jüdischer Friedhöfe nicht gestattet.
So bleibe ich außen vor und betrachte über das halb hohe Tor hinweg die Anlage.
Vorne links in einiger Entfernung von den sonstigen Grabstätten befinden sich drei Grabsteine der Kohanim, die ihre Abstammung auf die Priester des Tempels in Jerusalem zurück führen. Auf einem der Grabsteine sind die in den Stein gemeißelten, segnenden Hände auch aus meiner Entfernung deutlich zu erkennen.
Der Friedhof auf welchem erstmals im Jahre 1870 und letztmals vor über 70 Jahren im Jahre 1938 das letzte Mal bestattet wurde, ist nur zur Hälfte belegt. Vor 1870 wurde auf dem Zentralfriedhof im mehrere Kilometer entfernten Mansbach bestattet. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde per Gesetz der Erwerb von Land für Friedhöfe für die jüdischen Gemeinden erleichtert.
Oben auf dem Hügel befinden sich mehrere Reihen mit Gräbern. Die rechteckigen Grabmahle stehen in Reih und Glied. Aus meinen Recherchen weiß ich, das Frauen und Männer jeweils getrennt von einander bestattet wurden. Kindergräber gibt es kaum. Sie wurden wohl ohne stein am östlichen Rand des Friedhofes bestattet.
Die Grabsteine, die vom örtlichen Steinmetz gearbeitet wurden, der auch die Grabsteine auf dem historischen christlichen Friedhof gearbeitet hat, tragen zu beginn ausschließlich hebräische Schriftzeichen und erst später lateinische Schrift.
Die nach Geschlechtern getrennten Grabreihen, der fehlende Baumbestand und die davon getrennten Gräber der Kohanim belegen, dass dies der Friedhof einer sehr orthodoxen jüdischen Gemeinde ist.
Rechts neben dem Eingang auf gleicher Höhe wie die Gräber der Kohanim steht im gleichen Stil der Grabmahle ein Gedenkstein mit den Namen der in Konzentrationslagern umgekommenen Menschen jüdischen Glaubens aus Schenklengsfeld.
Jeder Name ist ein Name zu viel und hinter jedem Namen steht ein Schicksal und ein Leidensweg.
Betroffen trete ich den Rückweg an.
Ist es nicht merkwürdig sich zu wünschen, dass der Friedhof noch heute belegt würde ....?
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von Nike
"Lenscheld" ist die mundartliche Bezeichnung für die Gemeinde Schenklengsfeld im Landecker Amt.
Aus historischen Urkunden ist bekannt, dass in Schenklengsfeld tatsächlich einmal ein Weinberg existiert haben muss, nicht von ungefähr stammt die Straßenbezeichnung "Am Weinberg" unterhalb des historischen Friedhofes. Zwischen diesem und der Straße darunter liegt ein steiler Hang, der zuletzt mit Nadelgehölzen und Sträuchern bewachsen war.
Bereits im 8. Jahrhundert brachten Mönche die Weinreben in diese Gegend und jede geeignete Hanglage wurde zum Anbau genutzt. Schließlich hatte das Kloster in Bad Hersfeld Bedarf, nicht nur an Messwein.
In Schenklengsfeld lebten - worauf der Name hinweist und was ich bereits im Kontext mit der Burgruine Landeck erwähnte - die Mundschenke der Hersfelder Äbte. So gab es nicht nur in Hersfeld Weinberge , wie z. B. am Weinberg und dem heutigen Beckersgraben, sondern auch in "Lengsfeld".
Auch wenn das Kloster schon im 16. Jahrhundert aufgegeben wurde, stellte der letzte dokumentierte Weinbauer - Heinrich Götz - seine Tätigkeit erst im Jahre 1859 ein.
Ein Lenschelder hatte die Vision hier wieder den historischen Weinberg anzulegen.
Anfang 2012 wurde das Konzept der Gemeinde vorgelegt und ein zweckgebundener Pachtvertrag geschlossen.
Gleich darauf im Februar wurde der Hang komplett gerodet.
Dann ging es richtig professionell zur Sache. Mit Hilfe und Beratung des Weinbauamtes in Eltville wurde die Weinsorte Regent als für den Standort besonders geeignet ausgewählt.
Am 12. Mai 2012 war es dann so weit, dass die ersten der insgesamt 330 Reben gepflanzt werden konnten.
Ein befreundeter Winzer aus Franken unterstützt(e) die Weinbergfreunde in allen Fragen des Anbaus bis zur Lese.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Bereits jetzt im August 2014 schmücken prächtige dunkle Trauben die gesunden Rebstöcke und warten auf Ihre Ernte im Herbst.
Ob man den Wein auch käuflich erwerben kann?
Ich glaube nicht, dass der Ertrag ausreichend ist, um viele durstige Mäuler zu laben, aber die Rückführung des Hanges in eine historische Nutzung finde ich eine tolle Sache.
Wer Interesse hat, kann sogar Weinbergpate werden oder mit einer Geldspende Weinbergsponsor werden. Wer sich über letzteres Näher informieren möchte, melde sich per PN oder schaue samstags vormittags am Weinberg vorbei, denn dort stehen Mitglieder des Trägervereines Rede und Antwort.
Besichtigt werden kann der Weinberg natürlich jeder Zeit. Er ist auf jeden Fall einen Ausflug wert.
Im nahen Umfeld gibt es auch noch die 1000 - jährige Linde und den historischen Friedhof zu sehen.
bestätigt durch Community