Als (ansatzweiser) Chinakenner tut man sich doch etwas schwer, in diesem unserem Lande - Hochburg glutamatlastiger, gnadenlos entschärfter und also bestenfalls pseudonesischer - ähem - Kochkunst eine Empfehlung auszusprechen. Das Lao Xiang zu Prenzlberg, Zufallsentdeckung auf der Suche nach einer adäquaten location für den Freitags-warm-up-gig zum golocalen Berlin-Event, kommt in sofern einem eklatanten Glückstreffer gleich.
Schon beim Spinxen durch Fenster und Glastür macht das Lokal... weiterlesen
einen recht erfreulichen Eindruck, so dass unsere Viererbande keinerlei Skrupel hat, dasselbige dann auch zu betreten. Die mannsgroße Tonsoldaten-Nachbildung am Eingang kuckt halbwegs freundlich, im Gastraum dominiert dunkles Holz und Schnitzwerk. Die Stühle im Hauptraum sind mit altrosa dünnem Stoff bespannt, was sogleich Reise-Erinnerungen im Reich der Mitte erweckt. Der - natürlich unvermeidliche - China-Kitsch hält sich in erträglichen Grenzen. Die elegant schwarzgewandeten und durchweg anmutigen Damen des Hauses tragen zum gediegenen Gesamteindruck bei.
Das Lokal ist an diesem Abend mäßig besucht und blitzartig werden wir mit den opulent bebilderten Speisekatalogen versorgt. Dort findet man neben vielen alten Bekannten auch seltene Spezialitäten wie Fischbällchensuppe, Aal im Tontopf oder Salat vom Schweinemagen. Das Preisniveau liegt etwas über dem Durchschnitt, bleibt aber im absolut sozialverträglichen Rahmen - besonders wenn man das Volumen der aufgetischten Portionen ins Kalkül zieht. Die Pekingente für 4 Personen schlägt mit 88 Euro zu Buche - übrigens eine chinesische Glückszahl.
Für uns wurden aufgetischt: Kokosmilch - Suppe, verschärfter Rindfleischsalat, doppelt gebratenes Rindfleisch, Schweinefleisch in gebackenen Auberginen, Schweinefleisch süß-sauer, Grünkohl mit Pilzen - wie üblich wird alles gegenseitig probiert. Einhelliges Lob für die wahrhaft authentische Kochkunst. Meine Schweinerippchen-Suppe ist geschmacklich sehr wohlgeraten, doch erweisen sich die darin enthaltenen Knochensegmente als etwas 'mafan' - lästig. Ich bewundere die Chinesen dafür, dass sie solches, oder auch die nervigen Minigräten diverser Fischspezialitäten mit der Zunge separieren können, ohne sich ständig beim Essen in die Mundhöhle zu greifen. Aufgrund zuvor unfallfrei angewandtem Restchinesisch erhält der Autor ungefragt Ess-Stäbchen anstelle irgendwelcher Barbarenwerkzeuge vorgelegt - bejeistat! Dem Ingwertee bzw. der Apfelsaftschorle des anwesenden Kollegiums kann ich nichts abgewinnen - daher leckeres Warsteiner im großen ('da de') und kleinen ('xiao de') Gebinde.
Aufgrund der hocherfreulichen und seltenen Qualität des Speisenangebotes fällt das zwischendurch ganz leicht zeitverzögerte Auftischen desselben nicht weiter ins Gewicht. Fünf Sterne also - genau wie auf der chinesischen Staatsflagge.
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir T.[verkleinern]