10.06.2016
Im Rahmen des Geocaching - megaEvents "Cachen im Grünen" 2016 wurde eine Führung auf der Citadelle Petersberg angeboten und mein Schatz war sofort Feuer und Flamme.
Also kraxelten wir - nach einem reichhaltigen Frühstück in unserem Hotel gut gestärkt - den kürzesten Weg zur Citadelle hinauf, der gleich neben dem Domplatz und dem dortigen Parkhaus hinauf führt.
Man kann auch über eine gepflasterte Straße hoch auf die Citadelle fahren. Es gibt dort einen kostenfreien... weiterlesen
Besucherparkplatz.
Schon standen wir vor den mächtigen Bastionsmauern und kurz darauf betraten wir die Citadelle durch das Haupttor mit dem Kommandantenhaus.
Bald nachdem wir unseren Obulus entrichtet hatten, begann die Führung, bei der Kanone an der neuen Wache.
Diese wurde für unsere Gruppe von dem Vorsitzenden des Fördervereins - einem rüstigen älteren Herren - höchstpersönlich geführt , der uns so einiges an Wissenswertem über die Geschichte der Citadelle an verschiedenen Stationen der Führung erklärte.
So ging es zunächst zurück zum Torhaus und dort in eine kleine militärhistorische Sammlung, bevor wir mit Taschen - bzw. Kopfleuchten und festem Schuhwerk eine längere Strecke über teils steile Treppen mit hohen Stufen durch die in den Festungsmauern verlaufenden Horchgänge liefen. Diese Gänge verlaufen oberirdisch im Mauerwerk, so dass man im Fall der Fälle Geräusche wahrnehmen kann, die darauf hindeuten, dass die Citadelle angegraben und auf diese Weise überfallen werden soll. Dies erklärt zugleich deren Namensgebung.
Sie sind insgesamt zwei Kilometer lang, wovon wir jedoch lediglich ein Teilstück bewältigten.
In den Gängen war es eisig kalt, aber das Cacherherz glühte vor Freude.
Nach einer halben Ewigkeit kraxelten wir wieder eine steile Treppe hinauf und standen dann auf einer der Bastionen mit herrlichem Blick auf Erfurts Innenstadt.
Die teils sehr restaurierungsbedürftigen Gebäude der Festung sahen wir - ausgenommen den Kanonenschuppen mit Exponaten zur Festung - nur von außen, wobei mich ein Blick in die Kirche als ältestem Gebäude der Festungsanlage schon sehr interessiert hätte.
So ging es im Galopp in etwa einer dreiviertel Stunde über das Gelände, weil schon die nächste Führung anstand. Regulär dauert so eine Führung ca. 1,5 Stunden. Über den Preis kann ich keine genauen Angaben machen,da es sich hier um einen Sonderpreis handelte. Ich schätze aber, dass die Führung unter 10 € pro Nase kosten dürfte.
Wer nun denkt, bei der Citadelle handelte es sich einst um eine Einrichtung zum Schutz der Stadt, der ist schief gewickelt. Vielmehr wurde sie auf dem Petersberg vor den Toren der Stadt errichtet , um die aufmüpfigen Erfurter in Schach zu halten.
Warum dies so war, dazu bedarf es eines Blickes auf das Wappen des Peterstores der Citadelle sowie der Stadt und in die Geschichte der Stadt.
(Wem es jetzt zu lang wird, der klinkt sich aus und kann sich noch die Bilder betrachten. Die Geschichtsinteressierten bleiben noch ein wenig da und lesen weiter.)
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Beim Blick sowohl auf das Wappen über dem Haupttor zur Citadelle sowie das Stadtwappen erkennt man das Mainzer Rad und dies hat einen realen Hintergrund.
Mit dem Ende des Thüringischen Reiches gehört Erfurt ab 531 n. Chr. zum Merowingerreich.
Bonifatius, der bereits 742 in Erfurt ein Bistum errichtet, löst dieses auf als er Bischof in Mainz wird und gliedert es 754 in das Bistum Mainz ein.
Auf dem Petersberg befindet sich zu jener Zeit bereits ein Kloster mit Klosterkirche.
Ein halbes Jahrhundert später wird Erfurt von Karl dem Großen zum Handelsplatz und zur Königspfalz ernannt.
Im Rahmen der ottonischen Reichskirchenreform geht auch die weltliche Herrschaft auf Mainz über.
Bereits im 12. Jahrhundert ist der Petersberg Teil der um 1066 entstehenden Stadtbefestigungsanlage.
Um bei der Festung Petersberg zu bleiben folgt nun ein Zeitsprung.
Zur militärischen Festung wurde das ehemalige Kloster im Zusammenhang mit der Unterwerfung der Stadt unter die Herrschaft des Mainzer Erzbischofs im Jahre 1664. Ab da wird die Anlage bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts sukzessive zur Festung ausgebaut.
Der zweitwichtigste Fürst im Reich, der Kurfürst von Mainz ist zu jener Zeit Stadtherr von Erfurt.
Dahinter stehen sicherlich wirtschaftliche Interessen, denn Erfurt ist eine reiche Handelsstadt. Vor allem der Anbau und Handel mit Waid, der blauen Farbstoff liefert, floriert.
Jegliches Streben der Bürgerschaft nach Unabhängigkeit wird Jahrhunderte lang unterdrückt.
Ein Symbol der Unterdrückung bleibt die Festung auch mit dem Wechsel unter die Preußische Oberherrschaft im Jahre 1802.
Auch die Ereignisse des Jahres 1813 - Völkerschlacht bei Leipzig und Kanonade Erfurt - führen zu keiner Änderung.
Nach Abzug der napoleonischen Truppen wird die Citadelle von den Preußen von 1815 - 1831 zur Defensionskaserne ausgebaut.
Ab 1860 war sodann das neu gegründete III. Thüringische Infanterieregiment Nr. 71 hier stationiert.
Ihre Bedeutung verlor die Feste nach der Reichsgründung, als Wilhelm der I am 20. Juni 1873 dem Befehl zur Entfestung gab. Es wurden aber nur wenige Bastionen abgetragen.
Während der Zeit des Nationalsozialismus befand sich auf der Citadelle ein Kriegsgericht sowie eine Untersuchungshaftanstalt für politische Gefangene. Während des 2. Weltkriegs wurde die Citadelle als Fliegerabwehrstellung genutzt und am 12.04.1945 von Amerikanischen Truppen eingenommen.
Nur wenige Jahre später ab 1949 waren hier Staatsicherheit, kasernierte Volkspolizei und NVA untergebracht.
Als wir etwa 1988 auf Verwandtenbesuch bei Erfurt an einem Sonntag auf dem Domplatz stehen und es uns auf den Hügel zieht, heißt es." Das geht nicht, da sitzt die Stasi".
Nach einer wechselvollen Geschichte verliert der Petersberg erst im Jahre 1990 seine militärische Bedeutung.
Ich habe mir sagen lassen,dass der Petersberg noch heute als Symbol der Unterdrückung bei den Erfurtern gilt.
Das ist wohl der Grund,warum das Leben in der Stadt unten tobt,während hier oben der Wind um die zum größten Teil verlassenen Gebäude streicht.
Es ließe sich hier noch ein ganzer Roman zur Geschichte des Petersberges , zur Baugeschichte der Citadelle und darüber, wie er Jahrhunderte lang als Institution zur Unterdrückung des Volkes genutzt wurde, berichten, was aber den Rahmen sprengen würde.
Interessierte erhalten gegen eine Schutzgebühr von 4,90 € ein kleines Paperback - Büchlein mit dem Titel "Citadelle Petersberg" in der Touristinformation am Benediktsplatz.
Mit diesem kleinen Führer versehen, kann man die Citadelle auch recht gut auf eigene Faust entdecken.[verkleinern]