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Neueste Bewertungen für Reitwein im Bereich Familie & Soziales

  1. Userbewertung: 3 von 5 Sternen

    1414 erhielt das Dorf Reitwein (65 km östlich von Berlin / 13 km südöstlich von Seelow), das Recht auf eine eigene Kirche. Da der örtliche, damals noch katholische Pfarrer ja nicht irgendwo in der Kirche kampieren wollte, wurde gleichzeitig mit der ersten Kirche auch ein Pfarrhaus am Fuß des Höhenzugs „Reitweiner Sporn“ errichtet.

    Mit der Reformation jagten die Reitweiner den katholischen Pfaffen 1540 zum Teufel. Ein evangelischer Hirte der Herde des Herrn übernahm die Kirchengemeinde.
    Im Laufe der nächsten über 450 Jahre gab es an gleicher Stelle noch 4 Pfarrhausneubauten.

    Der heutige Bau wurde 1880 aus roten Backsteinen erbaut. Das recht große Haus zeugt davon, dass die evangelische Kirche Ende des 19. Jahrhunderts in Reitwein unter dem Patronat der örtlichen Gutsbesitzer, der Grafen Finck v. Finckenstein, einen größeren Stellenwert hatte als 100 Jahre später.

    Im Februar 1945 brach, wie über alle anderen Oderbruchdörfer, die Hölle des 2. Weltkriegs über Reitwein herein. Bei den schweren Kämpfen zwischen deutschen und sowjetischen Truppen bei der sowjetischen Offensive auf die Reichshauptstadt Berlin wurde Reitwein zu großen Teilen zerstört. Von der oberhalb des Pfarrhauses gelegenen Stüler-Kirche blieb nur eine Ruine, das Pfarrhaus selbst wurde schwer beschädigt und das Kirchengemeindearchiv vernichtet.

    Nach Kriegsende lag Reitwein in Sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR. Im Zuge der sozialistischen Umgestaltung des Dorfes hätten die neuen sozialistisch-kommunistischen Machthaber es gerne gesehen, wenn die Kirche ganz aus dem Dorf verschwunden wäre.
    In Reitwein gelang das nie. Zwar wurde die Stüler-Kirche nicht wieder aufgebaut und deren Ruine erst nach der Wiedervereinigung gesichert, aber die Kriegsschäden am Pfarrhaus wurden im Laufe der Jahre ausgebessert und das Pfarrhaus blieb Amtssitz des örtlichen Pfarrers.

    Da die zerstörte Kirche für Gottesdienste nicht mehr nutzbar war und ist, wurde im Pfarrhaus ein Andachtsraum eingerichtet. Hier finden nun seit Jahrzehnten die Gottesdienste für die immer kleiner werdende Kirchengemeinde statt.
    1965 endete die 551jährige Geschichte der Reitweiner Pfarre. Der letzte Pfarrer gab aus Altersgründen sein Amt auf und verließ das Pfarrhaus. Die Stelle wurde nicht neubesetzt und Reitwein wurde von anderen Gemeinden betreut. Derzeit ist es die Pfarrstelle Mallnow.

    Die örtlichen SED-Funktionäre wollten das verlassene Pfarrhaus am liebsten verfallen lassen um es dann abzureißen.
    Engagierte Christen aus Reitwein und den umgebenden Dörfern unter Führung des Pfarrers Rieger aus Podelzig widersetzten sich und konnten den DDR-Behörden die Genehmigung zum Aus- und Umbau des Pfarrhauses zu einem christlichen Gemeindezentrum abtrotzen.

    Heute ist das Pfarrhaus Reitwein ein evangelisches Rüstzeitenheim.
    Es wird von Jugendfreizeiten, als Probenraum und für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
    Da das Haus unverputzt ist, sind auch fast 75 Jahre nach Kriegsende immer noch Spuren der Kämpfe von 1945 zu sehen. Überall sind Einschüsse von Infanteriewaffen sowie Granatsplittereinschläge zu erkennen.

    Umgeben ist das Pfarrhaus von dem großen Pfarrgarten. Im 18. Jahrhundert pflanzte der damalige Pfarrer Orth (Pfarrer von 1727-1783) auf Geheiß des preußischen Königs Maulbeerbäume für die Seidenraupenzucht im Pfarrgarten. Wie überall in Preußen scheiterte auch in Reitwein die Seidenraupenzucht und die Maulbeerbäume landeten im Ofen.

    Schroeder Kirchenruine, saniertes Pfarrhaus und Heldengedenkstätte der Roten Armee auf engstem Raum sind schon ein nachdenklich machendes Dreigestirn dort...
    Ein golocal Nutzer Diese Dreigestirne findet man an einigen Orten der ehemaligen "Kampfgebiete" wieder. Vor allen im Oderbruch.

    bestätigt durch Community

    1.
  2. Userbewertung: 3 von 5 Sternen

    Fährt man von der B112 kommend auf Reitwein (östlich von Seelow) zu, grüßt schon von weitem der wiederaufgebaute Turm der Stüler-Kirche Reitwein, leicht oberhalb des Ortes auf dem Westhang des Reitweiner Sporns. Hinter dem ehemaligen Pfarrhaus führt ein Plattenweg hinauf zu dem kleinen Plateau, auf dem die Kirchenruine steht.

    Bereits 1414 befand sich an der Stelle eine Dorfkirche. Da diese kleine Kirche den Gläubigen nicht mehr genug Platz bot, entschloß sich der örtliche Grundbesitzer und Kirchenpatron Graf Finck v. Finckenstein um 1850 zum Bau einer neuen Kirche. Die alte Kirche wurde abgerissen und 1855 der Grundstein für die neue Kirche gelegt, die nach Plänen des Schinkel-Schülers Friedrich August Stüler erbaut wurde. Die Backsteine in 63 Formen wurden in der Reitweiner Ziegelei hergestellt. Die Backsteinkirche im neogotischen Stil wurde am 25.8.1858 mit einem festlichen Gottesdienst eingeweiht. Das markante Bauwerk bestimmte für die nächsten knapp 90 Jahre die Silhouette des Ortes und wurde unter anderem von Theodor Fontane besucht und gemalt. Die Familiengruft der einstigen Gutsherren, der Grafen v. Burgsdorff, die sich in der alten Kirche befand, wurde in eine neue Gruft unter dem Schiff der neuen Kirche verlagert.

    Als zum Ende des 2. Weltkrieges die Rote Armee Anfang Februar 1945 die zugefrorene Oder überwand und sich am Westufer der Oder festsetzte, kam es um den Reitweiner Sporn und den nachgelagerten Ort Reitwein zu schweren Kämpfen zwischen deutschen und sowjetischen Truppen, in deren Folge der Ort und die Kirche zerstört wurden. Die deutschen Truppen mußten sich zurückziehen. Den Reitweiner Sporn baute die Rote Armee de facto zur Festung aus und machten ihn zum Ausgangspunkt ihrer Offensive gegen die Seelower Höhen im April 1945.

    In den Jahren nach dem Krieg verfiel die ausgebrannte Kirchenruine. Der Kirchturm war bei den Kämpfen gesprengt oder weggeschossen worden, von der Kirche hatten die Außenmauern standgehalten. Der Kirchengemeinde fehlten für den Wiederaufbau die nötigen finanziellen und materiellen Mittel sowie die Unterstützung staatlicher Stellen. Der 1970 geplanten Sprengung der Ruine widersetzte sich die Kirchengemeinde erfolgreich. Schließlich stellte die DDR die Ruine der Stüler-Kirche 1983 unter Denkmalschutz.

    Sicherungs- und Instandsetzungsarbeiten konnten erst nach der Wiedervereinigung erfolgen. Mauerwerkskronen und Überdachungen des Kirchenschiffs wurden fertiggestellt und von 1998 bis 1999 erfolgte der Wiederaufbau des 46 m hohen Kirchenturms nach historischem Vorbild. Eine Kirchenuhr wurde wieder eingebaut und eine neue Bekrönung der Turmspitze angefertigt. Glockenweihe war 2001.

    Heute präsentiert sich die Stüler-Kirche als gesicherte Ruine mit wieder aufgebautem Kirchturm und zerstörtem Kirchenschiff ohne Dach. Kirchturm und Kirchenschiff sind außerhalb von Veranstaltungen nicht zugänglich, jedoch kann man von außen einen Blick ins Kirchenschiff werfen.

    Wer möchte, kann von der Stüler-Kirche aus den Reitweiner Sporn mit den Resten sowjetischer Stellungen und Bunker von 1945 erwandern.

    geschrieben für:

    evangelische Kirche in Reitwein

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    Ausgeblendete 12 Kommentare anzeigen
    Siri so lernt man MOL-dawien kennen ;-) ...

    Reitwein sagte mir bislang noch gaaar nix :-(
    grubmard Liegt auch etwas abseits. man kommt nicht einfach mal dran vorbei. Man muß schon gezielt hinfahren.
    krupitza Tolle Bewertung und klasse Fotos. - Danke, und Gratulation zum grünen Daumen !
    Der Beitrag von Nike
    wurde vom Verfasser der Bewertung bzw. des Forenbeitrags ausgeblendet.
    Schroeder Durch Grubmards Beschreibung war ich auch dort. Die Kirchenruine wird wieder genutzt für Konzerte und sogar Trauungen. Einer schöner Ort mit Atmo... ;-)

    bestätigt durch Community

    2.