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Das Allgäu und die "doitschen" Alpen haben sich ja in den letzten Jahren recht erfolgreich vom Gamsbartimage mit rotkarierten Socken und Stocknagel-Sammelbildchen-übersäten Holzwanderstock emanzipiert.
Heute muss der jungdynamische Wanderfex im Gore-Tex-Gesamtkörperkondom vom atmungsaktiven Bergstiefel bis zum Trinksaugrucksack weniger den Steinschlag als die rowdyhaften Downhiller auf ihren Mountainbikes mit Akkuantrieb (glucks.... ;-) fürchten, die auch noch den steilsten Klettersteig... weiterlesen heruntergesaust kommen und leider die buntgewandeten Wandersleut mit Lust als bewegliche Slalomstangen nutzen....
Die Mindelheimer Hütte auf 2058 oder auch 2013 oder auch auf einer anderen ähnlichen Höhe gelegen (keiner scheint es komischerweise genau zu wissen), ist einer der Hotspots der neuen Wanderergeneration oder den Kletterern auf dem beliebten Mindelheimer Klettersteig.
Geöffnet nur von Mitte/Ende Juni bis in den frühen Oktober hinein, ballen sich zu Spitzenzeiten dort über 100 Übernachtungsgäste und laben sich an der schönen Allgäuer Bergwelt und der guten Hüttenküche.
Nicht dass der Aufstieg einfach ein Spaziergang wäre, Straße, Seilbahn oder ähnliche Hilfsmittel für fußlahme Mitteleuropäer sind nicht im Angebot.
Mein Weg führte aus Mittelberg/Kleinwalsertal von 1200 Metern über die Kemptner Scharte in 2108 Meter in gut 4 Stunden zur Hütte.
Der Weg führt durchs Wildental mit guten Wanderwegen am Anfang, steilen Stücken in zunehmender Höhe und Kletterabschnitten in der letzten Felswand, die mit Dauerseilen gut gesichert sind. Schwindelfreiheit und gute Trittsicherheit sind trotzdem nicht von Schaden.
Die Mindelheimer Hütte, seit 1920 in wechselnder Größe vom Alpenverein betreut und bewirtschaftet, ist mit 120 Schlafplätzen eine vergleichsweise große Hütte, die in einer guten Saison von nur cirka dreieinhalb Monaten auf bis zu 9000 Übernachtungsgäste kommt.
Das Haus ist kein Hotel:
Die Massenwaschräume sind spartanisch (nur kaltes Wasser), warme Duschen sind hingegen Mangelware und geschlafen wird im Bettenlager... Vierer-Stockbetten oder Minibetten direkt auf dem Boden... da werden dann schon mal vierzehn Leute zu einer Schnarchgenossenschaft....
Bettruhe ist da geräuschtechnisch kaum vor 22 Uhr denkbar, die ersten packen dann bereits vor halb sechs Uhr morgens geräuschvoll, räumen das Feld und lassen jeden Wecker vergessen...
Das Frühstück wird von 6.30 - 8.00 Uhr angeboten.
Für Bircher- oder normales Müsli oder Graubrot mit Marmelade oder upgegradet mit zwei Rädle Wurst und Käse muß angestanden und bis zu knapp 6 Euro gelöhnt werden.
Das Auffüllen der eigenen Trinkflaschen für den Weiterweg ist auch kostenpflichtig....
Herrlich hingegen ist die zugehörige Terrasse bei schönen Wetter.
Hier hat man einen wunderbaren Rundumblick und kann sich nach der Ankunft und den schweißtreibenden Aufstiegsstunden so richtig großartig und erhaben fühlen....
Das erste Kaltgetränk nach lauwarmer Siggflaschen-Brühe ist auch nicht zu verachten und rausgeschwitzte Kalorien können mit Käskuchen oder lauwarmem Apfelstrudel sofort wieder ersetzt werden.
Sehr überzeugend ist das abendliche Essensangebot.
Erstens wird es den müden Helden an den Tisch serviert und zweitens es schmeckt und das nicht nur weil jeder so wie so Hunger hat!
Basis fast aller Angebote sind die selbstgemachten (!!!) Spaghetti und Spätzle oder die hausgemachten Maultaschen mit Kalbfleischfüllung.
Fleisch, Wurst oder Käse sind von umliegenden Höfen, selbst das Bier ist von einer regionalen Kleinbrauerei... sehr löblich und sehr schmackhaft!
Nur die auch georderte Nudelsuppe war ein wenig fad gewürzt.....
Aber ansonsten einfach klasse!
Am nächsten Morgen, nach kurzer Nacht und einem großen Schnarchkonzert im Massenlager, war das Wetter großartig und der ein wenig müde Wanderer machte sich auf den über sechs stündigen Auf- und Abstieg übers Geishorn und vorbei am Widderstein wieder hinab ins Kleine Walsertal mit Murmeltier-, Gemsen-, Adler- und Steinbockbeobachtung.
Dank an die Tourismusbehörde für die Bereitstellung der Alpentiere!
Gruß Schroeder[verkleinern]
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