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"Wer zählt die Biere, nennt die Namen, die süffig hier zusammenkamen."
Sehr frei nach einem Spruch aus "Die Kraniche des Ibykus" vom Dichterfürsten Friedrich von Schiller möchte ich eine kleine Reihe von Bewertungen über Brauereien beginnen.
Weniger über die ganz Großen, welche ihre Produkte in so ziemlich jedem Getränkemarkt des Landes präsentieren, sondern über kleine bis mittelgroße Produzenten, die sich der Bierherstellung unter dem neudeutschen Oberbegriff "Craft-Beer" verschrieben... weiterlesen haben, aber auch durchaus einfach nur Pils, Helles oder Bockbier brauen.
Mit meinen Brauerei-Bewertungen bin ich nun wieder einmal zurück im Sachsenlande.
Gleich zu Anfang eine Frage, wer weiß, was ein Bierautomat ist ? Am besten, bei einem guten Bier drüber nachdenken ;-) Die Antwort kommt später.
Die Alte Brauerei Richzenhain ist eigentlich eine neue Brauerei. Aber der Reihe nach.
Im Jahr 1898 gründete ein Herr Carl Gustav Klaus die Brauerei Klaus im Örtchen Richzenhain. Das liegt unweit der Stadt Waldheim die wiederum ziemlich mittig im Städtedreieck Chemnitz-Dresden-Leipzig zu finden ist.
Das Geschäft schien zu florieren, Bier ist ein Getränk für alle Tage und daher jederzeit gut verkäuflich, denn über zwei Weltkriege hinweg blieb der Betrieb intakt . Bereits 1900 erfolgte eine Umbenennung in Vereinsbrauerei Richzenhain, ab 1934 nannte sich die Firma dann Brauerei Richzenhain, Klaus & Söhne , erst OHG, ab 1960 KG .
Im Jahr 1972 kam es dann zur in der DDR leider fast unvermeidliche Zwangsverstaatlichung, man wurde zum VEB Richzenhainer Brauerei. Ab 1982 fiel dann auch noch der die Bierherkunft prägende Ortsname weg, sperriger und bürokratischer ging es kaum: VEB Getränkewerk Döbeln, BT Brauerei Waldheim im VEB Getränkekombinat Leipzig .
Ab 1990 Reprivatisierung als GmbH unter dem Namen Richzenhainer Brauerei Waldheim und
Privatbrauerei Richzenhain.
Lange währte die neugewonnene Selbständigkeit leider nicht. Da in den DDR-Jahren nur auf Verschleiß gefahren und nichts investiert wurde, waren die Brauanlagen bis hin zu den Gebäuden Mitte der 1990er Jahre völlig verschlissen. Durch zurückgehenden Bierabsatz, der gelernte DDR-Bürger betrank sich nun zunächst einmal mit "Westbier", wurde zu wenig Geld erwirtschaftet, um neue Anlagen zu erwerben.
Das Ende vom Bierdeckel war die Insolvenz. 1996 war die Richzenhainer Brauerei Geschichte.
Die Stadt Waldheim wollte ab dem Jahr 2000 die Industriebrache, die vor sich hin wilderte, abreißen lassen. Doch es sollte anders kommen.
Ein privater Interessent, bis heute ist er der Eigentümer und Betreiber, kaufte das gesamte Betriebsgelände und begann ab 2001 mit Sanierungsarbeiten.
Zunächst wurde die Remise erneuert und als Veranstaltungsraum ausgebaut. Folgende Einnahmen daraus ermöglichten weitere Arbeiten, die sich über die nächsten 10 Jahre hinzogen.
Bereits 2005 war aber die Richtung, in die es gehen sollte, klar. Die "Alte Brauerei Richzenhain GmbH" wurde gegründet.
Es sollte noch 13 Jahre dauern, bis das erste Bier aus dem Hahn floß. Im Jahr 2018 wurde der Braubetrieb wieder aufgenommen.
Nun konnte zu den Veranstaltungen auf dem Brauereigelände auch eigenes Bier ausgeschenkt werden. Mittlerweile gibt es eine Flaschen- und Fassabfüllung. Die gebraute Menge dürfte nicht allzu groß sein, aber es finden sich augenscheinlich genügend durstige Abnehmer.
Dabei hilft, und nun komme ich zur Eingangsfrage, der Bierautomat.
In einem kleinen Nebengebäude ist er aufgestellt, äußerlich einem Pfandautomaten zur Rücknahme leerer Getränkeflaschen nicht unähnlich. Nur funktioniert der hier genau umgekehrt. Er nimmt keine leeren Flaschen gegen Geldrückgabe an, sondern gibt volle Flaschen gegen Bezahlung aus.
Wichtig: Geld passend einwerfen, hier wird nicht gewechselt. Nach Geldeinwurf gibt es ein rumpeln und poltern im Inneren der Maschine, dann klappert eine gut gekühlte Bierflasche ins gepolsterte Ausgabefach. Prost. Oder natürlich einpacken und mitnehmen.
Angeboten werden stets 1-2 Sorten. Ich holte mir hier schon mehrfach Pilsner und Landbier.
Es wird auch im Winterhalbjahr Bockbier gebraut und derzeit gibt es die neue Sorte "Dunkelblond".
Die Biere sind in 0,5-Liter-Bügelflachen abgefüllt. Auf ein Etikett wird verzichtet, jede Flasche hat am Bügel eine Art Banderole befestigt, wo Sorte, MHD, Alkoholgehalt und Füllinhalt verzeichnet sind.
Die Flasche kostet 3 Euro, Pfandgeld wird keines erhoben, man bittet die Kunden darum, beim nächsten Besuch die leeren Flaschen in die bereitstehenden Kästen zu stellen. Sozusagen Pfand des Vertrauens.
Das Bier schmeckt ausgezeichnet, immer wenn ich hier mal in der Nähe bin, biege ich am Bierautomat ab. Leere Flaschen stets zum Austausch dabei. Parken kann man direkt neben dem Häuschen, getrunken wird das Bier natürlich erst zuhause.[verkleinern]
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