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„Wenn wir Freude am Leben haben, kommen die Glücksmomente von selber.“ Ernst Ferstl
Besuche einer Stadt, wenn diese mehrere Jahre dazwischen liegen, kann selbst erkennen, welche Veränderungen sich seitdem ergeben haben. In dem Fall, wie man es sich vorstellen kann, handelt es sich um das sächsische Meißen. Es war schon spannend zu beobachten, wie die kleinen Häuschen aus ihrem „Dornröschenschlaf“ erweckt wurden und sich zu wahren Schmuckstücken entwickelt haben. Sollte man, wie ich über eine... weiterlesen Portion Neugier verfügen, wird man jenseits solcher historischer Fassaden wirklich überraschendes finden! Man muss nur Augen und Ohren „offen“ halten, um was „Verborgenes“ und wirklich spannendes dabei „zu Tage fördern“ (nicht wie zuvor nach Anbruch der Dunkelheit ;-) )!
Freude ist ein Gefühl, das sich kaum in Worte fassen lässt! Es kann sich auf ein Ereignis sich beziehen, wenn man „erfolgreich“ irgendwo gewesen ist oder einfach eine grundsätzliche Lebenseinstellung beinhalten. Genau so, wenn man angestrebtes Ziel erreicht hatte, einem etwas so gut gefällt, das man (im übertragenen Sinne) die Welt „umarmen“ möchte. Jeder definiert es anders und hat so seine „Bilder im Kopf“, die in den Sinn kommen! Es kann ein Kinderlachen sein, der Regenbogen (bzw. mehrere – wie ich sie vor kurzem gesehen habe) nach einem starkem Gewitter, bzw. jeder Art von „Fressalie“, die einem in den Sinn kommt! Die Liste könnte man endlos fortfahren und sie wäre sicherlich (individuell gesehen) nicht vollständig!
In der Vergangenheit gab es Zeiten, wo nicht die „Wespentaille“, sondern deren Gegensatz – Leibesfülle als ein Zeichen des Wohlstandes und einer „gehobenen Esskultur“ angesehen wurde. Man stellte zur Schau, dass man sich so ein „exklusives“ Lebensstil leisten konnte. In international renommierten Sammlungen, Museen kann man solche Darstellungen in Großformat auf Leinwand verewigt, (was so ein „Status“ um so mehr bekräftigte – selbst ein Handwerksmeister müsste für den Gegenwert mehrere Jahre „schuften“ müssen…) damit jeder sofort merken sollte, wie „wichtig“ man selbst ist.
Heute hingegen, wenn man aber von solchem „Schlankheitsideal“ deutlich abweicht, dann wird man als undiszipliniert, verfressen und faul „abgestempelt“. Es entsteht dennoch eine Diskrepanz, denn gleichzeitig werden mollige Menschen als kontaktfreudig, gesellig und herzlich empfunden. Wie so häufig kann sich beides als zutreffend erweisen, je nach dem mit was für einem Individuum man es zu tun hat! Das Leben ist bunt, mit vielen Facetten darunter, die eine solche „Waagschale“ in die eine oder andere Richtung bewegen könnte.
Wenn man sich die Werke von Lothar Sell (1939 – 2009), nach dem dieser Brunnen benannt worden ist, anschaut, wird man feststellen, dass sie jener Beschreibung entsprechen, die ich zuvor geschrieben habe. Im Internet habe ein wunderbares Zitat von ihm selbst gefunden, der sich so darüber geäußert hat: „Das Leben ist garstig genug. Was soll ich die Leute mit meinem Seelenquark langweilen. Etwas Spaßiges ist mir lieber.“ Die Figuren, die man im Meißner Zollhof bewundern kann, wirken auf mich, wie die Verkörperung der Lebensfreude selbst! Kenne nichts vergleichbares wie das was dieser ungewöhnliche hier einem aufzeigt. Wie viele seiner anderen Arbeiten wurde auch diese aus Terrakotta angefertigt. Bis auf wenige Ausnahmen sind seine Schöpfungen her als beleibt zu bezeichnen.
Lothar und sein Bruder Roland Sell haben bereits in sehr frühen Jahren ihre Eltern verloren. Sie sind bei einer Verwandten in einem Ort in Landkreis Potsdam-Mittelmark in Brandenburg aufgewachsen. Nach dem Abi 1957 studierte Lothar bis 63 an der Dresdner Kunsthochschule. Danach war er freischaffend in Meißen tätig. Wenn man sich seine Vita anschaut, wird man feststellen, dass neben den bereits erwähnten Skulpturen auch das Grafische sein „Metier“ gewesen ist. Habe lange gesucht, dennoch nichts konkretes gefunden, dass die Illustration zu den Fächern gehört haben könnte, die bei der vorhin aufgeführten Ausbildung als ein Schwerpunkt zu nennen sei…
In den ehem. Ostblockstaaten war selbst Kunst, Politik mit anderen Mitteln. Für einen Außenstehenden / Nachfolgegeneration kann das mitunter schwer verständlich sein. Heutzutage sind Interessenverbände eine Unterstützung auf verschiedenen Gebieten. Bis zur Wende in der DDR war es praktisch unumgänglich, wenn man beruflich (nicht nur als Künstler) auf öffentliche Aufträge gewiesen war, einer solchen Organisation beizutrten (s. auch unter: https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/autonome-kunst-in-der-ddr/55784/ddr-kunst-im-kontext-von-geschichte-politik-und-gesellschaft). Im Fall von Sell war es die sog. „Verband Bildender Künstler“ (VBK). Seit 1966 war er deren Mitglied gewesen. In etwa in die gleiche Zeit fällt, sein (erneutes) Studium bei Prof. Hans Theo Richter (7. August 1902, Rochlitz - 14. September 1969 Dresden) aber dieses mal in Berlin. Was mich ein wenig überrascht hatte, dass Lothar selbst bis 1988 „Industriedesign“ – neudeutsch ausgedrückt mit Schwerpunkt Porzellangestaltung in Halle / Saale „vermittelt“ hatte. Zusätzlich in Meißen ebenfalls an interessierte Laien (als Bemalung) getan hatte!
Noch zu Lebzeiten hatte Sell Ausstellungen im In- und Ausland abgehalten. Genaue Angaben konnte ich nicht herausfinden. Als freischaffender Künstler hat er zahlreiche Werke im öffentlichem Auftrag geschaffen. Zu finden sind sie unter anderem in seiner Geburtsstadt Treuenbrietzen, eine weitere Skulptur gibt es in Eisenhüttenstadt und nicht zuletzt dieses, das hier im Mittelpunkt steht!
Eine persönliche Wende gab es nach der selbigen: ab 1990 war er als Kommunalpolitiker in Meißen tätig gewesen. Auf sein Engagement gehen verschiedene Veranstaltungen, Initiativen zurück. Wer sich damit umfassender damit befassen möchte, da möchte ich auf regionale presse in der Region verweisen, die es bestens beschrieben hatte.
Wenden wir uns dem Brunnen zu. Trotz das dieser in einem Innenhof steht, nimmt er Bezug auf die Geschichte der Stadt Meißen. Es ist ein Objekt, das mit viel Liebe zum Detail gestaltet wurde. Bei so vielen sichtbaren Teilen wurden sie nacheinander miteinander verbunden, um die sichtbare Stadt zu Füßen der beiden Figuren deutlich zu machen. Jene historischen Bauten, die seit dem Mitaltalter sich erhalten haben, bilden den Grundstock des Brunnens. Man muss sich Zeit nehmen, um diese zahlreichen Details auf sich wirken zu lassen, als auch sie optisch zu erfassen! Es ist eine sehr lustige Darstellung! Dennoch was mich ein wenig irritiert, sind die (weiß nicht wie ich es am besten umschreiben soll…) klobigen Gliedmaßen. Das ist auch der Grund für die kleine Abwertung. Solle man sich diese ungewöhnliche Stadt anschauen, dann gehört dieser 1998 feierlich eingeweihte Lother-Sell-Brunnen aus meiner Sicht dazu![verkleinern]