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Ausgezeichnete Bewertung
Zwei Männer und Jahrhunderte und dennoch völlig unterschiedliche Sichtweisen auf die Frage auf die Auslegung des damals hoch angesehenen Buches - des "Hexenhammers". Zum einen der vorhin vorgestellte Hermann Cothmann Cothmann (* 1629 in Lemgo -1683 ebd.) als ein Befürworter der dort aufgestellten Thesen und andererseits dieser Gelehrter - Johann Weyer (1515/1516-1588) der dem ganzen kritisch gegenüber stand. Gemeinsam ist ihnen, dass sie beide aus vermögenden Patrizierkreisen stammen und... weiterlesen
studiert, sowie die eigenen Erfahrungen mit sog. "Hexenprozessen" haben und da hört es schon auf!
Wie das letzte Woche beschriebene Arthur-Schloßmann-Denkmal habe ich auf dieses auf der Moorenstraße am Eingang zu den Unikliniken entdeckt. Es hat meine Neugierde geweckt, weil die Darstellung einem sehr dramatisch erscheint und außer dem Verweis auf den besagten Arzt und seine Lebenszeit und dass er Gegner der Hexenprozesse gewesen ist, keine weitere Hinweise liefert. Das zu ergründen ist eine Aufgebe, die für die nächste "Geschichtsstunde" angemessen erscheint ;-).
Die Grundlage für solche Verfolgungen, die an vielen Orten stattgefunden haben, war der sog. "Hexenhammer", der nach der Sichtart des Heinrich Institoris, eigtl. Heinrich Krämer (um 1430 bis 1505) alle Frauen unter "Generalverdacht" durch ihren "schwachen Geist" besonders für die Versuchungen der Teufel empfänglich zu sein. Die Männer hingegen wurden als Magier angesehen, weil sie (angeblich) Dämonen heraufbeschwören konnten, die einen gewissen "Kenntnisstand" voraussetzen. Ihnen wurde das zugetraut, sowie sich diese "Kreaturen" untertan werden zu lassen.
In der frühen Neuzeit war das Leugnen von bösen Möchten genau so schlimm angesehen, wie mit ihnen verbunden zu sein. Wie ich zuvor geschrieben habe, sobald ein Mensch unter Verdacht geriet etwas damit zu tun zu haben, war sein Leben verwirkt und eine Todesstrafe mehr als wahrscheinlich! Wie stand aber Dr. Johann Weyer zu dem ganzen? Es ist wirklich eine inetressante Frage, denn durch seine Bildung war er der erste Mensch überhaupt, der das ganze Hinterfragt hatte und die Richtigkeit des vorhin erwähnten Hexenhammers in Frage gestellt hatte. Doch, wie gewohnt alles der Reihe nach!
Akademische Bildung war im 16. Jahrhundert fast nur jenen möglich gewesen, die über die nötigen Mittel verfügt hatten. Das kann man bei der Familie von Johann Weyer schon behaupten. Er stammte aus einer Kaufmannsfamilie, die durch den Großhandel mit Kohlen, Schiefer und Hopfen zu einen gewissen Vermögen gekommen ist. Johann und seine beiden Brüder Matthias und Arnold genossen eine privilegierte Stellung, bei der die "standesgemäße" Bildung eine hervorragende Stellung besessen hatte. Bei ihm war es eine Lateinschule und später ohne die Ausbildung bei Heinrich Cornelius, genannt Agrippa von Nettesheim (1486-1535), Philosoph, Theologe und Arzt wäre vielleicht vieles anders verlaufen.
Agrippa sollte zeitlebens Weyers geistiger Mentor und Vorbild sein. Der Universalgelehrte der Renaissancezeit war ebenfalls ein streitbarer Geist, der ihn zwar 2 Jahre in Bonn gelehrt hatte, doch um so mehr in der Weltanschauung prägte, als jemand sonst. Es war eine Zeit, die eine klare Positionierung bedurfte, doch Agrippa mit seiner Überzeugung sich (etliche male) nur Feinde gemacht hatte, die ihn zu einem "Getriebenen" werden ließ, wie seine Vita es beweist! Um es so kurz wie möglich fassen zu können, möchte ich auf: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/A/Seiten/AgrippavonNettesheim.aspx verweisen! Jedenfalls bereits er hat an der Richtigkeit bestimmter Punkte im "Maleus Maleficarum"- wie der Hexenhammer eigentlich hieß, gezweifelt und sie auch in Buchform herausgebracht. Das brachte ihm reichlich Ärger ein, denn das stand im krassen Gegensatz zu der Lehrmeinung der (katholischen) Kirche, die ihn zwang diese Vorwürfe entweder zu entkräften oder zurück zu nehmen. Mächtige Feinde hat sich Agrippa da gemacht, sogar den englischen König Heinrich VIII., als er sich dorthin verzogen hatte, das am Rande erwähnt. Ab einem gewissen Zeitpunkt galt er selbst als "Häretiker" (Ketzer), weil er offen den Bischof von Metz kritisiert hatte und allein dies als Grund ausreichen würde, ihn als einen "Irregeleiteten" dauerhaft "Brandmarken".
Hinzu kommt auch noch das "neue" Gedankengut der Reformation, das auch auf ihn eine Faszination ausgeübt hatte und dadurch, dass es ein "heiß-diskutiertes" Thema gewesen ist, auch zu seinem geworden. Es war eine Zeit des Umbruchs, die verstärkt dazu führte, dass es verstärkt zu Hexenprozessen gekommen ist. Da sind wir erneut an der richtigen Stelle!
Für einen ausgebildeten Theologen, wie Agrippa es war, erkannte bei einer solchen Verhandlung in Metz, dass ein solcher Prozess voller Formfehler gewesen ist und Leberflecken / Muttermale kein BEWEIS für ein TEUFELSBUND sind! Darüber hinaus, so seine Meinung, sei die Folter kein zulässiges Instrument, um Geständnisse zu erpressen! Übrigens den "Hexenhammer" hätte er am liebsten "abgeschafft", was leider nicht eingetroffen ist. Dieser wurde noch weitere Jahrhunderte später, als "Nachschlagewerk" verwendet, wie ich es einst auf Schloss Wewelsburg festgestellt habe! Das waren die erwähnten Gründe, warum er das "Weite" suchen musste und ab ca. 1518 das weitere Leben fast durchgehend bestimmen sollte!
In dem Kontext verwundert es nicht, dass Johann Weyer die Ansichten mit seinem Mentor teilte! Erneut auf der Flucht hat Agrippa einen solchen Prozess gestört (in Antwerpen) nur wenige Monate bevor er in Köln / Bonn seine Stelle aufgenommen hatte. Die Ablehnung vom "Zauberglauben" ist ab da den beiden Männern gemeinsam. Diese Gedanken sollten den Boden liefern für die humanistischen Werte, die Weyer in späterer Zeit zu einem Buch formuliert hatte. Nach der kurzen Episode trennten sich dann die Wege, denn um Medizin zu studieren, ging Johann nach Paris. Die Ausbildung war so erfolgreich, dass er bereits wenige Jahre später Leibarzt des damaligen französischen Königs (Franz I. * 12. September 1494 auf der Burg Cognac; - 31. März 1547 in Rambouillet) geworden ist. Ab etwa 1536/38 war er zwischen Paris und Orléans unterwegs, immer dort wo er gebraucht wurde.
Das mit seinen Titeln scheint auch so eine Art "Gaunerstück" zu sein, denn nach eigenen Angaben soll er diesen in Orléans erhalten haben, wo es zu dem Zeitpunkt gar keine Uni existiert haben. Das gleiche gilt für seine (angeblichen) Forschungsreisen nach Afrika und in den Orient, die höchstens nun in seiner Phantasie stattgefunden haben! Da in der zeit solche Angaben nicht überprüft werden konnten, ist es nur eine Randnotiz in seiner Vita, die höchstens auf einen zielstrebigen Menschen hinweist und nicht einen "Gauner" im heutigem Sinne. Das zeugt aus meiner Sicht eher von geistiger Raffinesse, die für ihn spricht!
Als Stadtarzt hat er sich dann ab 1545 in Arnheim einen Namen gemacht. Zuvor war insgesamt 9 Jahre in seiner Brabantischen heimat tätig, bevor er diesen Posten erhalten hatte. Es war eine verantwortungsvolle Aufgabe im Auftrag des Kaisers Karls V. (Regierungszeit 1519-1556), bei der er als als "Gutachter" in verschiedenen (Hexen)Prozessen gewesen ist. In solchen Fällen wurde ein Teil seines Verdienstes zusätzlich von der Stadtkasse in Arnheim getragen, wie man es in den Rechnungsbüchern der Zeit bestens nachvollzogen werden kann.
Ab etwa 1548 ist ebenfalls belegt, dass wie sein Lehrer Agrippa auch er sich als Verteidiger der angeklagten Frauen hervorgetan hatte! Das hatte mehrmals zu folge, dass sie dadurch vor dem qualvollem Feuertod gerettet werden konnten! Diese Realität, vor die er gestellt wurde, die bisweilen gegen einen solchen Helfer verwendet wurde! Zum Glück ist dies beim Weyer nie geschehen. So ein Verhalten zeugt von Mut und Entschlusskraft sich gegen das zu setzen, was als allgemeingültig gegeben galt!
Indes ist sein humanistisches Wirken nicht unbemerkt geblieben: weit über die Region hinaus verbreitete sich sein Ruf am Niederrhein, sogar bis zum Herzog Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg (Geboren: 28. Juli 1516, Düsseldorf - 5. Januar 1592 ebenda, * einigen als Schwiegervater von Jacobe von Baden bekannt*) gekommen ist! Das ganze erfolgte auf Empfehlung des herzoglichen Beraters Konrad Heresbach im Jahre 1550.
Mit der gesamten Familie ging es dann nach Düsseldorf. Von den 6 Kindern sollten 2 Söhne Dietrich und Galenus ebenfalls eine besondere Stellung in der Gesellschaft haben: der erste wurde Jurist, der es sogar zum Gouverneur von Kaiserslautern in der Pfalz werden. Der andere sollte ihm als Leibarzt in Düsseldorf folgen! Das macht seine Stellung auf dem Hofe mehr als erkennbar!
Diese hat er aber dazu genutzt, auf die Probleme hinzuweisen, die er in seinem Hauptwerk „De praestigiis daemonum" als ein Gegenwerk zum Hexenhemmer gilt! In dem versuchte er in den Jahren 1562/1563 als "gottlos und falsch" zu diskreditieren! Seine fundierten Argumente stammen nicht nur aus seinem Fachgebiet der Medizin, sondern auch aus dem was er selbst erlebt hatte. Da sind ihm seine Kenntnisse der Theologie und der Rechtsprechung zu gute gekommen.
Vieles, das was man für "Besessenheit" hielt, war seiner Auffassung nach, eher als eine Krankheit des Gemütes anzusehen und kein "Teufelswerk", wie man es häufig ausgelegt hatte. Mit solchen Anschuldigungen würde er ohne seine Position (quasi als Berater auch in politischen Fragen) bald selbst, wie sein Lehrer auch, zu einem Spielball werden, bei dem er weder auf Gnade, noch Milde hoffen könnte und sich selbst auf der Flucht befinden!
Das was folgte ist relativ "mild" im Vergleich dazu: das Werk wurde weitgehend verbannt und durch die Kirche auf den Index gesetzt. Diese Tatsache machte es um so beliebter, sodass es bereits 1567 ins deutsche übersetzt und großzügig vervielfältigt wurde! Deren Auflage, kaum gedruckt war mehrmals binnen kürzester Zeit jeweils schnell vergriffen! Das hat Weyer 1577 dazu veranlasst eine Kurzfassung mit dem Titel „De lamiis" zu verfassen.
In einer so bewegten Zeit stellt sich schnell die Frage nach der konfessionellen Zugehörigkeit, die auch mich interessiert hatte. Dadurch, dass das Herzogtum Jülich-Kleve-Berg, sowie auch Wilhelm V. sich nicht für eine von ihnen entscheiden konnte, sondern mehrmals hin und her wechselte, sowie der Tatsache, dass es als sehr tolerant diesbezüglich galt, ist alles möglich! Es gibt keine verbürgten Unterlagen dazu, die mit Sicherheit bezeugen könnten, ob es zutreffend ist, dass alle Familienmitglieder zum "Calvinismus" konvertiert sind. Das gilt ebenfalls im allgemeinem Sinne, wenn man es auf seine gesamte Religiosität!
Im Düsseldorfer Stadtteil Gerresheim, sollte es noch am 19.8.1738 das letzte mal "Hexen" brennen - Helene Mechildis Curtens und Agnes Olmanns und doch haben die Bücher dazu beigetragen, dass sich die Sichtweise auf das ganze geändert hatte! Das sind in etwa 150 Jahre nach seinem Tod am 24.2.1588 in Kleve. Trotz, dass er bereits ein Jahrzehnt zuvor vom medizinischen Dienst frei gestellt worden war, hat es weiterhin begleitet und beschäftigt!
Durch fundierte Untersuchungen konnte er Hinweise liefern, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass einige Krankheiten als solche anerkannt worden sind und nicht mehr als ein Grund für "Hexentum" herangezogen werden sollten. Ob und wie das in die Tat umgesetzt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis! Das gleiche gilt auch für die Tafel, den eigentlichen Grund für diese Bewertung. Trotz aller Bemühungen konnte ich keine Hinweise darüber finden, wieso ausgerechnet der Eingang zur Uniklinik gewählt wurde uns kein anderer, an dem es angebracht wurde! Es ist schon denkbar, dass es etwas mit seiner Tätigkeit als Arzt in der heutigen Altstadt zu tin haben könnte, doch man hat sich für diese entschieden...
Nun, auch was die gesamte Darstellung betrifft, bleibt es (vielleicht für immer) ein Rätsel... Wie man es auf den Fotos sehen kann, gibt es keinem (jedenfalls sichtbaren) Verweis auf den Künstler und die Gießerei, die es gefertigt hatte! Wenn sich selbst in meinem (sonst so treuer) "Hinweisgeber" keinen Eintrag gefunden habe, dann erübrigt sich für mich jede weitere Suche!
Schade finde ich auch, dass es an einer so unscheinbaren Stelle angebracht worden ist. Vieles kann man als "künstlerische Freiheit" auslegen, doch die beiden Personen sehen für mich eher, wie Karikaturen aus. Irgendwie wenig angemessen, für einen Mann, wie Johann Weyer es gewesen ist und der Bedeutung, die die neueste Forschung ihm beimisst. Man sieht zwar, dass er (gehe ich jedenfalls davon aus) eine Frau aus dem Scheiterhaufen befreit, das auf der Seite zu lodern beginnt, das stellvertretend für sein Engagement ausgelegt werden kann, doch es ist nicht nachvollziehbar warum er nur einen Lendenschurz "verpasst" bekommt.
Moderne Kunst versteht man meistens erst dann, wenn man die Intention des Künstlers, der dahinter steckt, nachvollziehen kann. Das ist leider nicht möglich! Wie man es merkt, tue ich mich mit der Darstellung reichlich schwer, weil zu viel unklar oder verschwommen erscheint. Anbetracht aller Vor- und Nachteile, die hier mir einfallen, erscheint mir ein neutrales OK angemessen, was ich an der Stelle auch geben möchte![verkleinern]