Freie Marktwirtschaft
Das System ist erkannt. Es wurde mir ja auch lange genug eingebläut. Die Umsetzung ist recht einfach. Man muß ein Schwein sein, auf dieser Welt. Dann klappt´s auch mit der Auslegung. Schon im 18.ten Jahrhundert war es schlauen Köpfen aufgegangen, wie der Markt die Produktion regelt und den Verbrauch beeinflusst. Ihr wisst schon: Angebot und Nachfrage, Kartell, Dumping, Wucher und so was alles….
Termin auf der „Hanauer“. Automatisch geht der Blick nach links, um die... weiterlesen
Spritpreise von „Mr. Wash“ zu prüfen. Oftmals die günstigste Tanke in der Gegend. Nanu? Das angegilbte, tafelbehängte manuell-analoge Anzeigesystem steht aussagelos und nackisch einfach so in der Gegend herum. Statt dessen kommt die Information nun genital äähhh digital, ohne daß da noch jemand in den Regen muß, um andauernd die Preistäfelchen auszuwechseln.
Diesel zu € 1,259 – das sind satte 10 €-Cent weniger als im Umland. Selbst die unmittelbare Nachbarschaft ist 5 Cent teurer. Na, da weiß ich doch schon mal, wo ich nachher den Tank auffülle. Tankanzeige zeigt (bei Optimisten) auf halb voll. Auch die gefahrenen Kilometer sagen, daß gut 40 Liter reinpassen. Die Ersparnis ist zwar nicht soo gravierend, aber es reicht transferiert für ca. 0,4 Promille vom Stöffche. (Für Auswärtige: das ist das Nationalgetränk der Hessen = Apfelwein. Oder Äbbelwoi, wie es zünftiger klingt)
Auf der Rückfahrt sah ich schon von Weitem auf der hell erleuchteten, nagelneuen, galgenhängende Spritpreisinformationstafel, daß da Irgendwer die Gunst der Stunde genutzt hat. Die Preise waren in der Zwischenzeit um schlappe zwei Cent erhöht worden. Ja, genau so funktioniert Marktwirtschaft.Je länger der Stau auf der Hanauerer, je lauter das Gehupe, desto höhger der Preis.
Eins-siebenundzwanig-neun ist ja immer noch billiger als bei der Sherall, Totesso oder so. Noch immer frohen Mutes stellte ich mich an. Die Schlange reichte noch 5 oder 6 Autos auf die Hanauer Landstraße und blockierte dort den Verkehr. So mancher Genervte probierte seine Hupe aus. Die meisten funktionierten noch, nach dem bislang so strengen Winter. Eine Karosse gab aber nur noch ein gurgelndes Geräusch von sich, was mich an den demnächst fälligen Zahnarztbesuch erinnerte. Nun wird es Zeit, sich für eine Zapfsäule zu entscheiden. Ich wählte die, wo die Fahrzeuge verwaist herumstanden, was den Gedanken aufkommen lies, die Herrschaften sind schon an der Kasse.
Endlich an der Säule. Klappe auf, Deckel abschrauben, Zapfpistole zücken und losgeht´s. Die Tankuhr rollte ihre Zahlen in atemberaubender Geschwindigkeit. Bei etwas 30 Litern schaute ich eher zufällig auch auf den verzapften Betrag und den angezeigten Preis. EINS-NEUNUNDZWANZIG-NEUN. Ja ist das denn die Möglichkeit? Das war doch eben noch… Darf das denn sein? Die Antwort wußte ich, verzichtete aber darauf sie mir auch laut vorzusagen. Das Gezapfe war fertig und es sparte sich insgesamt lediglich noch auf nullkomma-eins-drei Promille zusammen.
Ich suchte nach dem Fenster des Bürotraktes, hinter dem, mit breitem Grinsen, ein Spielfratz stehen mußte, der auf der Klaviatur die Preise im Staccato eintippte und im Fortissimo-Crescendo an die Anzeige und die Säulen sendete. Eigenlobgesänge waren durch die 8-schichtige-Sicherheits-Verglasung nicht zu hören, die verspiegelten Scheiben verwehrten mir den Blick auf Bürokrates und in die Schaltzentrale der Macht.
So funktioniert halt die Marktwirtschaft und die neue Anzeige von Mr. WASH
Was waren das für Zeiten, als die Preise erst nach dem großen Regen erhöht wurden.[verkleinern]