Die konkrete Utopie - was ist das? So einfach kann man diese Location nicht beschreiben. Von außen sieht das Haus eher verlassen aus; ein Restaurant würde man da nicht gleich vermuten. Ich hatte meinen Freund eingeladen und ihn im Ungewissen gelassen.
Gut, wir treten ein: Drinnen Tische und Stühle, die in keinster Weise zusammen passen. Die Tische sind gedeckt mit Desserttellern in unterschiedlichen Farben und mit unterschiedlichen Mustern. Bei genauerem Hinsehen erkennt man auch, dass die... weiterlesen
Bestecke nicht zueinander passen. An den Wänden stehen auf Regalen Weine und Gläser mit Pesto etc. An der Decke ganz hoch obern baumelt an einer Lampe (?) eine Salami. Gabs eigentlich Fenster? Weiß ich garnicht mehr zu sagen, es war ziemlich düster im Lokal.
Mein Freund bekam die Panik, aber ich wußte ja - hatte ich mich doch vorher kundig gemacht.
Die freundliche Bedienung brachte uns zuerst verschiedene Oliven und frisches Brot an den Tisch. Dann kam der Besitzer und Koch selbst, um uns zu begrüßen. Auch seine Erscheinung löste bei meinem Freund leichte Panik aus: Ein Italiener mit schulterlangem lockigem Haar und einer blauen Arbeitslatzhose - eine etwas untypische Arbeitskleidung für einen Koch - stellte sich als Giovanni vor.
Auf meine Frage nach der Weinkarte kam die Antwort: “Die Weinkarte bin ich!” Was er uns dann empfohlen hatte war supergut.
Er half seiner Bedienung auch immer beim Servieren und kommentierte dabei jeden Gang. Ich vergaß zu erwähnen, dass es auch keine Speisekarte gab. “Fischserenade” ein Sechsgängefischmenü war angekündigt. Mehr wußte keiner der Gäste. Giovanni geht nämlich morgens auf den Markt und kauft ein, was grade gut und da ist.
Es gab in aufgeführter Reihenfolge: Algensalat (knackig und frisch), marinierte Zucchini auf Räucherfisch, gemischten Salat mit Scampi, Birnen- und Olivenpesto mit Brot, dicke Bohnensuppe mit Crevetten (habe ich um Nachschlag gebeten), Nudeln in Tomatensoße mit dem zartesten Tintenfisch, den ich jemals in meinem Leben gegessen habe, hauchdünnen Pecorino, Steinbeißerfilet mit einer sehr interessanten und superleckeren Soße und zum Dessert selbstgemachte Pralinen, einmal Chili und einmal Ingwer. Weil wir davon so begeistert waren, hat er uns einen ganzen Teller voll in die Mitte gestellt. Das waren, genau genommen, mehr als sechs Gänge, und der Preis dafür ist einfach nur geschenkt: 25 € pro Person (ohne die Weine).
Mittlerweile fühlten wir uns im romatischen Licht der Kerzen wie im Hinterland von Italien, bekocht von einer italienischen Mamma.
Mein Freund, der, ungelogen, die besten Lokale in Deutschland kennt, war mittlerweile voller Begeisterung. So gut habe er schon lange nicht mehr gegessen.
Bei Giovanni kann man aber nicht einfach so vorbeischauen, er kocht nämlich erst ab 6 Personen (müssen nicht zusammen gehören) und nur einmal im Monat gibt es die Fischserenade.
Man muss reservieren!
Ach ja, Zeit sollte man auch mitbringen. Wir haben 4 1/2 Stunden lang gegessen.
Die konkrete Utopie steht übrigens im Guide Orange, und ich würde behaupten, das Lokal ist ein Geheimtipp - noch!
Übrigens, Giovanni gibt auch Kochkurse und verkauft italienische Spezialitäten, zum Teil selbst hergestellt.
Noch ein Tipp: den ganzen Tag nix essen, sonst ist kein Platz für das alles. Anfangs denkt man zwar, DIE kleinen Portionen - da werde ich nie satt von, aber dann…[verkleinern]