Das Sommerhaus des deutschen bildenden Künstlers John Heartfield befindet sich am bewaldeten Ostufer des großen Däbersee‘s inmitten anderer Wochenend- und Villengründstücke in Waldsieversdorf (Land Brandenburg / ca. 30 km östlich von Berlin).
Zu finden ist es dank der Ausschilderung relativ gut. Mit Parkplätzen sieht es allerdings vor Ort etwas mau aus. Von der unbefestigten Straße führt eine genauso unbefestigte /nicht barrierefreie) Zufahrt zu dem großen, mit vielen Bäumen bestandenen... weiterlesen
Grundstück, auf dem Heartfield einen Waldgarten mit 3 Gebäude errichten ließ: das Sommerhaus, das Kinderhaus und die Garage.
Heartfield (mit bürgerlichem Namen Helmut Herzfeld) wurde 1891 in Schmargendorf (damals bei Berlin) als Sohn des anarchistischen Schriftstellers Franz Herzfeld (alias Franz Held / 1862-1908) und dessen Lebensgefährtin (und späterer Ehefrau), der Anarchistin Alice Stolzenberg (1867-1911) geboren.
Wegen einer drohenden Haftstrafe des Vaters flüchtete die Familie 1895 in die Schweiz, die sie als mittellose Ausländer allerdings zu unerwünschten Personen erklärte. Daraufhin siedelte sich die Familie in der Nähe von Salzburg (Österreich) an. 1899 verließen die Eltern aus unerfindlichen Gründen ihre 4 Kinder, darunter die erst 2jährige Tochter Charlotte. Der Vater wurde ein Jahr später verwirrt bei Bozen (Südtirol / damals Österreich-Ungarn) aufgegriffen und in eine Nervenheilanstalt eingeliefert, wo er 1908 starb.
Die Kinder Herzfeld kamen unter Vormundschaft. Helmut H. begann nach Schule und einer Buchhändlerausbildung 1908 ein Studium an der Kunsthochschule München. 1912 zog er nach Charlottenburg (damals bei Berlin) zum Studium an der dortigen Kunstschule.
Mit Beginn des 1. Weltkriegs wurde Herzfeld zum Wehrdienst eingezogen. Durch eine simulierten Nervenkrankheit erreichte er 1915 die Entlassung aus dem Militärdienst. Aus Protest gegen die Englandfeindlichkeit im Deutschen Reich benannte sich Helmut Herzfeld 1916 in John Heartfield um. Zusammen mit seinem Bruder Wieland (alias Wieland Herzfelde) gründete er im gleichen Jahr den Malik-Verlag, für den er in der Folge zahlreiche Schutzumschläge und Bucheinbände entwarf. Bereits in dieser Zeit arbeitete er mit Fotomontagen, die später zu seinem Markenzeichen werden sollten.
Am Gründungstag (31.12.1918) trat Heartfield in die Kommunistische Partei (KPD) ein. Bereits im 1. Weltkrieg arbeitete er mit dem Maler George Grosz (1893-1959) und dem Theaterintendanten Erwin Piscator (1893-1966) zusammen. Ab den 1920er Jahren widmete sich Heartfield immer mehr den Fotomontagen. Viele seiner zumeist antifaschistischen und antimilitaristischen Arbeiten sind legendär … und bis heute aktuell (z.B. die auf ein Bajonett aufgespießte Friedenstaube oder das Hakenkreuz in Form von bluttriefenden Henkersbeilen).
Wegen seiner politischen Einstellung stand Heartfield natürlich auf schwarzen Liste der Nazi‘s. Nach dem Überfall der SA auf seine Wohnung flüchtete er 1933 zunächst in die Tschechoslowakei und wurde 1934 auf Beschluss der Reichsregierung ausgebürgert. Auf Grund der bevorstehenden Besetzung der Tschechoslowakischen Republik floh Heartfield 1938 mit einem tschechoslowakischen Pass über Frankreich nach Großbritannien. Hier setzte er seine Arbeit ua. im „Freien Deutschen Kulturbund“, einer Exilorganisation deutscher Künstler, fort.
Mit Ausbruch des 2. Weltkriegs wurde Heartfield, wie andere Deutsche in Großbritannien, als „feindlicher Ausländer“ eingestuft und in mehreren Lagern interniert. Während der Internierungszeit erkrankte er schwer und sollte sich nie wieder richtig erholen.Wegen des Misstrauens der DDR-Behörden gegenüber Exilanten konnte Heartfield erst 1950 nach Deutschland bzw. die DDR zurückkehren, wurde aber wie alle „Westemigranten“ verräterischer Verbindungen zu feindlichen sprich westlichen Geheimdiensten verdächtigt. Eine Aufnahme in die SED wurde genauso abgelehnt wie die Aufnahme in die Kunstakademie der DDR.
Erst 1956 rehabilitierte die SED Heartfield. Er wurde Ehrenmitglied des Verbandes bildender Künstler der DDR und Mitglied der Deutschen Akademie der Künste (später in „Akademie der Künste der DDR“ umbenannt). Später folgten Auszeichnungen ua. mit dem Nationalpreis II. Klasse der DDR und mit dem Vaterländischen Verdienstorden der DDR in Gold. 1960 wurde Heartfield Professor.
Er unternahm Studienreisen ins Ausland (UdSSR, VR China). Seine Arbeiten wurden auf zahlreichen Ausstellungen im sozialistischen und westlichen Ausland gezeigt.
John Heartfield starb 1968 an den Folgen einer Virusgrippe und wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte beigesetzt.
Bereits 1953, nach seinem 2. Herzinfarkt, besuchte Heartfield auf Anraten von Bertold Brecht (1898-1956) das ruhige und idyllisch gelegene Waldsieversdorf. Nach der Rehabilitierung konnte Heartfield ein Waldgrundstück erwerben und zu seinem Sommersitz ausbauen (lassen). Das Grundstück liegt wenige Meter vom Großen Däbersee entfernt, ist von diesem aber durch den öffentlichen Uferweg getrennt. Nach Heartfields Tod nutzte seine 3. Ehefrau und Witwe Gertrud (geb. Fietz / 1910-1983) das Grundstück bis zu ihrem Tod weiter.
Da das Erbe der Heartfields an die Akademie der Künste der DDR ging, nutzte diese das Grundstück nach 1983 als Ferienobjekt. Mit der deutschen Wiedervereinigung fiel das Grundstück an das Land Brandenburg. Nachdem die Eigentumsverhältnisse geklärt waren, erwarb 2008 die Gemeinde Waldsieversdorf den Heartfield-Sommersitz und nutzt das Grundstück seither mit dem Freundeskreis John Heartfield - Waldsieversdorf e.V. als Erinnerungs- und Begegnungsstätte.
Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.
In der Garage und dem wie ein riesiges Puppenhaus wirkenden Kinderhaus werden heute Arbeiten von Heartfield gezeigt.
Das Sommerhaus, bestehend aus Teilen einer alten Luftwaffenbaracke vom Flugplatz Strausberg, wurde 2010 saniert und restauratorisch wieder annähernd in den Zustand von 1957 bis 1968 versetzt. Das große Kaminzimmer mit dem originellen Kamin wurde wieder mit den ausgelagerten Originalmöbeln eingerichtet. In Küche und Schlafzimmer sind Arbeiten von John Heartfield sowie Souvenirs und Andenken von seinen Reisen und aus der Exilzeit ausgestellt.
Fazit: Besuchenswert. Nur von Mai bis September und nur am Wochenende geöffnet.[verkleinern]