Im Dorf Röcken (Sachsen-Anhalt / ca. 15 km südwestlich von Leipzig) befindet sich die Gedenkstätte für den bekannten Philologen und Philosophen Friedrich Nietzsche (1844-1900), der hier geboren wurde und auch beigesetzt ist.
Die Ausschilderung weißt auf die an einer Stelle konzentrierten Nietzsche-Orte: Geburtshaus, Gedenkstätte, Taufkirche, Grab – alles dicht beieinander.
Betritt man den Kirchhof/Friedhof fällt linker Hand an der Nordseite der Kirche eine Gruppe weißer Gestalten auf, die... weiterlesen
um ein Grab herumstehen. Da auf der, natürlich auch weißen, Grabplatte „Friedrich Nietzsche“ steht, dachte ich erst, es sei das Nietzsche-Grab. Aber eine gottlob vorhandene Infotafel klärt auf: es handelt sich um Kunst auf dem Friedhof. Das wirkliche Nietzsche-Grab befindet sich ein paar Meter weiter an der Südseite der Kirche.
Bei der seltsam anmutenden weißen Gruppenansammlung handelt es sich um die Skulptur „Röckener Bacchanal“ des Bildhauers Klaus F. Messerschmitt, die 2000 zum 100. Todestag Nietzsches auf Initiative des Merseburger Kirchenkreises aufgestellt wurde.
Das Ensemble der Bronzeskulptur besteht aus der Grabplatte, und 4 lebensgroßen Figuren. Am Kopfende der Grabes stehen ein Mann und eine Frau, neben ihnen und ihnen gegenüber jeweils ein nackter schnauzbärtiger Mann, sein Gemächt hinter einem Hut versteckend.
Da ich es mit eigenen Worten nicht anders und besser erklären kann, zitiere ich mal aus dem Text der Info-Tafel:
„Die lebensgroßen Bronzen stellen Nietzsche dreimal an seinem Grab dar. Der Künstler bezieht sich bei dem Figurenensemble auf das bekannte Atelierfoto von 1892 mit der Szene am Arm seiner Mutter und auf ein Traumbild, welches Nietzsche seinem väterlichen Freund Jakob Burckhardt 1889 in einem Brief mitteilte:
„… in diesem Herbst war ich so gering bekleidet als möglich, zweimal bei meinem eigenen Begräbnis zugegen.“
Die blauen Brillengläser einer der Figuren weisen auf Nietzsches verbürgte Kurzsichtigkeit hin.“
Durch diese Erklärung macht die Skulptur dann auch Sinn.
Fazit: Eine etwas ungewöhnliche Skulptur für einen Friedhof, deren Sinn dahinter sich dank der Infotafel dann auch für jedermann erschließt.
Friedrich Nietzsche, der Dargestellte:
Er wurde 1844 als Sohn des örtlichen Pfarrers im Pfarrhaus von Röcken geboren. Nach Schule und Studium wurde er Professor für Philologie an der Universität Basel. Zunächst preußischer Staatsbürger war er seit Übersiedlung in die Schweiz staatenlos.
Wegen Krankheit legte er 1879 seine Professur nieder und bereiste mehrere europäische Staaten, bevor er 1889 wegen seiner fortschreitenden Demenz und nach mehreren Schlaganfällen zum Pflegefall und arbeitsunfähig wurde.
Nietzsche starb 1900 bei seiner Schwester in Weimar und wurde in der Familiengrabstätte an der Südwand der Dorfkirche von Röcken beigesetzt.
Eine ausführliche Biografie findet man übrigens ua. bei wikipedia. Hier würde es zu weit führen.
Klaus Friedrich Messerschmidt, der Bildhauer:
Geboren 1945 absolvierte er von 1963-1966 ein Studium an der Fachschule für angewandte Kunst in Schneeberg. Seit seinem Diplom an der Kunsthochschule Halle/Saale auf der Burg Giebichenstein arbeitet Messerschmidt als freischaffende Bildhauer, Grafiker und Schriftsteller.[verkleinern]