Dr. Zell ist ein Augenarzt, dessen guter Ruf weit über Land reicht, was folgerichtig dazu führt, daß er auch gut ausgelastet ist und man auf einen Ersttermin u.U. ein paar Wochen warten muß. Die Folgetermine definiert er dann selbst anhand der erforderlichen Therapie und die können auch sehr kurzfristig sein.
Die Notwendigkrit, einen Augenspezialisten aufzusuchen, ergab sich, als mein Diabetes unter Beaufsichtigung durch das Gesundheitsministerium gestellt wurde und dieses Programm eine... weiterlesen jährliche Netzhautuntersuchung vorschrieb. Auf Dr. Zell kam ich durch Empfehlung seitens meiner Gattin mit dem sympathischen Argument, dort gebe es nur einen Chef und man sei als Patient noch ein Mensch und keine pathologische Fallnummer, wie es in Gemeinschaftspraxen nur allzu gerne der Fall ist.
Dr. Zell ist ein Mann von eher untersetzter Statur etwa in meinem Alter, also um die 60, aber im Gegensatz zu mir mit einem ungeheuren Energieeinsatz in allen seinen Bewegungen, ich bin da eher geizig. Und er trägt seine gut angegrauten Locken schulterlang. Damit sind wir schon zu Zweit und die gegenseitige Sympathie war von Anfang an so gut wie gesichert.
Die vorgesehene Untersuchung war Routine, weniger zumindest von meiner Seite her die Diagnose eines schon gut fortgeschrittenen Grauen Stars. Ich war entsetzt und hatte spontan panische Angst vor der unvermeidlichen Operation, über deren zeitgenössischen Ablauf ich denkbar uninformiert war. Und das Wissen darüber, daß der Eingriff bei vollem Bewußtsein vorgenommen wird, war in diesem Augenblick auch nicht gerade tröstlich.
Angesichts meiner offenkundigen Angst wies er mich nicht gleich in die Augenklinik ein sondern beobachtete den Fortschritt des Kataraktes erstmal in Quartalsabständen. Dabei benutzte er jede Sitzung dazu, meine Angst vor dem Eingriff Stück für Stück abzubauen, sodaß diese beinahe verschwunden war, als sich meine Sicht tatsächlich rapide verschlechterte. Mittlerweile habe ich die Operation hinter mir, wobei sich die Nachsorge beim ersten Auge wegen einer sehr schmerzhaften Allergie gegen das Konservierungsmittel in den von der Klinik verordneten Augentropfen problematisch gestaltet hat. Dr Zell fand die Ursache der unvorhersehbaren Entzündung im Ausschlußverfahren schnell heraus, wechselte das Medikament und jetzt habe ich zwei neue Gucklöcher aus Schwabbelsilikon, sehe wieder klar und meine zuvor starke Kurzsichtigkeit von -7 Dioptrien wurde bei dieser Gelegenheit auf erträgliche -2,5 Dioptrien korrigiert, sodaß ich die Brille jetzt nur noch zum Autofahren brauche. Gut, nicht wahr?
Ich vergebe deshalb nur ein 'fast perfekt' weil es fast unmöglich ist, in dieser Praxis einen präzisen Termin zu vereinbaren, was für Arbeitnehmer mit Gleitzeitvertrag, denen Arztbesuche von der Arbeitszeit abgezogen werden, sehr nachteilig sein kann. Wenn man zum ausgemachten Termin kommt und das Wartezimmer ist dummerweise voll, dann kann es schon mal sein, daß man 2 Stunden brummen muß, bis man dran ist. Dazu kommt, daß die Praxis in der Wangener Altstadt liegt, in der gebührenpflichtiges Parken nur eine Stunde lang erlaubt ist. Also parken Landpomeranzen wie ich sicherheitshalber gebührenfrei und zeitlich unbeschränkt am Stadtrand und tigern dafür bei jedem Wetter eine knappe Viertelstunde in die Innenstadt. Ich meckere ja nur deswegen, weil ich Praxen kenne, bei denen ein Patient mit vereinbartem Termin nicht länger als höchstens eine Viertelstunde warten muß, wenn auch zum Nachteil der 'Laufkundschaft', die einfach so reinschneit.[verkleinern]