Der Annentag in Brakel meiner Geburts- und Heimatstadt führt auf eine alte kirchliche Tradition zurück. Im erzkatholischen Brakel, wurde dieses Fest früher zu Ehren der heiligen Mutter Anna gefeiert. Es findet heute an jedem ersten Sonntag im August statt und beginnt den Freitag vor diesem Sonntag und endet am Montag nach diesem Sonntag (2018: 03. bis 06. August).
Die älteste Nachricht über diesen Ehrentag stammt aus dem Jahr 1498. Nach 1755 wurden die vier Märkte der Stadt Brakel, darunter... weiterlesen
auch die Kirchweih zu St. Michael, aufgehoben und auf den Annentag zusammengelegt.
Vor den Toren der Stadt Brakel liegt die Annenkapelle, an der seit Jahrhunderten die Brakel ihre Sorgen und Nöte der heiligen Anna berichten. Noch heute wird an den neun Dienstagen vor Annentag und dem Annentagsonntag zu Ehren der heiligen Mutter Anna an der Annenkapelle ein festlicher Gottesdienst abgehalten.
Die Teilnehmer treffen sich zum Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Michael und marschieren nach der Messe gemeinsam unter Singen und Beten durch die mit Fähnchen geschmückten Straßen zur Annenkapelle vor den Toren der Stadt.
Die Annenkapelle und die Anlagen drumherum, werden von einem Rentnerclub gepflegt. Die Bänke in der Kapelle sind mit selbst genähten Polstern bestückt und für die Bänke und Stühle im Außenbereich (der Platz in der Kapelle reicht nicht aus) sind ebenfalls Polster vorhanden. Bei Regen stehen die Menschen mit Regenschirmen vor der Kapelle.
Am Ende des festlichen Gottesdienstes, verkaufen die Messdiener Bratwürstchen. Die Prozessionen sind immer sehr gut besucht.
Der Annentag in der Innenstadt hat sich im Laufe der Jahre in ein riesiges Volksfest verwandelt. Nach Angaben der Stadt Brakel, waren im letzten Jahr 350.000 Besucher, 16 Fahrgeschäfte und 280 Beschicker und Händler anwesend. Es ist damit die größte Innenstadtkirmes im Weserbergland.
Bus und Bahn hat natürlich zu Annentag einen Sonderfahrplan, damit Menschen aus dem ganzen Kreis Höxter nach Brakel kommen können, um zu feiern.
Kennt man sich in Brakel aus - so wie ich - lohnt sich das Feiern. Zu meiner Jugendzeit gab es noch vier Zelte auf dem Annentag. Mittlerweile sind nur noch zwei Zelte davon über. Zwei sind aus Altersgründen der Betreiber auf der Strecke geblieben.
In den Zelten treten immer Live-Bands oder Discjockeys auf. In dem früheren Bayernzelt (heißt mittlerweile Annenzelt und steht auf dem Kirchplatz vor der St. Michael Pfarrkirche) traten schon berühmte Gruppen wie die Kastelruter Spatzen, Heino und andere Stars auf.
In den anderen Zelten machten Bands aus Nordrhein Westfalen oder junge Bands aus dem Umfeld vom Kreis Höxter Stimmung, in dem sie aktuelle Pop-Musik, Rock-Musik oder ähnliches spielten.
Der Alkohol fließt an den vier Tagen in Strömen. Früher zu meiner Kindheit und Jugend gab es mal hier und da eine Keilerei, die aber meist schnell von alleine zu Ende ging. Heute laufen Polizisten schwer bewaffnet durch die Straßen und sorgen für Ruhe und Ordnung - c'est la vie !
Am Montag ganz früh war immer auf dem "alten Sportplatz" (ein ausgedienter Aschenplatz, wo auch Zirkusse auftraten) der traditionelle Viehmarkt. Hier verkauften die Bauern ihre Pferde, Kühe, Esel, Federvieh, Kartoffeln, Obst und Gemüse.
Das Highlight für mich als kleiner Junge auf dem Annentag, war aber in jedem Jahr der "billige Jacob". Der "billige Jacob" hatte zu Annentag immer Schulsachen dabei. Die Einschulung in Brakel war ja immer erst nach Annentag, so daß er noch Richtung Geschäfte machen konnte. Er hatte damals schon 10 Mark-Tüten, die er füllte mit Füllfederhaltern von Geha oder Pelikan, Ersatzpatronen dazu, Malstifte von Faber-Castell, Zeichenblock DIN A4, linierte und karierte Schulhefte, Bleistifte, Radiergummis, etc.
Die Produkte waren alles Markenartikel, die in den ortsansässigen Geschäften einiges mehr kosteten.
Außer Schulbedarf verkaufte er aber auch Kurzwaren. Ich werde nie vergessen, das er unter dem Dach des Verkaufsanhängers eine riesige Rolle "Schlüpfergummi" hängen hatte. Alle 30-45 Minuten ging eine beleibte Frau draußen vorbei und er rief aus seinem Wagen: "He Mutti, bleib doch mal stehen. Du hast ja eine Figur, Du brauchst bestimmt Schlüpfergummi." Die Dame kam näher, blieb stehen und er zog von der Rolle ab und sagte immer: "ein Meter, zwei Meter - nein Du brauchst drei Meter". Das Gummi zog er dabei immer in die Länge bevor er es abschnitt. Am Ende waren es vielleicht noch zwei Meter, was aber nicht schlimm war, da ich schnell herausbekam, dass diese Damen zu ihm gehörte.
Ich könnte noch viele Anekdoten aus meiner Jugend vom Annentag erzählen, aber wisst Ihr was ? Fahrt doch einfach einmal nach Brakel, wenn Ihr ein Fan von Volksfesten seit und seht es Euch selber an. Es lohnt sich !!![verkleinern]