"Wann kommt Ihr denn endlich mal mit zu unserem Chinesen?"
Mit dieser gefürchteten Frage sah ich mich seit gefühlten Jahrzehnten jedesmal konfrontiert, wenn gewisse Velberter Freunde in meinem Dunstkreis aufkreuzten. Mein stereotyp vorgebrachtes Argument: "Ich mag aber kein Eurochinesisch" pflegten sie mit einem lässigen "Doch, das magst du!" abzubügeln.
Und jedes Mal schwante mir Böses, wenn sie mit gezückten Terminkalendern (später dann mit gezückten Palms bzw. gezückten Smartphones) und... weiterlesen
diesem gewissen starren Blick auf mich zukamen. Meistens gelang es mir noch, ihnen mit geschicktem Hakenschlagen aus dem Weg zu gehen oder sie mit irgendwas abzulenken.
Aber kürzlich wurde es ihnen doch zu bunt, und sie entlockten mir mittels eines diabolischen Masterplans (in dem natürlich diverse Schnäpse eine tragende Rolle spielten;-) die Zusage, den sagenumwobenen Chinesen aufzusuchen.
Eher düsterer Stimmung und nicht gerade voller Vorfreude machten wir uns also letzte Woche auf zum "Termin". Mein glutamatallergischer Begleiter führte eine Klinikpackung Tempos mit sich, während ich schon mal prophylaktisch den Weg von der Nevigeser Str. zur "Grillwelt am Dönberg" recherchierte-nur für den Fall der Fälle..
Wir sind halt doch vorurteilsfreie Menschen, allem Unbekannten gegenüber stets aufgeschlossen:-))
Im tiefen Bergischen Land erreichten wir schließlich ein altes Schieferhaus, dessen Eingang von zwei rot-güldenen Lampions flankiert war-von weitem der einzige Hinweis, daß hier Flühlingslollen und Co. statt bergischer Kaffeetafel im Angebot waren. Um uns herum grüne Gegend. Ich schöpfte vage Hoffnung: Lokalitäten (welcher Art auch immer), die so weit draußen am Knie der Welt liegen, können eigentlich nicht wirklich schlecht sein, wenn sie schon so lange überlebt haben.
Immerhin, es gab einen relativ idyllischen Biergarten. Und es war Sommer..zumindest mit dicker Jacke:-)
Eine freundliche Chinesin brachte die umfangreiche Speisekarte. Ich forschte nach Dim Sum oder etwas ähnlich "chinesischem"-Fehlanzeige. Das übliche Standardprogramm, das man eigentlich aus jedem China-Imbiß kennt; von "Pekingsuppe sauer-scharf" bis "Hühnerfleisch süß-sauer" war alles vertreten.
Ich verkniff mir die Vorspeise; da reizte mich einfach nix. Die Kollegen bestellten Frühlingsrollen und Wantan-Suppe. Wurde alles recht schnell serviert, und damit ich nicht zugucken mußte, bekam ich ein Körbchen Kroepoek vorgesetzt - nett.
Ich schnorrte dann natürlich rechts und links von Suppe und Rollen-schließlich muß ich ja eine Bewertung schreiben;-))- und ärgerte mich. Die Wantan-Suppe war einfach großartig und bei den Frühlingsrollen unterstelle ich einfach mal, daß sie nicht aus der "Made-in-Cambodia"-Gefrierpackung kamen, sondern tatsächlich selbstgemacht waren. Außen knackig, innen saftig und nichts Schleimiges; dazu eine amtlich Größe-fein.
Da ich seit dem Thailandurlaub immer noch keinen Reis mehr sehen kann, hatte ich mich hauptgerichtetechnisch für den Exoten der Karte entschieden-verschiedene Fleischsorten mit Knoblauchsauce im Vogelnest. Die restliche Belegschaft bestellte Ente in diversen Variationen - von Hoisin bis Kungpo.
Das Vogelnest war natürlich kein richtiges Nest, sondern ein aus Kartoffeln gebackenes Schüsselchen mit reichlich leckerem Fleisch und Gemüse in einer unspektakulären, aber überaus genießbaren Sauce. Die Entengerichte waren durch die Bank sehr gut-mageres Fleisch mit knuspriger Kruste; so soll es wohl sein. Wenn man Ente essen kann. Ich probiere sie immer mal ganz gerne, aber spätestens nach dem zweiten Bissen drängen sich Donald Duck oder goldige Entenküken in mein Kopfkino und zwingen mich zur Kapitulation. (Es ist völlig bescheuert. Ich weiß.)
Für Leute ohne diese Marotte jedoch eine klare Empfehlung!
Das Essen war nicht günstig, eher auf Düsseldorfer Touristenlokalniveau; aus freien Stücken hätte ich schon beim Blick in die Speisekarte angefangen, in DM umzurechnen (noch so ein Tick..) und lieber woanders für ein paar Euronen mehr ein Rib-Eye-Steak gegessen. Aber das ist Geschmackssache. Die Portionen waren sehr üppig, und wer "Eurochinesisch" gern ißt, kommt absolut auf seine Kosten.
Die Tempos kamen übrigens nicht zum Einsatz, was auch sehr positiv zu werten ist-also keine Geschmacksverstärker im Essen. Der "Glutamatinator" blieb beschwerdefrei:-)
Zur Rechnung gibt es hier immer noch ein Pinnchen Pflaumencocktail und ein kleines Präsent - mehr oder weniger kitschige Dekoteilchen, Flaschenöffner oder ähnliches; uns verehrte man eine kleine Flasche Pflaumenwein, die wir auch gleich an Ort und Stelle vernichteten. Sympathische Idee!
Alles in allem ein gelungener Abend. Ich bin zwar trotzdem nicht zum absoluten "Eurochinesisch-Fan" mutiert, aber wenn es denn mal wieder sein soll, ist das Chinarestaurant am Asbruch auf jeden Fall mein Favorit.
Die Velberter Freunde habe ich im Gegenzug zu einer Soiree in einem Chinaladen meiner Wahl mit Dim Sum-Tasting zwangsverpflichtet. Ich werde ihnen die Hühnerfüße in schwarzer Bohnensauce als Spezialität des Hauses empfehlen, mich an ihren entsetzten Blicken weiden und versuchen, dabei ernst zu bleiben;-))[verkleinern]
