Kunstliebhaberin oder gar Kunstkennerin bin ich nun wirklich nicht. Doch Kunst, egal in welcher Form, interresiert mich, macht mich neugierig und man hält für einen Moment inne, kommt zur Ruhe und betrachtet das Kunstobjekt.
Ein Kunstobjekt, dass vorigen Sommer in Schneeberg unter vielen neugierigen Blicken eingeweiht wurde, ist das "Coin Stack 2" von Sean Scully, im Zuge der PURPLE PATH Ausstellung, die in Chemnitz und 38 weiteren Kommunen in der Region ihre Kunstwerke von... weiterlesen
unterschiedlichen Künstlerin dauerhaft zeigt. Und so entsteht ein Kunst- und Skulpturenweg der ganz besonderen Art.
Einige Kunstwerke habe ich mir schon angesehen, andere warten noch, von mir betrachtet zu werden. Von einigen war ich begeistert, von anderen weniger. Sie haben mich einfach nicht angesprochen oder ich meinte, die Gestaltung hätte besser oder anders umgesetzt werden können. Bei einigen war ich auch nicht mit dem ausgesuchten Standort zufrieden. Ein Kunstobjekt sollte nicht nur eine Geschichte erzählen und gefallen, sondern auf keinen Fall deplatziert wirken.
"Coin Stack 2" ist so ein Kunstobjekt, dass ich gern an anderer Stelle in Schneeberg gesehen hätte, zum Beispiel neben dem Rathaus. In unmittelbarer Nähe zur berühmten spätgotischen St. Wolfgangskirche, auch unter dem Namen Bergmannsdom bekannt, finde ich diese Kunst etwas deplatziert. Nun gut, alles ist eine Frage des Geschmacks.
Jedenfalls stellt sich wohl jeder die Frage, ob diese Kunst die Barockstadt Schneeberg bereichert. Da bin ich mir ehrlich gesagt nicht sicher. Touristen zieht dieses Kunstobjekt sicher an. Auch werden gern Smartphone und Kameras zum Fotografieren gezückt. Aber in einer Barockstadt ein Stapel Münzen? Nun, ich weiß nicht so recht...
Gut, es ist nicht eines der schlechtesten Kunstobjekte von PURPLE PATH, ich würde sogar meinen, eines der attraktivsten. Mit einer Höhe von 2,40 ist der Münzstapel ziemlich hoch und imposant. Insgesamt 40 Bronzescheiben in unterschiedlichen Bronzetönen schimmern im Licht fast glänzend. Und was man kaum glauben mag: jede Scheibe wiegt 45 Kilogramm. Insgesamt bringt das gute Stück 2 Tonnen auf die Waage!
Eigentlich zu schwer, um für Buntmetalldiebe, die es darauf absehen könnten, interessant zu sein. Aber da wollte der Künstler und auch die Stadt Schneeberg auf Nummer sicher gehen und verband das Objekt mit einem Fundament, was 1,5 Meter tief in die Erde hinein ragt.
So, nun können die Buntmetalldiebe sich den Kopf zerbrechen, wie sie ihren Raub anstellen. Bis jetzt blieb es jedenfalls unversucht.
Dass es einen Münzstapel darstellt, habe ich ja schon erwähnt. Es soll die Kindheitserinnerungen des im irischen Dublin 1945 geborenen Künstlers Sean Scully darstellen. Münzstapel gehörten zu den Erinnerungen, die sich tief ins Gedächtnis des Künstlers verankert hatten, denn nach einem Umzug mit seiner Familie ins Arbeiterviertel Londons wuchs der Junge in sehr bescheidenen Verhältnissen auf. Sein Vater war Friseur und musste hart arbeiten, um seine Familie durchzubringen.
Jeden Abend saß er am Tisch und zählte sein Trinkgeld und stapelte die Münzen zu kleinen unregelmäßigen Säulen. Dies wurde das Taschengeld für seine Kinder, dass er eisern ansparte.
Diese Kindheitserinnerungen setzte der Künstler in diesem Kunstobjekt sehr treffend um, wie ich finde. Man sieht sofort, dass es sich um ein Münzstapel handelt und muss nicht erst lange überlegen: was stellt es eigentlich dar?
Natürlich soll jedes Kunstobjekt auch etwas mit der Region verbinden. Auch das setzte der Künstler vortrefflich um, indem er die legendären und erfolgreichen Arbeitskämpfe der Schneeberger Bergleute in den Jahren 1496 und 1498 damit assoziierte. Damals wurde nach 25 Jahren erfolgreichem Abbau das Silbervorkommen weniger und es bedeutete für die Bergleute größere Anstrengungen das Silber abzubauen, um die Profite so hoch wie möglich zu halten. Schon damals wollten die Unternehmen den Lohn der Bergleute um einen Groschen in der Woche kürzen. Aber da hatten die Unternehmen nicht mit den Bergleuten gerechnet, die wie Pech und Schwefel zusammen hielten und ihre Arbeit niederlegten. Und so kann man heute vom vermutlich ersten Arbeitsstreik der frühen Neuzeit sprechen.
Und wo befindet sich nun dieser Münzstapel?
Im schönen Schneeberg, im Erzgebirge, direkt am Bergmannsdom. Zwischen der Südseite dieser wundervollen, geschichtsträchtigen Kirche und einer Reihe schöner mehrstöckiger Häuser, eröffnet sich einem der offene Kirchplatz. Am Ende dieses Platzes ragt der Münzstapel aus dem alten Pflaster geradezu direkt in den Himmel hinein. So jedenfalls hat es den Anschein, wenn man genau davor steht.
Jetzt kam ich vor ein paar Wochen daran vorbei und was sah ich? Grünspan! Die untersten Münzen sind bereits von diesem hässlichen grünblauen Belag überzogen und da fragt man sich: wird dieses Kunstobjekt in den nächsten Jahren noch weiterhin so ansehnlich sein? Schließlich handelt es sich um ein dauerhaftes Kunstobjekt. Oder ist dieser Grünspan gewollt? Eine Reinigung wäre sicher aufwendig und teuer...
Wie auch immer - stehen bleiben sollte man auf jeden Fall vor diesem Münzstapel und die Kunst auf sich wirken lassen. Vielleicht sieht der ein oder andere auch etwas anderes in diesem "Türmchen"?[verkleinern]