Früher genügte z.B. in der DDR meist ein Denkmal: „Den Opfern des Faschismus“ für alle Opfergruppen der braunen Terrorherrschaft. Obs in den alten Bundesländern ähnlich war, vermag ich nicht zu sagen.
Heute hätte jede Opfergruppe gerne ihr eigenes Denkmal – ein legitimes Ansinnen.
Eine solche Gruppe sind die Homosexuellen, seit Jahrhunderten verfolgt, diskriminiert und ausgegrenzt. Die schlimmsten Auswüchse dieser Verfolgung gab es im Deutschen Reich der Nationalsozialisten von 1933 bis... weiterlesen
1945.
Für die Nazi’s war Homosexualität, vor allem von Männern, unvereinbar mit ihrer Ideologie und wurde nach der Machtergreifung als Gefahr für den Staat definiert.
Nach der Ermordung des schwulen SA-Führers Ernst Röhm (1887-1934 erschossen) während des sogenannten „Röhm-Putsches“ begann mit deutscher Gründlichkeit die systematische Verfolgung von Homosexuellen. 1936 richtete der Reichsführer SS und Reichsinnenminister Heinrich Himmler (1900-1945 Selbstmord) die „Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung“ ein.
In den Jahren der braunen Diktatur wurden im Reichsgebiet 100.000 schwule Männer polizeilich erfasst, tausende gerichtlich verurteilt und ca. 10.000 landeten mit dem Stigma „Rosa Winkel“ in Konzentrationslagern. Vermutlich zwischen 5.000 und 6.000 kamen in den KZ’s ums Leben. Genaue Zahlen gibt es nicht, da die Buchführung der Nazi’s bei diesem Personenkreis ungenau ist.
Schwule wurden ua. Opfer von Zwangskastrationen und fragwürdigen medizinischen Experimenten. Uneinsichtige sollten umerzogen oder vernichtet werden. Die Liste der Grausamkeiten ist lang.
Nicht nur schwule Männer waren von den Verfolgungen betroffen, sondern auch lesbische Frauen. Allerdings galt bei ihnen der berüchtigte §175 des Strafgesetzbuches nicht. Sie wurden meist wegen asozialem Verhalten, Prostitution, sexuellem Missbrauch, Erregung öffentlichen Ärgernissen und vielen anderen Anklagepunkten verhaftet, angeklagt und verurteilt. Auch lesbische Frauen kamen ins KZ und dort ums Leben. Genaue Opferzahlen liegen bei den Frauen allerdings nicht vor.
Man muss allerdings auch sagen, dass Verfolgung und Ausgrenzung von Schwulen und Lesben nicht mit dem III. Reich endete. Beide deutsche Staaten übernahmen den §175 in ihre Strafgesetzgebung.
Erst 1968 schaffte die DDR den Straftatbestand der Homosexualität ab. In der BRD erfolgte dieser Schritt erst 1994.
Vorurteile, Gewaltakte, Intoleranz und Diskriminierung gegen Schwule und Lesben sind bis heute an der Tagesordnung, nicht nur in Deutschland, sondern zum Teil mit schlimmeren Handlungen, weltweit.
Mit der Emanzipation der schwul-lesbischen Szene in den letzten Jahren und Jahrzehnten wurden auch die Forderungen nach einem eigenen Denkmal für deren Opfer in der NS-Zeit laut.
Es sollte aber bis 2009 dauern bevor in Deutschland ein entsprechendes Denkmal errichtet wurde.
Der Standort des Denkmals ist im östlichen Teil des Großen Tiergarten Berlin nahe Ebertstraße und Holocaust-Denkmal.
Entworfen wurde das Denkmal im Rahmen eines Wettbewerbs im Jahr 2006 vom dänischen Künstler Michael Elmgreen (*1961) und seinem norwegischen Partner Ingar Dragset (*1969).
Geschaffen haben die Beiden ein grau-schwärzliches Betonmonster, dass aussieht wie eine überdimensionale Radarfalle der Polizei.
Einzige Öffnung ist ein kleines Fenster auf der Ostseite. Beim Blick in den Betonquader erkennt man nicht viel. Es läuft wohl eine Endlosvideosequenz. Bei meinem Besuch war eine auf der Straße liegenden Gruppe Männer im Hintergrund und ein sich küssendes schwules Paar im Vordergrund zu sehen.
Was soll uns dieses Denkmal vermitteln?
Den Eindruck eines Darkrooms?
Die lange Zeit verborgen gelebte gleichgeschlechtliche Sexualität?
Eingeweiht wurde die Scheußlichkeit moderner internationaler Denkmalkultur im Jahr 2009.
Wie nicht anders zu erwarten, wurde das Denkmal seither mehrfach Ziel homophober und/oder rechtsradikaler Angriffe mit Beschädigungen des Denkmals. Als Konsequenz ist der Denkmalbereich heute dauerhaft videoüberwacht.
Meine Meinung: Für die Sache an sich 5 Sterne, für die denkmalkünstlerische Umsetzung 1 Stern – macht zusammen 3 Sterne.
Lieber kein Denkmal als so einen Goliath-Blitzerkasten in der Landschaft. Wie gesagt – meine ganz persönliche Meinung zur künstlerischen Umsetzung und nicht zum Gedenkort an sich.[verkleinern]