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Ich möchte die Ergebnisse filtern!-
Update-siehe unten:-)1.
Kurz: Der Platzhirsch unter den Immobilienanbietern bietet mit Abstand das größte Angebot, eine sehr übersichtliche Suchmaschine und reichlich Tipps rund ums Dach über’m Kopf!
Langversion (diesmal in der Kategorie“Trauerspiel“)
„Kündigung wegen Eigenbedarf“-hat ja wohl jeder schon mal gehört. Der Begriff geistert immer mal wieder durch die Ihr-gutes-Recht-Rubriken der Illustrierten .Aber normalerweise rechnet man ja nicht damit, daß es einen selbst trifft.
Auch ich war wild entschlossen, unsere schöne Wohnung (groß, günstig, seinerzeit als Schrotte übernommen und liebevoll in Eigenarbeit hergerichtet) erst mit den Füßen nach vorne zu verlassen. Keiner der bisherigen Eigentümer hat sich jemals für unser Dach interessiert, geschweige denn seine Griffel danach ausgestreckt.
Aber dann wurde das Haus verkauft und das Unheil zog herauf. Der von Anfang an schon extrem unfreundliche neue Eigentümer wohnt selbst zur Miete-und nach diversen Schikaneaktionen dämmerte mir ziemlich schnell, daß man mit einer großen Wohnung und günstigem Altmietvertrag das Prädikat „unangenehmer Mieter“aufgedrückt bekommt-ja, fast schon wie ein Mietnomade angesehen wird. Zumal wenn man am längsten von fast allen Mietern im Haus wohnt und die größte Bude zum günstigsten Tarif hat. Das Wort Eigenbedarfskündigung fiel erstmals. Eigentlich war ich gewarnt.
Trotzdem schlug der Brief vom Rechtsanwalt ein wie ein Hammer. Ein gräßlicher Moment. Man liest ihn, inhaliert die trocken vorgebrachten und leider nicht angreifbaren Argumente, schluckt ein paar Mal und guckt sich in der Wohnung um, die so viele Jahre so vertraut war. Das gute Gefühl-weg. Der Anblick des schönen alten Gebälks, das wir in unzählbaren Stunden mühsam handgepinselt hatten und mir immer noch viel Freude bereitet hat, trieb mir die Tränen in die Augen angesichts der Erkenntnis, daß so was wohl nicht noch mal zu finden sein würde. Mit einem Schlag lebt man nicht mehr-man wohnt nur noch. Plötzlich ist alles Mist. Aber nicht zu ändern.
Ich hasse es, einer besch***nen Situation ausgeliefert zu sein. 9 Monate Kündigungsfrist sind natürlich besser als 3, trotzdem kam sofort eine diffuse Panik auf. Wenn es schon sein muß, will ich die Lage auch möglichst schnell in den Griff kriegen. Keine 5 Minuten nach dem Studium des fatalen Schreibens klickte ich mich schon verbissen durch die diversen Suchmaschinen.
Stunden später war ich zu der Erkenntnis gelangt, daß sich die meisten Angebote auf allen verfügbaren Portalen so ziemlich wiederholen und der Immoscout einfach die größte potentielle Ausbeute verspricht. Stand heute: 1539 freie Wohnungen! Das Sichten der Ausbeute war allerdings ernüchternd. Dafür kann das Portal natürlich nichts.
Du suchst eine Wohnung in Düsseldorf? Glückwunsch! Sowohl zum Mieten als auch zum Kaufen bieten die Objektfotos im Scout allerlei für’s Auge. Da bleiben keine Wünsche offen. Rheinblick? Penthouse? Künstleratelier? Stuckdecken, Barockparkett und Flügeltüren oder das von mir favorisierte Altbaudachgeschoß mit Balken, sogar als Maisonette? Kannste haben! Es gibt alles!
Zumindest, wenn man bereit und in der Lage ist, so ab 1.800 kalt zu latzen oder auch Kaufpreise ab 350.000 hinzublättern. Und wir reden hier nicht über Häuser oder Luxuswohnflächen jenseits der 100 qm!
Nachdem ich-unbedarft nach 15 Jahren ohne Wohnungssuche-staunend die tollsten und unerschwinglichsten Objekte beäugt hatte, wurde es Zeit, Ernst zu machen und die Filterfunktionen nach den tatsächlichen Gegebenheiten auszurichten. Mit jeder Einschränkung rasselte die Anzahl der in Frage kommenden Buden nach unten, ebenso wie meine Zuversicht.
Willkommen in der Realität. Schlagartig wurde mir klar, wie spottbillig ich bisher gewohnt hab. Zu dem Preis gibt es nicht mal die Hälfte der Wohnfläche. Von Engelsstuck und offenen Kaminen ganz zu schweigen.
Was ich bekommen kann: Schuhschachteln im Ghettohochhaus. Völlig verranzte quadratisch-praktisch-gute stillose Wohnklos. Was preislich und räumlich einigermaßen akzeptabel ist, befindet sich irgendwo auf dem Acker. Mein geliebtes Viertel, mittlerweile supergentrifiziert wie der Prenzlauer Berg-unbezahlbar.
Nach dem ersten Suchmarathon war erst mal Wachliegen bis zum Morgengrauen angesagt. Ich sah mich auf der Bettkante in einem tristen Hochhauszimmerchen hocken und durch ungeputzte Fenster auf einen vermüllten Hinterhof und die Skyline der Stadt starren, während mein Exvermieter sich in meiner gemütlichen Exwohnung ausbreitet. Meine schönen antiken Schränke versetzt, 90 % meiner Schuhe und Handtaschen bei Ebay verkloppt wegen Platzmangel, stundenlange Anfahrt zum Arbeitsplatz..
Aber Kopfkissenvollheulen nützt auch nix. Krone geraderücken, ein Mars entrinden-und es geht weiter.
Nun ist seit Ausbruch der Katastrophe meine karge Freizeit mit dem Studium des Scout verplant (für heute kann ich ihn allerdings nicht mehr sehen, deshalb jammere ich mir bei Euch mal das Elend von der Seele; bitte habt Nachsicht. Danke.)
Und langsam kehrt Routine ein. Nachdem ich auch feststellen mußte, daß das früher obligatorische Studium der „Rheinischen Post“ und der Wochenblättchen überhaupt nix bringt, hab ich diese Oldschoolmethode fallen gelassen. Seinerzeit gab es da in der Samstagsausgabe einen gigantischen Immobilienteil, inzwischen lohnt sich die Ausgabe für drei wenig aussagekräftige Anzeigen nicht mehr und politische und sonstige Horrornachrichten kann ich im Moment gebrauchen wie Krätzmilben. Es ist nun mal die Zeit des Internet.
Mit etwas Übung gelingt es mit dem Scout, sich nur noch die wirklich relevanten Angebote in kürzester Zeit reinzuziehen. Meine bisherigen Erkenntnisse (vielleicht ist da draußen ja noch jemand, der in einer ähnlichen Situation ist und für den sie hilfreich sein können):
Preisbegrenzung und Quadratmeterminimum nicht zu eng sehen. Wer z.B. min. 80 qm und max. 900 Euro Miete in den Sucher eingibt, verpaßt vielleicht seine Traumwohnung mit 79,5 qm für 905 Euro.
Nicht vom „Startseitenfoto“ des Objekts gleich abschrecken lassen. Drei Bilder weiter sieht es oft schon ganz anders aus und nach dem schröcklichen 70er-Jahre-blau gefliesten Schreckensbad erscheint ein tolles Wohnzimmer mit Flügeltüren.
Den Beschreibungstext genau lesen! Oft verbergen sich darin die Ausschlußkriterien oder auch Einzelheiten, die das Ganze in völlig anderem Licht erscheinen lassen. Es ist schon vorgekommen, daß der gar nicht erst abgelichtete zur Wohnung gehörende Spitzboden mit Stützbalken dem Anbieter nur eine Randbemerkung wert (Abstellraum!), für mich aber das Traumschlafzimmer schlechthin ist.
Die Wunschwohngebiete nicht zu eng fassen. Hier gilt das Gleiche wie für Größe und Preis. Im Übergang zwischen den einzelnen Stadtgebieten kann man ja meist auch noch gut leben-der wird aber oft einem nicht so genehmen Viertel zugeordnet und fällt dann aus der Suche vielleicht raus.
Die Funktion“Kontakt zum Anbieter aufnehmen“ kann man meist vergessen. Ist zwar komfortabel, bringt aber nach meiner Erfahrung nix. Eine einzige Antwort hab ich darauf bekommen-die Wohnung war natürlich schon weg. Denn der Vermieter von heute-zumal wenn er bezahlbaren Wohnraum anbietet-lehnt sich zurück und rührt selbst keinen Finger. Gilt insbesondere für Makler. Wenn eine Telefonnummer angegeben ist-anrufen. Sofort.
Private Vermieter geben meist sehr präzise an, welche Form der Kontaktaufnahme erwünscht ist. Und da saß ich schon wieder staunend ob des Wandels der Zeiten. Anruf-hingehen-Wohnung angucken-Mietvertrag unterschreiben (wie ich das von früher kenne) ist passé. Grob gesagt ist heute zumeist eine Bewerbungsmappe gefragt wie für einen Job, nebst Hoserunterlassen in Sachen Schufa, Verdienst, Gewohnheiten, Lebenslauf, Unbedenklichkeitsbescheinigung des Exvermieters etc. Davon natürlich diverses knallhart unrechtmäßig-aber der Markt diktiert die Bedingungen. Der Scout bietet-auch sehr komfortabel-Schufaauskunfteinholung und die Blankzugsdokumente namens Selbstauskunft zum praktischen Download.
Vorsicht bei telefonischer Kontaktaufnahme. Nicht zu viel preisgeben; vor allem nicht Dinge, die der Vermieter nun wirklich nicht wissen muß. Bei meinem ersten Telefonat mit einem Makler ist mir prompt auf die Frage nach möglichem Einzugstermin das Ding mit der Eigenbedarfskündigung rausgerutscht. Kennt Ihr das? Man hört sich selber reden und könnte sich gleichzeitig ohrfeigen. Nachdem es raus war, hat es jedenfalls am anderen Ende der Leitung zwar nicht hörbar, aber spürbar geknackt.
„Eigenbedarfskündigung-aha. Ein unbequemer Mieter also. Strich durch.“ Gesagt wurde das natürlich nicht, also bekam ich keine Gelegenheit zur genaueren Erklärung. Gespräch schnell beendet („Ich kriege erst nächste Woche den Schlüssel, ich melde mich dann bei Ihnen“. Don’t call us, we call you. Abgehakt. Schade, die Wohnung war wirklich schön.
Vorsicht bei zu schönen Angeboten! Auch wenn es auf den ersten Blick seriös aussieht und einen die Fotos vom Hocker hauen: Es gibt in Düsseldorf (und wohl auch nirgends sonst) keine 140-qm-Penthousewohnung, vollmöbliert mit Jacobsen-Chair und ähnlichem für 450 Euro warm. Was diese Fakeanbieter eigentlich bezwecken, hab ich bisher noch nicht rausbekommen.
Keine voreiligen Freudensprünge beim Entdecken einer Wunschwohnung. Oft verpennen die Inserenten nach Vergabe der Wohnung, das Angebot raus zu nehmen. Am Besten sortiert man nach Sichtung des Gesamtangebots nach den aktuellen Anzeigen. Die aber auch alle checken! Denn sie sind unsortiert. Da könnten die Scoutbetreiber nachbessern und das Veröffentlichungsdatum angeben. Steht an erster Stelle immer noch das Wohnklo, von dem man schon zigmal mit Grausen den Blick abgewendet hat, kann zwei Positionen weiter eine brandneu reingesetzte Hütte stehen. Vielleicht sogar die Richtige. Die ich bisher auch noch nicht gefunden hab. Es bleibt schwierig.
War ich eigentlich der Meinung, mit meinem hochangesehenen Beruf einen Großteil der Konkurrenz lässig auf die hinteren Plätze verweisen zu können, werde ich gerade eines Besseren belehrt. Immer verdient jemand noch mehr, hat noch einen tolleren Job.
Aber irgendwo wird wohl irgendwann was zu finden sein. Schließlich wohnen ja auch Leute, die weniger verdienen als ich, in Wohnungen und liegen nicht alle unter unseren schönen Rheinbrücken. Ich bin ja auch noch ziemlich am Anfang der Suche.
Liebe Düsseldorfer Kollegen! Weiß einer von Euch ne günstige Wohnung? Altbaudachgeschoß mit Balken zum guten Preis? Ich nehm auch den Engelsstuck und den offenen Kamin;-) Nicht? Dann werf ich noch einen letzten Blick für heute in den Immoscout. Seufz..
Nachdem die nervige Wohnungssuche und der noch nervigere Umzug inzwischen Geschichte sind, hier meine letzte Erkenntnis:
War die Suche endlich erfolgreich und ist der Mietvertrag in Sack und Tüten:
Die Immoscout-App SOFORT vom Smartphone löschen und bis zu (hoffentlich freiwilligen) erneuten Umzugsplänen NIE wieder reingucken! Nicht zum Spaß, nicht aus Gewohnheit und überhaupt nie nicht!
Sonst kann nämlich getreu den Gesetzen von Murphy das passieren, was mir (natürlich) passiert ist: Die Superbude zum Superpreis, viel weniger renovierungsbedürftig und überhaupt das schönste in Frage kommende Objekt, welches man je im Scout schauen durfte; hochgeladen vermutlich just in der Sekunde, in der man den Mietvertrag unterschrieben hat..
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Wenn man schon das Glück hat, im hip-gentrifizierten Stadtteil Flingern zu residieren und das Wetter zum Draußensitzen einlädt, muß man sich auch mal einen Nachmittag „auf der Szene“ gönnen.2.
Fauxpas! Damit meine ich natürlich nicht, daß ich mich am Bahnhof zwischen den Junkies rumdrücke-die 70er sind vorbei. Aber was sagt man heutzutage? Ich weiß es nicht, obwohl das Wort „Szene“ ja gerade hier in aller Munde ist. Vielleicht „Abchillen in einer angesagten Location?“ Ja, das klingt nach Düsseldorf; nehm ich.
Am „Hüftgold“ war ein Parkplatz frei und es gelüstete mich nach einem Kaffee. Draußen sitzen konnte man auch. Also:Check.
Man sitzt natürlich nicht wirklich schön, auf Bierzeltgarnituren an der Straße-aber wo kann man das in der Stadt schon?
Der Blick in die Karte offenbart sofort, welche Art von „Szene“ hier angesprochen werden soll. Da ist viel von „Bio“ die Rede, von glutenfrei und vegetarisch. Entsprechend gibt es auch einige ausgefallenere Dinge, wie OMI-Tee (Orange-Minze-Ingwer) oder Mate-Getränke. Als Nicht-Öko drängen sich mir sofort ketzerische Gedanken auf beim Anblick der Beschreibung des Matedrinks („Für Veganer geeignet „etc.). Was soll an einem Getränk (außer es handelt sich um eine Bouillon) nicht vegan sein? Oder bedeutet das in diesem Zusammenhang, daß die Flasche garantiert nie neben einem Schnitzel gestanden hat;-)
Es gibt aber auch ein tschechisches Bier, von dem ich noch nie gehört habe, einige Saftvarianten, die mich auch durchaus reizen und eine appetitliche Auswahl an Sandwiches und dergleichen, von biomäßig –unbedenklich bis carnivorentauglich.
Die offensichtlich einzige Bedienung war mit dem proppenvollen Außenbereich etwas überfordert, erschien aber doch, als ich mich gerade wegen Sonnenbrandgefahr und Mörderdurst wieder vom Acker machen wollte. Ich orderte meinen Kaffee und eine ökomäßig angemessene Holunderblütenschorle. Öko oder nicht-alleine schon für dieses köstliche Gesöff, das zu meinem Leidwesen fast nirgends erhältlich ist, komme ich gerne wieder ins Hüftgold!
Zum starken und damit perfekten Kaffee wurde ein selbstgebackener Brownie-Würfel gereicht. Schöne Idee und mal was anderes-die Standard-Hollandcookies in Plastikhülle hauen doch niemanden mehr vom Hocker. Sehr geschickte Strategie im Übrigen, um dem Gast dezent mit der Brechstange beizubiegen, daß der Kuchen hier vermutlich ungemein lecker ist-der Brownie ließ jedenfalls einiges erhoffen. Beim nächsten Mal..
Ich zelebrierte meine Schorle und beäugte den Rest der „Szene“. Wie üblich in Düsseldorf, ist man „unter sich“. Hier wie vermutet die Abteilung „Alternativ, aber mit Apfel“. Die stylischen Gerät lagen wirklich auf jedem Tisch in meinem Umfeld. Die Inhaber derselben glänzten aber eher mit Dreadlocks, einer Art giftgrünen oder pinkfarbenen Schlafanzughosen, Birkenstocks und ähnlichen Klischeeaccessoires. Und nur ein paar Häuser weiter vor einer Eckkneipe hockte die „Hoch-die-Tassen-komm-wir-rauchen-noch-eine“-Fraktion, auch diese eine „geschlossene Gesellschaft“. Der Begriff „gemischtes Publikum“ ist bestimmt keine Düsseldorfer Erfindung. Sei’s drum- wir sind ja hier nicht in Berlin und dies ist nicht das Café Kotti;-)
Aber für hiesige Verhältnisse (vor allem im angesagten Flingern) ist das Hüftgold wirklich eine schöne Alternative nicht nur für Alternative. Das Sympathische an dieser „Szene“ ist ja, daß man selbst als offensichtlich nicht Zugehöriger selten angestarrt wird, was in den Basislagern der hugosüffelnden Consultant-Clique oft eher ungemütlich ist. Preise nicht überzogen. Die Bedienung ist nicht die Schnellste, macht das aber mit locker-flockiger Freundlichkeit wieder wett.
Wenn der Kuchen so gut ist, wie immer behauptet wird, und der Laden nicht auf die Idee kommt, die Holunderschorle von der Karte zu nehmen, gibt’s gerne den 5. Stern-wenn ich mich von Ersterem überzeugt habe!
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Kurz:3.
Sauberes, perfekt in St. Pauli gelegenes ruhiges 2-Sterne-Haus zum günstigen Preis. Sehr gutes Frühstück-Empfehlung!
Sabbel:
Wer zu spät kommt, den bestraft meistens das Leben. Und wer seinen Silvesteraufenthalt in Hamburg nicht rechtzeitig (d. h. am besten bis spätestens März) eingestielt hat, den bestraft es meistens auch.
Denn in Hamburg kann man ausgezeichnet Silvester feiern, und das macht die „schönste Stadt der Welt“ für Kurzentschlossene zu diesem Termin relativ unbrauchbar. Zumindest dann, wenn man nicht bereit ist, entweder irgendwo in der Pampa zu nächtigen oder richtig viel Geld in die Hand zu nehmen. So wie in Düsseldorf zur Messezeit langen auch die Hoteliers des Nordens natürlich ungeniert zu, wenn alle Welt ein Bett braucht. „Last Minute“ ein annehmbares UND bezahlbares Quartier zu finden-da kann man auch gleich hoffen, Chanelkostüme oder Bulgarischmuck auf dem Billigwühltisch zu finden. Keine Chance. Null.
Und deshalb pflege ich normalerweise kurz nach der Rückkehr im Januar direkt den nächsten Jahreswechsel in Sack und Tüten zu bringen. Zumindest nehme ich es mir immer vor. Meistens klappt es.
Ich weiß nicht, wie es Euch geht – aber wenn ich am 2. Januar erst mal die Beine aus dem Bett hab, ist das Jahr quasi gelaufen. Und letztes Jahr fand ich es besonders extrem-Ruckzuck war Ostern, im Sommer kam ich eh zu nix-und als die ersten grinsenden Kürbisse auftauchen, fiel mir plötzlich siedendheiß ein, daß da doch noch was war..
Panischer Check der einschlägigen Buchungsportale. Mein Stammbasislager-natürlich ausgebucht. Reeperbahnhostel-indiskutabel, zwischendurch muß auch der passionierte Nachtschwärmer mal schlafen. Was erschwinglich war, lag irgendwo zwischen Fuhlsbüttel und Flensburg. Entsetzen machte sich breit. Hier bleiben ? Das hieße, irgendeine dieser schnarchlangweiligen Racletteveranstaltungen aufzusuchen, vor denen ich mich schon so lange erfolgreich drücke. Definitiv keine Option!
Ich forstete weiter und stieß schließlich auf ein „Letztes Zimmer!“-Angebot. Hotel Hansehof, bombig gelegen. Der Preis incl. Frühstück geradezu dramatisch günstig. Ich hielt mich nicht lange mit Hotelbewertungscheckerei auf (letztes Zimmer!) und warf mich hektisch auf den Buchungsbutton.
Nach vollbrachter Tat konsultierte ich dann die Homepage des Hotels. Die „virtuelle Führung“ war überaus vielversprechend! Ein schönes altes Gebäude, tolle Zimmer, ein gemütlicher Frühstücksraum..Fast konnte man meinen, ein absolut einmaliges Schnäppchen gemacht zu haben und für kleines Geld wie Gott in Frankreich unterzukommen.
Allerdings fiel mir der Hinweis „die Zimmerausstattung ist vom Übernachtungspreis abhängig“ auf. Es war also nicht zu erwarten, in einer der noblen Suiten aus dem Video absteigen zu dürfen. Egal! „Alle Zimmer sind mit eigener Naßzelle und Sat-Fernseher ausgestattet“-das reicht. Der Fernseher ist conditio sine qua non (obligatorisches Tatortgucken am 1. Januar, wenn ich sowieso erst am späten Nachmittag wach werde;-) und jugendherbergsmäßige Flurklos tu ich mir nicht mehr an.
So schön es ist, seit Jahren immer wieder im „eigenen“ Hotel einzuchecken und sich gleich wie zuhause zu fühlen-mal was anderes kennen zu lernen hat auch was für sich. Und ich war schon sehr gespannt, ob der Hansehof dem tollen Homepage-Video entsprechen würde.
Zunächst sah es nicht so aus! Das „Entree“ glich eher einem piefigen kleinen Hausflur; die Rezeption war überaus mickrig. Keine Spur der Weitläufigkeit, die der virtuelle Rundgang suggeriert hatte-da waren echte Profis am Werk; Kompliment.
Wir wurden hamburgerisch freundlich empfangen und kämpften uns mit unserem opulenten Gepäck durch den engen Gang zum nicht minder engen Aufzug, eigentlich auf das Schlimmste gefaßt. Das große „Ah!“ und „Oh!“ blieb beim Entern des Zimmers dann auch aus, denn es war ziemlich klein und auch –sagen wir mal- rustikal und nicht gerade nach meinem Geschmack eingerichtet. Aber bei dem Logierpreis (Silvester!) fällt die Einrichtung in die Kategorie „geschenkter Gaul“ und picobello sauber war es. Natürlich ein paar Flecken auf dem Teppichboden und die letzte Renovierung ist auch schon etwas länger her, aber so what-ich hatte ja Schlappen im Gepäck.
Das Badezimmer war allerdings klein, aber wirklich fein. Sogar einen Föhn gab’s! Hier absolut nichts zu meckern.
Die gleich mal zum Vorschlafen genutzten Betten (leider mal wieder Bettwäsche mit Plastikanteil..)erwiesen sich als ziemlich bequem-was will man mehr?
Im Hotel gibt es übrigens noch richtige Schlüssel, keine Plastikkärtchen. Dieser nostalgische Umstand ließ uns dann verzweifeln!
Denn wir waren uns sicher, den Schlüssel auf dem Tisch abgelegt zu haben, als wir uns abends stadtfein auf den Weg zum Feiern machen wollten.
Er war nicht auf dem Tisch. Er war nirgends. Er war weg.
Wir durchsuchten das ganze Zimmer. Packten den Koffer aus. Durchforsteten zig Mal alle Jackentaschen und meine Handtasche. Fehlanzeige. Die kleine Bude sah aus wie nach einem Einbruch. Aber kein Schlüssel.
Ich erinnerte mich, im Halbschlaf Randale auf dem Flur gehört zu haben und als ich wach wurde, stand die Zimmertür offen-die hatte ich wohl nicht richtig zugemacht. Ein fieser Streich? Diebe? Aber wieso sollte jemand den Schlüssel klauen und das ebenfalls auf dem Tisch liegende iPhone und die Portemonnaies nicht?
Mittlerweile war von stadtfein keine Rede mehr. In outdoorfester Northface-Alaska-Ausrüstung hektisch ein gut geheiztes Zimmer zu durchwühlen ist keine gute Idee. Mir lief das Wasser vom Kopp; Angstschweiß war natürlich auch dabei. Denn verlorene Plastikkärtchen kann man ja an der Rezeption lässig ersetzt bekommen. Mit Schlüssel wird das schwierig. Mein „was-wäre-wenn-Kopfkino“ lief an.
Wir würden das Schloß austauschen lassen müssen. Für kein Geld der Welt wäre an Silvester um 21 Uhr ein Schlüsseldienst zu bekommen sein. Adios, Landungsbrücken.
Ich sah uns um 0:00 Uhr mit der Sektpulle auf der Bettkante hocken, im Hintergrund der Fernseher mit der „Silvestergala der Stars“, und darum knobeln, wer gleich Döner holen geht.
Ich sah uns abwechselnd im Schichtbetrieb zur Stammkneipe pilgern.
Ich sah uns am 1. Januar einen horrenden Betrag für den Schlüsseldienst hinblättern und anschließend mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt( „Typisch Rheinlandtouristen. Schaffen es in nicht mal 3 Stunden, einen Schlüssel zu verlieren, ohne auch nur das Zimmer verlassen zu haben“).
Und bei alledem schwirrte mir passenderweise das doofe Lied „Wärst du doch in Düsseldorf geblieben“ im Kopf rum. Wie erstrebenswert schien mir auf einmal Raclette mit Freunden. Sollte das die Strafe sein, daß ich immer so verächtlich darüber gelästert hatte? Oder hatten doch Aliens ausgerechnet uns und das Hotel Hansehof ausgesucht, um den Schlüssel in eine andere Dimension zu verbringen?
Eine andere Dimension trifft es fast. Er steckte in der Seitentasche des Kulturbeutels. Wir stritten ausgiebig darüber, wer von uns so bescheuert bzw. geistig umnachtet gewesen sein konnte und einigten uns schließlich darauf, daß es wohl doch Aliens waren. Der wahre Täter wird vermutlich nie gefaßt.
Als wir dann morgens aus der Kneipe kamen, der nächste Qualitätscheck: Frühstück.
Das riß es nun wirklich endgültig raus. Zwar war auch der Frühstücksraum nicht annähernd so großzügig wie im Video, aber das Angebot an Fressalien war es. Das (regelmäßig aufgefüllte) Büffet ließ wenig Wünsche offen: Diverse Wurst-, Käse-und Schinkensorten, köstliche Croissants, sämtliche Arten von Brot und Brötchen, Süßzeugs, Müslikram, Joghurt und frisches Obst bis hin zu allerlei Fischigem, Eiersalat und Tomate mit Mozzarella..Das Ganze abgerundet durch leckeren O-Saft und eine große Kanne Kaffee. Dieses Frühstück hat definitiv mehr als 2 Sterne verdient, auch wenn es kein Rührei mit Speck gab.
Frühstück gibt es übrigens von 7-11 Uhr, was überaus nachtschwärmertauglich ist. Ebenso die Check-Out-Deadline: Am Abreisetag kann man noch bis 12 Uhr gemütlich abliegen.
Alles in allem: Basislagertauglich! Unser Zimmer lag zum Hof und war ruhig, wenn man mal von der Kita in der Nachbarschaft absieht. Aber der Frühaufsteher dürfte schon unterwegs sein, wenn die lärmenden Lütten einlaufen-und der Nachtmensch liegt dann ohnehin noch in der Tiefschlafphase.
Parken vor der Tür ist natürlich unmöglich. Aber für 9 € pro Tag kann man die Hotelgarage nutzen. Ziemlich günstig, wenn man sein Auto nicht in irgendwelchen obskuren Seitenstraßen abstellen will.
Und ich sollte dann wohl jetzt mal mit der Endlostexterei aufhören und den nächsten Silvesterurlaub buchen. Denn bald ist Ostern..
Frohes neues Jahr Euch allen!
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Kurzform:4.
Die Kanzlei ist schwerpunktmäßig in den Fachbereichen IT-Wettbewerbs-Urheber- und Medienrecht etc. unterwegs. 5 spezialisierte Anwälte stehen für Probleme mit diesen schwierigen Themen zur Verfügung. Ich habe mit RA P.K. sehr gute Erfahrungen gemacht und kann ihn weiterempfehlen.
Langform (sorry, Leute-ich kann einfach nicht anders):
Rechtsanwälte zu bewerten ist zugegebenermaßen schwierig. Trotzdem hab ich mich hier in diesem Theater schon oft über größtenteils haarsträubende, nicht objektive und sogar grenzwertige „Statements“ geärgert. Entweder wurde der jeweilige Anwalt mit Eichenlaub bekränzt, daß es nur so kracht (wenn Prozeß gewonnen) oder mit Schimpf und Schande überschüttet (wenn Prozeß verloren). Im letzteren Fall war dann meist von Inkompetenz und Wucherhonoraren die Rede, manchmal sogar von Betrug. Fälle also für die Anwaltskammer, nicht für dieses Portal. Aber wenn’s um (viel) Geld und (viel) Ärger geht, sind auch immer viele Emotionen im Spiel.
Auch ich habe ob des Anlasses dieser Bewertung immer noch eine pochende Halsschlagader, denn es ging viel Geld dafür drauf, viele Nerven und um’s mal vorwegzunehmen: Den Prozeß hab ich verloren. Ist aber kein Grund, den für mich zuständigen Anwalt der Kanzlei Terhaag in die Pfanne zu hauen. Der kann nix dafür.
So was gibt’s. Anwälte sind keine Götter. Ebenso wenig wie Ärzte oder Steuerberater. Die können nicht hexen. Und beim Anwalt kommt immer noch dazu: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Das letzte Wort hat eben der Richter. Punkt.
Besser, man kommt erst gar nicht in die fiese Situation, einen Anwalt zu benötigen. Aber das kann man sich halt nicht immer aussuchen. Wenn z. B. die Post vom Abmahnanwalt kommt, wie bei mir.
Uploadvergehen! Erst hab ich gelacht. Das war ich nicht. Ich wüßte ja nicht mal, wie man so was macht. Jeder lädt sich Musik/Filme/Bücher runter, ich nicht-aber natürlich wurde nur ich „erwischt“.
Auf Einzelheiten will ich hier gar nicht eingehen. Aber selbstverständlich war ich als kleiner Mümmel in Eigenregie chancenlos mit meinen Widersprüchen. Und als der Abmahnanwalt schweres Geschütz auffuhr, blieb mir natürlich nichts anderes übrig, als den sauren Weg zum Fachmann anzutreten.
Der gar nicht so leicht zu finden war. Anwälte, die für einen abmahnen? Massig! An jeder Ecke! Aber einer, der einen „gegen die Kollegen“ vertritt (denn der Fachbereich ist ja derselbe)-schwierig.
Mir war klar: Ein Spezialist sollte es sein. Vor „Allroundern“, die alles können, hab ich Angst. Die können oft alles ein bißchen, aber nix richtig.
Mein Anspruch desweiteren: Ein Spezialist, der mich nicht für jeden Keks antanzen läßt und mir stundenlang ein Ohr abkaut, derweil er lüstern-verstohlen den Sekundenzeiger seiner Uhr betrachtet und das Honorar für die Besprechung hochrechnet.
Nicht mein Anspruch: Daß er „billig“ ist. Warum sollte er auch? Allerdings erwarte ich Transparenz in Sachen Honorargestaltung. Was nützt mir der beste Verteidiger, wenn ich sein Honorar nicht bezahlen kann und dann mit noch einem Anwalt Zappes kriege?
Mit Hilfe des Internets stieß ich dann auf die Kanzlei Terhaag. Fachleute für jedes erdenkliche Gedöns; da fummelt also nicht nur einer an allem. Und nach Schilderung des Problems wurde mir dann auch zunächst ein Anwalt zugeteilt, der allerdings nur kurz für den Fall zuständig war und dessen Fachkompetenz ich nicht beurteilen kann und will. Die „kritische Verfahrensphase“ wurde dann von Herrn K. übernommen.
Positiv: Es fand keinerlei honorartechnisch bedingte Zeitschinderei statt. Was ohne Termin zu bewerkstelligen war, wurde per Telefon oder Mail abgewickelt. Natürlich kann ich nicht wirklich beurteilen, ob die abgerechnete Zeit tatsächlich draufgegangen ist, aber wer kann das schon? Außerdem weiß ich aus eigener (Berufs-)Erfahrung, daß so mancher pompös-aufgeblähte Schriftsatz dank copy&paste in einer Viertelstunde abgemasselt werden kann, während ein dürrer Zehnzeiler oft stundenlange Recherche erfordert.
Beim Termin in der nicht übermäßig schicken Kanzlei bestätigte sich dieser Eindruck. Bonbon nebenbei: Der Herr Rechtsanwalt war überaus sympathisch und hatte in keinster Weise dieses typische „Ich Anwalt, du nix“-Auftreten. Kein Fachchinesisch und klare Antworten auf klare Fragen. Was vielleicht am Wichtigsten ist: Der Fall wurde nach allen Richtungen abgeklopft; die Erfolgschancen wurden realistisch dargelegt –auch als die Entscheidung anstand, ob gegen das Urteil Berufung eingelegt werden sollte. Und als das Verfahren dann final in der Hose gelandet ist, hängte Herr Anwalt sich trotzdem in Eigenregie noch mal rein, um doch noch wenigstens einen kleinen Vorteil für mich rauszuhauen-was auch geklappt hat und die saure Kröte zumindest etwas erträglicher machte.
Trotzdem war die ganze Angelegenheit natürlich endätzend und ich wäre für den Haufen Patte lieber nach Australien geflogen.
Stattdessen brachte mir die Aktion die Erkenntnis ein: Am Besten löscht man das blöde Internet vom Rechner. Wenn ich nicht selbst dafür zu blöd wäre!
Sollte ich noch mal in so eine komische Falle taumeln, würde ich gar nicht erst selber rumdoktern, sondern sofort den Fachmann konsultieren.
Und das würde ich Euch im Falle des Falles auch dringend raten.
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Kurzform:5.
Der Lesezirkel „Leserkreis daheim“ bietet eine große Auswahl an Zeitschriften jeglicher Art, die pünktlich zum Erscheinungsdatum angeliefert werden und ist vor allem für kundenorientierte Betriebe wie Ärzte und Friseure, bei denen naturgemäß Zeit totzuschlagen ist, ein „Mußposten“ in der Lieferantenliste.
Langform und Warnung:
Der nachfolgende „Roman“ ist eher für einen Blog (hab ich aber nicht) und weniger für Männer geeignet. Ich möchte damit auch niemandem auf die Füße treten. War einfach nur die Abreaktion eines Schreibwutanfalls. Bitte nicht alles zu ernst nehmen. Danke.
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Illustrierte (besonders die berühmten „Frauenpostillen“)sind wie Mc Donald’s und Dschungelcamp. Liest keiner, geht keiner hin, guckt keiner - dennoch existieren sie! Und vermutlich gar nicht mal so schlecht.
Böse Zungen behaupten, diese Gazetten seien nur erfunden worden, um den armen Friseurinnen zwischendurch eine wohlverdiente Pause von zuweilen nervigem Kundinnengequatsche zu ermöglichen. Ansonsten seien sie völlig überflüssig.
Falsch, liebe Kritiker! Die bilden! Echt jetzt!
Man stelle sich vor: Als Kandidat bei „Wer wird Millionär“ und an der Frage scheitern, von wem Heidi sich gerade getrennt hat. Die 50-Euro-Frage! Puppig leicht! Jeder weiß es! Nur DU nicht!
Da hilft doch nur noch die Papiertüte über dem Kopf beim nächsten Gang zum Bäcker. Ach, was sag ich: Zeugenschutzprogramm!
Oder bei der Diskussion in der firmeneigenen Teeküche nicht mitreden zu können, wenn erörtert wird, welche Robe das Model X neulich auf dem roten Teppich getragen hat-und welcher Schönheitschirurg für die Schlauchbootlippen von „Model und Schauspielerin“ Y verantwortlich zeichnet. Pein-lich!
Ich könnte jetzt natürlich behaupten, daß ich über all diesen Schwachsinn erhaben bin und beim Friseur meinen eigenen Lesestoff mitbringe. Das Handelsblatt, einen (ledergebundenen) Tolstoi oder zumindest ein Reclam-Heftchen im handtaschenfreundlichen Format. Im Internet kann man ruhig angeben; kennt mich ja kaum einer hier. Aber es wäre natürlich gelogen.
Friseur heißt Wellness! Und dazu gehört für mich auch, unter dem kuschelig warmen Climazon meinen Espresso zu süffeln, nicht ständig vom Telefon gestört zu werden und anspruchsloses Zeug zu lesen. Eben das, was der Friseur beim Lesezirkel im Abo hat. Gottlob sind nie Fachzeitschriften dabei, so daß ich kein schlechtes Gewissen haben muß, wenn ich doch zur „Trivialliteratur“ greife.
Die AMS kreist in der Regel im Herrensalon, da komm ich nicht dran. Bleibt die Wahl zwischen den verschiedenen Frauenzeitschriften. Und die Wahl der Qual.
Die Verlagserzeugnisse für die betagtere Damenwelt? Hier ist viel vom Adel die Rede, auch von Volksmusik. Themen, bei denen ich wirklich nicht mitreden kann. Aber durchaus amüsant, zwischen den Zeilen mit viel (unfreiwilligem) Witz geschrieben. Jesses! „Kronprinzessin Schneewittchens süßes Geheimnis!“ Nein, ich fass es nicht! „Versteckt sich da etwa ein Babybäuchlein? Eine enge Vertraute der Prinzessin lüftet nun das Geheimnis: Es wäre unter Umständen vielleicht möglich!“ Und eine Woche später erfahren wir vermutlich, daß das „süße Geheimnis“ wohl doch nur ein Stück Kuchen zuviel war-keine Ahnung, so oft geh ich nicht zum Friseur.
Frau Renates (wahlweise Monikas oder Klaras) Beratungsforum amüsiert mich immer besonders. „Mein Enkel hat „Scheiße“ gesagt-ich bin bestürzt über die Erziehung meiner Tochter“ oder „Er schlägt mich grün und blau-aber soll ich ihn wirklich verlassen?“ Da bastele ich mir immer gern im Geiste die Antworten zusammen, die ich auf so was verfassen würde-aber die würden natürlich nie in Druck gehen.
Das „Forum Gesundheit“ überblättere ich geflissentlich. „Woran erkennt man Gallensteine?“ Oder: „Die Warnzeichen für..“Alle jene Symptome stelle ich dann sofort fest und bin versucht, mit noch nassen Haaren direkt beim nächsten Doc einzuchecken.
Dann gibt’s noch die „Hochglanzzeitschriften“ mit ganz viel Werbung und vielen bunten Bildchen, die mir unbekannte Frauen in Gala-Plünnen zeigen. Zu lesen gibt’s da quasi nix, so daß ich diese Postillen in etwa 1 Minute durch hab und nach dem nächsten „Fachgebiet“ greife.
Eine Zumutung und scheinbar der neueste Schrei in der Welt des Printmediums: Die Zeitschrift für die „junggebliebene Frau“! Oha!
Verdolmetscht also: „Du bist über 40, also schmeiß noch mal ordentlich mit Konfetti, bevor dir der Sargdeckel ins Gesicht fällt! Falten sind toll; zelebriere sie, die Kerle gucken eh nicht mehr! Die Wechseljahre-kein Grund, den Strick am Fensterkreuz zu befestigen; sieh das Positive: Haarausfall, Hitzewellen, Depressionen und übelste Gewichtszunahme zeigen dir, daß du einen neuen Lebensabschnitt erreicht hast (also den letzten!)“
Nö, muß ich nicht haben. Mit diesen Themen befasse ich mich lieber, wenn’s so weit ist.
Bleiben die „gedruckten Freundinnen“ für das jüngere Damenvolk, die ganz große Zielgruppe für verkappte und offene Werbung. Werbung für jeden erdenklichen Mist! Und natürlich die Anleitungen für den einzig wahren (Life-)Style.
Da muß es in die Vollen gehen. Denn die Zielgruppe (Mittzwanziger/Anfangsdreißiger) kämpft bekanntlich an vielen Fronten. Optimalerweise perfekt geschminkt und gekleidet.
Diese Zeitschriften mag ich besonders. Was da abgeliefert wird, ist Realsatire vom Allerfeinsten. Wer das wirklich ernst nimmt, ist Burnout-gefährdet, ohne auch nur 5 Minuten gearbeitet zu haben.
Gertenschlank müssen wir sein! Größe 34 wär gut; Size Zero besser. Schließlich können wir über gefühlte 100 Seiten mehr oder weniger traumhafte Outfits an 15-jährigen Models anschauen und die zumeist elend teuren Plünnen dank der Bezugsadressen am Ende des Heftes käuflich erwerben. In Größe 42 kommen die alle nicht gut.
Moderne Frauen kochen göttlich, gern und mit leichter Hand; es ist mit den tollen Rezepten im Heft auch kein Problem, „nach dem Büro“ (von dem hier immer gern die Rede ist) ein 18-gängiges Menü für die vielen Freunde, Mann und Kinder zu fabrizieren. Selbst davon essen sollten wir natürlich nichts, sonst ist’s bald vorbei mit Size Zero.
Haben wir doch mal zugeschlagen, werden wir aber nicht im Stich gelassen: Diättipps gibt’s jede Woche neu. Die Zucchiniplempe kann man sich ganz zeitsparend anrühren, während „nach dem Büro“ die 4-stöckige Kuppeltorte für die vielen Freunde, Mann und Kinder auskühlt.
Trendy müssen wir sein! Und zwar jede Woche auf’s Neue! Denn die Trendscouts, die extra für uns die Clubs des Big Apple und andere mega-angesagte Örtlichkeiten durchforsten, geben sich wirklich Mühe. Peeptoes in Pink-Glitter, mit 16-cm-Plexiglasabsatz (ab 799 €)! Gummistiefel mit schrillem Schmetterlingsprint, toll zum Kostüm für die After-Work-Party! Die Goldlamee-Bikerjacke und der „mädchenhafte“ Blumenrock im A-Schnitt passen jetzt in LA am besten zur Netzstrumpfhose und „süßen Ballerinas“ im Audrey-Style!
Und nächste Woche dürfen wir Klamotten im Wert von zigtausend Euro in die Altkleidertonne schmeißen, denn dann sind die „angesagten Looks“ megaout. Und das wollen wir doch nicht..
Einen Top-Job müssen wir haben! Die Klientel der einschlägigen Gazetten schuftet niemals in der Werkstatt, niemals am Kranken-oder Pflegebett, niemals an der Wursttheke. Alles zu anstrengend und zeitraubend. Glamouröser ist „das Büro“ oder vielleicht noch „die Agentur“. Macht Sinn. Denn schließlich muß ja auch die nicht unerhebliche Kohle rangescheffelt werden, die man für den perfekten Style hinblättern muß.
Toll geschminkt müssen wir sein! Und das in jeder Lebenslage. Nach einem morgendlichen Wohlfühlbad mit Teelichten auf dem Badewannenrand und Räucherstäbchen, Peeling, Rasur und Eincremen beginnen wir mit der „Foundation“. Himmel, was ist das jetzt schon wieder? Der letztens „gelesene“ Artikel hat mich nicht wirklich darüber aufgeklärt; Eingeweihte wissen so was. Jedenfalls wurde eine Doppelseite mit den „Foundations, die wir jetzt dringend brauchen“ vorgestellt. Fast alles Nobelmarken,fast alles unermeßlich teuer. Daneben muß natürlich Make Up, Rouge, Concealer, Puder und dergleichen die letzte Pore verstopfen, bevor wir uns mit Kajal, Eyeliner, Eyeshadow, Antiglanzcreme und Wimperntusche zur Nofretete tunen-oder den „Nude Look“ anlegen, weil es eine besondere Herausforderung ist, sich stundenlang so zu schminken, daß jeder denkt, man wäre ungeschminkt. Weiter geht’s mit dem Lippenkonturenstift, dem Lippenstift, dem Gloss. Kaffeetrinken oder Essen im Büro ist damit natürlich gestorben. Leute wie ich müßten sich dann das lebensnotwendige Koffein eben mittels Infusion zuführen, und Essen macht eh dick (Size Zero!). Was tut man nicht alles!
Aber fertig sind wir noch lange nicht. Nach dem sorgfältigen Ankleiden mit den neuen oberheißen Klamotten müssen wir uns noch unseren Haaren widmen. Auch dafür gibt’s tolle Frisurentipps, die sich „ganz schnell und kinderleicht“ von einem Friseurmeister umsetzen lassen. Verspielter Haarknoten, eine Strähne für Strähne geglättete Mähne oder romantische Korkenzieherlocken?
Spätestens an dieser Stelle lasse ich das Blättchen sinken und verschlucke mich vor Lachen am Espresso.
Wer schafft das? Um so ein Programm „vor dem Büro“ abzuspulen, müßte ich den Wecker auf 2 Uhr nachts stellen, damit ich gegen 9 am Schreibtisch andocken könnte. Hat die Nacht der modernen Frau von heute mehr Stunden als meine?
A propos: Schlafen dürfen wir sowieso nicht! Ist wirklich mega-uncool. Nach der Schicht zur Couch schleppen? Niemals! Wir schleppen unsere 10 Kosmetikkoffer (einer dürfte bereits für die Foundations draufgehen) und unsere Coiffeurausrüstung mit ins Büro, um uns nach einem stundenlangen Sitzungsmarathon ein paar kühlende Kompressen unter die Augen zu schmeißen und auf After-Work-Party zu stylen. Die Stilettos trägt Frau von Welt ohnehin in jeder Lebenslage am Fuß oder im Staubbeutel bei sich.
Für die AWP das Muß, damit die Männer reihenweise umfallen: Zum tiefroten Lippenstift (Ihr Styleberater rät: Dramatischer Kußmund nie im Büro, erst später!) die nicht minder dramatischen Smokey Eyes. Hand auf’s Herz: Kriegt jemand von Euch die ohne Visagist hin?
Gegen 21 Uhr (denn wer Karriere machen will, muß Überstunden schrubben) schlagen wir dann in einer gerade in Insidermagazinen angepriesenen Lounge auf, kippen diverse Prosecci oder Cocktails und flirten, was das Zeug hält. Auch dazu bietet das Frauenmagazin tonnenweise lebensnotwendige Ratschläge.. Der Vollprofi verausgabt sich auf dem Dancefloor und tanzt die Nacht durch-die ohnehin schnell vorbei ist, denn allerspätestens um 3 müssen wir ja schon wieder in der Badewanne liegen, um uns „schön für’s Büro“ zu machen.
Ich fasse zusammen: Gefühlt einen halben Tag stylen, einen halben Tag shoppen, einen halben Tag tolle Menüs zaubern und die Bude saisonal dekorieren, stundenlang mit Freundinnen zum Chai Latte treffen, einen halben Tag unseren Mann bepuscheln und uns für seine Hobbies interessieren, einen halben Tag die Kinderschar bespaßen, anderthalbtage einen Managerposten ausfüllen wie ein Kerl oder besser, die Nacht mit Tanzen, Saufen und Flirten verbringen-alles in 24 Stunden. Hab ich was vergessen?
Von Fensterputzen, Bügeln oder Spülmaschine ausräumen ist natürlich nie die Rede. „Das bißchen Haushalt“ beschränkt sich in der quietschebunten Trendwelt auf Blumenstecken und Serviettenfalten. Haben die alle Personal? Muß wohl.
Wieviel man im Monat verdienen muß, um die Kosmetik nebst den allerneuesten „Düften“, die teuren Klamotten, den Clubeintritt, Sonnenstudio, Maniküre, Pediküre, das Personal und die unzähligen Accessoires zu bezahlen, mag ich nicht mal schätzen. Für Erbinnen oder reiche Ehefrauen mag das zu bewerkstelligen sein, aber wozu geistert dann ständig „das Büro“ „die Kollegin“ „der Chef“ und ähnlich unerfreuliches Vokabular durch die Postillen?
Highlights der letzten Friseurbesuchslektüre: „Das passende Portemonnaie für’s Büro“ (Hä??) und „Wann hatten Sie Ihr letztes Handpeeling?“ (Noch nie).
Und weil das alles so maßlos übertrieben ist, machen mir diese Blättchen auch so viel Spaß. Als Lebenshilfe ist das für mich gnadenlos untauglich. Smokey Eyes stehen mir nicht, meine Haare machen ohnehin, was sie wollen, welches Portemonnaie ich in meiner „Bürohandtasche“ habe, interessiert meinen Chef null. Allerhöchstens, was drin und seiner Ansicht nach stets zu viel ist. In Stilettos tun mir die Füße weh, für die angesagten Overknees bin ich zu klein.. Sollte ich doch ein klitzekleines bißchen deprimiert sein, wenn die Zeitung gelesen ist?
Keine millionisierten Wimpern! Keinen diamantisierten Gloss-Shine in den Haaren (zumindest nicht mehr, wenn ich auf dem frisch frisierten Kopf einmal geschlafen hab)! Rauhe Pratzen, die niemand schütteln mag, weil ich wieder mal kein Handpeeling gemacht hab! Der Lippenstift auf der Kaffeetasse! Lidstrich verrutscht! Keine Gelnails! Billige Handtasche vom Trödel! Und nach „stundenlangen Sitzungsmarathons“ statt Salätchen und AWP Pizza, Glotze und Couch! Eine Schande ist das..
Und doch! Es könnte schlimmer sein. Mein Traum von der Journalistenkarriere hätte in Erfüllung gehen können. Und anstatt für „Geo“ oder schöne Reisemagazine durch die Welt zu jetten, könnte ich in der Redaktion einer Frauenzeitschrift sitzen, mit Todesverachtung dieses Zeugs schreiben müssen und mich abends (auf der Couch statt auf der AWP) mit dem Gedanken „Hast du dich dafür durch Abi, Studium und Volontariat gequält?“ in den Schlaf weinen;-))
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Kommen wir nun zu etwas völlig anderem:-)6.
Erst die Bewertungen zu den über jeden Zweifel erhabenen kulturell anregenden Wohlfühlkneipen, die man nahezu jedem mit gutem Gewissen empfehlen kann, und jetzt mal was eher.. hm..zwielichtiges.
Kein Tipp von Thorge diesmal, sondern eigenäugig entdeckt. Und ich muß zugeben: In Eigenregie hab ich eher das Händchen für Lokalitäten, die so mancher vermutlich als Kaschemme bezeichnen würde. Ein Offside oder eine Eselsbrücke würde ich selber nie finden, wenn es nicht gerade die einzigen Raucherkneipen in einer Rauchverbot-Enklave wären. Für so was hab ich dann wieder einen Riecher wie die berühmte Trüffelsau.
„Uluru-Resort“-das klingt nach Urlaub, Koalas und Kakadus; Palmen, Meer und Wellness. Fast könnte sich hinter diesem schönen Namen eine Lounge verbergen. Erst recht in dieser Ecke von Prenzlauer Berg, dem Kollwitzkiez, wo der Chai Latte mit Ziegenmilch getrunken wird.
Aufgetan haben wir dieses Lokal schon beim ersten Berlinbesuch, als wir gegen 1:00 Uhr abends nach einem Bummel durch Friedrichshain nebst ansatzweisem Versacken in „Paules Metal Eck“ durch die Kälte schlichen, um noch irgendwo eine nette Abschlußkneipe zu finden. Am Kollwitzplatz waren die Bürgersteige hochgeklappt, aber in der Rykestr. leuchtete noch ein Sky-Schild..
Auf den ersten Blick gefiel uns das“Resort“nicht besonders. Aber wie sich das schon mal ergibt, wenn man denkt „Okay, ein Bier trinken wir hier, dann hauen wir ab“-wir verließen den Laden morgens um 4 zusammen mit der Bedienung und ein paar anderen Leuten, um uns noch in eine andere Kneipe aufzumachen, an die ich nur noch relativ verschwommene Erinnerungen habe.
Aber wie gesagt: Wohlfühlkneipe auf den ersten Blick ist anders. „Resort“ auch. Was die Einrichtung angeht: Das könnte ich in der Düsseldorfer Altstadt auch haben. Düstere Räumlichkeit, karg-unkaputtbar mit den typischen schwarzen Tischen und Holzstühlen möbliert. Der Zusammenhang mit Australien wird mittels einiger Devotionalien wie Verkehrschilder, Aussie-Flagge und ähnlichem (Mitbringsel des Wirts, der geraume Zeit in Down Under verbracht hat) hergestellt. Das war’s aber auch schon. Immerhin: Aus den Boxen kamen nicht etwa Didgeridooklänge, sondern-Ozzy Osbourne. Nach dem Metal-Eck als Absacker angenehm.
Zum servierten Bier (Stilbruch-eine „Australienkneipe“ ohne Fosters) gab’s dann Bad Religion, was noch angenehmer war. Metallica nehme ich sowieso immer gerne. Da werden alte Erinnerungen wach. Und ehe man sich’s versah, fühlte man sich richtig wohl-nicht zuletzt dank der netten Unterhaltung, die ziemlich schnell mit den anderen Tresenhockern aufkam.
Natürlich sind Langhaarige im Laden. Kuttenträger auch. Normalos auch. Frauen allerdings kaum. Ich hab mal spaßeshalber gezählt: 4 Besuche-7 Frauen insgesamt gesichtet. Ob’s an der Musik liegt oder dem unplüschigen Ambiente-wer weiß. Wer sich allein unter Männern nicht wohlfühlen kann, sollte vielleicht ein anderes Lokal aufsuchen.
Besonders lauschig ist es an Bundesliga-Abenden. Da flutet naturgemäß Testosteron die Hütte. Und ich kauerte an einem dieser Abende als „Quotenfrau, die auch noch NICHT Dortmund-Fan war", zwischen gefühlt 250 Kerlen. Hochinteressant..Und praktisch. Das elende Schlangestehen vor dem Damenklo erübrigt sich hier regelmäßig.
Wenn Fußball ist, wird der Bierpreis relativ sportlich aufgestockt. Man kann es verstehen: Sky für Kneipen ist unglaublich teuer. Und Bier im Stadion wäre noch teurer:-))
Im Sommer kann man am „Resort“ auch nett draußen sitzen. Und in alten Zeiten, erzählte uns der Wirt, wurden sogar Burger gegrillt. Da hat inzwischen leider unsere vielgeliebte Bürokratie dran geschraubt-selbst in Berlin geht nicht alles.
Ein paar amtliche Whiskys werden auch hier ausgeschenkt. Aber das Beste: Der hausgemachte Mexicana! Definitiv der Beste, den ich außerhalb von Hamburg je getrunken habe.
Fazit: Es gibt sicher Millionen von Kneipen in Berlin, die netter eingerichtet sind und allgemeinheitstauglichere Musik zu Gehör bringen. Aber ich mag das „Uluru“. Und hätte ausgerechnet so einen Schuppen in Prenzlauer Berg nie erwartet. Und wenn
a) sich so was Feines wie z. B. „Garage Inc.“ im CD-Sortiment befindet und
b) man trotz mehrmonatiger Abwesenheit begrüßt wird, als wäre man Stammgast; dazu noch
c) gute Getränke serviert werden:
Dann gibt’s für mich keinen Grund, nicht immer mal wieder reinzuschauen!
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Wie bei Kaffeebuden, Kneipen und ähnlichen lebensnotwendigen Einrichtungen tendiere ich auch beim Basislager für das kleine Schläfchen zwischendurch (mehr ist mir bei einem Trip in eine Hammerstadt wie Berlin ohnehin meist nicht vergönnt) zu einer gewissen Anhänglichkeit. Ist einmal die adäquate Herberge gefunden, komme ich immer wieder gerne zurück und freue mich, nicht erst komplizierte Türöffnungsmechanismen oder dieses Kreuz mit dem nächtlichen Ausschalten der zahlreichen Beleuchtungskörper erforschen zu müssen. Devise: Never change a running system.7.
Bei einem Knallerangebotspreis für ein Hotel in allerbester Prenzlauer Lage (Schönhauser Allee, Nähe „andere“ Stammkneipe und nahezu sämtliche Öffis vor der Tür) werde ich allerdings auch schon mal abtrünnig. Da kann so ein richtiger Geizknochen einfach nicht aus seiner Haut.
Und als ich endlich im „103“ ankam, war mir sowieso alles wurscht; Hauptsache, die haben ein Bett, ein Plätzchen für den elend schweren Koffer und die Möglichkeit für mich, endlich die unbequeme Arbeitskluft loszuwerden und nach dem Aufstehen im Morgengrauen sowie einem ausschweifender als geplant ausgefallenen Orientierungsbummel durch Weißensee ein wohlverdientes Powernapping einzulegen.
So richtig einladend wirkte der in designergrün gehaltene Zugang in den Hinterhof nicht, aber das besagt in Berlin ja nix. Das Hotelmotto: Urban. Lifestyle. Berlin. Man zielt also auf jung-hippes, aber nicht übermäßig begütertes Jungvolk ab.
Am (verschlossenen) Eingang wies ein Schild darauf hin, daß man klingeln muß und die Rezeption auch nur bis 23:00 Uhr besetzt ist. Wieder übermannten mich furchtbare Phantasien in Richtung zipfelmützetragender Herbergsvater und Sperrstunde..
Man gewährte mir Einlaß und begrüßte mich freundlich im kühl-minimalistisch gestalteten Rezeptions-Barbereich. Zimmerkärtchen nebst einer sehr technischen, also für mich unverständlichen Erläuterung zur Türöffnung sowie die Frühstückskarten wurden überreicht und auch gleich der Nachtzugang gezeigt. Na also..Langen Nachtschwärmernächten steht also nichts im Wege. Sofern man noch nüchtern genug ist, den relativ langen Zahlencode fehlerfrei einzutippen;-))
Hinter der Rezeption mit einer stylisch-schicken Sitzecke schließt sich auf dem Weg zu Aufzug und Frühstücksraum eine Art Gemeinschaftsbereich an. Hier ist dem Innenarchitekten wohl das Konzept „Urban. Lifestyle.“ kurzerhand entglitten-oder die Kohle ausgegangen. Zum Designergrün wurden hier antike bis spießige Sitzgelegenheiten (siehe Fotos..Das Sofa zu den bestickten Stühlen…Örks!) kombiniert und das Ganze mit einem unsäglichen Orientteppich abgerundet. Die schönen Bilder an den Wänden reißen es einigermaßen wieder raus. Aber über Geschmack läßt sich nicht streiten, und alles war picobello sauber. Eine „Zockerhöhle“ mit Billardtisch und X-Box für die Großen und eine Spielecke für die Kleinen gibt’s auch.
Nachdem ich den bockigen Aufzug (der sich im 1. OG öfter mal ‚ne Pause gönnte) bezwungen hatte, stand ich mit meinem Plastikkärtchen ratlos vor der Zimmertür und verfluchte mein technisches Unverständnis. Die Erklärung der Rezeptionistin hatte ich schon wieder vergessen; die Anleitung auf der Karte verstand ich ebenso wenig wie eine Bauzeichnung. Und kein Kerl in der Nähe. Es wäre auch peinlich gewesen, bei diesem würdelosen Dilettieren an einer im Prinzip einfachen Schließvorrichtung auch noch Zeugen gehabt zu haben.
Irgendwie hab ich’s dann doch geblickt. Wenn man muß, geht vieles..
Das Zimmer, von angenehmer Größe, war karg (sorry, puristisch..)eingerichtet. Aber enthielt alles notwendige. Sogar ein Schrank mit genug Platz für Klamotten versteckte sich hinter einem Vorhang. Der sog. Flatscreen war arg winzig, aber wer will schon in Berlin fernsehen?
Dafür hatte das Bad gigantische Ausmaße und erinnerte mich an eine Reha-Klinik-komplett behindertengerecht, sogar mit Notfallklingel und einem „Duschstuhl“. Für Rollifahrer absolut perfekt, denke ich. Entsprechend war die Toilette sehr hoch und Spiegel nebst Waschbecken sehr niedrig. Ob alle Zimmer so ausgerüstet sind, weiß ich nicht.
Das Bett war sehr bequem und die Bettwäsche plastikfrei, so daß die mickrigen paar Stündchen, die ich darin verbrachte, maximal erholsam ausfielen. Und dank der Lage zum Hinterhof war es auch relativ ruhig; von dem Oboespieler in der Nachbarschaft mal abgesehen, der mich am ersten Morgen mit einer –ähm-eigenwilligen Interpretation von „Stille Nacht, heilige Nacht“ aus dem Schlaf katapultierte. Zum Glück kam das nicht wieder vor. Vermutlich hat ihm ein anderer Nachbar Spielverbot erteilt.
Zum Wochenbeginn brach das Hotel aus allen Nähten: Diverse Schulklasse auf Kursfahrt, nehme ich an. Der Lärmpegel war unermeßlich und ich hatte das Gefühl, nur durch eine leichte Pappe vom „Schlafsaal“ getrennt zu sein. Ruhesuchenden Gästen kann ich das Hotel also nur bedingt empfehlen.
Das Frühstück war im Übernachtungspreis inbegriffen und in Ordnung. Kaffee/Tee und O-Saft (guter) satt; ansonsten das Übliche: Diverse Aufbackbrötchen, Wurst und Käse, Nutella-und Marmeladengedöns; für die Gesund-leben-Fraktion gab’s Müsli, Obst und Joghurt. Die Frühstückszeiten nur bedingt nachtschwärmertauglich: Am Wochenende bis 11 Uhr, unter der Woche bis 10 Uhr.
Am Abreisetag hat man ebenfalls um 10 Uhr sein Gemach zu räumen, aber irgendeinen Haken gibt’s halt immer..
Und 4 Sterne gibt’s von mir. Der Preis war wirklich sensationell, ebenso wie die Lage. Ich würde hier wieder absteigen. Für talentfreie Oboespieler und Schulklassen mit übersteigertem Schrei-und Bewegungsdrang kann das Hotel ja nichts.
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Einer von vielen Gründen, das Ländle zu mögen, ist für mich-die schwäbische Küche. Und die Möglichkeit, selbige vor Ort quasi an jeder Ecke zu bekommen.8.
Der Rheinländer (zumindest der Düsseldorfer)muß dagegen für einen „richtig guten“ rheinischen Sauerbraten schon ganz schön weit rausfahren. Denn was in den hiesigen Brauhäusern angeboten wird, ist allenfalls touristentauglich, hätte meine Omma mit dem Kochlöffel um sich schlagen lassen und ist dazu noch maßlos überteuert. Die Nachfrage scheint aber auch nicht besonders groß zu sein. Schließlich macht die gehaltvolle deutsche Traditionsküche dick und ist kein bißchen trendy.
In Schwaben scheint sich darum niemand zu sorgen. Keck trotzen Spätzle und Konsorten der bejubelten „Fusionsküche“oder dem American Food. Unverdrossen dengeln die schwäbischen Köche ihre gehaltvollen Suppen und schwere Maultaschen oder schaben fiese Kohlenhydrate, die dann an üppigen Saucen serviert werden. Und das Schönste: Man muß nicht lange danach suchen!
Für die Restaurants kann das aber mitunter zum Problem werden. Denn ist der Gast einmal reingefallen, besteht die Gefahr, daß er beim nächsten Mal „endlich dieses urige Ding, an dem wir schon so oft vorbeigefahren sind“ ausprobiert-und dann seinen neuen Stammladen gefunden hat.
So ging es mir auch. Der „Rossknecht“ wurde in den ersten Jahren , die mich besuchshalber ins Ländle verschlagen hatten, oft und gern aufgesucht. Denn neben dem vorzüglichen selbstgebrauten Bier gab es auch alles, was mein Feinschmeckerherz aus süddeutschen Kochtöpfen begehrt. Auch das Ambiente in diesem Laden ist angenehm: Rustikal und gemütlich-brauhaustypisch, allerdings im Gegensatz zum karg möblierten Düsseldorfer Brauhaus mit mehr Deko und kitschigen Gardinchen versehen. Wer’s gesellig mag, nimmt in der Schwemme an der langen Tafel Platz und hat so die Möglichkeit, seine schwäbischen Sprachkenntnisse via „Learning by hearing“ zu testen. Ansonsten sortiert man sich ins Braustüble-so man einen Tisch bekommt, denn gut besucht ist der Laden immer. Reservierung schadet nicht.
Reingelegt habe ich mich hier immer in den wunderbaren Kartoffelsalat-es war auch mein erster überhaupt im Ländle. Rossknecht war von da an Pflichtprogramm.
Aber eines Abends ging’s völlig daneben. Knurrenden Magens und vorfreudig führte ich die Gabel zum Mund-um sie dann stocksauer niederzulegen.
Der Kartoffelsalat war-nix. Schmeckte wie aus dem Eimer. Das dazu gereichte Schnitzel war auch nicht gerade der Bringer. Schlechten Kartoffelsalat kann ich bei uns an jeder Ecke kriegen.In Schwaben nehme ich das persönlich. Denn an einem kurzen Wochenende will ich so viele Köstlichkeiten spachteln wie reingehen. Vergeudete Magenkapazitäten sind da mehr als ärgerlich.
Die Bedienung entschuldigte sich zwar. Und auf meine an anderer Stelle abgegebene Bewertung meldete sich die Geschäftsleitung sogar –sehr freundlich und professionell-selbst zu Wort. An diesem Abend war der „Hauskartoffelsalat“ ausgegangen und man mußte auf einen anderen Lieferanten zurückgreifen. Es sollte die Ausnahme sein.
(Nebenbei: Unter meiner Bewertung entwickelte sich ein bemerkenswerter Kommentarstrang mit einer angeregten Diskussion, wie der einzig wahre Kartoffelsalat zubereitet wird).
Ich fand das sehr nett und war durchaus bereit, dem Rossknecht eine 2. Chance zu geben, aber wie es so ist: Meine Gastgeberin kam beim nächsten Besuch schon wieder mit neuen Geheimtipps um die Ecke, und der neue Stammladen war schnell gefunden. Wir vergaßen den Rossknecht irgendwie.
Aber kürzlich, als ich viel später als geplant im Ländle aufkreuzte (den Magen in den Kniekehlen und völlig ohne Bock auf lange Märsche durch hügeliges Gelände, dafür mit ordentlich Bock auf ein g’scheits Bier), beschlossen wir doch kurzerhand, mal wieder beim Rossknecht einzufallen.
Und haben es nicht bereut!
Das große Speisenangebot läßt mich größtenteils kalt, denn ich schaue sowieso nur unter „Regionales“. Alle mit zwei Löwen gekennzeichneten Gerichte werden laut Karte ausschließlich mit lokalen Produkten gekocht, was den Reiz noch zusätzlich erhöht. Aber muß das denn sein-ein Foto mit einem bodenständigen Bauersmann, der ein goldiges Ferkel im Arm hält? Ich würde 3 Monatsgehälter wetten, daß das Design der Speisekarte auf männlichem Mist gewachsen ist...
An den Kartoffelsalat mochte ich mich noch nicht rantrauen und orderte stattdessen das schwäbische Rahmschnitzel mit Butterspätzle. Meine Freundin gab das „neues-Spiel-neues-Glück-Versuchskaninchen“. Aber die kann einen vermurksten Kartoffelsalat besser verkraften als ich, denn sie sitzt schließlich an der Quelle.
Unsere männliche Begleitung bestellte herzlos das „Kutscherpfännle“ mit Spanferkelbraten, Bratkartoffeln und Salat; das Schweinchenfoto rührte ihn nicht im geringsten. Meine Schnitzelbestellung war ja nun auch nicht gerade konsequent, aber da kann ich das Kopfkino besser mit Bildern von einem übelgelaunten, unsympathischen Eber abschalten;-)
Das Essen kam relativ zügig; noch bevor der erste Humpen des süffigen Bieres geleert war. Die Portionen waren ordentlich –den relativ hohen Preisen angemessen. Leute mit Sextanermägen können übrigens für 2 Euro Abschlag auch fast alle Gerichte als „kleine Portion“ bestellen.
Mein Rahmschnitzel war zunächst ein irritierender Anblick. Hierzulande versteht man darunter ein feist paniertes Schnitzel in einer sahnetriefenden, hellen Sauce. Der Rossknecht servierte jedoch zwei „Naturschnitzel“, sehr schön gebraten, mit dunkler Sauce, auf der sich ein ordentlicher Klecks Rahm befindet. Die Spätzle wurden mit einem Überzug von leicht karamellisierter Butter gereicht-das kannte ich bisher auch nicht. Ob die Sauce wirklich so ganz hausgemacht war, vermag ich nicht zu beurteilen-aber sie war lecker, wie auch Schnitzel und Spätzle. Nichts zu meckern.
Der Kartoffelsalat konnte durchaus wieder in der ersten Liga mitspielen, auch wenn es nicht der Beste war, den ich im Ländle je gegessen habe.
Bratkartoffeln und Spanferkelbraten, rustikal in der Pfanne serviert, wurden sehr gelobt-ich mochte das Babyschweinchen aber nicht probieren..
Mit einer derart soliden Grundlage konnte man dann die nächsten Lagen Bier bestellen. Und wir beschlossen, den Rossknecht wieder in unsere Liste der „üblichen Verdächtigen“ aufzunehmen.
Die Bedienung war natürlich wieder tadellos, aber das ist in diesem zauberhaften Landstrich ja Standard.
A propos Landstrich: Ich wunderte mich mal wieder sehr über die Schwaben. Obwohl der Laden knallvoll war, hielt sich die Geräuschkulisse doch arg in Grenzen. Im rheinischen Brauhaus kann man in der Regel sein eigenes Wort kaum verstehen vor lauter (alkoholgebadetem) Palaver, und es ist immer irgendwie hektisch.
Nicht so im Rossknecht! Man kann sich problemlos unterhalten. Die Gäste nippen an ihrem Bieren und Weinschorlen, schlendern kerzengerade zum Klo und plaudern gepflegt.
Schwaben, seid Ihr eigentlich nie betrunken;-))?
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Tag 2 in Berlin. Es wird dunkel. Ich hab Fußschmerzen. Ich hab Hunger. Ich hab Geburtstag. Und ich hab den ganzen Tag noch keine Currywurst gegessen.9.
"Was essen wir denn heute? Du entscheidest, schließlich hast du Geburtstag." Wie überaus entgegenkommend! Als hätte ich diese Frage noch nie entscheiden dürfen/können/müssen!
Mein Gegenüber mustert mich feierlich. Was erwartet der jetzt von mir? Konfettiwurf? Fanfaren? Eine Einladung ins Sternerestaurant?
"Wenne mich so frachs-Currywurst, Pommes, Faßbrause. Da drüben ist Kult-Curry. War letztes Mal lecker. Will ich jetzt hin."
Ein Anliegen, mit dem ich in meinem sonstigen Düsseldorfer Umfeld auf mindestens totales Unverständnis gestoßen wäre. Am Geburtstag! Junkfood! Zum Glück habe ich einen Currywurstsüchtigen im Schlepp. Der wehrt sich nicht, obwohl er mittags schon zwei verdrückt hat.
Also Ziervogels Kult-Curry. Beim ersten Berlinbesuch "zufällig" entdeckt, da der Laden strategisch günstig gegenüber unserem Übernachtungsquartier gelegen war.
Und er ist tatsächlich ein bißchen "besonders".
Wer in der Hauptstadt der Currywurst sein Produkt so selbstbewußt als "Kult" bezeichnet, leidet entweder an totaler Selbstüberschätzung oder er hat tatsächlich was auf der Pfanne bzw. auf dem Grill. Und wer sein Lokal auch noch so einrichtet, wie es eben eingerichtet ist- der ist entweder süddeutscher Herkunft oder hat seinem Innenarchitekten im letzten Leben Furchtbares angetan. In diesem Ambiente erwarte ich eher eine zünftige Haxe mit Kraut, Gamsbärte und Krachlederne.
Hinter dem pommesbudenmäßigen Thekenbereich befindet sich ein gnadenlos auf Bayern gestylter Gastraum. Da fehlt kein Klischee. Weder die Kuckucksuhr, noch die ätzenden Stühle mit Herzchenlehne und die gräßlichen Vorhänge. Es ist so gruselig, daß es schon wieder Stil hat. Liebe Bayern, versteht mich nicht falsch: Ich hab nichts gegen Eure Folklore. Aber bitte in Bayern. Da paßt es hin. Euer Bier schmeckt mir hier übrigens auch nicht. Aber gut- ist alles Geschmackssache:-)
Hinter der Theke residiert der Chef. Das ist sofort klar. Er trägt die makellos weiße Jacke der Kochzunft. Und begrüßt uns, als wären wir in (s)einem Feinschmeckerlokal.
Wortreich-schließlich haben wir uns sofort als reig’schmeckte Greenhorns zu erkennen gegeben-preist er uns „all sein Gold“ an. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Würsten werden geradezu akademisch erläutert. Und die erhältlichen Schärfegrade. Daß die Pommes die Besten von ganz Berlin sind, versteht sich natürlich von selbst!
Wir ordern unser Menü und platzieren uns vor die Tür; dahin, wo man die scheußliche Kuckucksuhr nicht sehen kann. Inzwischen ist auch die Chefin aufgetaucht und verwickelt uns in ein nettes Gespräch. Und das, obwohl wir uns als Touris geoutet haben! Nach menschlichem Ermessen nie Stammkunden werden! So viel Mühe würde sich kein Düsseldorfer Wurstbrater machen.
Eine Urberliner Kneipenbekanntschaft erzählte uns übrigens später, daß vielen Einheimischen Kult-Curry gerade deswegen nicht gefällt. „Die Leute sind unerträglich aufdringlich!“ Kann ich nicht bestätigen. Ich fand die nett. Die Wahrnehmungen sind halt unterschiedlich..
Das Essen kommt bzw. es wird formvollendet gereicht. Man könnte sich auch in einem Teuerrestaurant am Gendarmenmarkt befinden. Das „Guten Appetit“ wird herzlich vorgebracht; man patrouilliert um unseren Tisch herum. „Schmeckt’s?“ Ich habe gerade die erste Pommes aufgespießt. Bei so was muß ich immer an den „Kalbshaxe Florida“-Sketch des unvergeßlichen Loriot denken;-)
Ja. Es schmeckt. Zwar habe ich statt der bestellten Mayo Ketchup auf den Pommes, aber weil die Leute so nett sind, mag ich nicht meckern.
Die Wurst (ohne Darm) ist geschmacklich sehr gut. Hätte ich nicht schon bei Curry 36 gespeist, wäre ich restlos begeistert gewesen, denn auch die Sauce ist sehr gelungen, gut gewürzt und hat nichts mit diesem Höllengebräu zu tun, das man bei uns so anbietet. Allerdings-an die Fruchtigkeit von 36 kommt sie nicht heran. Weiß der Schinder, was die da reinpacken..
Die Pommes sind vorzüglich, und auch die Portion ist absolut in Ordnung-zumal recht günstig. Eine leckere Faßbrause rundet die Ferkelei perfekt ab.
Das Ergebnis im Rahmen meines Currywurst-Testessens (alles für GoLocal;-): Zum Spitzenreiter reicht es nicht. Aber trotzdem ist die „Kult-Curry“ sehr zu empfehlen. Ob der gefeierte Konnopke, der als nächstes auf der Liste steht, da mithalten kann? Demnächst auf dieser Frequenz!
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Warnung: Jetzt kommt eine Monsterbewertung. Sorry. Aber immerhin muß dieser Bericht Hotelbetrieb UND Restaurant abdecken. Das möge mir mildernde Umstände einräumen;-))10.
"..und jetzt brauchen wir nur noch eine spottbillige, saubere, zentral gelegene Unterkunft mit top Verkehrsanbindung, möglichst ruhig und bloß nicht mit Bad auf dem Flur. bb, das machst am besten du, du hast ja für so was ein Händchen."
Klar mach ich das. Wie immer. Während meine Mitreisenden sich entspannt auf der Couch rumlümmeln, hocke ich vor jeder Reise-wohin auch immer-stundenlang mit Stadtplänen von mehr, weniger oder völlig unbekannten Städten am Rechner, verzweifle an Google Maps, an Kleingedrucktem, an obskuren Kreditkartenaufschlägen, seltsamen Buchungsportalen etc. Habe ich dann endlich was gefunden und trommele die Bagage zusammen ("Guckt mal, wie gefällt euch das?"), schlappen sie gelangweilt an, werfen einen flüchtigen Alibi-Blick auf den Monitor und wenden sich wieder ab:"Klar, ist okay! Du machst das schon!"
Und bisher "hätt et noch immer jot jejange". Reingefallen sind wir nie und die Reisebegleitung sparte nicht mit Anerkennung Marke "Du hast halt ein Händchen dafür. Toll gemacht!".
Nun bin ich mir natürlich darüber im Klaren, daß dieses Lobgepuschel weniger damit zu tun hat, daß ich tatsächlich ein Trivago-Flüsterer bin. Vielmehr arbeitet das faule Pack daran, daß ich auch weiterhin den Buchungslakaien gebe, der sich obendrein das Gemecker anhören darf, sollte es doch mal in die Hose gehen.
Auch vor dieser Berlinreise war die Hotelbuchung mein Job. Für’s Pfefferbett gab es diesmal leider kein günstiges Angebot, also checkte ich die Konkurrenz und wurde auch schnell fündig. Das „Freiraum“ lag nicht nur günstig, sondern bot auch noch ein in diversen Portalen recht ordentlich bewertetes Restaurant und äußerst bezahlbare Zimmer ohne die No-Gos Etagenbetten und Gemeinschaftsbäder. Gekauft.
Einen Schrecken bekam ich dann kurz vor der Abreise, als ich auf der Homepage der Unterkunft die „zuständige“ Bahnstation recherchierte und auf die Anmerkung stieß: „Die Rezeption ist von 7:30 bis 12:00 Uhr und von 15:00 bis 23:00 Uhr besetzt.“ Bis 23:00 Uhr besetzt? Nach dem Locationfoto bestand kein Zweifel , daß es sich um einen kleinen Betrieb handelt und nicht um einen großen Bettenbunker mit Plastikkarten, in dem man nach Belieben ein-und ausgehen kann. Außerdem tauchte in der Beschreibung das vorher nicht wahrgenommene Wort „familienfreundlich“ auf.
Vor meinem inneren Auge sah ich uns fluchtartig in einer saugemütlichen Kneipe das Bier auf Ex runterkippen („Mensch! Wir müssen weg! Schon halb elf!“) und an Massen von Nachtschwärmern vorbei zur Unterkunft stürzen. Ich sah uns um halb zwölf, also quasi am hellichten Tag, mit einer am Spätkauf erstandenen Limodose im Bett vor der Glotze liegen, auf die Wiederholung vom „Mentalist“ wartend. Ich sah uns um 3 Minuten nach elf mit einem schweren, rostigen Türklopfer an ein Eingangstor hämmern. Ich sah einen aufgebrachten Herbergsvater in Morgenmantel und Zipfelmütze, der uns wutentbrannt vor die Tür setzt. Ich sah uns morgens um vier entkräftet im Regen durch ein ausgebuchtes Berlin schleichend, auf der Suche nach einer bezahlbaren Unterkunft. Und ich sehe uns am Brandenburger Tor hockend bei dem verzweifelten Versuch, unsere Uhren, Smartphones und mein einziges Paar Prada-Schuhe an irgendwelche Touris zu verscherbeln, um mit dem Erlös und der gesamten restlichen Reisekasse wenigstens eine Nacht in einer Dienstbotenkammer des Adlon und ein Bummelzugticket nach Düsseldorf bezahlen zu können , weil woanders nichts mehr zu kriegen ist. Endstation Parkbank.
„Blödsinn, du Dramaqueen. So was gibt es nicht mal mehr in Jugendherbergen. Sperrstunde. Herbergsvater. Du hast nicht mehr alle Latten am Zaun!“ wies ich mich selbst in die Schranken. Ein winziger Restzweifel blieb trotzdem; aber natürlich tat ich den Teufel, meinen Mitreisenden darüber aufzuklären und mir womöglich schon im Vorfeld einen Anpfiff abzuholen.
„Die Lage ist schon mal gut“ stellten wir dann fest, als wir nach wenigen Marschminuten vom U-Bhf Schönhauser Allee die ruhige Seitenstraße erreichten, in der unser Domizil zu finden war. Erster Eindruck positiv: Ein gepflegter Altbau. Das Restaurant, in dem sich auch die Rezeption befand, sah allerdings geschlossen aus. Vor der Tür hockte ein rauchender Mensch, der uns mit unbewegter Miene musterte.
„Kann ick euch irgendwie helfen?“
„Äh, ja. Wir haben hier ein Zimmer gebucht.“
Der Mensch schwieg sekundenlang und musterte uns. Wir musterten sein Shirt mit der Aufschrift „Fucking Motorcycle“.
„Hier ist noch zu. Ab 15 Uhr ist det Zimmer fertig. Jepäck könnta solange inne Rumpelkammer abstellen.“
Ich zündete mir eine Kippe an: „Hat keine Eile, rauch erst mal in Ruhe auf“. Das Eis war gebrochen. Wir plauderten über dies und das und erfuhren nebenbei, daß wir bei unserer Anreise (TXL-Bus bis Zoo, dann U2) einen malerischen Umweg über die Mandschurei genommen hatten, oder wie unser Herbergsvater das ausdrückte „von Berlin nach Erkner über Rom“. Er bot netterweise an, uns im Internet für die Rückreise die günstigste Verbindung rauszusuchen, was wir dankbar annahmen. Obendrein bekamen wir noch die Info, daß wir im Restaurant frühstücken bzw. sonntags auch brunchen konnten und uns im Falle eines Abendessens als Hausgäste zu erkennen geben sollten, dann bekämen wir 5 % Rabatt. Fein.
Wir gingen erst mal Kaffee einwerfen. Wie versprochen war das Zimmer um 15 Uhr fertig.
Meine Befürchtungen in Sachen Sperrstunde waren natürlich völlig schwachsinnig. Wir bekamen einen Schlüssel und konnten bis 23 Uhr durchs Restaurant, aber ansonsten jederzeit über den ganz normalen Hauseingang rein. Offenbar hatte man eine große ebenerdige Wohnung zu mehreren Gästezimmern umgebaut. Von einem kleinen Flur, in dem sich sogar ein Regal mit Büchern und Zeitschriften zur allgemeinen Benutzung befand, gingen diverse Räume ab.
Unser Zimmer (siehe Fotos) war eher ein kleines Apartment, sogar mit Miniküche und einem vernünftigen Fön, so daß ich den uneffektiven Reisepüsterich, der das Haarewaschen immer zum zeitraubenden Unternehmen mutieren läßt, gar nicht erst auspacken mußte:-) Das Mobiliar wies zwar schon ein paar kleine Abnutzungserscheinungen auf, aber so was stört mich nicht-vor allem dann nicht, wenn ein Zimmer so günstig ist. Dafür gab es aber einen richtigen Kleiderschrank und keinen versifften Teppichboden. Ich ließ mich erst mal beifallheischend auf das bequeme Bett (nebenbei:es war wirklich bequem! Auch nach 5 Tagen kein Rücken!!) fallen. „Na?Na? Wie hab ich das wieder hingekriegt?“ „Genial, wie immer. Du bist die Beste.“ Das wollte ich hören.
Erwähnens-und lobenswert fand ich auch die lockere Handhabung der Check-Out-Time. „Wann fliegt ihr? Also, wenn das Zimmer um 12 geräumt ist, wär das toll; aber wenn ihr länger drinbleiben wollt, ist das auch kein Ding-sagt Bescheid.“ Paßte perfekt. Ebenso wie der BVG-Reiseplan, den wir wie versprochen am letzten Tag an unserer Tür vorfanden. Der Umweg über den Bahnhof Zoo war wirklich überflüssig und der nette Mensch hat uns für die Zukunft massenhaft Zeit erspart-auch wenn das traditionelle Andocken bei Curry 36 damit zumindest bei An- und Abreise flachfällt.
So weit, so gut. Abends beschlossen wir, auch gleich das Restaurant auszuprobieren. Da das Wetter schön war und wegen der Raucherei (der in der Rumpelkammer vorgesehene Raucherraum wird erst demnächst fertiggestellt) nahmen wir draußen an der Straße Platz und das Essensangebot in Augenschein.
Für Berliner Verhältnisse waren die Preise im gehobenen Mittelfeld, für Düsseldorfer Verhältnisse ein Witz.
Mein Blick blieb sofort an „Kalbsgeschnetzeltes an Champignon-Rahmsauce mit Haselnußspätzle und einer mit Cheddar überbackenen Grilltomate“ hängen. Spätzle. In Berlin. Ein Sakrileg. Aber ich gestehe: An Spätzle komme ich einfach nicht vorbei. Auch in Ouagadougou, Toronto oder Emden nicht. Zumal nach meiner Erfahrung so etwas an untypischen Orten oft nur angeboten wird, wenn der Koch Schwabe ist und somit die Hoffnung besteht, die Köstlichkeit handgeschabt und nicht etwa aus der Conveniencetüte zubereitet zu bekommen.Also check.
Mein Begleiter entschied sich für ein weiteres Sakrileg: Rindsrouladen mit Salzkartoffeln und Rotkohl. Sakrileg nicht etwa, weil es berlinuntypisch ist, sondern weil man so was in meiner Gegenwart nicht tut. Rouladen sind schließlich die einzige Kochdisziplin, die ich vollendet beherrsche. „Dir koch ich noch mal Rouladen! Aber mach mal. Ich fürchte die Konkurrenz nicht. Auch nicht, wenn der Koch tatsächlich Schwabe sein sollte.“
Als „Gruß aus der Küche“ wurde sehr leckeres frisches Baguettebrot mit einem Töpchen hausgemachtem Kräuterquark gereicht. Wir langten tüchtig zu, da man ja nie weiß, wie die Portionen so sind. Ein Fehler, natürlich.
Das Essen wurde schließlich von einer anfänglich mürrischen, später aber freundlicher werdenden Bedienung serviert bzw. herangekarrt. Ziemlich große Portionen. Die Roulade hatte gut und gern ihre 400 g, und für mein Geschnetzeltes wurde an Kalbfleisch nicht gespart. Aber Portionen sind nicht alles. Schmecken soll es nebenbei ja auch noch.
Den in der Tat leicht nussig schmeckenden Spätzle unterstelle ich , daß sie tatsächlich von schwäbischer Hand geschabt wurden; in Kombination mit der sehr guten Rahmsauce und den frischen Champignons ein Gedicht. Das Kalbfleisch war in Ordnung, wenn auch ein paar Stückchen etwas zäh waren. Auch die Cheddartomate war lecker, aber die hätte ich zuletzt essen sollen-sie verwässerte mir beim Anschneiden leider die schöne Sauce.
Der Rouladentest ließ mich schadenfroh grinsen. „Deine schmecken besser!“-so lautete das absolut gerechte Urteil;-) Vor allem schmeckten sie anders, da sie nicht mit Speck, sondern nur mit Gurken und Zwiebeln gefüllt waren. Die Sauce erinnerte mich stark an rheinischen Sauerbraten, den ich sehr gern esse, mein nichtrheinischer Begleiter allerdings weniger. Alles in allem: Geschmackssache. Am hausgemachten Rotkohl, den Kartoffeln und dem Fleisch an sich gab es aber nichts zu meckern. Und unterm Strich war das Essen wirklich sehr günstig. Werden wir beim nächsten Mal auch wieder machen, wenn die „untertags“ eingeworfenen Currywürste es zulassen.
Jetzt winde ich mich über zigtausend Zeichen wie ein Aal und tu mich schwer mit der Vergabe der Sterne. Uns hat es sehr gut gefallen, das „Freiraum“ hat das Zeug zum Berlin-Basislager. Aber ein paar Kritikpunkte gibt es dennoch, die den einen oder anderen stören könnten.
Das Erdgeschoßzimmer hatte den Nachteil, daß man bei geöffnetem Fenster (auch wenn die Vorhänge keine Einsicht gestatten) schnell das Gefühl hat, mitten auf der Straße zu liegen und unfreiwillig die Gespräche der vorbeigehenden Passanten belauschen darf oder zwangsweise mitbekommt, welche Lieder der Prenzlberg-Ökokindergarten ums Eck gerade gelernt hat. Ich hab das nur am Rande mitbekommen, da man mich wegtragen kann, wenn ich erst mal eingeschlafen bin; aber Leichtschläfer könnte diese Tatsache beeinträchtigen. Ob es noch Zimmer in höher gelegenen Etagen gibt, weiß ich nicht.
Für manche vielleicht irrelevant, aber nicht für mich: Mikrofaserbettwäsche! Ich hasse es! Die ist zwar schön kuschelig, aber leider vollsynthetisch und somit im Sommer ein unangenehmes Treibhaus. Beim nächsten Mal habe ich wieder mein eigenes Bettzeug im Gepäck. Da bin ich halt pingelig.
Für 5 Sterne reicht es also nicht ganz. Aber 4 müssen es schon sein-man darf ja auch nicht vergessen: Dies ist nicht das Adlon. Und wäre (worst case) unsere Übernachtungskasse geklaut worden, hätten wir am Brandenburger Tor nur ein Smartphone verhökern müssen, um die Zeche zu berappen;-))