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Ausgezeichnete Bewertung
Es gibt viele Gotteshäuser, die auf den ersten Blick eins von vielen zu sein scheinen. Bei genauer Betrachtung kann man aber ab und zu eine Überraschung erleben, mit der man gar nicht gerechnet hatte. So erging es mir, als ich mich auf den langen Weg ins westfälische Minden aufgemacht habe, um den dortigen Dom mir genauer anzuschauen. Dieser Sakralbau ist einer der ältesten überhaupt, die man in der Region nachweisen kann! Wie das vor mehreren Jahren Pendant in Münster (dem es aber weniger... weiterlesen
erkennbar ist) geht auch dieser Bau (einer Legende nach) auf den Karl den Großen zurück. Zugleich soll es zugleich um den „Gründungsmythos“ der Stadt Minden sein! Der spätere Kaiser und sein langjähriger „Rivale“ der Sechsanführer Widukind, der sich vehement der Christianisierung widersetzte, musste nach langen Kämpfen erkennen, dass diese für ihn ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr zu gewinnen waren. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich dem Frankenkönig unterzustellen und sein Vasall zu werden. Das was er bis dato „vermeiden“ wollte, wurde zum Grundstein von Minden und anderen Orten in der Gegend. Durch seine Taufe ist eine Allianz entstanden, die auf Gleichberechtigung basierte. Es gibt wenige Dokumente, die das untermauern, bei dem die Jahreszahl 785 unserer Zeitrechnung nennt: Mit einem Fingerzeig deutete Karl der Große welche Gebiete zu seinem Geltungsbereich gehören und welche zu jenen, die für Widukind vorgesehen waren. So entstand aus dem zu mir-zu dir (min-din) der Name der Siedlung in dessen Nähe diese Begegnung stattfand. Weiter wird dieser Hintergrund zu gegebener Zeit in Herford vertieft. Wir bleiben aber bei dem Ort, der infolge dessen entstanden ist – Minden.
In einer Urkunde, vom 19. März 977, die vom Kaiser Otto II. (955 n. Chr., Sachsen - 7. Dezember 983 n. Chr., Rom, Italien) besiegelt wurde, hieß es, dass die dortigen Bischöfe in ihrer Funktion bestätigt werden. Darüber hinaus wurden Minden die Stadtrechte verliehen. Mit diese Urkunde wurde gleichzeitig die Gerichtsbarkeit und das Privileg erteilt, dass diese ihre eigenen Münzen prägen konnten. Aus dieser frühen Zeit gibt es aber keine sichtbaren Spuren. Diese kann man erst im 12. Jahrhundert nachweisen. Dennoch muss gesagt werden, dass auch dieses Gotteshaus sehr stark während des 2. Weltkriegs zerstört worden ist. Das was aber einem sofort auffällt, ist das im romanischem Stil gebaute Westwerk. Die massive Bauweise lässt von dieser Seite nicht erahnen, welcher Kontrast einen im Inneren erwartet. Auch wenn diese auf uns Ehrfurchteinflüssend gewirkt hatte, durch die danach geltenden Prinzipien der Frühgotik durch die sehr hohen Fenster wirkte es gleichzeitig licht und sehr beeindruckend. Auf den ersten Blick aber habe ich eher gedacht, dass es sich um eine evangelische Kirche handeln könnte. Das habe ich aufgrund der Innenausstattung vermutet. Dagegen sprach aber, dass vor dem Eingang einige Blütenblätter verstreut gewesen sind und ein solches Bild nach dem heutigen (katholischem) Feiertag Fronleichnam direkt vor dem eigentlichen Eingang zur Kirche ausgebreitet gewesen ist! Auf der offiziellen HP wurde meine Vermutung ebenfalls bestätigt! Wie auch in Frankfurt / Main ist die hier aufgeführte Bezeichnung irreführend!
Das was ich damit ausdrücken möchte ist die Bewandtnis, dass das zwar vor Jahrhunderten der Fall gewesen ist aber das längst der Vergangenheit angehört! Das Ende fällt mit dem Westfälischem Frieden, bei dem dieses Gebiet den Preußen zugesprochen wurde. Auf Grund dessen wurde das einstige Bistum 1648 aufgelöst. Seit der Zeit ist Minden Mehrheitlich protestantisch geprägt (über 90 % aller Christen dort). Auch, wenn es danach im 18. Jahrhundert einige Änderungen gegeben hatte, behielt die Kirche im Grunde genommen, das gotische Erscheinungsbild. Kurz nachdem ich die (mir unbekannten) Hl. Gorgonius und dem Apostel Petrus geweiht. Erwähnenswert finde ich, dass 1821 das Bistum aufgelöst wurde und seitdem dem aus Paderborn unterstellt ist. Man hat aber ihre Bedeutung insoweit wertgeschätzt hatte, dass sie 1859 zur Propsteikirche erhoben hatte. Das bedeutet, dass ihr eine so große Rolle beigemessen wurde, dass ein solche Ehrerbietung unumgänglich schien.
Selbst von Fachleuten wird gelobt, wie behutsam in den 1960-er Jahren der Wiederaufbau erfolgt ist. Bei diesem hat man sich darauf besonnen, wie sehr ihr Erscheinungsbild als ein „Wiedererkennungsmerkmal“ wahrgenommen wurde! Es gab vereinzelt Stimmen, dass einige Stilelemente, vor allem jene aus den frühen Bauphasen anstelle des strengen gotischen Bauweise realisiert werden soll. Dagegen sprach dennoch die Tatsache, dass die zuletzt genannte mehr als 600 Jahre bestand hatte! Auf einem historischen Foto, das kurz nach 1945 entstand, konnte man sich bereits eine Vorstellung machen, dass trotz einiges in Trümmern lag, eine Fortführung seiner Geschichte weiterhin möglich sein wird.
Bereits im Krieg wurde sie als eine sog. „Simultankirche“ genutzt, weil die benachbarte wesentlich früher von den Bombenangriffen getroffen worden war. Diese Ökumene wird bis heute gepflegt. Wie lange die ehemaligen Klosterräume von den evangelischen Christen genutzt worden sind, konnte ich nicht herausfinden. Ob die eher als nüchtern zu nennende Gestaltung auf diese Tatsache zurückzuführen ist, das ist meine Vermutung, die ich aber nicht weiter vertiefen kann.
Auf den ersten Blick hat man schon den Eindruck, vor allem bei der prächtigen goldenen Schrein auf dem Altar vor dem Ostchor, dass es sich um ein historisches Stück des Mittelalters handeln könnte. Man kann es als Intuition bezeichnen, dass aufgrund der verwendeten Farben mir es vorkam, als ob die Gotik ausschließlich eine „Inspirationsquelle“ sein könnte. Dennoch zeigt es sich ein wenig anders: Bei der sog. „Marienkrönung“ handelte es sich um einen Altar und Schrein die um 1220 bzw. 1425 angefertigt sind. Eine ähnliche Darstellung soll man auch im Mindener Dom gegeben haben. Diese wurde zugunsten einer barocken Umgestaltung erst eingelagert. Laut den Angaben, die ich gefunden habe, bei einer Restaurierungsmaßnahme im 19. Jahrhundert, als sich der Geschmack erneut geändert hatte, wurde der Flügelaltar an seinen angestammten Platz zurückversetzt. Man kann es als „Schicksal“ bezeichnen, dass dieser bei einem Angriff im 2. WK völlig abgebrannt ist. Das was man nun bewundern kann, ist eine Kopie eines Vergleichswerks aus dem Berliner Bodemuseum (das im Gegensatz zu diesem aber nicht gefasst ist). Es handelt sich um ein Geschenk, das 1999 anlässlich der 1200 Jahre der Gründung des Bistums Minden gestiftet wurde.
Unter den Kunstkennern ist aber ein anderes Relikt für eine lange Anreise (selbst aus dem Ausland) wert: der hochverehrte „Mindener Kreuz“ aus dem Jahr 1125. Es misst gerade mal knapp 1,20 Meter aber dadurch, dass die Christusfigur eines erhobenen Hauptes einem Sieger gleich und nicht wie in späteren Zeiten als ein gepeinigter Mensch dargestellt wurde, macht es zu einem der wenigen Beispiele dieser Kunstepoche, die man in den einschlägigen Nachschlagewerken vermerkt sieht. Das was man in dieser Kirche vorfindet ist dennoch eine weitere Kopie. Falls man sich für diese bzw. jene (Kunst)Gegenstände, die im Mittelalter als verehrungswürdig hielt (z. B. der Petrus- und Gorgoniusschrein, Reliquiare, Messgewänder und -Geräte, Heiligenfiguren etc), diese kann man als sog. „Kirchenschatz“ im Dommuseum bewundern. Da dieses bei unserem Besuch geschlossen gewesen ist, möchte ich es bei deren Erwähnung belassen.
Weiß nicht, ob mein Highlight im Mindener Dom auch andere so begeistern würde, wie es bei mir der Fall gewesen ist?! Wie ein solcher Sakralbau im Inneren ausgestattet ist, unterliegt sehr häufig den wechselnden Geschmäckern der jeweiligen Zeit. Habe mehr als einmal verblüfft feststellen müssen, welchem Wandel manchmal innerhalb einer recht kurzen Spanne unterworfen sein kann. Nicht selten wird das „entsorgt“, was die Folgegenerationen als „belang mitunter aber auch wertlos“ abtun! Kenne persönlich einige Beispiele, bei denen sich eine „Radikallösung“ durchgesetzt hatte und das wenige, was erhalten blieb, dauerhaft zu entfernen oder nach eigenem „Gutdünken“ so zu interpretieren, bis man sich fragt, was der Künstler sich dabei gedacht hatte. Eine „Mittellösung“ kann eine kleine „Umgestaltung“ vornimmt und mit Farbe oder Tünche das übermalt, was man als „störend“ empfindet oder einem einfach nicht (mehr) gefällt. Mir scheint es jedenfalls, dass das beim Dom der Fall gewesen sein kann! Das war auch die Überraschung, die ich Anfangs versprochen habe: auf mehreren Säulen im Mittelgang habe ich wunderschöne Fresken mit Darstellungen von Heiligen und Engeln erblickt, die zur meiner Verwunderung im offiziellen Kirchenführer überhaupt nicht erwähnt werden! Ob es einen Grund gibt, das außen vor zu lassen, das kann ich höchstens bei der nächsten in diese Stadt machen.
Es gibt einiges, was ich noch gar nicht erwähnt habe aber schließlich soll sich am besten jeder sein Bild machen, wenn man dort gewesen ist! Schaut euch meine Fotos an, dann könnt auch ihr dort das entdecken, was mir gefallen hatte! Finde es dennoch schade, dass die rot gekleidete Figur neben der Orgel (aufgrund der eher schlechten Lichtverhältnisse dort) aus meiner Sicht nicht optimal zur Geltung gekommen ist…[verkleinern]