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Ausgezeichnete Bewertung
Brunnen an sich können eine ganz besondere Faszination ausüben, vor allem wenn es wie dieser gleichzeitig auf das Geschehen in der Jetztzeit verweist, als auch eine „Brücke“ in die Vergangenheit schlägt! Vor Ort ist es aber nicht immer ersichtlich, was es damit auf sich hat! Bei der Fülle an Objekten, die ich an dem sog. Quirinus- und Marktbrunnen, das ich heute vorstellen möchte, war es alles andere als einfach diese zu „entschlüsseln“ aber dazu etwas später mehr! Wie bei den beiden... weiterlesen
Skulpturen davor steht auch dieses (wie der Name es bereits vermuten lässt) in einer sehr engen Verbindung zu dem Sakralbau. War selbst sehr überrascht, welche spannende Geschichte und Verweise der Brunnen in sich birgt! Um diese Details zu verstehen, sind mehrere Hinweise auf den Ort als solchen, als auch das Geschehen drum rum erforderlich, um sich ein einigermaßen genaues Bild davon machen zu können!
Da fange ich erst mit dem offensichtlicheren: der Kirche und seinen Patron Quirinus an! Die Namen der frühen Christen, wie es hier der Fall ist, waren sie meistens noch „heidnischen“ Ursprungs. Jener genau, war ein Verweis auf einen antiken Gott. Dieser Heilige war im 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung ein hoher Beamter in Rom. Unter Kaiser Trajan, war er wie dieser, sehr feindlich gegenüber den Christen eingestellt. Im Grunde war er einer seiner „Handlanger“! Bis er selbst diesen Glauben angenommen hatte, war er als „Kerkermeister“ dafür verantwortlich gewesen, dass jene Inhaftiert wurden. Da sie sich meistens aber weigerten den Tribut / Huldigung (dem Kaiser gegenüber als Stellvertreter der Götter auf Erden) einer solchen „Kultperson“ entgegen zu bringen, war ein Todesurteil mehr als gewiss… Quirinus Aufgabe war solche „Abläufe“ zu koordinieren. Bei deren Ausübung ist aber etwas sehr erstaunliches geschehen: statt mit seinem „Tageswerk“ wie gewohnt fortzufahren, wurde er selbst und seine Tochter Balbina zu Anhängern dieser (verpönten) Religionsgemeinschaft! Ein „prominenter“ Insasse – der Papst (auch wenn er zu dem Zeitpunkt noch nicht so bezeichnet worden ist) Alexander I. ist ihm (noch während dieser in der Zelle angekettet lag) im Traum erschienen, um ihm in einer Vision zu zeigen, wie sein schwer krankes Kind zu heilen sei. Das Mädchen konnte sich kaum verständlich machen, weil sie (vermutlich) an einer Kehlkopfentzündung litt! In dem Zusammenhang wird erzählt, dass ihr befohlen wurde, die Kerker selbst zu besuchen, um dort (an einem besonderem Zeichen erkennbaren) Fesseln des Hl. Petrus zu berühren. Nachdem sie das in die Tat umgesetzt hatte und geheilt worden war, sind die beiden dem „neuen Glauben“ beigetreten. Was folgte kann man sich schon denken: sie wurden alle Enthauptet. Erst auf „verschlungenen Wegen“ sind die Reliquien des Quirinus zum mittelalterlichem Neuss gekommen, wo sie von den Gläubigen tief verehrt wurden.
Eine Gemeinsamkeit mit dem zuvor vorgestellten Hl. Jakobus ist der Spruch „Der Weg ist das Ziel“! Über Jahrhunderte war auch Neuss ein wichtiges Wallfahrtsort. Auch, wenn der jetzige Schrein in dem die sterblichen Überreste von Hl. Quirinus um 1900 angefertigt wurde, doch es gab bis zum 16. Jahrhundert einen älteren Vorgänger. Dieser ist bei einem Überfall sowohl schwer beschädigt als auch gleichzeitig größtenteils entwendet! Wenn man sich diesen Brunnen anschaut, steht dieser Schrein im Mittelpunkt. Schade nur, dass dieses „Bezugspunkt“ so weit über dem Kopf des Betrachters angebracht werden muss…
Der heutige Münsterplatz war nicht nur in Bezug auf die Kirche einst ein Anziehungspunkt gewesen! Wie so oft gab es in dessen Nähe entweder eine Quelle oder ein Gewässer, die vor allem im religiösen Kontext benötigt wurde. Mehrere Jahrhunderte lang gab es hier einen Brunnen, dem heilende Kräfte zugeschrieben wurden. Wie man es sich denken kann, ist es bereits vor hunderten von Jahren komplett versiegt. Durch eine Ausschreibung wollte Neuss an diese Tradition anknüpfen. Diese erfolgte 1983 bei der zahlreiche Entwürfe eingereicht wurden. Als Voraussetzung wurde ein Bezug zum vorher erwähntem Heiligen, als auch zum hier wöchentlich abgehaltenen Markt davor, gegeben. Das was man seit über 30 Jahren bewundern kann, war dennoch nicht jene, die „eigentlich“ gewonnen haben! Der tatsächliche Gewinnerentwurf wurde von der Stadtverwaltung verworfen, weil er aus ihrer Sicht in ihrer abstrakten Form nicht zu dem gewünschtem „Konzept“ gepasst hatte. Das zweit platzierte schon eher aber da dieser nur auf den Schrein Bezug nahm und den Markt völlig außen vor ließ, wurde auch dieses abgelehnt. Als der sprichwörtliche „Lachende Dritte“ ging der Kölner Künstler Joachim Pechau hervor. Es vereinte alles: das Alltagsleben mit dem was ich bisher beschrieben und aufgezählt habe. Erwähnenswert finde ich auch, dass einige der Tiere, die an den sechs Ecken der metallenen Konstruktion, die in die Höhe emporragst von dem gleichen Bildhauer geschaffen wurden, wie das zuvor vorgestellte Kardinal Frings Denkmal – Prof. Elmar Hillebrand stammt. Welche… das wäre erst zu klären sein!
Kehren wir zuerst aber zum oberen Bild mit dem Schrein zurück: nach einer Überlieferung wird die Ankunft der Gebeine im April 1050 mit einem Fest gefeiert. In Neuss gehört auch dies zum Brauchtum dazu! Stets der erste Sonntag im Mai (Außerhalb von Corona) wird zum einen mit einer Prozession, wie sie an der Spitze zu sehen ist, gedacht. Dieses Fest bildet gleichzeitig einen „Auftakt“ bei den Schützenbruderschaften, deren Vertreter bei diesem den Schrein durch den Viertel tragen. Seit wann diese Tradition (ggf. erneut) gibt, konnte ich nicht herausfinden!
Der sechseckige Brunnen besteht im unteren Bereich aus einem Becken aus einem mir unbekannten Stein. Aus gleichem Material ist auch die Säule in der Mitte, auf der die Prozession mit dem Schrein zu sehen ist. Von dieser gehen „strahlenförmig“ und mich erinnert es im oberen Teil an eine Art Dach, Metallmöhren ab. Wenn man sie sich genauer anschaut, wird man feststellen, dass dort unterschiedliche Tiere zu sehen sind. An diesem Detail habe ich mir extrem lange die sprichwörtlichen „Zähne ausgebissen“! Erst neulich habe ich den passenden Verweis gefunden: auch sie stehen mit dem heiligem Quirinus in Verbindung: dieser galt (früher stärker als heute) als ein (weiterer) Fürsprecher der bäuerlichen Bevölkerung der Region. Durch die Tatsache begründet, dass er der Patron des Viehs ist, der bei Leiden bei Kuh, Pferd und Reiter angerufen wird, fanden auch diese in der Darstellung ihren Platz. Finde es wirklich witzig, dass eins der Rösser (wie Pegasus) Flügel bekommen hatte und der Mensch dahinter versucht verzweifelt (durch halten am Schweif) ihn am fliegen zu hindern ;-)!
Jeder von uns weiß, wie vielfältig sich ein Leben darstellen kann. Das kann man auch auf einen Marktplatz überragen, der für gewöhnlich auf dem Münsterplatz Samstags abgehaltenen wird. Rund um das Becken sind Obst, Gemüse und Fisch zu sehen. Diese zieren den Rand und einige unter ihnen kann man bereits von weitem erkennen! Nun, was vielleicht einige irritieren dürfte, möchte ich den Blick auf den Boden lenken: das was ich für den Grundriss der Kirche wahrgenommen habe, ist in Wirklichkeit das beliebte (Kinder)Spiel „Mensch ärgere dich nicht“! Wie der treue Hund und die vergessene Brieftasche gehören sie zum Alltagsleben dazu! Bei der Fülle an Details, die man rund um betrachten kann, soll man sich einiges an Zeit nehmen, um das alles für sich zu entdecken! Habe selbst fürs knipsen ca. 10 Min. benötigt (die noch nicht vollständig im „Album“ zu sehen sind!) und das will schon was heißen! Jedes mal, wenn ich da bin, streichle ich den Hund, weil er mir irgendwo leid tut… aber auf der anderen Seite muss ich erneut schmunzeln über die „Signatur“, bei der eine (sehr „altmodische“) Knipse mit der Signatur des Künstlers und dem Herstellungsdatum zu sehen ist ;-)!
Da wird sich sicherlich so mancher fragen, warum ich hier eine Abwertung für angebracht halte: mir ist klar, dass durch die Tatsache begründet, dass hier der Wochenmarkt abgehaltenen wird, die Standortfrage sich dementsprechend gestaltet hatte. Dadurch ist er dann davon verdeckt. Dieser Meinung war ich nicht alleine gewesen! Kann dennoch nicht sagen, welche Stelle besser geeignet wäre, wo er besser zur Geltung gekommen wäre… Das andere ist, dass trotz das dieser sich im Betrieb befindet, aus den Wasserhähnen nur „mickrige“ Tröpfchen raus kommen! Es ist schon für mich nicht nachvollziehbar, dass paar hundert Meter weiter das wesentlich besser funktioniert…. Der Quirinus- und Marktbrunnen gehört zu meinen Favoriten, den ich gerne vorgestellt habe! Sollte man die Stadt Neuss besuchen, gehört aus meiner Sicht dieses Objekt zu einem Rundgang unbedingt dazu! Wie mehrmals erwähnt ist es eins von mehr als einem Dutzend, die im Umkreis von ca. einem Quadratkilometer zu finden ist! Es lohnt sich![verkleinern]