Das 1244 erstmals als Gut der Tempelritter urkundlich erwähnte Heinersdorf liegt 40 km östlich von Berlin und 25 km nordwestlich von Frankfurt/O in der brandenburgischen Gemeinde Steinhöfel.
„Herrenhaus“ klingt zwar toll – ist es aber nicht, denn das denkmalgeschützte Gebäude befindet sich in einem ziemlich desolaten Zustand.
Nach der Auflösung des Templer-Ritterordens ging das Gut 1312 an den Johanniter-Ritterorden über, der Heinersdorf 1572 an den kurfürstlich-brandenburgischen Geheimen... weiterlesen
Rat und Statthalter von Küstrin, Zacharias v. Grüneberg (1516-1581), verkaufte. Dieser gründete das Rittergut Heinersdorf und errichtete ab 1575 den ältesten Teil des Herrenhauses.
Das Haupthaus in seiner heutigen Form ließ der kurfürstlich-brandenburgische Wirkliche Geheime Staats- und Kriegsrat und Direktor des Ravensbergischen Appellationsgerichtes Franz v. Meinders (1630-1695) erbauen, der das Rittergut 1680 erworben hatte. Aus dieser Zeit stammen auch die noch erhaltenen barocken Wandmalereien und Stuckdecken italienischer Stuckateure. Diese Stuckdecken sind für brandenburgische Herrenhäuser ziemlich einzigartig und es soll sie so nur noch im Berliner Schloss Köpenick geben. Ihnen hat das Heinersdorfer Herrenhaus auch den Denkmalschutzstatus zu verdanken.
1802 wurde wurde Karl Friedrich Wilhelm Schulz (1748-1821) aus Lietzen der Herr auf Heinersdorf. Die Familie wurde 1883 als „Schulz von Heinersdorf“ geadelt. Ab 1885 erhielt das Herrenhaus durch den Anbau des nördlichen und südlichen Flügels sein heutiges Aussehen.
Am Ende des 2. Weltkriegs flüchtete die Familie vor der heranrückenden Front und wurde 1945 von der Sowjetischen Militäradministration enteignet.
Zunächst waren im Herrenhaus Kriegsflüchtlinge und Umsiedler aus den deutschen Ostgebieten untergebracht. Später nutzte die DDR das Haus bis 1956 als Ersatz für die kriegszerstörte Schule, danach als Lehrlingswohnheim, Landambulatorium, Kinderheim, Kindergarten und Kinderkrippe.
Das herrschaftliche Aussehen der Räume ging verloren. Zahlreiche Um- und Einbauten wurden vorgenommen, Räume teilt, Sanitärräume zusätzlich eingebaut, Zwischendecken eingezogen …
Da die Zentralheizungsanlage 1945 den Geist aufgab, hatte man dann in die Räume Kachelöfen eingebaut.
Auch der Gutspark ging verloren, da die DDR ab 1952 die Betriebsberufsschule für Landwirtschaftslehrlinge in den Park baute. Die Sichtachse zum Heinersdorfer See wurde 1954 durch den Bau eines Badehauses zerstört. Heute gibt es rund ums Herrenhaus nur noch einen kümmerlichen Rest des Parks.
Nach 2000 endete die Nutzung. Das Haus steht seither weitgehend leer. Dank des Denkmalschutzstatus gibt es für die geplante Sanierung und Restaurierung aber Fördermittel. So konnten bisher das Dach und Teile der Stuckarbeiten, z.B. im Festsaal, gesichert bzw. restauriert werden. Bisher wurden mehrere hunderttausend Euro verbaut.
Vorgesehen ist, das Herrenhaus zu einem Multifunktionshaus umzubauen. In den Seitenflügeln sollen Wohnungen für altersgerechtes Wohnen entstehen, da hier der Einbau von Fahrstühlen möglich ist.
Im Haupthaus mit seinem barocken Kern soll es wieder eine oder mehrere Arztpraxen geben und es soll das Gemeindezentrum des Dorfes sein Domizil finden.
Der Festsaal im 1. Obergeschoss wird bereits heute für Veranstaltungen genutzt.
Abgesehen von gelegentlichen Veranstaltungen im Festsaal kann das Herrenhaus schon aus Sicherheitsgründen nur bei vorher mit der Gemeindeverwaltung vereinbarten Führungen betreten werden. Außerdem führen Mitglieder des Fördervereins interessierte Besucher am „Tag des offenen Denkmals“ durchs Haus.
Noch ist in den Räumen die jahrzehntelange Fremdnutzung als Kinderheim etc. fast mit Händen zu greifen. So sind die Wasch- und Toilettenräume der Kindereinrichtungen noch vorhanden.
Im Rosa Salon hat man die Wandverkleidungen entfernt und darunter barocke Wandmalereien und Stuck entdeckt. Die Wandmalereien wird man aus konservatorischen Gründen erst endgültig freilegen und restaurieren, wenn die Sanierung des Hauses abgeschlossen ist. Wand- und Deckenstuck hat man bereits gesichert und restauriert.
Im Kaminzimmer musste die Decke mit Stützen vor dem Einsturz bewahrt werden. Teile des Deckenstucks sind abgefallen und fallen immer noch ab. Da, wie beschrieben, die Zentralheizung seit 1945 defekt ist, hatte man die Räume mit nachträglich eingebauten Kachelöfen beheizt. Der im Kaminzimmer steht vor dem stuckverzierten Kamin. Das Ofenrohr hatte man damals kurzerhand durch den Kamin in den Schornstein verlegt.
Vielleicht sollte man nicht alle DDR-Spuren beseitigen, schon um zu zeigen, wie der sozialistische Umgang mit Baudenkmälern auch ausgesehen hat.
Die anderen Räume befinden sich im Zustand vom Ende der Nutzung Anfang des 21. Jahrhunderts. Vielleicht findet man bei späteren Restaurierungsarbeiten unter Farb- und Putzschichten noch weitere Reste der ursprünglichen Gestaltung.
Nur der Festsaal ist in leidlich gutem und nutzbarem Zustand, die Stuckdecke hier bereits vorbildlich restauriert.
Noch ist das Herrenhaus ein abschreckendes Beispiel für die Fremdnutzung und den Umgang mit einstigen Adelssitzen in der DDR. Eines Tages soll das Herrenhaus nach der heutigen Planung wieder genutztes Schmuckstück von Heinersdorf sein. Gutsgarten und Gutspark sind durch die DDR-Baumaßnahmen allerdings unrettbar verloren.
Zwar schaut auch die Alteigentümerfamilie seit der Wiedervereinigung immer mal wieder vorbei, hat aber angesichts des enormen Finanzbedarfs für die Sanierung dankend auf ihre Restitutionsansprüche verzichtet.
Erwähnt werden muss die Gedenktafel für Oberstleutnant Hans-Alexander v. Voß vor dem Hauptportal des Herrenhauses.
Der 1907 geborene Offizier war mit Gisela v. Stülpnagel (1913-2001) verheiratet, deren Schwester Ursula die Ehefrau des 1938 verstorbenen Rittergutsbesitzers Günther Schulz v. Heinersdorf (*1881) war.
Voß gehörte zum Kreis des militärischen Widerstand um Generalmajor Hennig v. Tresckow (1901-1944 Selbstmord) und war maßgeblich an Planung und Durchführung mehrerer Attentate auf Hitler beteiligt, die aber aus unterschiedlichen Gründen alle scheiterten. Zwar wurde seine Zugehörigkeit zu den Attentätern vom 20.7.1944 nicht sofort aufgedeckt, aber in den Wochen nach dem Attentat mehrten sich die Anzeichen, dass die Gestapo v. Voß auf der Spur war. Wegen der zu erwartenden Festnahme und Folter nahm sich Hans-Alexander v. Voß zum Schutz von Familie, Freunden und Mitwissern am 9.11.1944 im Gutspark Heinersdorf das Leben.
Fazit: Das Herrenhaus hat zwar eine lange und bewegte Geschichte, ist aber derzeit als Sehenswürdigkeit kein Highlight.[verkleinern]
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