"Zum Schlips".
Warum nicht? Gaststätten können die ausgefallensten Namen haben.
Wobei an dieser Dortmunder Einrichtung der Name noch das gewöhnlichste ist.
Was muss demzufolge ungewöhnlich sein?
Da seien zuerst die Öffnungszeiten genannt. Dienstag 18 bis 1 Uhr und am Sonnabend von 18 bis 3 Uhr. Kann man mit so kurzen Öffnungszeiten an nur 2 Tagen in der Woche existieren?
Die Zeit wird es weisen, denn "Zum Schlips" hat erst im Januar 2016 neu eröffnet.
Wobei festzustellen ist, dass es... weiterlesen
an dieser Stelle und diesem Namen bereits seit 1950 ein Lokal gab. Es diente zunächst als Probierstube für die gerade mal 500 Meter entfernte Spirituosenfabrik Krämer. Nachdem diese ( also die Probierstube, nicht die Krämer-Fabrik) geschlossen wurde, versuchten sich zahlreiche Gastronomen mit Bewirtschaftung, sie gaben alle mehr oder weniger erfolgreich auf.
Leerstand war die Folge.
Die Firma Muto Heimatgastronomie , die in Dortmund an mehreren Stellen aktiv ist, entdeckte schließlich die Brache , renovierte, investierte und eröffnete den neuen Schlips. Wie gesagt, im Januar 2016.
Komme ich nun zu Ungewöhnlichkeit No. 2, das ist das Angebot. Und das habe ich so noch nirgend erlebt, weil jede Imbissbude ein größeres hat.
Im "Schlips" gibt es genau 3 Getränke . DREI! Richtig gelesen.
Als da wären Wasser, Gin (Wacholder) Tonic und Stößchen.
Stößchen? Der Liebhaber verstaubter Altherrenwitze denkt jetzt vielleicht erregt an... naja, lassen wir das.
Der Dortmunder weiß, was gemeint ist. Für Auswärtige übersetzt bedeutet ein Stößchen, ein Bier im schlanken, sich nach oben erweiterten Becherglas.
Früher ohne Eichstrich nach Belieben des Wirts gefüllt, wurde ab 2004 wegen der Beschwerde eines Gastes (!!) auf Anweisung des Eichamtes die Kennzeichnung zur Pflicht. Seither gibt es in der Mitte des Glases einen 0,1 l-Eichstrich. Wie voll das dann gefüllt wird, bleibt zum Glück noch dem Wirt ( und dem Gast ) überlassen.
Gewerbeaufsicht und Finanzamt werden zwecks Kontrolle der Gesetzlichkeiten sicher ein Auge auf das Stößchen behalten.
Zurück zum "Schlips", ja, nur diese drei Getränke werden angeboten. Als Gin wird natürlich ein Produkt aus der nahen Firma Krämer verwendet, Wacholderschnaps dann gemeinsam mit einem Thomas-Henry-Tonic serviert.
Das Bier (Dortmunder Kronen-Pils ) kann als Einzelglas oder in Gesellschaft als Meter bestellt werden , das Gin-Tonic natürlich auch. Wasser wird in diesem Maß wahrscheinlich eher wenig bestellt.
Die Preise sind für die Großstadt moderat, Stößchen 1,80 €, Wasser 2 € und Gin Tonic 6 €. Im Meter günstiger.
Inzwischen gibt es zusätzlich noch einige wenige ausgewählte Spirituosen aus der Krämer-Fabrik zu 2 €/je 2 cl. Mehr aber wirklich nicht.
Für interessierte Gästegruppen kann der sogenannte "Privat-Schlips" bestellt werden. dann wird am reservierten Tag geöffnet, nur für die jeweilige Gruppe. Oder es bleibt auch mal einem der beiden Öffnungstage wegen "Geschlossener Gesellschaft" zu.
Das Motto " Drei Getränke, zwei Tage, eine Kneipe" könnte ein Erfolgsschlager werden. Zur Fußball-EM übrigens als fußballfreie Zone ! Fand ich gut.
Kleines Nachstößchen zur Erfindung des Stößchens.
Da ich kein Dortmunder bin, zitiere ich aus Wikipedia:
"Die Dortmunder Innenstadt war durch die Eisenbahnlinie der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft von der Dortmunder Nordstadt getrennt und zunächst gab es am Burgtor in Richtung Münsterstraße keine Unterführung. Menschen, welche die Eisenbahnlinie in Richtung Nordstadt queren wollten, mussten hier häufig vor geschlossenen Schranken warten. Aufgrund der stark frequentierten Eisenbahnlinie wurden die Schranken teilweise nur sehr kurz und unregelmäßig geöffnet. Ein Wirt einer anliegenden Kneipe erkannte das Potential und servierte fortan den wartenden Bürgern das Bier im schnell zu konsumierenden Stößchen"[verkleinern]