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Das Meteorologische Observatorium Lindenberg / Richard-Aßmann-Observatorium des Deutschen Wetterdienstes (DWD) liegt auf einer Anhöhe oberhalb des märkischen Dorfes Lindenberg (ca. 35 km südöstlich von Berlin / 20 km südlich von Fürstenwalde) in der Gemeinde Tauche.
Hier wird das Wetter allerdings weder gemacht noch vorhergesagt. Die Observatorien des DWD liefern nur die täglichen Wettermessdaten, aus denen an anderer Stelle die nicht immer zutreffenden Wetterberichte zusammengebastelt... weiterlesen werden.
Erbaut wurde die Lindenberger Einrichtung 1905 als Ersatz für das Aeronautische Observatorium Reinickendorf (damals noch bei Berlin).
Da sich die Reichshauptstadt Berlin immer mehr ausdehnte, musste der Wettermessbetrieb 1905 eingestellt werden, da die Messungen mit Fesselballons und –drachen zu einer Gefahr für die Bevölkerung wurden.
Als neuen Standort wählte man die dünn besiedelte Gegend beim Dorf Lindenberg.
Die Bedeutung der Wettermessstelle zeigt sich daran, dass das Königlich-Preußische Aeronautische Observatorium Lindenberg durch Wilhelm II. (1859-1941 / König v. Preußen und Deutscher Kaiser von 1888-1918) am 16.10.1905 persönlich eingeweiht wurde.
Erster Direktor war der Meteorologe Richard Aßmann (1845-1918), der auch schon das Reinickendorfer Observatorium geleitet hatte.
In den folgenden Jahrzehnten wurden und werden hier Forschungen zur Erdatmosphäre und Messungen der täglichen Wetterwerte durchgeführt. Dazu nutzte man neben Bodenmessfeldern Fesselballons und Fesseldrachen.
Damit diese „gefesselt“ werden konnten, errichtete man ein sogenanntes Windenhaus. Dort befand sich die Winde für das 15 km lange dünne Stahlseil, an dem Ballons oder Drachen befestigt wurden und zur Erde zurückgeholt werden konnten. Bis 1941 stiegen in Lindenberg fast 20.000 mal Forschungsdrachen in die Atmosphäre auf.
Die Ballone wurden in der sogenannten Ballonhalle vorbereitet.
1910 wurde in Lindenberg der weltweit erste Flugwetterdienst und Warnungsdienst für Luftfahrer eingerichtet.
1913 kam die erste Funksendestation zur Übermittlung der Messdaten hinzu.
Auch während des 1. Weltkrieges blieb das Observatorium in Betrieb.
Ab 1919 wurde in Lindenberg auch eine tägliche Wetterprognose erstellt. Am 1.8.1919 wurde der bis heute gültige Höhenweltrekord für Messdrachen mit einer Höhe von 9750 Metern aufgestellt. Vermutlich wird dieser Rekord auf ewig in Lindenberg bleiben, da heute solche Höhenmessungen mit Drachen nicht mehr durchgeführt werden.
1932 wurde das Observatorium dem 1847 gegründeten Preußischen Meteorologischen Institut Berlin unterstellt.
Ab 1935 gehörte Lindenberg zum Reichswetterdienst des Reichsluftfahrtministeriums von Hermann Göring (1893-1946).
Ein Jahr später wurde 400 m westlich direkt am Dorfrand eine weitere Messstelle mit Windenhaus und Ballonhalle errichtet. Diese war bis zum Ende der DDR 1990 in Betrieb und ist heute Standort des Wettermuseums Lindenberg.
Ab 1938 war Lindenberg Eichzentrale für alle deutschen Radiosonden, die 1930 entwickelt worden waren. Mit Ausbruch des 2. Weltkriegs wurden in Lindenberg alle Wetterdaten aus den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten empfangen und weitergeleitet.
Während des gesamten Krieges blieb Lindenberg in Betrieb. Allerdings mussten1941 die Messungen mit Fesselballons- und –drachen aus Gründen der Flugsicherheit eingestellt werden – Görings Luftwaffe brauchte den Himmel für sich.
Mit dem Kriegsende gab es eine kurze Unterbrechung des meteorologischen Betriebs. Das Observatorium wurde für wenige Monate als Lazarett, Seuchenkrankenhaus und Flüchtlingsunterkunft genutzt.
Aber bereits im Januar 1946 wurde der Messbetrieb als Außenstelle des Hydrometeorologischen Dienstes der UdSSR in der Sowjetischen Besatzungszone unter dem Namen „Observatorium Lindenberg“ wieder aufgenommen.
1947 wurde Name erneut geändert in „Aerologisches Observatorium Lindenberg“.
Nach der Gründung der DDR wurde das Observatorium von der UdSSR an die DDR übergeben, die es weiterhin umfangreich für Messungen und Forschungen nutzte. Lindenberg war somit ein bedeutender Wissenschaftsstandort.
Nach 1990 übernahm der Deutsche Wetterdienst (DWD) das Meteorologische Observatorium Lindenberg, dass 2005 zum 100. Jahrestag der Einweihung nach seinem ersten Direktor Richard Aßmann benannt wurde.
Neben dem Sammeln von Wetterdaten wird weiterhin an der Erforschung der Erdatmosphäre gearbeitet.
Für die Messungen der Höhenwetterdaten starten in Lindenberg täglich 4 fessellose Einwegwetterballons , die ihre Daten per Funk übermitteln. Neben Lindenberg wird täglich nur noch im Meteorologischen Observatorium Hohenpeißberg (Bayern) mit Ballonen gearbeitet. Allerdings wird dort nur ein Ballon gestartet.
Das Gelände des Observatoriums ist in Teilen zugänglich. Der Bereich, wo die Ballons gestartet werden, ist allerdings Sicherheitsbereich.
Wenn man zur rechten Zeit am rechten Ort ist, besteht die Möglichkeit im Rahmen einer speziellen Führung des Wettermuseums Lindenberg am Start eines Wetterballons teilzunehmen (Eintritt Museum incl. Führung 6 €uro – Stand 2019).
Die ganze Sache ist wenig spektakulär: Ein Mitarbeiter befüllt in der riesigen Ballonhalle einen kleinen Ballon mit Helium. Die Ballonhülle aus Gummi oder Latex erinnert zunächst an ein überdimensionales Kondom. Hat der Ballon etwa einen Durchmesser von 1,5m erreicht, ist die Befüllung abgeschlossen. An den Ballon wird eine kleine Messsonde angehängt, das Ganze ins Freie gebracht … und losgelassen.
Der Ballon steigt tausende Meter in die Höhe und dehnt sich dabei auf einen Durchmesser von ca. 10m aus. Je nach Windrichtung, -geschwindigkeit und Höhenströmung kann so ein Ballon hunderte oder tausende Kilometer weit in der Atmosphäre treiben. Irgendwann platzt der Ballon oder verliert das Helium und stürzt ab. Der am weitesten getriebene Lindenberger Ballon wurde 2500 km entfernt in Georgien gefunden.
Da diese täglichen Messsonden unter 100 €uro kosten, lohnt es nicht, sie in halb Europa aufzusammeln – Einwegprodukte eben.
Meist 1x im Jahr findet im Observatorium auch ein „Tag der offenen Tür statt“ (Termin auf der DWD-Website).[verkleinern]