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Wie bei keinem anderen Fund habe ich so lange gezögert es zu beschreiben, wie bei diesem. Erst jetzt, beim stöbern in meiner Fotobox ist mir aufgefallen, dass ich es völlig übersehen habe. Das möchte ich nun ändern! Weiße Flecke mag ich nicht und jedes mal, wenn ich in Viersen unterwegs bin, schaue ich mir die darstellungen an, die dort zu sehen sind. Der Remigiusbrunnen, um den es hier geht, stammt von dem aus Kaiserslautern stammenden und in Neustadt an der Weinstraße lebenden Bildhauer... weiterlesen Gernot Rumpf. An der Stelle kann man ihn seit 1981 bewundern. Es liegt in der (erweiteten) Nähe der gleichnamigen Kirche dort und der Fußgängerzone unterhalb, in der sich auch der bereits bewertete "Insektenbrunnen" zu finden ist. Im Gegensatz zu jenem befindet sich dieser im Betrieb, was sich auch auf die Spielfreude der Kinder auswirkt, wie ich es selbst mitbekommen habe.
Das Thema Kirche und alles was damit zu tun hat, bringt bisweilen ein "heikles" Problem mit sich. Die Darstellungen, die man rund um den Heiligen sehen kann, hehören aus meiner Sicht dazu! Nun möchte ich es dennoch in einfachen Worten darstellen, worum es sich überhaupt handelt: zwischen den christlichen Kirchen gibt es einige Unterschiede, wie bestimmte Sachverhalte ausgelegt werden (sollen). Dabei dient die Bibel allen als eine verbindende Quelle. Jeder kennt jene Laster, die mam bewußt begeht, die im erweiteten Sinne als Sünden angesehen werden. Bei der katholischen Kirche gelten diese aber als "DIE 7 HAUPTSÜNDEN (TODSÜNDEN)". Hier bei diesem Brunnen gehören sie in ihrer Ausformung zum "Bildprogramm" im engsten Sinne dazu. Die ganze Zeit frage ich mich dennoch in welchem Verhältnis der dargestellte Heilige mit ihnen hat. Scheinbar soll diese unbeantwortet bleiben.
Wie es bekannt sein dürfte, zählen zu diesen: Stolz, Habgier, Wollust, Neid, Völlerei, Zorn und Faulheit. Alle, bis auf die letzte (in Gestalt eines Walrosses) wurden einzeln benannt, was ich auch an der Stelle tun möchte. Die Tierfiguren verkörpern diese, auch wenn sie zum Teil nicht mit den vorher erwähnten Eigenschaften übereinstimmen. Wenn man sich die Bronzen vom Bildhauer Gernot Rumpf im allgemeinen anschaut, fällt auf, dass diese in Viersen eine sehr große Ähnlichkeit mit denen besitzen, die er in einem weiterem Brunnen verwendet hatte: wie einst in Neustadt an der Weinstraße beschrieben: https://www.golocal.de/neustadt-weinstrasse/freizeitanlagen/elwedritsche-brunnen-YUOnY/
Es handelt sich um Fabelwesen aus der Pfalz, die als "Elwedritsche" bezeichnet werden. Wenn man sie sich anschaut, erinnern sie sehr stark an Hühnervögel, trotz dass die meisten unter ihnen bei dem Brunnen in Viersen mit menschlichen Gliedmaßen ausgestattet wurden (zum Teil auch mehreren ;-) - siehe auch meine Fotos)! Mehr bei jeder der Figuren selbst.
Als Zorn wird ein Zustand emotionaler oder körperlicher Erregung bezeichnet, der hier von einem wütendem Stier personifiziert wird. Trotz der muskulösen Erscheinung, wirkt er in seinen Proportionen recht überschaubar. Einige Details deuten darauf hin, dass der Künstler ggf. auch hier einen der fabelwesen im Sinn haben könnte, als er ihn erschuf. Die Seitenperspektive läßt es aus meiner Ansicht nach vermuten, denn anders kann ich mir nicht erklären, wieso dieser Federn haben sollte.
Kann denn Liebe Sünde sein... die beiden Hühnervögel, die danach folgen, erinnern am deutlichsten an Menschen, denn so viele Hände und Füße, wie in diesem Zusammenhang habe ich in keinem anderen Werk vorgefunden! Zum einen soll es die körperliche Zuneigung versinnbildlichen, als auch ein Laster darstellen, das zum Teil noch heute tabuisiert wird. Andererseits sind "nackte Tatsachen" keinem Erwachsenem fremd, vor allem wenn man sich die gängigen Medien anschaut (vor allem die dauerfafte Verfügbarkeit davon im Netz...). Hier wirkt es doch irgendwie "harmlos" und so ein Balzritual kann auch anregend wirken. Daher kann der Rest dem Betrachter und seiner Phantasie überlassen werden.
Bei der nästen Szene bin ich ein wenig verwirrt, warum ausgerechnet Fische für die Freßsucht ausgewählt worden sind. Für ihr kanibalisches Verhalten den Artgenossen gegenüber sind eher die Amphibien und darunter die Frösche bestens bekannt! HIer sind sie es dennoch nicht. Man kann 3 unterschiedlich große Exemplare erkennen, die sich gegenseitig "anknabbern" ;-). Was mich zum Schmunzeln gebracht hatte, das der größte unter ihnen ebenfalls mit Händen versehen wurde, in denen er Besteck hält. Zwar kann man daneben auch Flossen erkennen, doch sie scheinen keine Funktion zu besitzen.
Der Neid, auch Mißgunst genannt, ist ein Gefühl, das mit fehlendem Selbstbewußtsein einhergeht. Der Vergleich führt dazu, dass man das haben möchte, was man nicht hat und dennoch es für sich beansprucht. Dieser Anspruch hat an sich genommen nichts schlechtes, aber wenn es nicht nur einmal vorkommt, sondern ein Leben bestimmt, ist es oft für die Mitmenschen (wie ich es auch eigener Erfahrung her kenne) ein Grund für Spannungen werden kann. In einzelnen Fällen ist es sogar das beste jeglichen Umgang mit einer solchen Person komplett einzustellen, weil es schon als anstrengend angesehen werden kann. Nun aber zur Darstellung. Der Neid wird durch eine 2-Köpfige Schlange verdeutlicht. Bei dem "Kneul", den sie bildet, läßt es sich nicht erkennen, ob man tatsächlich um nur ein oder mehrere Tiere handelt.
Diese (die von den wenigsten geschätzte) Tier, das in der christlichen Bildsprache sehr negativ belegtes Tier, das mit dem Teufel gleich gesetzt wird aber auch, wenn sie sich in den Schanz beißt, für die Unendlichkeit (am Rand erwähnt). Wenn man sich die beiden Seiten anschaut, stellt man fest, dass einer der beiden Köpfe ein wenig kleiner dargestellt wurde. Es kann sein, dass es irgendwie (aus sicht des Neiders) sich selbst als einen Unterlegenen ansieht uns es aus dem Grund dementsprechend dargestellt wird... Das ist jedenfalls meine subjektive Einschätzung darüber.
Nun komme ich zur bereits erwähnten Trägheit / Faulheit in Gestalt eines Walrosses. Er ist der einzige, der ohne eine Zuweisung auskommen muss. Aus meiner Sicht ist das an der Stelle gar nicht nötig, wenn man sich diesen korpulenten "Burschen" anschaut. Statt der Flossen sind auch hier Finger zu sehen, die auf dem beleibten Körper auf den Bauch und unten direkt daneben zu sehen sind. Irgendwie wirkt das gemütlich, auch wenn keiner es höchstwahrscheinlich zugeben würde, diesem Laster "verfallen" zu sein ;-). Durch seine geschlossenen Augen hat man den Eindruck einen Genießer vor sich zu haben, der mir unter den ganzen Bronzeskulpturen am liebsten ist.
Mit der Eitelkeit wird seit jeher der Pfau in verbindung gesetzt, der hier sogar mit 3 Köpfen daher kommt. Es sind erneut die pfälzischen Fabelwesen, die herhalten müssen. Den Hühnern sieht man schon auf den ersten Blick an, welche der Eigenschaften sie verkörpern. Sie räcken ihre (hübschen) Köpfe in die Höhe, die zum Teil noch mit kostvoll geflochtenem Zöpfen schauen sie selbstgefällig drein. Wie auch das stolze Tier, das ich vorher erwähnt habe, sind die Fädern hinter ihnen breit ausgeschlagen. Wie man es sehen kann, wurden diese wie bei einem Pfau mit dem allen Dateils dort eingraviert.
Zuletzt komme ich zu der letzten Eigenschaft, die hier zu sehen ist: eine Glucke, die auf ihrem Geld hockt, das wie auf den Eier, die das Huhn sonst legt und hinterher brütet. Durch die "eigenartige" Brut kann man auch hier sich den Zusammenhang denken: es ist der Geiz. Diese Eigenschaft tauchte schon in verschiedenen WEerken auf, die ich bereits beschrieben habe (unter anderen "Kreislauf des Geldes" in Aachen und deren Gegenteil (Großzügigkeit) beim "Anna Maria Luisa de Medici Denkmal" in Düsseldorf der Fall gewesen ist. Als ein Tier kommt es nur hier vor!
Es ist erneut sehr lange geworden und dennoch könnte ich noch reichlich hinzufügen, worauf ich an der Stelle verzichte. Bilder sagen mehr als 1000 Worte, da verweise ich darauf, weil sie einst kaum wahrgenommen wurden. Wenn man in Viersen unterwegs sein sollte, unbedingt anschauen. Auch wenn es zu meinen Favoriten gehört, volle Zustimmung bekommt es von mir nicht, weil es vor Ort zu viele Fragen offen läßt.[verkleinern]