Ganz Sindelfingen besteht aus Daimler-Werken. Ganz Sindelfingen? Nein! Inmitten der omnipräsenten Daimler-Hallen steht ein überdimensionaler blau-gelb gestrichener Borg-Kubus, äh…. IKEA. Nach der lässigen Anreise auf der nahen A81 sieht sich der mit dem Auto anrückende potentielle Kunde einer spannenden Auffahrt ins Parkhaus konfrontiert. In unzählbaren und respektabel ansteigenden 360°-Turns schlängelt sich Mensch mit Fahrzeug durch die Auffahrt zum Parkdeck. Fiese Schrammen an der Außenwand... weiterlesen
der Todesspirale (vulgo: Kotzkarussell) künden von verlorenen Schlachten vorheriger PKW-Fahrer gegen Zentripetalkraft und Kurvenradius. Besonders subtil: während die Spirale immerwährend rechts dreht, befindet sich die Ausfahrt aufs Deck schlussendlich links. Ich frage mich, wie viele spiralig eingelullte Rechtsfahrer hier schon die Wand mitgenommen haben… Das Parkdeck selbst ist riesig und Platz findet man eigentlich immer. Sollte Deck 1 voll sein, wartet Deck 2 auf parkwütige Rechtsdreher.
Mit einem ordentlich dimensionierten Aufzug fährt man dann in den Eingangsbereich, in dem genervte Eltern ihre Kinder im Bällchenland zwischenlagern können, des Weiteren findet sich eine Toilette und ein Kinderkino.
Paradoxerweise muss man dann wieder ein Stockwerk nach oben, um sich auf einem vorgefertigten Pfad durch die Möbelausstellung zu manövieren. So latscht man massenweise Zeug ab, das man eh nicht kaufen will. In Reih und Glied warten hier Sofas, Betten, Billys, Küchen und co. auf potentielle Kunden. Das spannende sind und bleiben die Namen der Produkte. Tatsächlich ist der Unterschied zwischen Namen skandinavischer Death-Metal Bands und Ikea-Möbeln fließend. Ob Viksjö, Kult und Agger nun die heimische Küche oder eine siffige Bühne auf einem Festival zieren, lässt sich manchmal namenstechnisch nicht so ganz genau auseinanderdividieren.
Hat man die Möbelschau überwunden, wartet das Restaurant. Hier gibt es alles, was das Klischee-Herz begehrt. Köttbullar, Lachs, Lingon-Schorle, Mandeltarta und ähnliches warten hier auf hungrige Mäuler. Die scheint es massenweise zu geben. Der sparsame Schwabe profitiert von billigen Kinderpatschnudeln, mit denen all die Kinder versorgt werden, die sich dem Bällchenland vehement verweigert haben. Gelegentlich schallt auch per Lautsprecher ein Aufruf durch die heiligen Hallen, in dem Eltern gebeten werden, ihren kleinen Renitenzler mit komischen Namen aus dem Bällchenland abzuholen („Der kleine Finn-Leviathan-Jason möchte gerne aus dem Spieleparadies abgeholt werden!!“).
Gut gestärkt führt von hier aus der Weg wieder ein Stockwerk tiefer. Hier warten „Kleinartikel“ und Deko auf gewaltige Anstürme kaufberauschter Damentrupps. Was in Supermärkten die kassennahe Quengelware ist, ist hier eine ganze Quengelabteilung, die im Hirn einiger dekowütiger Damen die Basalfunktionen wieder bloßlegt. Haben! Kaufen! Guck mal! Hier! Haben! Das brauche ich auch! Haben! Als Hit-and-Run-Shopperin kann ich das nicht nachempfinden. Ich kaufe, was ich gesucht habe und gehe wieder. Schleunigst.
Im Anschluss an die Quengelabteilung findet sich ein gewaltiges Hochregallager, in dem man die Möbel zuammenstoppeln darf, die man mitzunehmen gedenkt. Das alles schiebt man samt der Kleinteilorgie zur Kasse. Wahlweise lässt man kassieren oder wählt – ganz IKEA-like die Selbstkassierer-Kasse.
Hinter der Kasse lauern Hotdogs und schwedische Klischee-Lebensmittel, die der geneigte IKEA-Gänger als Reminiszenz an das Kantinenessen kaufen soll (Guck mal! Köttbullar auch für daheim!!). Meine Hackbällchen mache ich selbst. Danke. Kauft man sich einen Hotdog samt Getränk, darf man den Becher an zwei Trinkstationen immer wieder auffüllen. Mehr als einen halben Liter Softdrink oder Wasser in der Temperatur eines nordschwedischen Gletscherbachs kriegt aber eh kein Mensch runter… Daher ist der all-you-can-drink-Deal ziemlich mies.
Mit dem Aufzug geht es zurück aufs Parkdeck, wo man in gewohnter Tetris-Manier die Ausbeute des Einkaufs im Kofferraum verschwurbelt. Nach einem weiteren Ritt durch ein Kotzkarussell (diesmal linksdrehend!) erreicht man die Ausfahrt des Geländes. Uff. Die anschließende Heimfahrt über Autobahn und Schönbuch sind dann durchaus entspannend… vor allem wegen des guten Gefühls, den Shoppingwahnsinn wieder einmal überstanden zu haben.
Mehr als drei Sterne sind trotzdem nicht drin…. Aber dafür müsste ich jetzt die Geschichte vom Tisch mit dem Wutbein erzählen… das schweift dann doch zu sehr ab. Fassen wir es kurz: Fehlende Einzelteile sind beim Zusammenbau sehr sehr lästig. Insbesondere fehlende Gewinde ;) Die Fahrerei für ein Kleinteil nervt dann umso mehr. Die vorgegebenen Wege innerhalb des Ladens strengen auch sehr an… Insbesondere, wenn man ja eigentlich ganz genau weiß, was man will.[verkleinern]