„Ob die wirklich von da wechkommen, aus Thailand?“
Unbemerkt war ein älterer Herr (also noch älter als ich... ;o) an mich herangetreten, um mir in ruhrpotttypischer Distanzlosigkeit eine Frage zu stellen, deren Dringlichkeit sich einem Außenstehenden nur schwer erschließen konnte. Ich selbst war zuvor darin vertieft gewesen, mir im Schaufenster die Infos der neuen Thai-Massage „Paveena“ anzusehen. Noch vor kurzem war in diesen Räumlichkeiten eine fast identische Behandlung angeboten worden,... weiterlesen
allerdings unter dem Namen „Kulab“.
„Na ja, wo Thai draufsteht, ist wohl auch Thai drin, denke ich.“
Ich gönnte meinem eigenen Bonmot ein Schmunzeln, doch der Mann blickte weiterhin ernst und rümpfte die Nase.
„Ich mag datt ja nich, datt iss mir zu pikant.“
„Also pikant, das glaube ich eher nicht. Ich halte das für ein ganz seriöses Angebot.“
„Nee, nee. Ich kenn datt. Datt iss ziemlich schaf.“
Der Mann zog die Stirn in Falten.
„Bei mir kommt dann da untenrum alles in Wallung. Wenn Se verstehn, watt ich meine ...“
Der alteingesessene Ruhrpottbewohner bringt die Dinge gerne auf den Punkt, ein durchaus sympathischer Zug von ihm, wie ich finde. Doch in diesem Fall nahm das Gespräch für mich eine unschöne, weil viel zu intime Wendung. Ich beschloss, unseren Dialog zu beenden. Doch während ich noch über eine gelungene Schlusspointe nachdachte, setzte mein Gesprächspartner noch Einen drauf.
„Die machen einfach zu viel Kammazuttra dabei, datt schlägt bei mir voll durch.“
Ich stutzte. Wieso sollte die indische Liebeslehre bei der Thai-Massage eine Rolle spielen? Redeten wir wirklich über ein- und dieselbe Sache?
„Vielleicht liecht´s ja auch am Tschilli ?“
Der Mann sah mich fragend an, ich atmete erleichtert auf.
„Sie meinen wahrscheinlich gar nicht Kamasutra, sondern Kurkuma“, erwiderte ich schmunzelnd.
„Kummakumma, genau. Sach ich doch.“
Als pädagogisch verbildeter Mensch war ich nun bemüht, meinem Gegenüber eine kleine Hilfestellung zu geben, damit er von selbst auf die richtige Lösung käme.
„Also, was steht denn hier: Thaimassage und Wellness. Wenn Sie diesen Raum betreten, bestellen Sie zwar auch ein Menü a la carte, aber dann ziehen Sie sich aus und lassen sich verwöhnen. So sieht´s aus.“
Der alte Herr sah mich aus großen Augen ungläubig an. Seine Stimme bebte.
„Boah, watt en Schweinkram! Nackig am Tisch. Da würd mir ja der Appetit vergehn!“
Ich schüttelte heftig mit dem Kopf.
„Nein, nein, Sie irren sich! Das ist kein Restaurant. Warten Sie doch mal ...“
Der alte Mann hörte mir schon längst nicht mehr zu, schimpfend war er vondannen geschlurft.
Ich fühlte mich plötzlich furchtbar müde und lehnte mich an die Eingangstür der Massagepraxis. Für einen kurzen Moment nichts mehr denken, nichts tun, nur noch ausruhen. Da wurde die Tür von innen geöffnet und eine sanfte Stimme fragte mich, ob ich nicht eintreten wolle. Spontan beschloss ich, mir eine Massage zu gönnen: Eine Aromaölbehandlung für 42,- € die Stunde ...
Definitiv waren nicht mehr die Damen im alten Gewande (vormals "Kulab") aktiv, sondern ein neues Team. Ich wurde freundlich empfangen und durfte schon nach kurzer Zeit auf der Liege Platz nehmen. Die wurde von unten beheizt, für den Rücken sicherlich ein Gewinn, aber eher was für die kalten Tage, denke ich. Die Berührung und der Druck der Masseurin waren okay, die Techniken der Massage im Ganzen allerdings doch etwas eingeschränkt. Die Vorgängerin im „Kulab“ hatte in dieser Hinsicht vielseitiger und besser ausgebildet gewirkt.
Den Hinweis, meine Maske abnehmen zu dürfen, ignorierte ich. Der Gesichts-Ausschnitt in der Liege sah nicht so aus, als ob man ihn gut mal eben so desinfizieren könnte ...
Das eigentliche Manko der Praxis ist aber weiterhin die Hellhörigkeit im Behandlungsraum. Abtrennungen nur durch Vorhänge, Telefonklingeln, Gespräche. Tja, und dann leider noch ein fetter Minuspunkt zusätzlich: Wie gelernt, weiß ein klassischer Masseur, dass man so viel Kontakt wie möglich hält. Sprich: Die Hände so selten wie möglich absetzen, damit der Patient sich geborgen und gewertschätzt fühlt und in einen entspannenden Flow gerät.
In meinem Falle passierte Folgendes: Die Masseurin verlor nicht nur desöfteren den Kontakt, sie verließ sage und schreibe vier Mal den Raum! Zum Telefonieren, Gast-begrüßen, etc. Für eine ordentliche und gute Massage ein absolutes No-go!
Sicherlich sind die Preise der Thai-Massagen mit die günstigsten am Markt. Und die Masseurinnen verdienen bestimmt nicht übermäßig gut. Wer unter diesem Aspekt mit der Behandlung zufrieden ist und nicht mehr erwartet hat, darf es auch sein. Von mir gibt es allerdings – trotz der freundlichen Art und dem Bemühen der Masseurin – zurzeit nur zwei Sterne. Aber was ja nicht ist, kann ja noch werden ... ;o)[verkleinern]