Ein ausgelatschter Stiefel auf einer sepiafarbenen Werbetafel irgendwo an einer Hauswand in der Habsburgerstraße. Das ist alles, was die Welt von Ronny Fahrenz sieht - wenn überhaupt. Im Hinterhof: nichts zu sehen - stop, da hinten geht es ja um die Ecke noch weiter! Und richtig, unter Bemühung aller Klischees (unverputzte Backsteinmauern, ein paar Sitzmöbel auf dem benachbarten Parkplatz, verdorrte Geranien, gerissener Betonboden) geht hier ein wirklich guter Schuster seinem Leisten nach.... weiterlesen
Kleiner Laden mit minimaler Ausstattung, klassische Pappmarken mit Abrißhälfte für den Kunden und offensichtlich guter Auslastung: Im Nebenraum biegen sich die Regale mit Tretern aller Couleur. Frühmorgens kommen die Abgesandten der bekannten Schuhgeschäfte und lassen HIER ihre Reklamationen und sonstigen kleinen Missgeschicke beheben.
Kein Beruf vieler Worte. Herr Fahrenz ist trotz seiner Herkunft kein typischer Berliner, man erfährt gerade noch, wann die Arbeit fertig sein wird und ist schon wieder draußen.
Aber dann ist sie auch fertig, und zwar einwandfrei! Schuhe, die ich eigentlich schon ausmustern wollte, haben auf einmal VW-Qualität und laufen und laufen und laufen...
Update Mai ‘19:
Ronny schustert immer noch - aber es war knapp. Der Sozialstaat wollte die Mittel zur Betreuung des behinderten Sohnes kürzen. Dann hätte er sich die Tagespflege als alleinerziehender Vater nicht mehr verdienen können. Das wäre das Ende der kleinen Werkstatt gewesen. Der eingeleitete Rechtsstreit drohte zu kippen, aber mit ausreichend Rückhalt aus Medien und Nachbarschaft konnte er sich durchsetzen.
Drum merke: Auch der Beamtenapparat braucht hin und wieder Bodenhaftung...[verkleinern]