- bestätigt durch Community
- Ausgezeichnete Bewertung
Nürnberg und da bin ich nicht die einzige, die dieser Ansicht ist, ist eine Stadt voller Kontraste. Nicht immer ist es ersichtlich, dass man mit einem Verweis auf die Vergangenheit zu tun hat. Bei einem Ort, der wie dieser seit Jahrhunderten bestand hat, ist es zudem der Lauf der Dinge, dass sich dabei einiges den Veränderungen unterworfen ist. Der Bereich auf dem der Norisbrunnen aufgestellt worden ist, lag bis ins 19. Jahrhundert hinein ein Stück hinter der Stadtmauer. Wie in den letzten... weiterlesen Beiträgen erwähnt, durch die rasch fortschreitende Industrialisierung gab es ab etwa Mitte des besagten Jahrhunderts infolge dessen sich Menschen sich dort niederließen. Gleichzeitig, wer es sich leisten konnte, „entdeckte“ die heutige Südstadt als „Naherholungsgebiet“ für sich. So heißt es, dass bis zur nächsten Jahrhundertwende sehr viele repräsentative Villen und Häuser entstanden. Auf der anderen Seite gleichwohl auch Gärten für die Selbstversorgung. Der sog. „Archivpark“ oder besser gesagt ein Teil davon nur „Auserwählten“ vorbehalten. Damit meine ich, dass ein Zusammenschluss von (erfolgreichen) Kaufleuten sich ein beträchtliches Grundstück für ihre Treffen erworben worden ist. Diese Versammlungen wurden unter der Bezeichnung „Colleg-Gesellschaft“ geführt. Vielleicht würde es in einer geänderten Form eine „Neuauflage“ geben können aber weil das „Schlösschen“ zu sehr im 2. WK zerstört worden ist, hat es dazu geführt, dass es hinterher keine Fortführung gegeben hatte.
Ein Ort kann aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Für Kurt Klutentreter (der Bildhauer heißt wirklich so und ist KEIN SCHIMPFWORT!) war es ein anderer Aspekt im Vordergrund stand. Der erste genehmigte Entwurf sah an der Stelle ganz anders aus, der als eine Personifikation der Stadt Nürnberg dienen sollte. Nach einer Ausschreibung folgte statt einer Errichtung eines solchen Denkmal eine ganze Menge „Argumente“ seitens der Stadtverwaltung warum es in der angedachten Form nicht „machbar“ wäre. Nun sieht man zwei Rücken, an Rücken stehende Frauen, die zum einen, eine die aufrechtstehend in die Ferne blickt und auf der anderen eine „Trauergestalt“, die ihr Gesicht mit einer Hand bedeckt und nach unten schaut. Sie beiden stehen für die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Stadt zusammen. Es geht um Trauer und einer „Bewusstmachung“, dass nach Krieg Elend und Niedergeschlagenheit kommt, die mit der Zeit sich zum besseren wenden kann. Auch, wenn ich diesen Hintergrund mir nicht bei der Betrachtung bekannt gewesen ist, hatte schon den Eindruck gehabt, dass es sich um zwei Seiten einer „Medaille“ handeln könnte. Jedoch nicht, dass in diesem Zusammenhang steht.
Was eigentlich Klutentreter eigentlich vorschwebte, war ein Hinweis auf eine weitere (nicht mehr existierende) Adresse „lieber“ wäre, die direkt mit seinen Verwandten zu tun hatte! Nürnberg ist seit dem 19. Jahrhundert für die Herstellung von Schreibwaren (insbesondere Bleistiften) sehr berühmt gewesen. Den Darstellungen neben dem Brunnen zufolge, gab es unweit dessen eine solche Fabrik. Auf einem aufgeschlagenen Buche, der als „Ergänzung“ zum Brunnen verweist der Bildhauer und Stifter in einer Person folgender maßen seinen Unmut, über die Entscheidung der Stadt und was ihm über Noris (Nürnberg) einfällt. Diese gereimten Verse stammen von ihm (habe bewusst auf jegliche Trennung verzichtet):
„Woran denkt bei der Noris man:
An die erste deutsche Eisenbahn,
Christkindlesmarkt, gebratene Wurst,
Nürnberger Bier gegen den Durst.
Zweirad- und Bleistiftindustrie
Nürnberger Trichter und sowie
Die Lebkuchen und die Spielwarenmessen
Das Volksfest wollen wir nicht vergessen,
den Tiergarten, das Norisrennen,
das Männleinlaufen alle kennen.
Die Kirchen und die Burg hoch oben,
den Schönen Brunnen, den gilt’s zu loben,
den Peter Vischer, Gänsemännlein,
Nürnberger Ei von Peter Henlein.
Eh‘ Karussell und Narrenschiff
Sind Webers neuer Kunstbegriff.
An Dürer, Beheim, Stoss und Kraft,
auch an die Deutsche Meisterschaft,
die unser Club neunmal errang.
Der Meistersinger edlen Klang,
Auch an die trostlose Zerstörung,
an Bombenterror und Verheerung,
an Hunger, Elend, Tod von Lieben,
wo keiner ist verschont geblieben.
An nachbartlich helfenden Hände,
an Luftschutzbunker, Dachstuhlbrände,
die unsere Noris musst‘ erleiden,
wodurch sie wieder auferstanden
als Schatzkästlein in deutschen Landen.
Und nicht zuletzt an Hans Sachs!
Dass unser Nürnberg blüh‘ und wachs‘,
das wünscht von uns bestimmt ein jeder,
somit auch der Kurt Klutentreter,
der diesen Norisbrunnen hat
gestiftet seiner Vaterstadt.
Jetzt nach Geschmack
Der Stadt erstellt,
er ihm nicht sonderlich gefällt.
1994
Unterhalb des auf einem kleinen Steinblock liegendem Buch ist eine weitere Tafel angebracht. Diese hat mich wirklich bewegt, weil man bestens nachvollziehen kann, warum er von der „Zurückweisung“ seines Entwurf zugunsten eines, das von der Stadt Nürnberg „aufgezwungen“ wurde… Ohne die Bleistiftfabrik „Lyra“, wo sich seine Eltern Kurt und Anni als Azubis kennen und lieben lernten. Eine solche familiäre Verbindung fände ich deutlich spannender, als einen solchen Verweis an der Stelle vorzufinden, statt dieses Werks. Wie ich an mehreren Stellen im Netz gelesen habe, ist das Norisbrunnen bei den Einheimischen sehr umstrittenen. Auch bei mir hat er zwiespältige Reaktionen bei mir hervorgerufen. Wenn man es auf sich wirken lässt, hatte ich eher den Eindruck gehabt, dass es im Zusammenhang mit solchen „stilisierten“ Darstellungen der Nazizeit zu tun haben könnte. Das hat sich (zum Glück) nicht bestätigt! Es ist eine Kombi aus einer steinernen Einfassung des Brunnenbeckens, in dessen Mitte die Bronzeobjekte aufgestellt worden sind. Wie ich herausgefunden habe, durch die Tatsche bedingt, dass der ursprüngliche Entwurf vom damaligen Stadtbaumeister Walter Anderle abgelehnt wurde, wurde stattdessen ein weiterer Künstler – Hanspeter Widrig mit einem neuen betraut. Auf ihn geht nun das vorliegende Werk zurück, die auch von ihm umgesetzt wurde. Ehemals gab es einen Verweis auf Klutentreter als Stifter, das inzwischen entfernt und durch den – wie ich herausfand, Lesepult mit dem gereimten Text ersetzt wurde!
Das 1991 eingeweihte Denkmal ist aus meiner Sicht eins, dass, wie auch die Anfangs beschriebene Umgebung sich durch Kontraste auszeichnet. Bei dem hier verwendetem Stein, der unterhalb des „Bronzekorpus“ zu finden ist, handelt es sich um eine Betonmauer, die zusätzlich mit Basaltsteinen „verfüllt“ worden ist. Sie wurden aneinandergefügt zu einer Art „Brücke“ zwischen den Seiten des Beckens platziert. Zuerst ging ich davon aus, dass beide Damen unbekleidet dastehen würden, stattdessen der „stolzen“ wurden ein Kleid und Schuhe verpasst und bei dem Gegenpart ist es lediglich ein Überwurf, der ihre Schulter bedeckt. Erst bei einer großen Vergrößerung ist ersichtlich das jene barfüßig sei. Durch die erhöhte Position der zuerst beschriebenen, hat man zudem den „Verdacht“, so erging es mir jedenfalls, dass das „Heile“ / „Strahlende“ im Mittelpunkt stehen soll! Vielleicht können auch andere meine vorher erwähnten Bedenken nachvollziehen, die mir in den Sinn gekommen sind.
Erneut ist es sehr lang geworden… Manche Werke, auch wenn sie ihre Daseinsberechtigung besitzen, hinterlassen ein Gefühl, das sich nicht mal beschreiben lässt, wenn man es anderen vermitteln wollte! Heutzutage ist es keine Selbstverständlichkeit, dass sich ein Brunnen im Betrieb befindet. Bei diesem war es nur zum Teil der Fall gewesen. Warum nur eine Hälfte mit Wasser befüllt werden konnte, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Hinzu kommt aber auch, dass bei der „Funktionierenden“ das nur partiell der Fall gewesen ist. Weil es gleichwohl auf solche Details ankommt, habe ich mich besonders mit dieser Bewertung schwer getan. Da hat mir ein anderes Werk des Künstlers, das ich vor kurzem vorgestellt habe – das Narrenschiff, möchte ich insgesamt nicht all zu streng sein (trotz das andere das nicht in der gleichen Weise sehen müssen) und nach Abwägung aller „Vorbehalte“ möchte ich dennoch sehr solide 3 Sterne geben.
Um sich den Norisbrunnen anzuschauen, bzw. den Archivpark ist es ratsam bis zu den U-, Bus- und Straßenbahnhaltestellen am Friedrich-Ebert-Platz zu fahren. Mit Parkplätzen sieht es eher schlecht aus. Von dort aus sind es nur noch wenige Schritte, bis man diese Sehenswürdigkeiten erreicht hat. Ob es einem „wert“ ist, sich dorthin zu begeben, sei jedem selbst überlassen. Dennoch auch bei der Empfehlung gilt das gleiche was ich zuvor geschrieben habe. Wie immer auch: am besten selbst testen ;).[verkleinern]