Wer zählt die Biere, nennt die Namen, die süffig hier zusammenkamen."
Sehr frei nach einem Spruch aus "Die Kraniche des Ibykus" vom Dichterfürsten Friedrich von Schiller möchte ich eine kleine Reihe von Bewertungen über Brauereien beginnen.
Weniger über die ganz Großen, welche ihre Produkte in so ziemlich jedem Getränkemarkt des Landes präsentieren, sondern über kleine bis mittelgroße Produzenten, die sich der Bierherstellung unter dem neudeutschen Oberbegriff "Craft-Beer" verschrieben haben,... weiterlesen
aber auch durchaus einfach nur Pils, Helles oder Bockbier brauen.
Im Ruhrgebiet mit seinen unzählig vielen Einwohnern wird sicher viel Bier getrunken. Daher ist es nicht verwunderlich, hier einige große Brauereien vorzufinden.
Seit 1844 gehört die Brinkhoffs Brauerei dazu. Alles begann in einer Bäckerei (!) mit zugehöriger Schankstube. Das Bier wurde an Ort und Stelle gebraut. Der damalige Name lautete "Das weiße Pferd".
Fritz Brinkhoff als Namensgeber für Biere kam erst später ins Spiel. Er wurde 1848 in Bochum geboren, Eltern und schon die Großeltern betrieben eine Mälzerei. Der kleine Fritz wuchs also schon direkt ins Brauwesen hinein und erlernte fast folgerichtig den Beruf des Brauers.
Nach der Ausbildung ging er zu einer Brauerei nach Dortmund und "erfand" sozusagen das helle Bier auf Basis der Pilsner Brauart. Seine Sude hatten das gewisse Etwas, das Bier fand großen Anklang bei der Kundschaft.
Finanzstarke Investoren kauften sich in die Brauerei ein, die in den Jahrzehnten stetig wuchs und den Namen Dortmunder Union Brauerei erhielt.
Fritz Brinkhoff wurde als technischer Leiter zu guten Konditionen eingestellt und war fortan für die Qualität des Bieres zuständig.
Das noch heute nach den alten Rezepturen gebraute Brinkhoffs-Bier entstand durch einen Irrtum. Ein sogenannter Fehlsud, nach den Maßstäben des Braumeisters also nicht ganz seinem eigentlichen Rezept entsprechend, wurde versehentlich ausgeliefert und fand beim Abnehmer großen Anklang ob seines wohlfeilen Geschmacks. Brinkhoffs No. 1 war geboren.
Die Brauerei selbst zog aus Platzgründen um, wurde im 2. Weltkrieg größtenteils zerstört, danach wieder aufgebaut. Es erfolgte 1994 die Übernahme der Ritter-Brauerei Dortmund, womit es eine Kapazitäts- und Namenserweiterung gab, gleichzeitig ein erneuter Umzug der Brauerei an den Standort von Ritter.
Seit 2002 heißt die Brauerei nun Brinkhoff und seit 2006 braut man das Bier in der Dortmunder Actien Brauerei. Weiter Infos zu geschäftlichen Umstellungen ( ich sage nur "Brau & Brunnen" ) spare ich mir an dieser Stelle.
Die Gebäude der alten "Union" existiert nicht mehr und wurde abgerissen. Lediglich das siebenstöckige Gebäude mit dem für Dortmund markanten goldenen "U" auf dem Dach blieb erhalten und wird heute u.a. als Museum genutzt.
Die Biere aus der Brinkhoff Brauerei Dortmund gehörten mit zu den ersten, die ich zur Wendezeit ab 1990 in der ehemals größten DDR der Welt probieren konnte.
Die Außendienstmitarbeiter waren, als es dann ging, sofort zur Stelle und sehr rege.
Und so habe ich noch heute einen Flaschenöffner von Brinkhoff in Gebrauch, der mir vor mehr als 30 Jahren als Werbegeschenk überreicht wurde ( siehe Foto).
Brinkhoff setzte sich im sächsischen Absatzgebiet nicht wirklich durch und blieb eine Marke ohne bleibenden Eindruck. Zu viele Brauereien buhlten um die Gunst der ostdeutschen Biertrinker, die ab 1990 mal "richtiges" Bier trinken wollten.
Heute gehört die Brinkhoff Brauerei, Ironie der Geschichte, zur Radeberger Gruppe. Das ist ein Unternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main, welches ein Teil der August Oetker KG in Bielefeld ist.
Mit mehr als 80 Marken , Biere und alkoholfreie Getränke, unter einem Dach ist die Radeberger Gruppe Marktführer in Deutschland und weltweit auf Platz 23 der größten Bauereigruppen.
Der Name indes stammt von der Radeberger Brauerei in Radeberg nahe bei Dresden.
Einstmals königlicher Hoflieferant in Sachsen .
Genug zu den Umständen, das Brinkhoff zwar noch selbst Bier unter eigenem Namen in Dortmund braut, vertriebstechnisch aber einem viel größerem Unternehmen untersteht.
Ich erinnere mich, das es die Brinkhoff-Biere damals in grünen Flaschen gab.
Für DDR-Bürger ein NoGo ( wie man heute so denglisch sagt). Wenn immer die Möglichkeit bestand, wurde Bier prinzipiell aus braunen Flaschen getrunken. Bier in braunen Flaschen hält länger und wird nicht schlecht, sagte man so.
Den grünen Flaschen haftete der Ruf an, minderwertiges "Bauarbeiterbier" zu enthalten. Warum ? Weil Bauarbeiter angeblich Bier früh mit auf die Baustelle nahmen und nachmittags zum Feierabend alle Flaschen leer waren. Es konnte also nichts wegen der grünen Farbe verderben.
DDR-Geschichte...
Aktuell gibt es das Brinkhoff-Bier immer noch in grünen Flaschen, die Flaschenfarbe hat also augenscheinlich weder der Brauerei noch dem Bier geschadet.
Ich entdeckte die vorrätigen Flaschen "Brinkhoffs" in einem Verbrauchermarkt von der größeren Sorte, dort gibt es immer viel mehr Biersorten als in den eher mit kleinem Sortiment arbeitenden Discountern.
Es wäre mir kaum aufgefallen, wären nicht die Etiketten ganz besonders gestaltet.
Ich habe mal zwei davon als Fotos eingestellt.
Brinkhoffs legen viel Wert auf Regionalität und daher spielt logischerweise das Ruhrgebiet eine große Rolle. Seien es spezielle Etiketten oder Gestaltung von Bierdosen in groß ( 5 Liter ) oder klein ( 0,33-0,5 Liter ), man lässt sich was einfallen. Natürlich immer mit Bezug auf das Umfeld.
Als Sponsor tritt die Brauerei in Sachen BVB Dortmund in Erscheinung, ansonsten ist so ziemlich alles, was im Ruhrgebiet erwähnenswert ist, interessant.
Hier in Sachsen war es nicht erhältlich, hätte ich es gewusst, so eine BVB-Bierdose mit 5 Litern wäre garantiert bei mir gelandet.
Nun begnüge ich mich in vollster Zufriedenheit mit der aktuell 5. Ausgabe der "Ruhrgebiet-Edition".
Die Etiketten sind gut gestaltet und stellen insgesamt 38 Motive von Städtenamen im Comicstil vor. Von den Flaschen durch einen speziellen Kleber leicht ablösbar sind auf der Rückseite Infos zur jeweiligen Stadt zu lesen.
Gefällt mir ausgesprochen gut. Nach den ersten beiden Flaschen mit Bochum und Castrop-Rauxel werde ich mich wohl demnächst weiterhin genüsslich durch das Ruhrgebiet trinken.
Das Bier ist jedenfalls untadelig, schöne Farbe, guter Geschmack. Ich habe absolut nichts auszusetzen. Danke postum an Ur-Braumeister Fritz Brinkhoff ( gest. 1927 ) für das gute Bier und danke an die heutige Brinkhoff Brauerei, Regionalität zu bewahren und zu fördern.[verkleinern]