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Neueste Bewertungen für Steinhöfel

  1. Userbewertung: 5 von 5 Sternen

    Slowtravel und Slowfood im Oder-Spree-Land

    Für einen Besuch des Biohofs am Jakobsweg muß man nicht nach Spanien reisen, er liegt in Brandenburg im Osten Berlins. Steinhöfel ist von der Hauptstadt in einer Stunde per Auto erreichbar, auch recht bequem mit Zug und Bus vom Ostbahnhof via Fürstenwalde. Der namensgebende Jakobsweg ist nicht die Adresse des Bauernhofs, sondern meint das europäische Jakobus-Pilgerwegenetz. Das Gehöft liegt an der Brandenburger Nordroute, die von Frankfurt/Oder über Berlin nach Tangermünde an der Elbe führt.

    Ich stieß jedoch nicht beim Pilgern oder Wandern, sondern ganz profan beim Einkaufen auf diesen Bauernhof. An jedem Werktag steht sein Verkaufswagen auf einem anderen Berliner Markt, mittwochs auf dem Karl-Marx-Platz in Neukölln. Im Angebot sind ausschließlich Fleischwaren und Eier - aber was für welche! Genau gegenüber vom Marktstand befindet sich eine der bekanntesten Neuköllner Metzgereien, die mit der angeblich besten Blutwurst Berlins, nein, sogar Deutschlands. Doch die beiden Fleischerläden machen sich keine Konkurrenz, nicht nur wegen bio vs. konventionell. Der Bauer bietet ausschließlich Rind und Gans an, dazu Wild, wenn der Jäger welches erlegt hat. Einmal im Jahr, vor Ostern, gibt es auch Lamm vom Wanderschäfer.

    Die Warenauslage machte auf mich einen guten Eindruck, und ich liebäugelte mit Rouladen, entschied mich aber zunächst für die außergewöhnlicheren Produkte. Jedes Jahr werden auf dem Steinhöfeler Hof tausend Gänse für den winterlichen Festbraten aufgezogen. Ein kleiner Teil wird am Saisonende zu Räucherbrust oder Wurst verarbeitet.

    Gänsewurst ist eine seltene Delikatesse, also erwarb ich drei Sorten und probierte sie daheim gleich zum Lunch. Die Leberwurst überzeugt mit cremiger Konsistenz und feinem Geschmack. Die Salami ist mittelfein und durch ihren außergewöhnlich hohen Fleischanteil saftig und zart, und das Gänsefleisch verleiht ihr ein besonderes Aroma. Zwar bevorzuge ich bei Salami abgelagerte harte gegenüber der jungen weichen, aber diese hier ist ein Gedicht. Die Chiliknacker waren so gut, daß ich gleich beide auf einmal aß. Würze und Fleisch ergänzen sich perfekt, das Gans-Aroma wird von fruchtiger Feurigkeit untermalt, nicht übertüncht. Der Biß ist vollendet knackig, das Innere weder zu weich noch zu fest, und das Mundgefühl ist angenehm ohne jegliche Talgigkeit wie oft bei anderen Fleischsorten. Nächstes Mal werde ich das Rillette probieren.

    Auf die Eier bin ich auch gespannt. Sie kommen von Zweinutzungshühnern mit geringerer Legeleistung als die üblichen Akkordhennen. Durch das langsame Heranreifen sollen die Eier besonders aromatisch sein. Nächste Woche steht Rind auf meinem Einkaufszettel. Der Biohof hält zwei besondere Rassen, die aus Schottland stammenden Highland- und Galloway-Rinder. Beide sind sehr robust und steht ganzjährig auf der Weide, nie im Stall. Die kompakten Highland-Kühe mit goldbraunem Wuschelfell, das in Zotteln über die Augen fällt, erinnern an Teddybären - wäre da nicht das ausladende Gehörn.

    Nun freue ich mich auf meinen nächsten Einkauf beim Biohof am Jakobsweg. Hier werde ich bestimmt Stammkunde, nicht zuletzt wegen der sachkundigen Beratung des Mitarbeiters am Stand und seiner Herzlichkeit!

    geschrieben für:

    Fleischereien / Ferienhäuser in Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    Nocolina Herzlichen Dank für den frühmorgendlichen GRÜNEN DAUMEN! Den Glückwünschenden danke ich ebenfalls herzlich. Nachher gehe ich wieder auf den Markt, aber heute ist der Stand nicht da. Aber am Mittwoch dann Uwe freut sich bestimmt auch.
    Calendula Gruß und Daumenglückwunsch aus Marburg.- Das hört sich ausgesprochen lecker an. ,-)
    vinzenztheis Leider funktioniert die web-site des Ladens nicht. Auch nicht überr google. bearbeitet
    Nocolina Die Website des Bauernhofs funktioniert gerade nicht, so ein Pech. Am Mittwoch war sie noch in Ordnung. Derzeit ist der Hof virtuell nur auf Facebook zu besuchen.
    Kaiser Robert Nachdem ich die Straße hier korrigiert habe, findet man nun bei Google Maps viele schöne Bilder mit Rindvieh und mehr.

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    1.
  2. Userbewertung: 4 von 5 Sternen

    Nein, hier ist jetzt nicht vom Tempelberg in Jerusalem im Heiligen Land die Rede, sondern von einem kleinen brandenburgischen Dorf.
    Obwohl – etwas verbindet den Tempelberg mit dem Tempelberg schon … nämlich die mittelalterliche „Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem(Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosolymitanis) – kurz Templerorden bzw. Tempelritter genannt.

    Zu den Besitzungen der Templer in Brandenburg gehörte auch die Komturei Lietzen (ca. 45 km östlich von Berlin), die wiederum zahlreiche Siedlungen und Dörfer gründete.
    Eine dieser Siedlungen war das ca. 13 km südwestlich der Komturei gelegene, 1244 erstmals urkundlich erwähnte Tempelberg (ca. 30 km östlich von Berlin / Landkreis Oder-Spree).

    Der kleine Dorffriedhof ist als Kirchhof rund um die mittelalterliche Dorfkirche angelegt. Die Kirche wurde vermutlich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts von den Templern der Komturei Lietzen erbaut. Da bereits im Mittelalter die Flächen an den Kirchen als Friedhof genutzt wurden, kann man davon ausgehen, dass Kirchhof Tempelberg seit fast 800 Jahren für Begräbnisse genutzt wird.

    Kirche und Friedhof liegen idyllisch am Nordufer des westlichen Dorfteichs. Es gibt 2 Zugänge – von der Lindenstraße im Süden und von der Schulstraße im Norden. Der Friedhof ist nur zum Teil mit Erd- und Urnengrabstellen belegt.
    Scheinbar wurden auf dem Friedhof vor Jahren oder Jahrzehnten alte Grabstellen aufgehoben, denn die gegenwärtigen Gräber befinden sich meist auf dem Nordteil des Friedhofs. Der südliche Teil ist größtenteils Rasenfläche.

    Die Grabsteine der einebneten und aufgehobenen Gräber hat man aber scheinbar nicht „entsorgt“, denn an der Friedhofsmauer wurden zahlreiche alte Grabsteine als eine Art Lapidarium abgelegt.

    Der Friedhof ist in einem gepflegten Zustand. Der Zugang ist nur bedingt barrierefrei.

    geschrieben für:

    Friedhof in Tempelberg Gemeinde Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    2.
  3. Userbewertung: 4 von 5 Sternen

    Von den vielen deutschen Orten mit Namen „Heinersdorf“ ist hier das Dorf im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree, 40 km östlich von Berlin und 25 km nordwestlich von Frankfurt/O in der brandenburgischen Gemeinde Steinhöfel gemeint.

    Der Weg der Roten Armee von der Oder nach Berlin ins Machtzentrum der Nazis war 1945 buchstäblich mit Leichen gepflastert. Zehntausende deutsche und sowjetische Soldaten sowie unzählige Zivilisten fanden während der sowjetischen Offensive auf die Reichshauptstadt den Tod.
    Die Rote Armee bestattete ihre Toten zunächst in provisorischen Feld- und Massengräbern.

    Nach Kriegsende begannen die sowjetischen Militärbehörden damit, ihre Gefallenen und an Verwundungen Gestorbenen auf große und kleinere Militärfriedhöfe umzubetten. Und so findet man in vielen Dörfern und Städten bis heute die im offiziellen Sprachgebrauch „Sowjetische Ehrenfriedhöfe“ genannten Kriegsgräberstätten der Roten Armee.
    Wie alle Kriegsgräberstätten genießen auch die Ehrenfriedhöfe ewiges Ruherecht und stehen, wie die deutschen Kriegsgräberstätten in der heutigen Russischen Föderation, durch das deutsch-russische Kriegsgräberabkommen von 1992 unter dem Schutz der Regierungen der Russischen Föderation und der BRD.

    Einer der größeren sowjetischen Ehrenfriedhöfe befindet sich auf dem parkähnlichen Gelände am nördlichen Ortsrand von Heinersdorf ca. 5 km südöstlich von Müncheberg.
    Vermutlich bereits 1945 ließ die Rote Armee den Friedhof anlegen und bettete 468 gefallene Soldaten und Offiziere sowie an Verwundungen Verstorbene nach Heinersdorf um.
    Der von einem niedrigen Zaun umgebene Friedhof ist als Massengrab mit vermutlich 3 Grabfeldern angelegt:
    je eins rechts bzw. links vom zentralen Weg vom Eingang zum Denkmal und eins hinter dem Denkmal.
    Auf den Grabfeldern stehen 12 Grabmale mit einem roten Sowjetstern und einer schwarzen Granittafel, auf der in vergoldeter russischer Schrift Namen, Dienstgrad und, soweit bekannt, die Lebensdaten der Toten vermerkt sind.

    Weitere 25 Namen sind auf ähnlichen Tafeln am Denkmalsockel verewigt.
    Zur Erinnerung an einige wenige Tote haben vermutlich Angehörige weitere kleine Gedenksteine auf dem Friedhof aufgestellt.
    Es fällt allerdings auf, dass über die Hälfte der hier Bestatteten namentlich nicht aufgeführt sind. Vermutlich konnte die Rote Armee diese Gefallenen nicht identifizieren, denn Erkennungsmarken wie bei den deutschen Streitkräften waren in der Roten Armee damals unüblich.

    Den zentralen Punkt des Friedhofs bildet das Ehrenmal in Form eines Obelisken aus roten Backsteinen und mit einem roten Sowjetstern als Abschluss.
    Am Denkmalsockel sind 4 schwarze Granitplatten angebracht:
    Vorderseite – die Widmung auf russisch und deutsch: „Ruhm und Ehre den gefallenen sowjetischen Helden“.
    Rückseite – ein stilisierter Sowjetstern.
    Seitenflächen – je 1 Namenstafel.

    Würdige letzte Ruhestätte für gefallene sowjetische Soldaten des 2. Weltkriegs aus verschiedenen ehemaligen Sowjetrepubliken der damaligen UdSSR, die nichts mit dem gegenwärtigen Angriffskrieg Russlands gegen seinen Nachbarn Ukraine zu tun haben.

    geschrieben für:

    Friedhof in Heinersdorf Gemeinde Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    grubmard Ich gebe gerne zu, dass es mir gegenwärtig etwas schwer fällt, sowjetische Kriegsgräberstätten in Deutschland sachlich und emotionslos zu beschrieben und zu bewerten ...
    Aber die Toten von 1945 können nichts für die Entscheidungen der Politiker und Militärs fast 80 Jahre später!
    Puppenmama Herzlichen Glückwunsch zu Deinem interessanten und informativen Bericht und zum verdienten grünen Daumen.

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    3.
  4. Userbewertung: 3 von 5 Sternen

    Von den vielen deutschen Orten mit Namen „Heinersdorf“ ist hier das 1244 erstmals urkundlich erwähnte Dorf im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree, 40 km östlich von Berlin und 25 km nordwestlich von Frankfurt/O in der brandenburgischen Gemeinde Steinhöfel, gemeint.

    Gegründet wurde Heinersorf vermutlich noch ein paar Jahre früher als Siedlung der ca. 13 km nordöstlich gelegenen Komturei Lietzen des Tempelritterordens.
    Die Templer waren es auch, die um 1250 die Kirche als einschiffigen turmlosen Feldsteinbau errichten ließen.
    Um 1400 wurde der Westturm, ebenfalls aus Feldsteinen, angefügt. Mit der Reformation im Kurfürstentum Brandenburg wurde aus der katholischen im 16. Jahrhundert eine evangelische Dorfkirche.

    Im 30jährigen Krieg (1618-1648) wurde Heinersdorf von marodierenden Soldaten verwüstet und die Kirche schwer beschädigt. 1680 erwarb der kurbrandenburgischer Minister und Diplomat Franz v. Meinders (1630-1695) Gut und Kirchenpatronat Heinersdorf und ließ die Kirche wiederaufbauen.
    1752 wurde die Kirche durch einen Brand erneut schwer beschädigt. Kirchenpatron Martin Horn, damals Herr auf Heinersdorf, ließ ab 1754 die Kirche wiederaufbauen, erweiterte sie bei der Gelegenheit und ließ sie barock umgestalten. Seither ist das Kirchenschiff grau verputzt. Der teilverputzte Turm erhielt eine Turmhaube mit Laterne und Turmuhr.

    Die Bauarbeiten zogen sich über 10 Jahre hin, da der Siebenjährige Krieg in Europa (1756-1763) die Arbeiten unterbrach. Der erste Gottesdienst konnte im Oktober 1764 im alten neuen Gotteshaus gefeiert werden.
    Im 19. Jahrhundert wurden vor allem im Innern weitere Ergänzungs- und Umbauten vorgenommen.
    1911 musste eine Grundsanierung durchgeführt werden. Bei dieser Gelegenheit erhielt die Kirche eine neue Ausmalung.

    Wieder war es ein Krieg, der der Kirche Schaden zufügte. Im 2. Weltkrieg (1939-1945) mussten Orgelpfeifen als wichtiger Rohstoff an die Rüstungsindustrie abgeliefert werden. Beim Einmarsch der Roten Armee im April 1945 und in der Nachkriegszeit kam es zu weiteren Plünderungen in der Kirche.
    In den folgenden Jahren und Jahrzehnten fehlten der Gemeinde, der evangelischen Kirche und der DDR die finanziellen und materiellen Mittel für eine umfassende Sanierung der Kirche.
    Erst nach 1990 konnte eine Generalsanierung und Restaurierung der im Kern 750 Jahre alten Dorfkirche Heinersdorf erfolgen. Die Arbeiten wurden 2011 erfolgreich abgeschlossen.

    Heute präsentiert sich die Kirche mit ihrem von einer Feldsteinmauer umgebenen und bis heute als Friedhof genutzten Kirchhof in alter Schönheit mit dem Aussehen des 18. Jahrhunderts.

    Da es keine „Offene Kirche“ ist, kann ich zur Innenausstattung nichts sagen.
    Auf dem Kirchhof steht eine Infotafel zur Geschichte der Dorfkirche Heinersdorf.

    geschrieben für:

    evangelische Kirche in Heinersdorf Gemeinde Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    Puppenmama Danke für Deinen interessanten Bericht.
    Herzlichen Glückwunsch zum grünen Daumen.
    Ausgeblendete 3 Kommentare anzeigen
    Sedina Ich gratuliere auch und fühle mich von "Deinen" Templern verfolgt ;-)))

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    4.
  5. Userbewertung: 3 von 5 Sternen

    Von den vielen deutschen Orten mit Namen „Heinersdorf“ ist hier das 1244 erstmals urkundlich erwähnte Dorf im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree, 40 km östlich von Berlin und 25 km nordwestlich von Frankfurt/O in der brandenburgischen Gemeinde Steinhöfel mit seinem Naturdenkmal „Waldemareiche“ gemeint.

    Das dieser Ort in der brandenburgischen Geschichte eine Rolle gespielte und sogar königlichen Besuch hatte, ist vermutlich nur profunden Kennern der Geschichte bekannte. Mir wars jedenfalls unbekannt.
    Der königliche Besuch und die Waldemareiche gehören zusammen und gehen auf Ereignisse im Mittelalter zurück.

    Mit dem frühen Tod von Markgraf Heinrich II. v. Brandenburg (Haus der Askanier / um 1308 – 1320 / Markgraf seit 1319) erlosch die brandenburgische Linie der Askanier.
    Es folgte ein jahrelanges Interregnum bevor der deutsche König Ludwig IV. (Haus Wittelsbach / um 1285 – 1347 / deutscher König seit 1313 / römischer Kaiser seit 1328) seinen ältesten Sohn 1323 als Ludwig I. (1315 – 1361) mit der Mark Brandenburg belehnte.

    Ab Mitte der 1340er Jahre war die politische Lage aber mehr als instabil. Ludwig IV. verlor seine Macht und 1346 wählten die deutschen Fürsten den böhmischen Königssohn Karl v. Limburg-Arlon (Haus Luxemburg / 1316 – 1378 / deutscher König seit 1346 / römischer Kaiser seit 1355) als Karl IV. zum deutschen Gegenkönig.

    In dieser Zeit tauchte ein Pilger auf, der sich 1348 beim Magdeburger Erzbischof Otto v. Hessen (1301 – 1361 / Erzbischof seit 1327) als Markgraf Waldemar v. Brandenburg vorstellte.
    Markgraf Waldemar (Haus der Askanier) wurde um 1280 geboren, starb 1319 und war seit 1302 Markgraf v. Brandenburg.

    Der Pilger in Magdeburg, der Legende nach ein Müllergeselle, behauptete gegenüber dem Erzbischof, dass der Tod und die Beisetzung des Markgrafen 1319 inszeniert war und er unerkannt als Pilger ins Heilige Land weitergelebt hätte und nun seine Ansprüche einfordere.
    Verschwörungstheorien also auch schon im Mittelalter.

    Investigativen Journalismus und DNA-Test’s gabs damals nicht und irgendwie muss der Unbekannte, der sich nun als zurückgekehrter Markgraf Waldemar ausgab, so überzeugend gewirkt haben, dass man ihm glaubte.
    Vor allem die Gegner des neuen Markgrafen Ludwig I. aus Bayern folgten dem wieder aufgetauchten angeblichen askanischen Waldemar.
    Auch König Karl IV. passte der angebliche Waldemar gut ins Konzept als Gegenspieler zu den Wittelsbachern aus Bayern. 1348 entzog er Ludwig I. v. Brandenburg das Lehen und vergab es an „Waldemar“.
    Allerdings verstummten die Zweifel an Waldemar nie. Selbst fürs Mittelalter war vielen eine fast 30jährige Pilgerfahrt ins Heilige Land suspekt. Außerdem gabs ja auch die Augenzeugen und Gefolgsleute, die den richtigen Waldemar 1319 ins Grab gelegt hatten.

    Trotz aller Zweifel hatte sich König Karl IV. 1348 auf den Weg nach Brandenburg gemacht, um die Ansprüche des wieder aufgetauchten angeblichen Waldemar zu prüfen.
    Im unmittelbarer Nähe von Heinersdorf schlug der König sein Hoflager auf. Waldemar wurde für echt befunden und errang die Macht über fast die gesamte Mark Brandenburg.
    2 Jahre später flog der Schwindel dann aber doch auf. König Karl IV. entzog Waldemar das brandenburgische Lehen und setzte Ludwig I. v. Bayern erneut als Markgraf ein.
    Der Betrüger ging als „Der falsche Waldemar“ in die Geschichte ein. Trotzdem fand er Zuflucht am Hof der askanischen Fürsten v. Anhalt in Dessau, wo er 1356 starb.

    Als König Karl IV. sein Hoflager 1348 bei Heinersdorf aufschlug, war die später „Waldemareiche“ genannte Stieleiche bereits ein stattlicher 100 Jahre alter Baum. Vielleicht hat der König damals unter dem Baum gesessen und an einem Fasanenbrüstchen geknabbert.

    Mittlerweile wird das Alter mit bis zu 800 Jahren angegeben. Der ursprünglich einzeln stehende Baum hat eine Höhe von ca. 25 m und einen Stammumfang von ca. 8 m (gemessen 2015).
    1934 wurde die Waldemareiche als Naturdenkmal eingetragen.
    Irgendwann nach 1950 entschloss man sich in der DDR direkt nördlich der Eiche ein Gewerbegebiet zu errichten. Seither wird die Eiche auf ihrer Nordseite ziemlich unschön von einem noch unschöneren Gebäude bedrängt.

    Und wie findet man die eindrucksvolle Eiche?
    Schlecht – sehr schlecht, denn vor Ort fehlt jeglicher Hinweis. Aufmerksam bin ich auf den Baum durch einen Eintrag unter „Sehenswürdigkeiten in Heinersdorf“ geworden. Eine Standortangabe fehlte.
    Gut das es Leute mit Hobby’s gibt. Auch deutsche Eichen haben ihre Liebhaber. Und so habe ich auf einer Eichen-Internetseite schließlich die genauen Koordinaten und die Baumstory gefunden.
    Dank meinem Eintrag auf google-Maps ist sie jetzt für jedermann leichter zu finden:
    einfach die unscheinbare Ausfahrt auf der östlichen Seite der B5 keine 100 m nördlich des Abzweigs der L36 nach Steinhöfel nehmen.

    Außer dem an den Baum genagelten Schild „Naturdenkmal“ gibt es vor Ort keine Info zur Bedeutung der Eiche.
    Aber dafür hat man ja golocal mit dieser ausführlichen Beschreibung!

    geschrieben für:

    Freizeitanlagen / Denkmalbehörde in Heinersdorf Gemeinde Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    opavati® Endlich mal eine, die nicht dem Verbrecher gewidmet ist .... Danke, mein Guide.
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    02 Check ..
    Trotzdem, die Bewertung habe ich gern gelesen. Und ja. sie gefällt mir.
    Sedina Eine Köpenickiade, wie sie eigentlich von einem Autor von der gegenüberliegenden Seite der Müggelspree hätte beschrieben werden müssen ;-)))
    Trotzdem Dank und Glückwunsch zum Grünen Daumen an Dich, lieber grubmard!

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    5.
  6. Userbewertung: 4 von 5 Sternen

    Nein, hier ist jetzt nicht vom Tempelberg in Jerusalem im Heiligen Land die Rede, sondern von einem kleinen brandenburgischen Dorf.
    Obwohl – etwas verbindet den Tempelberg mit dem Tempelberg schon … nämlich die mittelalterliche „Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem(Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosolymitanis) – kurz Templerorden bzw. Tempelritter genannt.

    Der vermutlich um 1120 im Königreich Jerusalem gegründete Ritterorden hatte sich den Schutz der christlichen heiligen Stätten in Palästina und der christlichen Pilger auf die Fahnen geschrieben.
    Außerdem expandierte der Orden in Europa und baute ein mächtiges wirtschaftliches und finanzielles Imperium auf.

    Sie gründeten zahlreiche Kommenden (Niederlassungen) in Europa. Anfang des 14. Jahrhunderts wurde der Orden vor allem dem französischen König Philippe IV. (Haus der Kapetinger / 1268-1314 durch einen Jagdunfall / König seit 1285) zu mächtig. Vor allem auf seinen Druck löste Papst Clemens V. (Bertrand de Got / um 1260-1314 / Papst seit 1305) den Templerorden 1312 auf.
    Den Ordensbesitz übertrug der Papst dem Johanniterorden (heute Souveräner Malteserorden). Die Tempelritter wurden brutal verfolgt und wahrsten Sinne des Wortes vernichtet.

    Zu den Besitzungen der Templer in Brandenburg gehörte auch die Komturei Lietzen (ca. 45 km östlich von Berlin), die wiederum zahlreiche Siedlungen und Dörfer gründete.
    Eine dieser Siedlungen war das ca. 13 km südwestlich der Komturei gelegene, 1244 erstmals urkundlich erwähnte Tempelberg (ca. 30 km östlich von Berlin / Landkreis Oder-Spree). Die Tempelritter und später die Johanniter vergaben das Gut (später Rittergut) Tempelberg an adelige Lehnsherren, deren Besitzrechte mit der Bodenreform nach Ende des 2. Weltkriegs 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone erloschen.

    An die Gründungsgeschichte von Tempelberg erinnert bis heute die von Tempelrittern erbaute Dorfkirche und die Holzskulptur eines Tempelritters am südöstlichen Dorfteich.
    Die übermannsgroße, gebeizte und lackierte Holzskulptur von einem nicht genannten Künstler ist aus einem Baumstamm geschnitzt. Sie stellt einen Tempelritter dar – ohne Helm, mit Kettenhemd und Umhang, die rechte Hand hält das Schwert, die linke Hand ist auf einen Schild mit dem Wappen des Tempelritterordens gestützt. Am Schildrand steht der Ortsname: „Tempelberg“, dass das Templerkreuz übrigens auch im Ortswappen führt.
    Gleich neben dem Ritter befindet sich die Informationstafel für Tempelberg.

    geschrieben für:

    Freizeitanlagen / Kultur in Tempelberg Gemeinde Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    02 Check ..
    Diese Bewertung gefällt mir sehr. Klar, sachlich, informativ und historisch korrekt. Sogar der Höhe Orden von Malta wurde korrekt eingeordnet. Diese Leistung verdient ein großes Danke Grubnard.

    Ja, das ist eine Bewertung an der man sich orientieren kann.
    Ausgeblendete 5 Kommentare anzeigen
    opavati® Danke für die fundierte Heimatkunde, das Schnitzwerk ist bestenfalls gut gemeint. Jeder kann sich zum Künstler erheben/erklären .... :-)

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    6.
  7. Userbewertung: 3 von 5 Sternen

    Von den vielen deutschen Orten mit Namen „Heinersdorf“ ist hier das Dorf im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree, 40 km östlich von Berlin und 25 km nordwestlich von Frankfurt/O in der brandenburgischen Gemeinde Steinhöfel gemeint.

    Wie damals üblich, errichteten auch die Heinersdorfer nach dem 1. Weltkrieg ein Kriegerdenkmal zu Ehren der in diesem Krieg gefallenen Dorfbewohner.
    Am Ende des 2. Weltkriegs 1945 wurden an manchen Ort Kriegerdenkmäler durch Kampfhandlungen zerstört oder nach dem Krieg von den sowjetischen Besatzungsbehörden bzw. ihren deutschen kommunistischen Verwaltungshelfern beseitigt.
    Auch die nachfolgende DDR hatte wenig Interesse am in ihren Augen militaristischen Gefallenengedenken. Die meisten Kriegerdenkmäler blieben zwar erhalten, aber zum Unterhalt wurde nichts unternommen.
    Einige Kriegerdenkmale wurden einfach im Sinne des neuen deutschen sozialistischen Staates umgewidmet. So auch in Heinersdorf.
    Gleich 3 mal in nicht mal 100 Jahren wurde das Gedenken geändert.

    Errichtet wurde das Heinersdorfer Denkmal auf der einstigen Dorfaue in den 1920er Jahren aus 3 gespaltenen Granitfelsen (vermutlich Findlinge), zu deren Füßen als Sockel zahlreiche kleinere Feldsteine angeordnet sind.
    In die beiden kleineren Steine waren ursprünglich die Namen der Gefallenen eingemeißelt. Diese Inschriften wurden 1945 entweder auf Befehl der sowjetischen Kommandantur oder spätestens in DDR bei der Umwidmung des Denkmal abgeschliffen.
    Nur mit Mühe kann man noch erkennen, dass da mal etwas stand, aber es ist total unleserlich.

    Auch dem übermannshohen mittleren Stein sieht man seine wildbewegte Geschichte an, denn die Vergangenheit hat ihre Spuren auf dem Stein hinterlassen.
    Deutlich ist die große Fläche sichtbar, auf der die ursprüngliche Gedenkinschrift zu lesen war. Auch diese Inschrift wurde spätestens in der DDR abgeschliffen oder abgemeißelt.

    In der DDR wurde das Denkmal nach Entfernung der alten Inschriften zum „Denkmal für die Opfer des Faschismus“ umgewidmet. Es wurde eine entsprechende, kleinere Gedenktafel angebracht. Auch sie hat farblich in 40 Jahren ihre Spuren auf dem Stein hinterlassen. Außerdem sind die 4 Dübellöcher für die Tafelbefestigung zu sehen.

    Nach der deutschen Wiedervereinigung erfolgte nach 1990 eine erneute Umwidmung des Denkmals. Die DDR-Tafel wurde entfernt und durch eine Inschrift aus großen Bronze-Buchstaben ersetzt:
    „Den Opfern von Gewaltherrschaft
    Den Toten der Kriege“.

    Das Denkmal ist ein schönes Beispiel für die wechselnde Denkmalkultur in den verschiedenen deutschen Staatsgebilden der letzten 100 Jahre von der Weimarer Republik bis zur Bundesrepublik nach 1990.
    Was bleibt ist allerdings auch die Denkmalschändung nach dem 2. Weltkrieg, denn nichts anderes ist die Ausmerzung der Namen der im 1. Weltkrieg Gefallenen.

    geschrieben für:

    Freizeitanlagen / Museen in Heinersdorf Gemeinde Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    FalkdS So eine oder ähnliche, meistens gut sicht- und erkennbar, haben viele Denkmale für die Opfer der beiden Weltkriege, die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stehen.
    Auch das belegt mir, dass immer die Sieger die Geschichte schreibt…
    Ein golocal Nutzer so wird es immer sein, der Sieger schreibt die Geschichte. Erst viel später kommt manchmal eine Aufarbeitung.
    FalkdS Das nervt, nicht nur euch….

    Gerade eben hat mich Hexe248 gesperrt, ich hoffe wegen meiner von der App willkürlich unter ihrer Bewertung eingesetzten und damit zusammenhanglosen Kommentare, die ich allerdings sofort bei Feststellung gelöscht habe.
    bearbeitet
    Konzentrat Danke für die Mitnahme auf der ( oder die ?) Reise nach Heinersdorf.
    Glückwunsch zum Daumen.
    bearbeitet

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    7.
  8. Userbewertung: 4 von 5 Sternen

    Bis 1945 war das im 13. Jahrhundert gegründete und 1401 erstmals urkundlich erwähnte Dorf Steinhöfel (30 km östlich von Berlin, 30 km nordwestlich von Frankfurt/O) im Besitz adeliger Großgrundbesitzer. Davon zeugen bis heute das Schloss mit seinem ausgedehnten Landschaftspark und der Friedhof der letzten Besitzerfamilie auf dem Kirchhof.

    Seit 1790 war Steinhöfel im Besitz der Familie v. Massow. Damals erwarb Valentin v. Massow (1752 - 1817 / preußischer Offizier und später preußischer Oberhofmarschall) das Gut von seinem Schwiegervater Joachim Christian Graf v. Blumenthal (1720-1800 / preußischer Minister).

    Die Familie v. Massow ist ein pommersches Ur-Adelsgeschlecht, dass seinen Stammvater in einem 1259 erstmals erwähnten Ritter Conrad hatte, der vermutlich aus dem heutigen Niedersachsen stammte. Dieser Ritter nannte sich nach dem damals recht bedeutendem deutschen Siedlerort Massow (heute Maszewo (Polen) / 35 km nordöstlich von Szczecin / Stettin).
    Später bildeten sich deutsche 4 Familienzweige, zu denen 1817 noch niederländischer Zweig hinzukam, der aber im 19. Jahrhundert wieder erlosch.
    Der Familienverband v. Massow existiert bis heute und führt unregelmäßig Familientage, ua. auch in Steinhöfel, durch.

    Den Friedhof ließen Valentin v. Massow und seine Frau Charlotte Gräfin v. Blumenthal (1766-1835) an der Nordseite der Dorfkirche auf dem Kirchhof anlegen, nachdem ihr Sohn Carl (1797-1813) wenige Wochen nach seinem 16. Geburtstag in der Völkerschlacht bei Leipzig (16.-19.10.1813) am 16.10.1813 bei der Explosion eines Pulverwagens (laut Fontane) gefallen war.

    Im 19. und 20. Jahrhundert fanden mindestens 28 Beisetzungen statt. Diese Zahl ergibt sich jedenfalls aus den auf der Infotafel vor Ort aufgezählten Grabstellen bzw. Grabmälern.
    1880 ließ Adelheid v. Massow (1844-1912 / geborene von der Asselburg) den Familienfriedhof mit einer heute nur noch teilweise erhaltenen Mauer umgeben.
    Die letzte Beisetzung fand wohl 1947 für Magdalene v. Massow (1875-1947 / geb. Gräfin von der Schulenburg) statt. Allerdings ist die genaue Lage des Grabs heute nicht mehr bekannt.

    Nach der Enteignung der v. Massow’s durch die sowjetischen Besatzungsbehörden nach dem 2. Weltkrieg verließ die Familie Steinhöfel in Richtung Westen. Um den Friedhof kümmerte sich niemand mehr so richtig. Den DDR-Behörden war er egal, zumal er auf Kirchengrund lag. Im Laufe der Jahrzehnte verfiel der Friedhof. Der Zahn der Zeit nagte an den Grabmälern und scheinbar hat es auch Vandalismus gegeben.

    Viele Grabmäler sind beschädigt bzw. unvollständig, Inschriften teilweise bis zur Unlesbarkeit verwittert. Von nicht allen Gräbern scheint die genaue Lage bekannt zu sein, denn einige Grabmale lehnen an die Kirchenwand.
    Auffällig sind einige Kindergräber.

    Am besten erhalten sind die Gräber von Oberstleutnant Valentin (Albrecht) v. Massow (1864-1899 / ab 1896 Kommandeur der deutschen Schutztruppe in der Kolonie Togo / gestorben an Schwarzwasserfieber – einer Malariavariante / nach Steinhöfel überführt), das Doppelgrab der Zwillinge Rüdiger (1902-1930) und Eberhard (1902-1931) v. Massow sowie des aus niederländisch-schwedischem Adel stammenden preußischen Oberstleutnants a.D. Gustav v. Kuylenstjerna (1818-1900).
    Die bereits erwähnte Adelheid v. Massow hatte ihn 1884 nach dem Tod ihres 1. Mannes, Oberstleutnant Valentin v. Massow (1825-1868 / Adjutant des Prinzen Albrecht v. Preußen) geheiratet.

    Erst nach 1990 konnte sich der Familienverband v. Massow wieder um den Friedhof ihrer Vorfahren in Steinhöfel kümmern. Man räumte den Friedhof auf und brachte ihn wieder eine würdige Form, ohne die Grabstellen jedoch zu sanieren oder zu restaurieren. Und so präsentierte sich der Friedhof 2016 als eine milde Form eines „Lost Places“ mit einem leicht morbide verwunschenem Charme.

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    Friedhof in Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    Sedina "Der morbide Charme der Bourgeoisie", auf dem Friedhof wenig "diskret" gezeigt...
    Danke für den interessanten Bericht und Glückwunsch zum Grünen Daumen!
    opavati® Die Herrschaften sind nun alle wieder da, nur die nun polnischen Latifundien stehen noch aus. Die Quintanerin hat einen Knaben mit großem Namen in der Klasse. Danke, mein Guide, für die Heimatkunde. Die Pflege hätte die Kirchgemeinde leisten müssen, nicht der Staat ...

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    Nachdem ich auf eine andere Firma reingefallen bin und ich fast eine Woche im dunkeln gesessen habe, hat mir diese hier sofort geholfen. Mich hat diese Firma überzeugt und als Kunden auf jedenfall gewonnen.

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    Fenster / Rollläden in Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    Das 1244 erstmals als Gut der Tempelritter urkundlich erwähnte Heinersdorf liegt 40 km östlich von Berlin und 25 km nordwestlich von Frankfurt/O in der brandenburgischen Gemeinde Steinhöfel.

    „Herrenhaus“ klingt zwar toll – ist es aber nicht, denn das denkmalgeschützte Gebäude befindet sich in einem ziemlich desolaten Zustand.
    Nach der Auflösung des Templer-Ritterordens ging das Gut 1312 an den Johanniter-Ritterorden über, der Heinersdorf 1572 an den kurfürstlich-brandenburgischen Geheimen Rat und Statthalter von Küstrin, Zacharias v. Grüneberg (1516-1581), verkaufte. Dieser gründete das Rittergut Heinersdorf und errichtete ab 1575 den ältesten Teil des Herrenhauses.

    Das Haupthaus in seiner heutigen Form ließ der kurfürstlich-brandenburgische Wirkliche Geheime Staats- und Kriegsrat und Direktor des Ravensbergischen Appellationsgerichtes Franz v. Meinders (1630-1695) erbauen, der das Rittergut 1680 erworben hatte. Aus dieser Zeit stammen auch die noch erhaltenen barocken Wandmalereien und Stuckdecken italienischer Stuckateure. Diese Stuckdecken sind für brandenburgische Herrenhäuser ziemlich einzigartig und es soll sie so nur noch im Berliner Schloss Köpenick geben. Ihnen hat das Heinersdorfer Herrenhaus auch den Denkmalschutzstatus zu verdanken.

    1802 wurde wurde Karl Friedrich Wilhelm Schulz (1748-1821) aus Lietzen der Herr auf Heinersdorf. Die Familie wurde 1883 als „Schulz von Heinersdorf“ geadelt. Ab 1885 erhielt das Herrenhaus durch den Anbau des nördlichen und südlichen Flügels sein heutiges Aussehen.
    Am Ende des 2. Weltkriegs flüchtete die Familie vor der heranrückenden Front und wurde 1945 von der Sowjetischen Militäradministration enteignet.

    Zunächst waren im Herrenhaus Kriegsflüchtlinge und Umsiedler aus den deutschen Ostgebieten untergebracht. Später nutzte die DDR das Haus bis 1956 als Ersatz für die kriegszerstörte Schule, danach als Lehrlingswohnheim, Landambulatorium, Kinderheim, Kindergarten und Kinderkrippe.
    Das herrschaftliche Aussehen der Räume ging verloren. Zahlreiche Um- und Einbauten wurden vorgenommen, Räume teilt, Sanitärräume zusätzlich eingebaut, Zwischendecken eingezogen …
    Da die Zentralheizungsanlage 1945 den Geist aufgab, hatte man dann in die Räume Kachelöfen eingebaut.

    Auch der Gutspark ging verloren, da die DDR ab 1952 die Betriebsberufsschule für Landwirtschaftslehrlinge in den Park baute. Die Sichtachse zum Heinersdorfer See wurde 1954 durch den Bau eines Badehauses zerstört. Heute gibt es rund ums Herrenhaus nur noch einen kümmerlichen Rest des Parks.

    Nach 2000 endete die Nutzung. Das Haus steht seither weitgehend leer. Dank des Denkmalschutzstatus gibt es für die geplante Sanierung und Restaurierung aber Fördermittel. So konnten bisher das Dach und Teile der Stuckarbeiten, z.B. im Festsaal, gesichert bzw. restauriert werden. Bisher wurden mehrere hunderttausend Euro verbaut.
    Vorgesehen ist, das Herrenhaus zu einem Multifunktionshaus umzubauen. In den Seitenflügeln sollen Wohnungen für altersgerechtes Wohnen entstehen, da hier der Einbau von Fahrstühlen möglich ist.
    Im Haupthaus mit seinem barocken Kern soll es wieder eine oder mehrere Arztpraxen geben und es soll das Gemeindezentrum des Dorfes sein Domizil finden.
    Der Festsaal im 1. Obergeschoss wird bereits heute für Veranstaltungen genutzt.

    Abgesehen von gelegentlichen Veranstaltungen im Festsaal kann das Herrenhaus schon aus Sicherheitsgründen nur bei vorher mit der Gemeindeverwaltung vereinbarten Führungen betreten werden. Außerdem führen Mitglieder des Fördervereins interessierte Besucher am „Tag des offenen Denkmals“ durchs Haus.
    Noch ist in den Räumen die jahrzehntelange Fremdnutzung als Kinderheim etc. fast mit Händen zu greifen. So sind die Wasch- und Toilettenräume der Kindereinrichtungen noch vorhanden.
    Im Rosa Salon hat man die Wandverkleidungen entfernt und darunter barocke Wandmalereien und Stuck entdeckt. Die Wandmalereien wird man aus konservatorischen Gründen erst endgültig freilegen und restaurieren, wenn die Sanierung des Hauses abgeschlossen ist. Wand- und Deckenstuck hat man bereits gesichert und restauriert.

    Im Kaminzimmer musste die Decke mit Stützen vor dem Einsturz bewahrt werden. Teile des Deckenstucks sind abgefallen und fallen immer noch ab. Da, wie beschrieben, die Zentralheizung seit 1945 defekt ist, hatte man die Räume mit nachträglich eingebauten Kachelöfen beheizt. Der im Kaminzimmer steht vor dem stuckverzierten Kamin. Das Ofenrohr hatte man damals kurzerhand durch den Kamin in den Schornstein verlegt.
    Vielleicht sollte man nicht alle DDR-Spuren beseitigen, schon um zu zeigen, wie der sozialistische Umgang mit Baudenkmälern auch ausgesehen hat.

    Die anderen Räume befinden sich im Zustand vom Ende der Nutzung Anfang des 21. Jahrhunderts. Vielleicht findet man bei späteren Restaurierungsarbeiten unter Farb- und Putzschichten noch weitere Reste der ursprünglichen Gestaltung.
    Nur der Festsaal ist in leidlich gutem und nutzbarem Zustand, die Stuckdecke hier bereits vorbildlich restauriert.

    Noch ist das Herrenhaus ein abschreckendes Beispiel für die Fremdnutzung und den Umgang mit einstigen Adelssitzen in der DDR. Eines Tages soll das Herrenhaus nach der heutigen Planung wieder genutztes Schmuckstück von Heinersdorf sein. Gutsgarten und Gutspark sind durch die DDR-Baumaßnahmen allerdings unrettbar verloren.
    Zwar schaut auch die Alteigentümerfamilie seit der Wiedervereinigung immer mal wieder vorbei, hat aber angesichts des enormen Finanzbedarfs für die Sanierung dankend auf ihre Restitutionsansprüche verzichtet.

    Erwähnt werden muss die Gedenktafel für Oberstleutnant Hans-Alexander v. Voß vor dem Hauptportal des Herrenhauses.
    Der 1907 geborene Offizier war mit Gisela v. Stülpnagel (1913-2001) verheiratet, deren Schwester Ursula die Ehefrau des 1938 verstorbenen Rittergutsbesitzers Günther Schulz v. Heinersdorf (*1881) war.
    Voß gehörte zum Kreis des militärischen Widerstand um Generalmajor Hennig v. Tresckow (1901-1944 Selbstmord) und war maßgeblich an Planung und Durchführung mehrerer Attentate auf Hitler beteiligt, die aber aus unterschiedlichen Gründen alle scheiterten. Zwar wurde seine Zugehörigkeit zu den Attentätern vom 20.7.1944 nicht sofort aufgedeckt, aber in den Wochen nach dem Attentat mehrten sich die Anzeichen, dass die Gestapo v. Voß auf der Spur war. Wegen der zu erwartenden Festnahme und Folter nahm sich Hans-Alexander v. Voß zum Schutz von Familie, Freunden und Mitwissern am 9.11.1944 im Gutspark Heinersdorf das Leben.

    Fazit: Das Herrenhaus hat zwar eine lange und bewegte Geschichte, ist aber derzeit als Sehenswürdigkeit kein Highlight.

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    Freizeitanlagen / Kultur in Heinersdorf Gemeinde Steinhöfel Kreis Oder Spree

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    Schroeder Danke für die Einblicke ins "Herrenhaus"...
    Ravensbergisches Appelationsgericht müsste es wohl heißen.
    Sedina Manchmal finden sich für solche Häuser finanzkräftige Liebhaber. Die Gemeinden sind damit hoffnungslos überfordert.

    10.