Die griechische Göttin Athena oder wie es hier deren römisches Pendant – Minerva ist eine, die in der Antike sehr beliebt gewesen ist. Sie galt als eine, die wie ihr Attribut eine Eule einen Scharfblick besitzt, der ihr den „waren Kern“ offenbart. Eine weitere Lesart ist aber auch ihre (heute schon sprichwörtliche) Weisheit. In der Mythologie, wenn sie sich dazu entschlossen hatte, einem „Helden“ zu Seite zu stehen, war sie eine verlässliche Hilfe, auf die man sich verlassen konnte.... weiterlesen
Gleichzeitig durch ihre militärische Rüstung wird sie als eine starke, tatkräftige Kämpferin dargestellt. Bei den absolutistischen Herrschern (die sich am liebsten selbst durch ihre Aufträge huldigten) war sie häufig ein Sinnbild einer weitsichtigen Regenten, der auch ihre weniger offensichtliche Bezugspunkte kennt. In die Entstehungszeit übertragen ist es ein (möglicher) Verweis, dass der Garten, in dem sich der Minervatempel befindet, ihr zu Ehren gestaltet worden wäre. Der Hintergrund ist, dass sie gleichwohl eine „Schutzherrin“ der Handwerker und der Kunst sei.
Wie die anderen „Bauprojekte“ des Kurfürsten Carl Theodor von Pfalz-Sulzbach war es eine gestaltete „Kulisse“ und eine Projektionsfläche der eigenen Möglichkeiten / Vorstellungen. Wie die meisten Gebäude im Schwetzinger Garten wurde diese sowohl entworfen und gebaut durch seinen bevorzugten Baumeister Nicolas Pigage. Innerhalb des besagten Areals war dieser architektonischer Einfall überhaupt einer der ersten, die fertig gestellt wurde. Die Gartenumgestaltung erfolgte ab 1753 aber bis von diesem Tempel überhaupt die Rede sein sollte, sollte mehr als ein Jahrzehnt vergehen. Wie so häufig (vor allem dadurch, dass der Kurfürst ab 1780 dauerhaft in München residierte) wurde einiges entweder gar nicht ausgeführt, wie es geplant war oder in einer anderen Form. Ursprünglich sollte es auf der anderen Seite der Sichtachse einen ähnlichen Tempel geben. Dieser wurde nie realisiert.
Wenn zwischen den Besuchen eines solchen wunderschönen Ensembles liegen, ist man sich nie ganz sicher (bekanntlich bestätigen die Ausnahmen die Regel ;-) ) sein, was man sich im einzelnen dort angeschaut hatte. Nach langem Nachdenken und als ich tatsächlich davor stand, fiel mir ein, dass davor ich ihn gar nicht gesehen haben konnte. Auf meinen Aufnahmen gab es einen „Beweis“! Ende der 90-er Jahre wurde der Minervatempel gerade restauriert. Die äußere „Hülle“ war von einer solchen aus Plastik verdeckt. So konnte ich um so deutlicher die Details bestaunen, die schon den Charme dieses Bauwerks ausmachen.
Der Tempel als solcher liegt ein wenig erhöht. Um ins Innere zu gelangen, müssen erst einige Stufen bewerkstelligt werden. Die namensgebende Göttin kann man schon von weitem erkennen: zum einen in einem Relief am Giebel aber die „wichtigere“ ist die aus Marmor im Inneren. Wenn man sich die Darstellung aus unterschiedlichen Jahren anschaut, liegt es nahe, dass ggf. die rechte Hand ergänzt worden ist. Als ich nach dem Attribut einer Fackel bzw. Flamme gesucht habe, wurde ich eher auf eine andere verwisen: die Göttin des Herdfeuers – Vesta. Dagegen spricht aber schon die Bezeichnung, die man hier lesen kann!
Als Anregung wurde ein römischer Heiligtum mit korinthischen Säulen genommen. Für Gewöhnlich bei der geringeren Fläche, die dort zur Verfügung steht, könnte man auf diese verzichten. Vermute dennoch, dass es aus optischen Gründen diese auch dort angebracht worden sind. Trotz das Minerva hier eigentlich im Mittelpunkt steht, wurde sie an die hintere Wand gestellt. Bei den antiken Vorbildern hätte man das sicherlich anders gelöst. Sie wird ebenfalls durch zwei der Säulen flankiert. Dadurch, dass sie nicht freistehend ist, habe ich ein wenig jene Details vermisst, die sie deutlicher als eine Kriegsgöttin kennzeichnen. Im Vergleich zu jenen, die mehrere Jahrtausende alt sind, fällt auf, dass diese weniger „heroisch“ daher kommt. In meiner subjektiven Wahrnehmung ist es eine Figur, die sich durch eine gewisse „Weichheit“ auszeichnet. Das meine ich aber weder abwertend, noch negativ, ganz im Gegenteil!
Durch die erhöhte Stellung auf einem Sockel schaut die Göttin auf einen herab. Ihr Gewand erinnert an das eines hohen Militärs mit dem Unterschied, dass ihre wilde Mähne unter dem Halm als Locken hervorlugen. Was ich mit meiner Formulierung gemeint habe, dass keine jener Darstellungen ist, die sich im üppigem Faltenwurf „verlieren“. Das was hier zu sehen ist, wurde dem Zeitgeschmack entsprechend bestens ins „Licht“ gesetzt. Betont werden nur wenige Partien. Da wäre zum einen der Knoten des Mantels auf ihrer linken Schulter, der als solcher auf der anderen Hand drapiert wurde. Wenn man über den Faltenwurf sich geneuer betrachtet, wird ein Detail sichtbar: eine Medaille oder etwas ähnliches, das unter diesem Angebracht worden ist. Die römische Rüstung ist hingegen aus meiner Sicht nur angedeutet. Ob das was was ihr linkes Knie verhüllt, dazugehört oder es ein weiteres Genwandbestandteil ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die Pose, in der sie zu schreiten scheint, kennzeichnet sich nicht als das grazile einer vornehmen Dame, sondern „militärisch-stramm“. Dafür spricht auch die entblößte Wade, die in einem solchen Falle verhüllt wäre!
Zwei Details fallen einem auf: oberhalb des Schenkels ist eine Art „Spange“ zu sehen, die (sagen wir mal) Tunika zusammenhält. Läßt man den Blick weiter schweifen, wird deutlich, dass das was sie in der rechten Hand und an ihr selbst etwas fehlt. Warum diese „schadhafte“ Stelle nicht wie die andere „repariert“ wurde, ist mir unbegreiflich! Insgesamt hat man den Eindruck, wenn man ihre Gesichtszüge „studiert“, dass sie mit den Gedanken völlig woanders wäre. Wie alles bisher angebrachte, ist das eine Lesart, die nicht jeder mit mir teilen braucht, weil sie rein subjektiv aus einem Impuls heraus, der bei mir aufgekommen ist.
Was ich bei meinen Recherchen herausgefunden habe, dass der Düsseldorfer Hofarchitekt und -Bildhauer Gabriel de Grupello es eigentlich für den Benrather Schlosspark (das damals noch weit vor der Stadt lag und bis 1920-er Jahre selbstständig blieb) ursprünglich konzipiert hatte! Die Idee wurde zur Gunsten dieses Standortes, in dem es sich bis jetzt befindet, geändert.
Es ist sehr lang geworden. Wenn ich ehrlich sein soll, fällt es dennoch schwer eine bestimmte Gesamtwertung abzugeben. Jetzt im Nachhinein finde ich es schade, dass ich keine Panoramaaufnahme des Inneren gemacht habe. Mir ist klar, dass es schon auf einige Details ankommt, die ich aber nicht abgeben kann. Auch wenn der Vorschreiber einer anderen Meinung ist möchte ich (vorläufig) ein OK aussprechen.
Eine Info möchte ich zum Schluss geben: aufgrund der momentanen Bestimmungen ist der Park in Schwetzingen bis auf weiteres geschlossen! Falls man sich diesen, bzw. den Minerva Tempel anschauen möchte, dem sei Geduld empfohlen![verkleinern]