Nach einer nicht so erfreulichen Neuigkeiten vom meinem Arzt in Bochum, benötigte ich daher noch einige Zeit für mich und „pilgerte“ durch Bochums Innenstadt und stand plötzlich vor der Propsteikirche. Normaler Weise ist sie an einem Freitagmorgen geschlossen, da alle Kirchen in unserem Bereich nur zu den Messen und Andachten geöffnet werden. Wie durch ein Wunder war sie aber geöffnet und das lag an den Elektrikern, die mit einigen Leuchten kämpften.
Direkt hinter dem Eingang stand noch eine... weiterlesen
Tür offen, hinter der eine schmale Wendeltreppe liegt. Blick links, Blick rechts, Blick auf das Handy zum Ladezustand und ab ging es nach oben. Jacke auf dem einen Arm, Handtasche an der anderen, es war verdammt eng aber endlich kam ich oben an und stand in einem normalem Raum mit alten Bildern von Bochum und der Kirche an der Wand. Ich war nicht auf dem Glockenturm, schnief, keine schöne Aussicht auf Bochum. Nur durch einen schmalen Schlitz konnte ich etwas von Bochum sehen. Auf der anderen Seite gingen 4 Stufen herunter, die obere war abgebrochen. Also sportlich ab nach unten und nun stand ich auf einem Holzgerüst, das über das Gewölbe der Deckenkirche führte. Am anderen Enden eine waghalsige Holzkonstruktion mit Leitern, die ich mir aber sparte, denn all meine Kleidung samt Schuhe waren weiß. So bin ich wieder umgedreht, hatte den Turm immer noch nicht gefunden – war die Chance noch nie größer – und es ging wieder herunter mit mulmigem Gefühl, ob man mich in der Zwischenzeit vielleicht eingeschlossen hätte. Aber alles war ruhig, die Tür offen und die Handwerker liefen immer noch durch die Kirche.
Auch diese Kirche hat sich seit meinem letzten Besuch sehr verändert, alles wirkt moderner und heller nur das Kreuz über dem Altar ist für mich ein absolutes „no go“, denn es ist ein großes, gläsernes Kreuz, das PINK bis Violett leuchtet. Für mich ein Schandfleck in der Kirche. Der Altar ist hingegen wunderschön, ein Flügelretabel oder Flügelaltar mit 5 Tafeln. Die mittlere Tafel steht direkt über dem Tabernakel und ist neueren Datums, sie zeigt einen Pelikan. Darüber eine geschnitzte Christusfigur aus dem Jahr 1352. Die äußeren Flügel dienten früher in der benachbarten Kapelle des St. Elisabeth-Hospitals als Hochaltar und wurden 1976 in die Propsteikirche geholt, die gerade renoviert wurde. Sie stammen aus dem Jahr 1884 und zeigen die Stationen von der Geburt bis zur Kreuzigung Christis und links außen die Krönung Mariens.
Wenn man sich dem Altar nähert, fällt der nächste Blick auf die Strahlenkranz Madonna, die im Mittelschiff hängt und 2seitig identisch geschnitzt ist. Sie ist eine Replik der um 1500 entstanden Strahlenkranzmadonna, heute beheimatet im Erzbischöflichen Diözesanmuseum in Paderborn. Rechts und links vom Chor befinden sich 2 holzgeschnitzte neugotische Altäre. Links der Kreuzaltar von 1884, in den u.a. der Kopf und Oberkörper einer Christusfigur des 13./14. Jahrhunderts eingearbeitet wurde. Früher stand der Marienaltar an dieser Stelle. Nun ist er auf die rechte Seite umgezogen. Er ist datiert auf das Jahr 1884. Das Bild in der Mitte, die Rosenkranzmadonna auch Ittenbachmadonna genannt, ist 9 Jahre älter. Unten im Altar befindet sich der Reliquienschrein der hl. Perpetua und Felicitas, der auf 1100 geschätzt wird
Erstaunlicher Weise befindet sich die neue Orgel im vorderen Teil der Kirche, links neben dem Kreuzaltar, auch sie ist neueren Datums und sieht irgendwie merkwürdig aus.
Im hinteren Teil der Kirche befindet sich die Sakramentskapelle. Ich war nicht die einzige Besucherin der Kirche, hier saßen einige Leute sehr andächtig vor dem Ostensorium oder Sakramentshaus mit dem "Schweißtuch der Veronika", das von 1460 ist und früher der Aufbewahrung des Allerheiligsten diente. Der Tabernakel hat es aber abgelöst.
Zur Geschichte:
Die Propsteikirche St. Peter und Paul ist die älteste Kirche in Bochum, denn ihre Wurzeln reichen bis ins Jahr 800 zurück auch wenn sie heute der Propsteikirche in Bochum-Wattenscheid sehr ähnelt, die erst Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet wurde aber ihre Wurzeln ebenso im 9. Jahrhundert hat. Da Wattenscheid bis 1975 aber selbständig war, war diese Kirche lange Zeit mit Abstand die älteste in Bochum.
Zwischen dem heutigem Nordring und der unteren Marktstraße ließ Karl der Große hier einen Reichshof anlegen. Daneben wurde eine hölzerne Missionskapelle errichtet, die dem hl. Petrus geweiht war. Im 11. Jahrhundert wurde sie neu errichtet, dieses mal nicht aus Holz, sondern aus Stein als Saalkirche. Der romanische Taufstein aus dieser Zeit steht auch heute noch in einem Seitenflügel der Kirche. Am 25. April 1517 zerstörte ein Stadtbrand die ganz Stadt und auch diese Kirche, nur der Chor überlebte der dann 1547 in die neu erbaute, spätgotischen Hallenkirche eingefügt wurde. Nun hatte die Kirche einen 68 Meter hohen Wehrturm, der auch heute noch als Wahrzeichen Bochums gilt. Diese neue Kirche bekam dann auch einen zweiten Patron, Paulus. Von da an hieß sie St. Peter und Paul und wurde 1888 zur Propstei-Kirche erhoben. Nach der Reformation bis zum Bau der ersten evangelischen Kirche in Bochum 1659, wurde sie von beiden Konfessionen genutzt.
Im 2. Weltkrieg wurde sie sehr schwer durch Bombenangriffe beschädigt. 1948 begann man mit dem Wiederaufbau, der 11 Jahre dauerte. Hierbei entstand eine dreischiffige Hallenkirche im Stil der westfälischen Gotik. 2 Kapellen wurden nun auch angebaut.[verkleinern]