Im Karlsbader Ortsteil Auerbach befindet sich in der Remchinger Straße auf Höhe der evangelischen Kirche die alte Dorflinde oder - besser gesagt - das, was von ihr übrig geblieben ist.
Die Überreste bestehen aus einem hohlen Stamm mit einem imposanten Durchmesser von (geschätzt) ca. 1,20 m bis 1,50 m und einer Höhe von ca. 3,50 m. Die Baumkrone fehlt, weil die Linde mit einem geschätzten Alter von 800 Jahren irgendwann einmal so morsch und hohl geworden war, dass man alle Verzweigungen... weiterlesen entfernen musste.
So ist nur noch eine marode Hülle übriggeblieben, die an der Südwestseite bereits sehr verwittert und morsch ist. Direkt über dem Erdboden existieren einige große Löcher, die einen Blick in das hohle Bauminnere ermöglichen. An der Nordseite des Stammes ist die Rinde noch recht gut erhalten, und zu meinem großen Erstaunen scheinen angesichts einiger frischer Austriebe, die man auf den Fotos erkennen kann, auch noch einige "Saftleitungen" intakt zu sein.
Die "Alte Dorflinde" wurde am 9. März 1987 in die insgesamt 21 Naturdenkmale umfassende Liste der Naturdenkmale in Karlsbad (Baden) aufgenommen. Als Schutzzwecke werden bei diesem Naturdenkmal genannt: "Alter, Größe, Seltenheit, Belebung des Ortsbildes".
Das ungefähre Alter - die Jahresringe kann man nicht mehr zählen, weil der Stamm hohl ist - und die Ausmaße habe ich bereits oben erwähnt.
Alte Dorflinden, auch in weit besserem Erhaltungszustand, sind nicht extrem selten. Es gibt in den ländlichen Bereichen Mitteleuropas durchaus noch einige, teils auch ältere Dorflinden in weit besserem Erhaltungszustand zu bestaunen, laut Wikipedia unter anderem in
- Alberschwende (Vorarlberg/Österreich),
- Aua (Osthessen),
- Faistenau (Land Salzburg/Österrreich),
- Harbach (hessische Rhön),
- Mulfingen (Baden-Württemberg),
- Schlenklengsfeld (Hessen) und
- Sigmaringendorf (Baden-Württemberg).
Alte Dorflinden bzw. deren Überreste werden heutzutage jedoch auch mit Blick auf ihre frühere Funktion im dörflichen Leben für erhaltenswert erachtet. Die Dorflinde diente in früheren Zeiten als Versammlungs-, Bekanntmachungs- und Gerichtsort sowie als Treffpunkt für gemeinsame Fußmärsche. Mit anderen Worten: Dorflinden waren wichtige Zentren für die dörfliche Kommunikation und sonstige soziale Kontakte - also quasi das facebook des Mittelalters.
Auf der Informationstafel zur Auerbacher Dorflinde ist vermerkt, dass man sich zu Zeiten, zu denen im Ort noch kein Kirchengebäude existierte, zum gemeinsamen Fußmarsch zu Gottesdiensten in den Nachbargemeinden traf.
Auch heute noch finden Bürger- und Vereinsfeste in Auerbach rund um die Überreste der Dorflinde statt.
Schade ist nur, dass die Aspekte des Natur- und Naturdenkmalschutzes offenbar erst in den letzten Jahrzehnten eine Rolle gespielt haben. Es gab sicher Zeiten, in denen beim Einsatz von etwas mehr Mühe und finanziellen Mitteln in konservatorische Maßnahmen die Baumsubstanz hätte erhalten werden können. Da dies versäumt und der Sicherung des Verkehrs auf der direkt neben der Linde verlaufenden Durchgangsstraße der Vorrang eingeräumt wurde, ist die alte Dorflinde heute bedauerlicherweise in einem sehr maroden und ihrer Krone beraubten Zustand.[verkleinern]