Hallo Fitness
- Kim Herzog -
Danziger Straße 4
D-67685 Weilerbach
Tel. 0 63 74 - 42 42
www.hallo-fitness.de
Heute ist Mittwoch. Und Mittwoch ist Zumba-Tag. Zumba kombiniert Aerobic mit Tanzeinlagen. Schweißnasse Damen, die das dröhnende Tanzprogramm absolviert haben, stehen schreiend vor dem Eingang des „Hallo Fitness“ und saugen gierig an ihrem Glimmstängel. „Hallo Illness“ ? Man sieht sich auf der Krebsstation ?
Jetzt aber rein ! Statt Nikotinduft umhüllt dich nun der Gummigeruch... weiterlesen
aus dem angrenzenden Reifenlager ! Sekunden später schlägt dir etwas gegen die Stirn. Angriff eines Amok laufenden Kampfsportlers ?
Bloß ein zu niedrig gehängtes Werbeschild ! Hier wird eher klein gedacht. Weiter in Richtung Umkleideraum ! Der hat den diskreten Charme der 1960er. Aus dem Decken-lüfter rieseln Staubflocken. Nur hier nicht atmen !
Endlich der Fitnessraum mit seinen Foltergeräten, eher klein und beschaulich. Hier hätte durchgeatmet werden können. Wenn da nicht die nervende Dröhnmusik wäre. Eine (schwerhörige ?) Servicekraft erwartet dich.
„Erwarten“ ist zu viel gesagt. Die Hilfskraft hat sich hinter einer Art Empfangstresen verbarrikadiert und lugt selten hervor. Dabei gäbe es pausenlos Anlass, aktiv zu werden. Zum Beispiel, weil wieder mal jemand
• 2-3 Geräte gleichzeitig belegt.
• weggeht, ohne seine Gewichte abzunehmen.
• die Bodenmatten als Liegewiese missbraucht.
• falsch und gefährlich trainiert.
Die Service-Kraft sorgt für Sauberkeit und Getränke, den Spindschlüssel und die Tischdeko. Aber wehe, du hast Fragen zur Funktion der Geräte oder zur richtigen Körperhaltung ! Die Service-Kraft zuckt nur freundlich mit den Schultern und spielt mit ihrem Smartphone. „Null Ahnung, sorry !“ Perplex trottest du weiter und die freundliche Person rührt andächtig in ihrem Fertiggericht, dessen Geruch nun den Raum durchweht.
Jetzt kann dir nur noch einer helfen: X !
X weiß alles. X besteht nur aus Muskeln. X ist wohl so etwas wie der Chef-Bodybuilder dieses Fitness-Clubs. Jeder kennt X. X keucht und brüllt beim Gewichtheben. X ist nicht groß. X darfst du duzen. X kann auch freundlich sein.
X sagt dir, dass du alles falsch machst. Dass du dich ruinierst. Du hast es so gelernt ? Du hast es falsch gelernt ! Bei der Y, die kürzlich noch die Chefin war ? Dein Problem ! Die Y wusste nix. X verweist auf seine Muskeln. Muskeln sprechen für sich. Du kannst einen Termin mit X machen. Du machst lieber keinen. Du schaust hilfesuchend auf die Galerie der Muskel-Aufbaupräparate Marke „Body-Attack“.
Die Gerätschaften des Studios sind im Prinzip brauchbar, aber z. T. etwas verschlissen. Mancher Seilzug macht Geräusche. Hier und da zeigt sich Flugrost, den das Personal erfolglos bekämpft. Nicht selten ist ein Gerät defekt (z. T. mutwillig zerstört) und die Instandsetzung wird zum Dauerdrama. Die Geräte sind wirr und kaum leserlich nummeriert. Welches Gerät wo steht und wie heißt – für Einsteiger ein Geheimnis. Organisation und Kommunikation sollten hier unbedingt einem intensiven Aufbautraining unterzogen werden. Einige Geräte stehen so eng, dass man kaum durchkommt. Zu Stoßzeiten wird’s happig, gerade wenn dreiste „Multiuser“ mehrere Geräte zugleich blockieren.
Getränkehalter gibt’s nicht an jedem Gerät, sodass man oft nicht weiß, wohin mit seiner Trinkflasche.
Zwischen den Fahrrädern ragen mysteriöse Metallsäulen aus dem Boden, auf die man beim Abrutschen stürzen könnte. Kollateralschäden ?
Immerhin kann man jetzt sein Privatgetränk hineinschmuggeln. Die Vorbesitzerin hätte das nie erlaubt.
Frischluft ist hier ein Muss. Doch Rollos und Fenster sind z. T. geschlossen. Manches Fenster geht nur mit Mühe auf, die Griffe drohen abzufallen. Ein Griff zu Ölspray oder Schraubenzieher – so viel Eigeninitiative bringt hier wohl niemand auf.
Taekwon-Do, Body-Building, Fitnesstraining, Zumba und Meditation – all das sucht “Hallo Fitness” unter einen Hut zu bringen. Kampfkünstler Kim Herzog betreibt das „Hallo Fitness“ neben seinen Taekwon-Do-Filialen in Ramstein, Kusel, Kaiserslautern und Waldmohr. 2013 hat Herzog das in die Jahre gekommene Studio übernommen, eher notdürftig renoviert und neu eröffnet. Das alles erfährt man nicht auf der Homepage des Fitness-Schuppens. Die Homepage des „Hallo Fitness“ ist eine ziemliche Katastrophe. Nicht nur wegen der penetranten Lifestyle-Fröhlichkeit der Bilder und wegen des extremen Mangels an Informationen (Preise ?). Die Homepage gerät fast zur unfreiwilligen Parodie. Da wird die schlichte Mucki-Bude zur Wellness-Oase hochgejubelt, die mit einem „großartigen Ambiente“ aufwarte. Von „warmen Whirlpools, dampfenden Saunen und wohltuenden Massagen“ ist hier die Rede. Genau das gibt es hier nicht ! Und mancher ist froh drum !!! Die Homepage verströmt nur eine Botschaft: Wir haben kein richtiges Konzept.
Im Studio prangt aggressive Werbung. Man soll, so heißt es auf einem Werbeplakat, das „Hallo Fitness“ doch bitteschön bei facebook positiv bewerten. Und Mitglieder, die Mitglieder werben, würden reich belohnt. Leidet der Laden unter Mitgliedermangel ? Bahnt sich da wieder die Pleite an, samt Besitzer- und Namenswechsel ? Kürzlich hieß der Laden noch „Bodyknowhow“, davor „Fit for life“ und davor … .
Jetzt geht’s treppab in die Unterwelt, den angenehm kühlen Kellerraum. Der ist für die Servicekräfte nicht einsehbar, was nicht nur Vorteile hat. Das Gummiaroma aus dem Eingangsbereich weicht Modergeruch, an den man sich allerdings schnell gewöhnt. Hier und da blättert Farbe von den (feuchten ?) Wänden. Jemand hat einen Ventilator punktgenau so aufgestellt, dass sich die schwitzenden Kunden erkälten müssen.
Trotz Neonbeleuchtung im ALDI-Stil hat der Kellerraum seinen eigenen Charme. Eine Gruppe Gewichtheber keucht und schreit martialisch. Auch du kommst beim „Workout“ richtig in Schwung, bis dein Blick auf ein Poster (an der Tür des „Boxraums“) fällt, auf dem ein schwuler Steroidmutant für Kraftfutter wirbt.
Mitunter wird das Fitness-Training gar zum unfreiwilligen Survival-Training. Als kürzlich der Strom ausfiel, gab’s natürlich keine Notbeleuchtung. Jeder musste selbst sehen, wie er in völliger Dunkelheit heil hinauskam. Die entnervte, heillos überforderte Aufsichtskraft hat den Laden kurzerhand abgeschlossen, ohne nachzuschauen, ob im Keller vielleicht noch jemand unter seiner Hantel lag.
Das „Hallo Fitness“ präsentiert sich als sportliches Gegenstück zum benachbarten Restaurant „Bauer Schmidt“, wo man mit Billigkräften das Biker- und Simpel-Segment bedient. Das „Hallo Fitness“ ist ein rustikales Dorf-Studio mit entsprechend schlichtem Publikum, unterscheidet sich aber wohltuend vom geschäftstüchtigen Gehabe der „edleren“ Konkurrenz. Das „Hallo Fitness“ schiebt (trotz Notrenovierung) wohl einen Investitionsstau vor sich her, kann aber mit Billigpreisen punkten. Das „Hallo Fitness“ wird von einem exzellenten Kampfsportler betrieben, der aber selten vor Ort und wohl kein Fitness-Spezialist ist . Das „Hallo Fitness“ hat nette Servicekräfte, die aber blutige Laien sind. Das „Hallo Fitness“ hat Kenner und Fachleute, die aber überfordert wirken. Das „Hallo Fitness“ versucht sein Personal durch Fortbildung fit zu machen, wird dabei aber wohl an seine Grenzen stoßen. Das „Hallo Fitness“ ist verdammt klein, dafür aber knuffig, „familiär“ (Homepage), bestens gelegen und mit großen Parkplatz ausgestattet.
Beim „Hallo Fitness“ ist wohl einiges aus dem Lot geraten und das Konzept ist nicht ganz zu Ende gedacht. Bei geringen Mitgliedsbeiträgen werden sich Investitionen nicht unbedingt lohnen. Die Kapitalrendite ist allerdings wohl nicht das einzige und eigentliche Problem. Die Schlichtheit des Schuppens ist nämlich auch eine Chance ! Man könnte – mit Augenmaß und Engagement - vermutlich einiges aus dem Studio machen. Bedauerlich, wenn das nicht gelänge ! Die teuren, anonymen, unpersönlichen Mucki-Buden à la „Mäck Schwitz“ sind jedenfalls keine wirkliche Alternative.
Fazit: Wer ein „knuffiges“, uriges, bodenständiges Studio ohne Schnickschnack sucht, ist beim Weilerbacher „Hallo Fitness“ nicht übel aufgehoben. Insofern eine klare Empfehlung ! Dass das Geschäftskonzept überdacht werden sollte, steht indessen außer Frage.[verkleinern]