An recht unspektakulärer Stelle hinter der Galeria Kaufhof (früheres Horten-Haus) findet man in Witten diese Sehenswürdigkeit. Auf einem gepflasterten Rondell ist ein schlichtes, rundes Brunnenbecken aus Stein zu sehen, die Wandung ist regelmäßig durch vier Rundpfeiler gegliedert. Diese Pfeiler wiederum tragen jeweils eine Zierkugel, die Steinkugeln sind durch metallene Geländer verbunden.
In der Mitte des Wasserbeckens erhebt sich ein schlichtes Säulenpostament, von dem aus in regelmäßigen... weiterlesen
Abständen einfache Wasserzuläufe aus Metall das notwendige Nass ins Becken fließen lassen. Brunnenschale und Postament stammen aus dem Jahr 1990 (Architekt: Franz Buresch).
Ganz anders verhält es sich mit der etwa lebensgroßen Figur eines Mannes, der auf dem Postament in leicht gebückter Haltung einen schweren Sack auf dem Rücken zu transportieren scheint. Hier handelt es sich um die denkmalgeschützte Figur eines sogenannten Sackträgers, die 1912 nach dem Entwurf des Bildhauers Franz Marmon für einen Brunnen geschaffen wurde, der auf dem Kornmarkt stand.
Dieser Brunnen wurde geschaffen, um daran zu erinnern, dass Städte wie zum Beispiel Witten im 17. und 18. Jahrhundert als Umschlagplätze für Korn von großer Bedeutung waren.
Aber die Zeiten ändern sich, und im 20. Jahrhundert war die Ausweitung des Busbahnhofs wichtiger als der Brunnen, Originalbrunnenschale und Postament wurden zerschlagen und entsorgt, nur die Figur des Sackträgers wurde auf eine Odyssee zu verschiedenste Orte in Witten geschickt, bis sie endlich hier in der Heilenstraße vorläufig zur Ruhe kam.
Vorläufig sage ich, weil es Pläne gibt, den alten Kornmarkt wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen, und dann müsste auch der Sackträger wieder umziehen.
Zu den Sackträgern muss man wissen, sie waren extrem starke Männer, die immerhin 125kg auf dem Rücken tragen mussten. An ihrer Kleidung hatten sie Erkennungsmarken zu tragen, und sie wurden von den Behörden streng beaufsichtigt, um Unregelmäßigkeiten (Stückzahl der Kornsäcke, Gewicht) zu verhindern. Es war nämlich häufiger so, dass unehrliche Arbeiter kostbares Korn beiseitegeschafft hatten, um so durch Verkauf Gewinn zu machen.
Über einen ähnlichen Brunnen in Herdecke habe ich schon vor langer Zeit berichtet, und das Schicksal der Brunnenfigur lässt sich durchsus mit dem des Bläsers am Dortmunder Bläserbrunnen vergleichen.
Wegen des geschichtlichen Hintergrundes lohnt es sich schon, sich den Brunnen mal anzusehen.[verkleinern]