Wer zählt die Biere, nennt die Namen, die süffig hier zusammenkamen."
Sehr frei nach einem Spruch aus "Die Kraniche des Ibykus" vom Dichterfürsten Friedrich von Schiller möchte ich eine kleine Reihe von Bewertungen über Brauereien beginnen.
Weniger über die ganz Großen, welche ihre Produkte in so ziemlich jedem Getränkemarkt des Landes präsentieren, sondern über kleine bis mittelgroße Produzenten, die sich der Bierherstellung unter dem neudeutschen Oberbegriff "Craft-Beer" verschrieben haben,... weiterlesen
aber auch durchaus einfach nur Pils, Helles oder Bockbier brauen.
Heute mal ein Bier, was viele Leute eher verächtlich als "Briehe", wie der Sachse sagt , abtun.
Es geht um Gose, wie der Name der Location schon vermittelt.
Der hier mitlesende User, der mit Brauereien und Bier nur Pils, Helles oder Weizen in Verbindung bringt, wird sich nun vielleicht fragen: Gose ?? Was ist das denn.
Ich erkläre das hier gern.
Gose ist ein obergäriges Bier, das heißt, es konnte hergestellt werden, als es noch keine Möglichkeit zur Kühlung gab. Also in Zeiten, die länger als 150 Jahre zurückliegen.
Und Goseherstellung ist noch viiiel älter. Bereits um das Jahr 1000 herum soll Kaiser Otto III. Gefallen an diesem Getränk gefunden haben. Die älteste nachweisliche Urkunde stammt aus dem Jahr 1332 , als im Kloster Ilsenburg Gose gebraut wurde. Für die 20 Kilometer entfernte Stadt Goslar existiert ein Nachweis, 1397 Gose nach Hildesheim geliefert zu haben.
Warum Gose ? Es wird vermutet, dass das Flüßchen Gose in Goslar als Namensgeber fungierte, da hieraus das Brauwasser entnommen wurde.
Gut, dies am südlichen Stadtrand getan zu haben, denn nur wenige Kilometer weiter fließt die Gose in die Abzucht. Ein Bier namens Abzucht...... na ja ;-)
Goslar und Umgebung entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zum Zentrum dieser Art Braukunst, denn es sollte lange dauern, bis die Gose faktisch "über den Harz" ging.
Fürst Leopold von Anhalt-Dessau könnte es gewesen sein, der 1738 die Gose in Leipzig einführte, wo dieses Gesöff zu großer Beliebtheit gelangte. Spätestens 1824 ist nachgewiesen, dass ein Brauknecht aus Goslar mit seinen Kenntnissen bei der Rittergutsbrauerei Döllnitz bei Halle an der Saale die Arbeit aufnahm.
Wie kann man den Geschmack der Gose beschreiben ? Ich würde sagen, ähnlich wie die Berliner Weisse. Also ein meist trübes Bier ähnlich wie Weißbier, nur mit säuerlicher Note. Muss man mögen. Aber wenn ja, dann schmeckt es.
In alten Aufzeichnungen steht u.a., Gose sei von " schwerer Bekömmlichkeit bis hin zum Durchfall , das andererseits aber eine schöne Biersuppe gebe ".
So schlimm ist es dann heutzutage beileibe nicht, wie ich aus Probetrunk selbst erfuhr.
Wie ging es mit der Gose weiter ? In Goslar spielte die Gose in den letzten 100 Jahren keine große Rolle mehr, dafür war die Gegend um Leipzig bis hinüber nach Chemnitz zu einer Art Hochburg geworden.
Länger als ein Jahrhundert bis zum 2. Weltkrieg wurde in Döllnitz und auch anderen Brauereien Gose produziert. Mit dem Kriegsende 1945 kam es zum Abbau der Brauerei Döllnitz durch sowjetische Besatzer als Reparationsleistung, die Geschichte des sauren Bieres endet an dieser Stelle.
Aber nicht für immer, denn von 1949 bis 1969 braute die Brauerei Wurzler in Leipzig erneut Gose für den Ausschank in speziellen Goseschenken. Danach zunächst wieder Stillstand.
Gose-Enthusiasten geben nicht so schnell auf, allein alter Traditionen willen. Und so eröffnet im Jahr 1983 ein Leipziger Gastwirt in der Stadt die seit 1899 berühmte, dann ab 1958 für fast 3 Jahrzehnte nicht mehr als Gasthaus genutzte Gose-Schänke "Ohne Bedenken " neu. Die Gose braut und liefert eine Berliner VEB-Brauerei bis 1990. Mit der Wende gibt es keine Berliner "Import-Gose" mehr, die Schänke wird neu verpachtet und der ehemalige Wirt braut nun selbst in der Löwenbrauerei Dahlen Gose und liefert nach Leipzig . Das funktioniert leider nur für fünf Jahre, dann schließt die Brauerei in Dahlen, wohingegen die "Ohne Bedenken"-Schänke geöffnet bleibt.
Um die Tradition der Leipziger Gose zu bewahren, versucht sich ab 1996 ein Hobbybrauer namens Jänichen, später durch Herrn Blazy unterstützt, an der Herstellung von Gose.
Es dauert einige Jahre, bis ein vorzeig- und trinkbares Ergebnis vorliegt. Dann werden Fässer mit Spunden gemacht, 1999 wird nicht nur das 100-jährige Jubiläum der Gosenschenke "Ohne Bedenken" gefeiert, sondern auch die Brauerei "Ritterguts Gose" gegründet.
Erfolg ist von Anfang an beschieden, in Leipzig eröffnen gleich mehrere neue Goseschenken.
Dabei ist der Brauort nicht fest, soll heißen, man lässt brauen. Erste Sude kommen aus der Leipziger Gasthausbrauerei “Zum Kaiser Napoleon”, im Jahr 2000 wird eine Brauerei in Landsberg beauftragt. Im Jahr 2001 übernimmt die Leipziger Familienbrauerei Ernst Bauer die Aufgabe, Gose nach alter Rezeptur zu brauen.
Wurden zunächst nur Fässer für die Schenken abgefüllt, gibt es seit 2002 Gose wieder in Flaschen im Handel zu kaufen.
Das Geschäft läuft so gut, dass Kapazitäten erweitert werden müssen. Also wieder eine neue Braustätte, die mehr liefern kann. Ab 2007 kommt die Ritterguts-Gose aus der Brauerei Hartmannsdorf bei Chemnitz.
Es sollte noch nicht der letzte logistische Umzug sein, denn seit 2015 wird die Gose nun in Chemnitz von der Brauerei Bergt in Chemnitz-Reichenbrand produziert.
Letztendlich bleibt festzustellen, dass die Ritterguts Gose GmbH eigentlich gar keine Brauerei ist, sondern "nur" den Brauauftrag vergibt und das fertige Produkt vertreibt.
Dies gelingt sehr gut, denn in Sachsen sah ich schon in so einigen Einzelhandelsgeschäften die Rittergutsgose in Flaschen im Verkaufsregal. Und habe natürlich gekauft und probiert.
Wird sicher nicht mein Hauptgetränk, schmeckt aber durchaus sehr gut. besonders jetzt, wo es sommerlich heiß ist.
Anzumerken ist zudem die Traditionspflege, die mit dem Erhalt des Gose brauens verbunden ist. Sehr gut und aller Ehren wert. Weiter so ![verkleinern]