DIESES Herzchen hat einen ganz besonderen Grund, der steht im Text und manch einer wird darüber den Kopf schütteln, aber da steh ich einfach mal drüber.
In meinem glücklicherweise schon langen Kraftfahrerleben mit fröhlich wahrgenommener Freizügigkeit durfte ich auch schon entsprechend viele Kfz-Zulassungsstellen von innen kennenlernen. Die mit großem Abstand Schlimmste war 1977 im ummauerten Berlin West, eine typische Fehldisposition des Senators für Wirtschaft und Verkehr: EIN EINZIGES Amt... weiterlesen
für knapp 2 Millionen Einwohner und 2,2 Millonen Wauwaus. Da kam man morgens um 9 Uhr rein, zog eine Nummer, gab seine Unterlagen ab, die Nummer wurde auf dem Hefter vermerkt, dann hieß es warten. Fehlte ein Dokument flog man mit etwas Glück zur Mittagszeit wieder raus. Lief alles seinen Gang und war die Schlange an der Kennzeichenpresse nicht allzu lang, konnte man das Amt glücklich um 16 Uhr wieder verlassen. Dass die überlasteten Beamten den Antragstellern ihre Tagesform live rüberbrachten war oft schwierig zu schlucken aber nur allzu verständlich.
Da ist die bewertete location wahrhaft ein ganz anderer Fall, warum auch immer. Aber ich bin der festen Meinung, dass es größtenteils an der Aura in diesem großen Büroraum liegt, die von 2 ‚Sonnen‘ permanent so beheizt wird, dass es für die beiden anderen Beamten und alle Anwesenden auch noch reicht.
Es war im Herbst des Jahres 2001 als wir uns vergrößerten und ein stillgelegtes landwirtschaftliches Anwesen im Raum Leutkirch, und zwar am entferntesten Rand der politischen Gemeinde in Steinwurfentfernung zur Grenze von Bad Wurzach, bezogen. Hünlishofen hieß das 5-Häuser-Kaff ohne moderne Infrastruktur aber mit Kapelle, die Einfahrt auf die B465 brachte es damals nicht einmal auf einen kleinen Wegweiser. Aber unser Teilzeit-‚Bürgermeister‘, der Ortsvorsteher des Teilortes von Leutkirch Diepoldshofen, von dem Hünlishofen in weiteren 3 km Entfernung wiederum ein Teilort ist, war sehr pflichtbewusst. Er ermahnte uns schriftlich, innerhalb eines gewissen Zeitraumes unsere Fahrzeuge auf unsere neue Adresse umzumelden, es müsse doch alles seine Ordnung haben und die Tickets müssten doch auch an die richtige Adresse zugestellt werden. SO ein Giftwichtel, dachte ich mir und lag damit völlig falsch. Als ich Herrn M. später kennenlernte stellte er sich als Hüne mit einer Riesenportion Sarkasmus heraus, den er im Stadtrat von Leutkirch vermutlich auch dringend benötigte. Aber so fand ich zum ersten Mal in die bewertete location.
Ich war sehr überrascht als ich das große Büro mit 4 Bearbeitungsplätzen so gut wie leer vorfand, und das um eine Uhrzeit, die ich von Wangen, unserem vorherigen Wohnort her, als ‚Stoßzeit‘ zu kennen meinte. Die Dame ganz links außen hatte im Augenblick keinen Kunden, aber sie telefonierte, also hielt ich erst einmal höflich Diskretionsabstand ein. Viel Zeit hatte ich nicht, das hübsche Gesicht zu scannen, ein Vorgang der bei mir vollautomatisch abläuft, wenn gewisse Voraussetzungen gegeben sind. Mag sein, dass diese Eigenheit umstritten ist, Ärger hatte ich deswegen aber noch nie, denn genauso selbsttätig wird das Gefallen auf eine Art überreicht, für die so gut wie jede Frau empfänglich ist: Mit einem Lächeln.
Frau C. R., der Name wurde jedem des Lesens Mächtigen deutlich durch einen Tresenaufsteller kundgetan, erwiderte den ‚Gruß‘ spontan und winkte mich zu sich, lauschte aber weiter sichtlich genervt in den Hörer. Ihre nonverbale Stirn-Augen-Frage beantwortete ich, indem ich auf die neue Adresse auf dem Personalausweis zeigte und ihr dann die beiden Zulassungsscheine plus den Personalausweis reichte. Dann durfte ich erleben, wie fix eine Verwaltungsangestellte ganz nebenher eine Routinearbeit erledigte während das weitaus schwerwiegendere Problem simultan weiterdiskutiert wurde. Es soll ja Menschen geben, die fühlen sich doch ein solches Verhalten vor den Kopf gestoßen, MIR nötigt eine Demonstration weiblichen Multitaskings nur Bewunderung ab. Dass sie dennoch ganz bei der Sache war konnte ich an den weit geöffneten tiefblauen Augen erkennen, in denen ich mir 1 Minute lang zu schwimmen erlaubte, dann war sie leider schon fertig, knöpfte mir den vorgeschriebenen Obolus für die Dienstleistung ab und entließ mich, wieder mit einem freundlichen Lächeln.
Wer geglaubt hat, ich ergehe mich jetzt in die Beschreibung von Vorgängen, die wohl jeder Halter eines Kraftfahrzeuges kennt, sieht sich nun getäuscht, ätschbätsch. Zu bemerken wäre lediglich, dass diese Außenstelle des Landratsamtes vom Interieur her einen zwar etwas angestaubten Eindruck macht, aber auf den altmodischen Schreibtischen stehen modernste Gerätschaften, größtenteils direkt auf die Bearbeitung der Vorlagen abgestimmt. Eine Verarbeitungsgeschwindigkeit wie die des Walzenscanners, in dessen Eingabeschlitz Frau R. meine Zulassungsscheine buchstäblich warf habe ich zuvor noch nie gesehen, da könnte sich mein oller Epson- Flachbettscanner nicht nur ein paar Scheiben sondern ein ganzes Brot abschneiden. Und DAS im öffentlichen Dienst, der doch sonst immer hinterher hechelt.
Damit war es das für ernste Gemüter, jetzt geht es mit dem persönlichen Erleben dieser Institution weiter, ein bisschen Humor ist gefragt.
Auf der Heimfahrt grübelte ich, selbstverständlich auch auf der Nebenschiene, über Melanismus beim Menschen nach und ob dieser Gendefekt bei unsereinem auch so häufig vorkommt wie im Tierreich. Denn die tiefblauen Augen von Frau R. waren von wunderschön langem und tiefschwarzem Haar eingerahmt. Diese Kombination ist ein seltenes Schönheitsmerkmal, das in Hollywood etwas konzentrierter vertreten ist als anderswo auf der Welt, wo schwarzes Haar in der Regel mit braunen, vorzugsweise sehr dunklen Augen kombiniert ist.
Ich teilte nach der Scheidung meiner ersten Ehe in Berlin mein Leben mit einem reinrassigen Katzenpaar: Sie war eine Zuchtperserin und wegen Melanismus unverkäuflich. Die Züchterin suchte händeringend ein gutes Zuhause für ihr Kätzchen und fand es bei mir. Wenig später kriegte ich von einem Freund NOCH ein schwarzes Kätzchen an die Brust gedrückt, die blauen Schielaugen wiesen es als überzüchtetes Siameschen mit Gendefekt aus, das vom Züchter im Rinnstein ‚entsorgt‘ worden war, wo es mein Freund halbtot aufgefunden hatte. Der kleine Melanist war mir in dieser schweren Zeit seiner Art gemäß ein wahrer Tröster und mauserte sich rasch zum stattlichen wunderschönen Kater mit seinen tiefblauen Augen im schwarzen Gesicht. Die beiden ‚heirateten‘ und trugen Frucht: Ein wunderschönes Beispiel von der Allmacht der Natur, die degenerative Eigenschaften in allerkürzester Zeit ausräumt: Muckel kriegte 5 ganz normal aussehende Tigerchen von der natürlichen Basisrasse felis domestica, lediglich der von beiden Elternteilen vererbte Gendefekt schlug ein wenig durch, die Kätzchen waren grau-schwarz anstatt braun-schwarz.
Was hat das mit der Mähne von Frau R. zu tun? Ganz einfach: Der Mensch kann die Farbe seines Fells dank den Segnungen der modernen Kosmetikindustrie weitestgehend selbst bestimmen. Aber warum sollte Frau R. ihr Haar färben? Um Grauhaar zu überdecken war sie viel zu jung und um sich mit aller Gewalt aufzuhübschen schien ihr Wesen viel zu natürlich. Rätsel über Rätsel, aber nicht soooo wichtig als dass es mich mehr als während der Zeit für die Heimfahrt beschäftigte.
Nicht einmal ein halbes Jahr später fand eine sogenannte Flurbereinigung statt. Die betraf uns nur insofern als dass unsere Adresse plötzlich nicht mehr Hünlishofen 2 sondern Hünlishofen 15 hieß. Also würde ab sofort jegliche Post, mit der alten Adresse versehen, auf eine der Wiesen rund um unser Minidorf zugestellt werden, was vor allem für solche, an der Fristen und Termine hingen, fatal enden mochte. Unser ‚Bürgermeister‘ versicherte, dass die Gebühr für das Umschreiben der Kfz. Gegen Vorlage dieser Mitteilung von der Stadt Leutkirch übernommen würde.
Ich also wieder zur Zulassungsstelle mit der insgeheimen Hoffnung, dass die nun aus dem Gedächtnis auftauchende Frau R. frei wäre. Dem war aber leider nicht so, also stellte ich mich vor ihrem Tresen an, die 3 Meter Diskretionsabstand taten dem visuellen Genuss keinen nennenswerten Abbruch, im Gegenteil: Sie und der momentane Kunde hatten offenbar Sprachschwierigkeiten, ihm fehlte ein Dokument und sie versuchte verzweifelt, ihm die Unmöglichkeit der Bearbeitung seines Antrages ohne dieses klarzumachen. Frau R. unter Stress, ein köstliches Erlebnis: Heute hatte sie ihr die Schläfensträhnen zu zwei dünnen Zöpfchen geflochten von den eines im Augenblick immer wieder durch die Lippen gezogen wurde und eine dementsprechend feuchte Spitze aufwies. Warum drängte sich bei diesem Anblick eigentlich die Erinnerung an eine allerdings jugendliche Ex auf, die die Gewohnheit hatte, einen Dank mit einem Schulmädchenknicks zu unterstreichen. Einfach niedlich!
Plötzlich kam von rechts eine gerufene Aufforderung, ich solle doch zu ihr kommen, sie hätte Zeit für mich. Na gut, ich löste mich von Frau R. und ging hinüber zur Kollegin. Dort angekommen dachte ich zuerst, ich begegne einem Geist: Das Gesicht der Dame hinter dem Tresen kam mir sehr bekannt vor, das Pendant saß am anderen Ende des Raumes und gestikulierte mit einem schwierigen Kunden. Der Tischaufsteller wies die Dame als S. R. aus, wobei die ausgeschriebenen Nachnamen die gleichen waren, aber das musste nicht unbedingt gleich ‚Geschwister‘ bedeuten. Aber die Ähnlichkeit war verblüffend, abgesehen davon dass die ebenfalls tiefblauen Augen von S. nicht jugendlich eingerahmt wurden sondern dass das mit Sicherheit naturblonde Haar im Nacken zu einem Dutt geknotet war. Selbst die schwungvolle Arbeitsweise war der von C. ähnlich, ganz abgesehen von der fast selbstleuchtenden Freundlichkeit.
Nein ich platzte nicht mit meinen Spekulationen heraus, wenn ich etwas hasse ist es, Verlegenheit zu erzeugen und mich damit selbst in eine noch tiefere Verlegenheit zu stürzen. Aber ich hatte wieder was Erfreuliches zum Grübeln und Spinnen.
Im Laufe der folgenden Jahre gab es aus den unterschiedlichsten Gründen Gelegenheiten, die Kfz-Zulassungsstelle aufzusuchen, meist als Folge trauriger Ereignisse wie den Totalverlust eines unserer Fahrzeuge und im vergangenen Jahr um eine inkulante Versicherung auszutricksen, deren ‚Kampfangebot‘ zum Jahresende um 200 € günstiger lag als meine Jahresrechnung auswies. Und das bei SF22 = 26%. Meine Kündigung wurde rundheraus abgelehnt, ich sei vertraglich gebunden. Soso! Da gab es Möglichkeiten, aber ich wusste nicht sicher, ob es zulässig war. Doch eine der beiden Damen R. würde mich sicherlich beraten. Es war S., die sich die Geschichte anhörte, Rechnung und Kampangebot verglich und mir mitteilte, dass wir es genauso machen würden, wie es meiner Idee entsprach:
Ich legte mein zu teuer gewordenes Auto vorübergehend still, dasselbe machte ich im Namen und Vollmacht meiner Frau mit deren Wagen. Dann wechselten wir die Eigentumsrechte und ich ließ die beiden Fahrzeuge mit überkreuzten Haltern wieder zu. Da ich über Nacht für mich eine andere Versicherungsgesellschaft als meine unehrliche alte herausgesucht und Vertrag gemacht hatte lief der Deal bereits am nächsten Tag. Das Vergnügen über diesen Vorgang war beiderseitig, ich war perfekt vorbereitet und Frau S. R. jonglierte mit den Dokumenten wie eine Akrobatin zwischen ihren Gerätschaften umher. Wir unterhielten uns nebenher über die seltsamen und oft unlogischen Gebräuche dieses Wirtschaftszweiges, plötzlich erschien C. R. auf dem Plan und die Strähne quer im Mund zeigte mir, dass ein schwerwiegendes Problem vorlag. Ich bedeute S., dass ich gerne zurückstehen würde, ich hätte viel Zeit. Natürlich sagte ich nicht, dass ich mir das Warten mit dem vergleichenden Mustern der beiden Frauen verkürzen und auch versüßen würde.
Diesmal geb es keinen Zweifel mehr und deshalb hatte ich auch den Mut, als C. sich bei mir für die Störung zu entschuldigen versuchte, die Gretchenfrage zu stellen. Die Antwort kam unisono wie aus einem Mund: „Wir sind Schwestern, das sieht man doch, oder?“ – Allerdings, und da die beiden einiges taten, um diesen Umstand durch Unterschiede im Äußerlichen vor der Öffentlichkeit zu tarnen, rollte ich nunmehr alle Beobachtungen über 13 Jahre vor mir aus und zog den finalen Schluss, den ich allerdings wieder für mich behielt: Die beiden waren eineiige Zwillinge und unterlagen Zwängen, die noch in der Erforschung sind, machten aber das Beste daraus. Ein solcher Zwang ist zum Beispiel, den gleichen Beruf zu erlernen und ein Jobangebot nur dann anzunehmen wenn es für beide gilt. Immer den gleichen sozialen Status aufzuweisen, wobei das nicht heißen soll, dass die beiden als Singles lebten, Schönheiten dieser Qualität laufen nicht lange frei herum.
In meiner frühesten Jugend, also zwischen 6 und 18 Jahren war ich ständig Erlebnissen mit einem benachbarten eineiigen Geschwisterpaar ausgesetzt. Brigitte und Barbara, oder Biggi und Babsi, wie sie allseits gerufen wurden, waren 3 Jahre älter als ich und als ich in ein Alter kam, in dem Mädels nicht mehr nur doofe Zimtziegen waren, entwickelten sich die beiden gerade zu bildhübschen Teenagern, die sich noch nicht ganz klar waren, ob man sich mit doofen Jungs prügelt oder ob man es mal mit einem Augenaufschlag probiert. Ihre alleinerziehende Mama machte sich den Spaß, ihre Töchter so auszustaffieren, dass nur sie allein wusste, wer gerade vor ihr stand. Als sie dann 17 Jahre alt waren kriegte ich durch die ähnliche Beobachtungsgabe wie später in der Leutkircher Kfz-Zulassungsstelle bei den beiden Mädels mit, wie eineiige Zwillinge ihr Liebesleben organisieren. Mit Spießermoral hat das nichts mehr zu tun. Muss ich weiterschreiben?
Um nicht permanent vom Publikum mit möglicherweise auch anzüglichen Fragen belästigt zu werden tarnte man sich ein wenig und platzierte sich an die entgegengesetzten Enden eines Großraumbüros. Es funktionierte bis dann so ein schräger Vogel wie ich daherkam, dem die eine über alle Maßen gefiel und dem einige Lichter aufgingen, als er das Beinahe-Spiegelbild im gleichen Raum nocheinmal vorfand.[verkleinern]
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