Der Kaiserbrunnen steht in Liebenberg (Brandenburg / Landkreis Oberhavel / ca. 30 km nördlich von Berlin) auf dem Platz zwischen Schloss, Inspektorenhaus und Kirche.
Er stammt aus der monarchistisch-adeligen Zeit von vor über 120 Jahren.
Warum Kaiserbrunnen?
Weil er ein Geschenk des letzten Königs v. Preußen und Deutschen Kaisers Wilhelm II. für den damaligen Herrn auf Liebenberg, Graf Philipp zu Eulenburg war.
Und wie kam der Graf zu der kaiserlich-königlichen Ehre?
Seit 1886 waren... weiterlesen
der preußische Kronprinz Wilhelm (1859-1941 im niederländischen Exil / von 1888-1918 abgedankt als Wilhelm II. König v. Preußen und Deutscher Kaiser) und Philipp Graf zu Eulenburg (1847-1921 / seit 1867 auch Freiherr von und zu Hertefeld / ab 1900 Fürst zu Eulenburg und Hertefeld sowie Graf v. Sandels) eng befreundet – Historiker nennen die Freundschaft homoerotisch angehaucht.
Auch nach der Thronbesteigung Wilhelms blieb die Freundschaft bestehen. Wilhelm war häufig Gast bei Philipp in Liebenberg, nahm dort an Jagden und am „Liebenberger Kreis“, der den Ruf eines Schwulentreffs hatte, teil. Philipp begleitete den Kaiser auf dessen Reisen (z.B. den legendären Nordlandfahrten mit der Yacht „Hohenzollern“).
1900 erhob Wilhelm seinen Intimus in den Fürstenstand.
Das Ende der Freundschaft begann ab 1899. Obwohl Philipp seit 1875 mit der schwedischen Gräfin Augusta v. Sandels (1853-1941) verheiratet war und das Paar 8 Kinder hatte, war Philipp homosexuell und hatte zahlreiche (männliche) Liebschaften, ua. mit dem späteren Berliner Stadtkommandanten Kuno Graf v. Moltke (1847-1923).
Im kaiserlichen Deutschland war Homosexualität eine Straftat. Es kam durch den Journalisten Maximilian Harden (1861-1927) von 1906-1909 zur sogenannten „Harden-Eulenburg-Affäre“, einer medialen und gerichtlichen Schlammschlacht um den homosexuellen „Liebenberger Kreis“. Es gab mehrere Prozesse mit Entlassungen, Rücktritten und Verurteilungen Beschuldigter.
Durch seine Teilnahme am Liebenberger Kreis und seine Freundschaft zu Philipp geriet auch Wilhelm II. in den Fokus.
Die Affäre entwickelte sich zu einer handfesten Staatskrise, der auch der damalige Reichskanzler Fürst Bernhard v. Bülow (1849-1929 / Reichskanzler 1900-1909 Rücktritt) zum Opfer fiel.
Wilhelm II. wurde politisch bloßgestellt, fühlte sich verunglimpft und persönlich enttäuscht.
Philipp fiel in Ungnade. Es wurden Prozesse gegen ihn begonnen und Haftbefehle erlassen, die aber gegen Kautionszahlungen und wegen des schlechten Gesundheitszustands des Fürsten nicht vollstreckt werden konnten. Die Hauptverhandlung gegen Philipp zu Eulenburg wurde bis zum Ende der Monarchie nicht abgeschlossen.
Der Fürst lebte schwer krank ab 1909 zurückgezogen und von den einstigen Freunden wie ein Aussätziger gemieden zurückgezogen in Liebenberg. Der Kaiser hatte seine Liebenberger Besuche 1906 eingestellt.
Die letzte Ruhestätte von Fürst Philipp befindet sich im Eulenburg’schen Familienmausoleum auf dem Neuen Friedhof Liebenberg.
Der „Kaiserbrunnen“ stammt noch aus der Zeit als Wilhelm und Philipp dicke Freunde waren.
Der Kaiser stiftete den Brunnen 1895. Der Brunnen mit dem kleinen runden Brunnenhaus ist aus schlesischem Sandstein und ist ca. 5 m hoch. Das Kupferdach wird getragen von 3 verzierten Säulen. Das Dach war ursprünglich mit einen Reichsadler und dem Wappenschild der Eulenburgs verziert.
Die 3teilige Umfassung des Brunnenschachts trägt entgegen des Uhrzeigersinns die Inschriften:
„Kaiser Wilhelm II. stiftete diesen Brunnen / im Jahr 1895 / zur Erinnerung an seine alljährlichen Besuche im Liebenberg.“
Der Brunnen im Stil eines mittelalterlichen Marktbrunnens mit seinem bis zur Grundwasserschicht reichenden gemauertem Brunnenschacht war nicht nur Dekoration, sondern diente der Notwasserversorgung von Schloss & Gut Liebenberg.
Das Ende des alten Brunnens kam 1950. Die DDR hatte es nicht so mit Kaiserdevotionalien. Also riss man den Brunnen ab und kippte die Trümmer in den Brunnenschaft. Das Kupferdach mit Adler und Wappen fand als Sekundärrohstoff Verwendung in der Volkswirtschaft der DDR und wurde eingeschmolzen.
Erst 2003 wurde der Brunnenschacht bis in eine Tiefe von 16 m wieder freigelegt. Neben Originalteilen des Brunnens wurde auch Teile des Eingangstors zum Guts-/Schlossgelände sowie Stücke aus der Eulenburg’schen Jagdtrophäensammlung im Schacht gefunden.
Ab 2007 wurde der Kaiserbrunnen unter Verwendung der aufgefundenen Originalteile rekonstruiert. Auf den Adler mit dem Eulenburg’schen Wappen wurde allerdings verzichtet.
Fazit: Durch den wiedererrichteten Kaiserbrunnen hat der Schlossplatz sein romantisches Aussehen vom Ende des 19. Jahrhunderts wiedererlangt.[verkleinern]