Der Ferne Osten tummelt sich bevorzugt im mittleren Westen der Colonia. Dort finden sich am oder unweit des Aachener Weihers das mir persönlich dunkel erinnerliche Ostasiatische Seminar sowie das Seminar für Japanologie der örtlichen Hochschule. Desweiteren einige der bedeutendsten Supermärkte für den fernöstlichen Hausgebrauch, natürlich diverse 'Chinesen' und 'Thailänder', der Hiroshima-Nagasaki-Park, das japanische Kulturinstitut und direkt daneben schließlich das Museum für Ostasiatische... weiterlesen Kunst. Kurz: MOK, denn Museen stehen auf griffige Abk., vgl. MOMA, MAKK, RJM etc. ad inf.
Das MOK wurde 1913 gegründet und 1977 - japanisch modern architektiert - neu errichtet. Das Gebäude ist um einen Innenhof mit traditionellem japanischen Landschaftsgarten herum angelegt. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten wurde erst vor einigen Wochen Neueröffnung gefeiert. Da die Gesamtbestände auch in diesem Falle die räumlichen Möglichkeiten weit übersteigen, wechselt de Präsentation mehrmals im Jahr und es findet sich auch noch reichlich Material für diverse Sonderausstellungen.
Das MOK verfügt über herausragende Kulturgüter überwiegend chinesischen und japanischen, sowie koreanischen Ursprungs - und über europaweiten Weltrang. Wir finden hier Lackarbeiten, Keramiken, Gemälde, Kleidungsstücke, Bronzeskulpturen und - gefäße, Statuen aus Holz und Gestein sowie einen mit klassischen Möbeln eingerichteten chinesischen Salon vor. Und das altchinesische Glockenspiel, dessen schöner Klang per Knopfdruck auf eine nebenstehende Apparatur erlebbar wird.
Der vordere Saal ist dem Buddhismus gewidmet und mit eindrucksvollen Statuen und Bildnissen bestückt. Nicht erschrecken: die diversen Dämonen tun nix. Und das auf einigen Objekten erkennbare buddhistische Hakenkreuz ist erstens ein Symbol für Segen und Langlebigkeit und zweitens meist linksgewinkelt. Bei der nationalsozialistischen Variante gehen die Winkel nach rechts. Die Eselsbrücke zur Unterscheidung beider Symbole - abgesehen natürlich vom jeweiligen Kontext - ist naheliegend. Weiter hinten im Hause weitere respektgebietende Statuen, Beamtenporträts und eine Sänfte zum Transport derselben, also der kaiserlichen Beamten - oder auch anderer altchinesischer Würdenträger.
Eigentlich wollte ich auch dem von mir so genannten Tokugawa-sama meine Aufwartung machen. Dass im Japan-Kabinett diesmal allerdings ausgerechnet diese vordem beeindruckend arrangierte Samurai-Rüstung fehlt, schmerzt den Besucher: Und führt ohne Umschweife - nicht zur Enthauptung der verdienten Museumsdirektorin Dr. Adele Schlombs, wohl aber zu einem Drittelstern Abzug. Da hilft auch das wunderbare Tuschebildnis der Schönen Okita, Berühmtheit im Edo (neuerdings: Tokio) des 18JH nix.
Aus Korea, dem immer noch recht konfuzianischen 'Land der Morgenstille' liegen nur eine Handvoll, dafür aber exquisite Exponate, etwa eine prächtige Brautrobe vor, denen man die enge kulturelle Verwandtschaft zum Reich der Mitte ansieht.
Noch bis zum 7. September ist die Sonderschau 'Von Istanbul nach Yokohama' zu sehen. Es handelt sich hierbei um 350 historische Reisefotografien aus der Zeit zwischen 1839 und 1900. Tempel ohne Touristenmassen und Hong Kong ohne Neon - das hat schon was.
Das Foyer des Hauses ist Schauplatz der angebotenen Kurse in der japanischen Flechtkunst Kumihimo, der Teezeremonie, der Kalligraphie oder sonstigem aus dem Veranstaltungsprogramm.
Im kleinen Vortragssaal wird begleitendes Filmmaterial zu den Sonderausstellungen gezeigt oder es gelangen bei besonderen Gelegenheiten Vorträge, Tanz oder Musik zur Aufführung.
Der gut sortierte Museumsshop hält thematisch adäquate Literatur und Kunsthandwerk bereit.
Lauschiges Museumscafé im Hause und auf der Terrasse. Von dort hat man einen schönen Blick auf den Aachener Weiher und die vor kurzem erfolgreich (!) neu errichtetete Wasservögel-, Fußgänger- und Radfahrerbrücke. Nach einer elend langen Verkettung aus Planung, Neuplanung, Pfusch am Bau, Rechtsstreitigkeiten und vielerlei Provisiorien liegt die neueste Ausführung dieses Mammutprojektes jetzt aus hoffentlich dauerhaft witterungsbeständigem Bongosi-Holz vor. Ein gediegener Ort für Museumsbesucher.
Der im Verhältnis zum Ausstellungsumfang etwas hoch angesetzte Eintrittspreis und die recht kurzen Öffnungszeiten kosten leider je einen weiteren Drittelstern, aber wir sind dann immer noch bei vieren.
Standard: 9 Euro, ermäßigt 5 Euro.
geöffnet Dienstab bis Sonntag 11:00 bis 17:00. An jedem ersten Donnerstag eines Monats von 11:00 bis 22:00
Es befindet sich ein hinreichend dimensionierter Parkplatz direkt am Hause. Ansonsten Anreise per Straßenbahn Linie 1 oder 7, oder Bus Nr. 142, Haltestelle Universitätsstraße.
Ein lohnender Besuch für Alle, die sich mal außerhalb der europäischen Kunstgeschichte umtun und in angenehmem Ambiente fernöstlich weiterbilden wollen.
Nachtrag 19.06.2018
Archäologie in eigener Sache kann Verblüffendes zutage fördern - besonders auch, wenn man ein exquisites Kunstmuseum ist. Und so begub es sich, dass ein Großteil der hauseigenen Sammlung (2.000 Objekte!) japanischer Farbholzschnitte sowie illustrierter Bücher nunmehr erstmalig der andächtigen Betrachtung zugeführet wurde. Andächtig nur zum Teil, denn einige Werke, etwa zur Schauspiel- oder Liebeskunst sorgen durchaus auch für Heiterkeit beim semibeflissenen Vertestungsduo. Bitte halten Sie dabei etwas Abstand zum eloquent dauerdozierenden Privatgelehrten aus dem Rentnergrupetto (der hat wohl noch bei Hokusai-san mitgeholfen) Dass die Ausstellung ziemlich lohnend ist, mag man der unvermeidichen Bilderflut entnehmen, die hier etwa ein Achtel des Gesamtvolumens vorwegnimmt.
Gegen Ende leidet das Semi-Kontemplative etwas, denn die budgetierten zwei Stunden bis Toresschluss erweisen sich als völlig unzureichend. Zweitbegehung bis 30.09. mithin wahrscheinlich.
Eintritt inzwischen 9,50 ermäßigt 5,50 Euro. Tokugawa-sama ward leider wiederum nicht gesehen und bewacht demnach wohl immer noch die umfänglichen Depotbestände im nichtöffentlichen Teil des Hauses....
mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas[verkleinern]