Kurzinfo: Sehr sehenswerte Kirche mit schönen Fresken und Kirchenfenstern; im Inneren Gedenkstätte für mittelalterliche und neuzeitliche Judenpogrome.
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Aus der Ferne betrachtet - man sehe mir nach, dass ich dieses Motiv nicht gebannt habe - erweckt diese Kirche den Eindruck, als sitze eine brütende Henne schützend auf ihren Eiern. Der Vergleich mutet etwas merkwürdig an, ist aber durchaus treffend. Wenn man diesen wuchtigen Kirchenbau betrachtet, erinnert das auch an "... weiterlesen
ein feste Burg ist unser Gott". Die Größe der Kirche ist dem Umstand zu verdanken, dass der mecklenburgische Fürst Heinrich der Löwe um 1310 Sternberg zur Residenz wählte.
Als wir das erste Mal daran vorbei kamen, war das Tor schon verschlossen und so umrundeten wir die Henne auf dem Bersporn über dem Sternberger See. Da entdeckten wit etwas sehr Mysteriöses.
Abends bei unseren Gastgebern kam das Gespräch auf die Kirche. Sie freuten sich über mein Interesse und holten einen bebilderten Buchband an den Tisch. Nun konnte ich mir ein erstes Bild von dem wunderschön ausgeschmückten Inneren machen und erfuhr, was es mit dem Mysterium und der Legende darum auf sich hatte.
Am übernächsten Tag war es endlich so weit. Schon vor der regulären Öffnungszeit am Morgen stand das Tor offen, denn die fleißigen Frauen der Kirchengemeinde schmückten die Kirche gerade mit reichem Blumenschmuck zum bevorstehenden Erntedankfest. Ich wurde sogar freundlich begrüsst und hereingebeten.
Fast schon ehrfürchtig drehte ich meine Runde durch die in der Zeit um 1310 - 1320 im spätgotischen Stil errichtete chorlose westfälische Hallenkirche .
Mehrfach wurde die Kirche von Stadtbränden betroffen. Im Jahre 1895 erhielt sie ihr heutiges Aussehen. Die Winterkirche und die Taufkapelle wurden gegen 1500 angebaut. Die massiven Mauern beherbergen ein wunderschön ausgeschmücktes und gestaltetes Inneres.Das Besondere sind die herrlichen Fresken .
Auf das erste Fresko trifft man bereits, wenn man das Bauwerk durch die Turmhalle betritt in dieser. Es stellt die Einführung der Reformation in Mecklenburg am 20. Juni 1549 dar. Seit 1931 hat diese Kirche übrigens den Titel Reformationsgedächtniskirche.
Das Fresko zeigt die Landtagsverhandlung an der Sagsdorfer Brücke nahe Sternberg.
Rechts gelangt man in die sog. Winterkirche . Betrachtenswert ist hier der St. Georgsaltar. Neben dem drachentötenden Georg werden hier 10 weitere Heilige gezeigt.
Betritt man die Kirche von der Turmhalle aus, so fällt der Blick gerade aus auf den Kreuzaltar von 1895 des Doberaner Bildhauers Kasch. Der Altar wurde im Stil der Frühgotik geschaffen. Er zeigt alttestamentarische Figuren.
Die Ostwand von Fresken aus dem Mittelalter um 1350 geschmückt, die Pfeiler mit Wappen von 15 Sternberger bürgerlichen Familien.
Im Bereich des Nordschiffes entdeckt man das Weltgericht und am Südschiff ist die Kreuzigung Jesu dargestellt.
Prunkstücke sind die farbigen Chorfenster von 1895 an der Ostseite der Kirche, welche die hohen kirchlichen Feste darstellen. das farbige Licht schafft eine wundervoll warme Atmosphäre.
An der Südwand schließt sich das Reformationsfenster mit Martin Luther an.
Auf der gegenüberliegenden Seite über den Chorgestühl bei dem Durchgang zur Sakristei findet man ein weiteres Fresko, welches mit Johannes dem Täufer als über Moses, David und Abraham stehende Gestalt den Übergang vom Alten zum Neuen Testament zeigt.
Wendet man sich vor dem Altarraum stehend zum Nordturm, von dem man gekommen ist, so fällt der Blick auf die wunderschöne Walckerorgel. von 1895. Die von der Fa. Walcker in Ludwigsburg als Opus 744 gefertigte Orgel mit 21 Registern war eine der ersten von drei Hochstimmorgeln. Eine weitere kam in die Kapelle des Petersdoms zu Rom.
Unterhalb der Orgelempore findet sich auch der Aufgang zum Kirchturm.
Hinter dem Windfang des Südportals führt eine kleine Treppe zur Taufkapelle, der einstigen Heiligsblutskapelle.
Sie dient zugleich als Gedenkstätte der mittelalterlichen und neuzeitlichen Judenpogrome in Sternberg.
Die Besichtigung ist kostenlos.Auch eine Fotogebühr muss man nicht entrichten. Es versteht sich von selbst, dass nur ohne Blitz fotografiert werden darf.
Eine Besichtigung ist sehr zu empfehlen.
Habe ich etwas vergessen?
Das Mysterium ? Ach ja , das Mysterium.
Hast du schon das Foto mit den Fußabdrücken im Granitstein entdeckt? Dieser Stein ist neben dem Südportal in die Mauer eingelassen. Er wurde im Jahre 1496 dort eingemauert. Aber wie kommen die Fußabdrücke dort hin?
Folgende Legende der "Sternberger Hostienschändung" , die ich mir von unseren Gastgebern erzählen lies, rankt sich um diesen Stein mit den Fußabdrücken:
Der Vikar Peter Däne soll im Jahre 1492 Schulden bei dem Sternberger Juden Eleasar gehabt haben - so jedenfalls judenfeindliche Schriften um 1500 - und ihm deshalb zwei geweihte Hostien verschafft haben. Diese sollen während einer Hochzeit von fünf Juden auf der in der Kapelle erhaltenen Tischplatte mit Nadeln zerstochen worden sein, worauf hin aus ihnen Blut ausgetreten sei. Daraufhin habe die Frau Eleasars vergeblich versucht, diese im Waschbach zu versenken. Dabei sei sie in dem Stein eingesunken.
Peter Däne vergrub sie dann auf dem Gelände des alten Fürstenhofes - dem heutigen Gelände des Heimatmuseums in der Nähe der Kirche.
Tatsächlich wurde der Vikar Peter Däne gefoltert. Er belastete 65 Bewohner Sternbergs, die dem jüdischen Glauben angehörten. Diese wurden daraufhin ebenfalls der Folter unterzogen und gestanden alles, was man von ihnen hören wollte. 25 Männer und 2 Frauen wurden vor der Stadt auf dem Judenberg verbrannt. Peter Däne erlitt den Feuertot im darauf folgenden Jahr in Rostock.
Daraufhin folgte ein Pogrom des Ausmaßes, dass sämtliche Bewohner jüdischen Glaubens aus Mecklenburg verbannt wurden.
Damit war so mancher seine schulden los und nicht nur die Bewohner Sternbergs erlangten Wohlstand, denn Sternberg wurde auch bis zur Reformation ein wohlhabender Wallfahrtsort. Die Kapelle und die heutige Winterkirche wurden zu diesem Zweck errichtet.
Wenn man die mittleren Zahlen der Jahreszahl 1492 tauscht, erlangt man die Jahreszahl 1942.
Geschichte wiederholte sich auf tragische Weise.[verkleinern]