Erlebnisgastronomie… was für eine seltsame Welt - oder auch: Lang zu bei Wang-Su !
Mein Mann und ich trieben uns in den hintersten Winkeln Lübecks herum, um die golocal-Datenbank fototechnisch auf den neuesten Stand zu bringen. Mitten im tiefsten Gewerbegebiet entdeckten wir plötzlich einen imposanten Neubau, vor dem große Elefanten prangten. Das Wort Showcooking an der Fassade erregte die Aufmerksamkeit meines Mannes, und da wir ziemlich neugierige Menschen sind, beschlossen wir, demnächst... weiterlesen
dort einen Besuch zu wagen.
Ein paar Tage später war es soweit: an einem Freitag Nachmittag gegen 15 Uhr betraten wir das weitläufige Lokal, wurden sofort nett begrüßt und an einen Tisch geführt.
Speisekarten brauchten wir nicht, denn ein gigantisches Büfett lockte, günstig im Preis weil gerade Happy Hour (10,90 pro Person). Während mein Mann den ersten Gang tätigte, schaute und hörte ich mich gründlich um. Es waren einige Gäste anwesend, aber das Lokal wirkte dennoch nur spärlich besetzt, weil es eben sehr groß ist. Dafür gab die Kulisse einiges her: Geschirrgeklapper mischte sich mit Panflötengedudel vom Feinsten, eifrige Kellner huschten hin und her, Wassergeplätscher aus dem hauseigenen Bach vermittelte Idylle, diverse Fische tummelten sich dort in Greifnähe, durften aber natürlich nicht berührt werden, was ein krude verfasster Zettel dem aufmerksamen Gast mitteilte.
Auf dem Tisch ein Kästchen mit Klammern, welche man für das Showcooking benötigt: Man wählt rohe Lebensmittel aus, befestigt eine der Klammern am Teller und reicht diesen dann dem Koch, der daraus etwas (hoffentlich Schmackhaftes, kommt auf die Zusammenstellung an) brutzelt.
Mein Mann kehrte fröhlich mit einem Teller voller Sushi zurück, und ich durfte los, "jagen" gehen.
Zuerst verschaffte ich mir einen Überblick. Bloß nicht übereilt wählen, schließlich befand sich an jedem Tisch ein Hinweis, man solle nur soviel nehmen, wie man auch wirklich verspeise. Grundsätzlich sehr begrüßenswert, denn weggeworfene Lebensmittel machen wirklich keinen Sinn.
Für den Einstieg gefiel mir ein Salat, umlegt von ein paar Sushi. Als ich jedoch mit meinem Teller am Tresen stand und die Auslagen unter die Lupe nahm, verging mir der Appetit auf Salat: welke Blätter kringelten sich traurig in den Schüsseln und wollten mir gar nicht gefallen. Also Rohkost. Wacker griff ich nach dem Löffel, der in den geraspelten Möhren steckte. Beim Anheben desselben stieg eine kleine Schar Fruchtfliegen empor… Unnötig zu erwähnen, dass nun auch die Möhren von mir verschmäht wurden. Dann eben keine gesunden Vitamine, sondern gleich Proteine. Im Stillen hoffte ich sehr, mir nicht mit irgendeinem alten Stück Tier den Magen zu verderben. Aber an so etwas darf man beim Essengehen nicht zu intensiv denken, deswegen beschloss ich, einfach darauf zu vertrauen, dass lediglich der Salat unfrisch daher kam.
Mein Teller war voll mit frittiertem Gemüse, Wan Tans, Frühlingsröllchen und Sushi, als ich an unseren Tisch zurückkehrte, wo mein Liebster mit dem Essen auf mich wartete. Er lobte die leckeren Sushi, welche mit Avocado und saurer Gurke gefüllt waren. "Besser als Fisch", dachte ich, "damit geht ganz bestimmt nichts schief." Mein Haufen Frittiertes schmeckte nicht besonders, eher fad, dafür aber nicht wirklich heiß. Zum Glück gab es verschiedene Soßen, mit denen ich den dicken Teigklumpen ein wenig pikante Würze verpassen konnte.
Zweiter Gang, nun durfte ich zuerst losgehen. Mit einer der Klammern bewaffnet begab ich mich zu den rohen Zutaten. Meeresfrüchte ließ ich direkt links liegen. Nichts vergiftet so nachhaltig wie eine schöne Muschel, die das Wasser zu lange nicht sah. Also Känguru, dazu Zuckerschoten, Sojasprossen, Brokkoli und eine pikante Soße in einer kleinen Extraschüssel. Versehen mit der Klammer überreichte ich dieses Gemisch dem Koch, der mir mitteilte, man würde mir den Teller am Tisch servieren. Das ging schnell, und so konnte mein Mann direkt durchstarten. Er kehrte mit diversen warmen Leckereien zurück. Mein Känguru-Teller wurde gebracht, und was ich mir da zusammengestellt hatte, schmeckte ganz gut (und war vor allem richtig heiß, im Gegensatz zu den Büfett-Auslagen).
Benutztes Geschirr wurde gewissenhaft und flott abgeräumt, das gefiel uns gut. Nichts ist unangenehmer, als vor einem Stapel abgegessener Teller zu sitzen. Ansonsten war das Personal ständig damit beschäftigt, das Büfett in Ordnung zu halten und Verbrauchtes sofort zu ersetzen. Auch das gefiel uns sehr - obwohl sich dadurch die drängende Frage aufwarf, warum der Salat sich dann in solch einem Zustand befinden konnte…
Dritter Gang: Nachspeisen. Frische Ananas und wieder Frittiertes, dieses Mal Banane, Apfel und Milch, alles in dickem Teig, mäßig warm und mittelmäßig lecker. Meine Bananenstücke wiesen alle dunkle Stellen auf, aber egal, ist ja nur Obst. Mein Mann holte sich noch eine Schüssel voll Wackelpudding, dazu Eis und Vanillepudding - und dann war Schluss, es passte kein winziges Krümelchen mehr in uns hinein. Wir zahlten und entrannen der Panflöten-Folter, die sich gen Ende hin zur echten Belastung entpuppte. Auf dem Parkplatz rieben wir unsere übervollen Bäuche und stellten einstimmig fest, dass wir schon bessere Büfetts genossen hatten.
Fazit: Viel ist nicht automatisch auch gut ![verkleinern]