Sieben Steinhäuser – das klingt ein bisschen nach kleiner Siedlung oder zumindest nach einer dörflichen Wüstung. Dem ist aber nicht so.
Vielmehr handelt es sich um eine jungsteinzeitliche Gräberstätte in der Osterheide, dem südlichen Teil der Lüneburger Heide in Niedersachsen, ca. 50 km nördlich von Hannover und ca. 15 km westlich von Bergen.
Ursprünglich lagen die Großsteingräber frei zugänglich in der Landschaft. Seit 1935 ist das leider nicht mehr so. Damals richtete die Deutsche... weiterlesen
Wehrmacht in der Osterheide einen Truppenübungsplatz ein. An der Existenz des Übungsplatzes änderte auch die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht und das Ende des Deutschen Reichs 1945 nichts. Zunächst übernahmen die britischen Besatzungstruppen den Übungsplatz. Bis heute wird die Osterheide als NATO-Truppenübungsplatz Bergen / NATO-Schießplatz Bergen-Hohne, nun unter dem Kommando der Bundeswehr, militärisch genutzt.
Daraus resultiert auch die stark eingeschränkte Zugänglichkeit der Sieben Steinhäuser. Soweit keine militärischen Übungen stattfinden, ermöglicht die Kommandantur des Truppenübungsplatzes interessierten Besuchern an Wochenenden und Feiertagen tagsüber den Zugang zur Grabanlage. Es gibt nur die Zufahrt vom Posten Ostenholz aus. Eine über 5 km lange Straße führt vom Posten zur Mitte des militärischen Sperrgebiets mit den Sieben Steinhäusern. Die Bundeswehr garantiert durch die regelmäßige Räumung von Munition und Munitionsresten die Sicherheit der Besucher. Allerdings dürfen die Besucher die Zufahrtsstraße und das Umfeld der Steinhäuser nicht verlassen. Infotafeln vor Ort vermitteln das nötige Wissen zur Anlage.
Errichtet wurden die Sieben Steinhäuser als Großsteingräber vermutlich vor ca. 4800 Jahren von damals hier ansässigen, Landwirtschaft betreibenden Siedlern der sogenannten jungsteinzeitlichen Trichterbecherkultur. Der Begriff wurde 1910 nach Funden von Bechern mit Trichterrand aus dieser Zeit geprägt.
Ob es jemals 7 Großsteingräber waren, ist nicht überliefert. Eine erste Erwähnung der Grabanlage durch den Archäologen und Reiseschriftsteller Johann Georg Keyßler (1693-1743) im Jahr 1720 nennt bereits nur 5 Gräber, wie auch ein zeitgenössisches Bild von 1744 nur 5 Gräber zeigt.
Durch den Regionalpolitiker Heinrich Guichard v. Quintus-Icilius (1798-1861) wurde das Gesamtensemble der Steinhäuser bereits 1823 als Kulturdenkmal unter Schutz gestellt
Der Heimatschriftsteller August Freudenthal (1851-1898) machte die Grabanlage durch seine Berichte der Allgemeinheit bekannt, so dass sie zu einem beliebten Ziel von Heide-Wanderern und Ausflüglern wurde.
Ursprünglich standen die Sieben Steinhäuser als markante Wegpunkte weithin sichtbar in der Heide. Ab 1850 forstete man die Osterheide mit Kiefern auf und die Grabanlage verschwand in den folgenden Jahrzehnten im Wald.
Ein weiterer Einschnitt, vor allem für die Zugänglichkeit, erfolgte 1935. Die von den Nazis aufgebaute Deutsche Wehrmacht benötigte zur Vorbereitung auf die kommenden Eroberungskriege die eine oder andere Spielwiese. Ein auserkorenes Areal war die Osterheide und so fanden sich die Sieben Steinhäuser unversehens im Kriegsspielgebiet wieder. Immerhin fand man die Grabanlage schützenswert und ebnete sie nicht ein, sondern umgab das Gelände 1936 mit einem Erdwall. Die 1924 begonnen Restaurierungsarbeiten an den zum Teil eingestürzten, zum Teil von Einsturz bedrohten Großsteingräbern wurden trotz des militärischen Übungsbetriebs 1937 abgeschlossen.
1958 wurden die Gräber dann einzeln mit mehrere Meter hohen Erdwällen zum Schutz vor Artilleriebeschuss umgeben. Dadurch ging der schon fast mystische Gesamteindruck der Sieben Steinhäuser vollständig verloren. Mit Mühe kann man zumindest einen Teil der Gräber von den Erdwällen aus überblicken. Ein Überblick über die ganze Anlage ist nicht mehr möglich – oder höchstens mit Drohnen. Aber gegen deren Einsatz auf dem Truppenübungsplatz dürfte die Bundeswehr etwas haben.
Wer in den Gräbern beigesetzt war, ist heute nicht mehr feststellbar. Die Gelehrten streiten sich bei den Großsteingräbern, ob es Einzelgräber von Stammesführern oder Erbbegräbnisse der Bauernfamilien sind. Die Bodenfunde sind nach Jahrtausenden dürftig und geben keine abschließenden Antworten. Auch in den Sieben Steinhäusern wurden archäologische Grabungen durchgeführt. Die Funde sind heute im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover zu sehen.
Auch sahen die Sieben Steinhäuser ursprünglich ganz anders aus als heute. Was heute sichtbar ist, sind die exakt nordöstlich ausgerichteten steinernen Grabkammern aus mächtigen, z.T. tonnenschweren Findlingen, die die Gletscher der Eiszeiten aus Skandinavien nach Norddeutschland verfrachtet haben. Für den technikverwöhnten Heute-Menschen ist es fast unvorstellbar, wie unsere Vorfahren vor tausenden Jahren ganz ohne Computergestützte Berechnungen, ohne maschinelle und motorgetriebene Hebe- und Transporthilfen diese Felsbrocken in der Heide zusammengesammelt und aufeinandergestapelt haben. Aber es ging irgendwie – mit Mann- und Tierpower und vermutlich mit heute primitiv anmutenden Hilfsmitteln.
Die Findlinge wurden an den Seiten z.T. eingegraben, die die Decken bildenden Findlinge liegen nur auf den Wandfindlingen auf und wurden nicht befestigt.
Nachdem man die Grabkammern errichtet hatte, wurden diese mit einem Fußboden aus Sand und feinen Kiesel versehen, um eine Entwässerung zu gewährleisten. Die Seiten wurden mit Trockenmauerwerk verschlossen und das Ganze mit Erde bedeckt, so dass die Gräber in ihrer Entstehungszeit Erdhügel waren. Archäologische Grabungen haben diese Erkenntnisse geliefert. Die Witterung trug die Erde im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende ab – übrig blieben die steinernen Grabkammern.
Auch diese, massiv anmutende Bauweise ist nicht für die Ewigkeit. Bis in die jüngste Vergangenheit müssen immer wieder Erhaltungs- und Restaurierungsarbeiten an den Grabkammern durchgeführt werden, um sie für zukünftige Generationen zu erhalten. Immer wieder kommt es vor, dass sich Steine verschieben, umstürzen und oder Deckensteine den Halt verlieren.
Fazit: sehr sehenswerte Anlage, auch wenn das militärische Umfeld mit Übungsbetrieb und Erdwällen den mystisch-romantischen Gesamteindruck fast zerstört haben.
Vielleicht wird der Truppenübungsplatz mal irgendwann nicht mehr gebraucht und wenigsten die Erdwälle könnten dann verschwinden und dem Jahrtausende alten Begräbnis- und Kultplatz ein bisschen von seinem Zauber wiedergeben.
Die Hoffnung stirbt zuletzt![verkleinern]