In Tübingens stiefmütterlich behandelter 1b-Lage mit Feinstaubmaximalgarantie etabliert sich seit einigen Jahren zunehmend ein Mittagessenshotspot mit Imbissen jedweder Couleur und mit Angeboten jedweder Vegetarismusstufe. Hier war ich zum Tübinger Mittagessen verabredet… ausgerechnet hier. Ausgerechnet zur besten Essenszeit. Und leider hatten wir auch kein Glück beim zyklischen Futterwellengang, der sonst hier durch die Imbisse brandet. Statt Ebbe war Flut und wir haben demokratisch und sehr... weiterlesen spontan beschlossen, die Lokation zu wechseln.
Das Centrale liegt in der Banken- und Beamteneinflugschneise Doblerstraße, nur eine Hausecke und den Sprung einer sehr großen Katze (etwa 100m) vom Imbiss-Epizentrum entfernt. Beim Betreten erwartet den hungrigen Gast eine Art begehbarer Speiseschlauch… eine Bar, ein Gang, an der Fensterfront Hochtische mit Platz für bis zu vier Speisewillige. Rechts und links rechts Bar warten auch noch ein paar Tischlein auf Kundschaft.
Auch hier war es solide voll, aber der geschäftige Kellner verwies auf „Gewölbekeller, Treppe runter, links“. In der Kellererweiterung des Restaurantschlauchs war es erfreulich ruhig, man konnte sich prima unterhalten. Netterweise war der Keller auch gut geheizt und Frostbeulen beim Löffeln blieben aus.
Die Getränke waren fix bestellt und die Mittagskarte mit vier Gerichten (dreimal Pasta, eine davon vegetarisch, eine Pizza) war so übersichtlich gehalten, dass die Auswahl ebenfalls schnell vonstattenging.
Der, für einen Euro zusätzlich erhältliche, gemischte Salat kam schnell und konnte nicht minder schnell wieder vergessen werden. Eine Mischung aus allem drum mit allem dran, in weißlich-opakem Dressing versenkt und mit einer Scheibe Toast garniert. Nicht besonders gut, nicht besonders schlecht… Eher vom Typ „Hab ich gleich wieder vergessen… Wie?! Ich hatte Salat?!“
Mein Hauptgericht bestand aus Spaghetti in einer lecker-schlonzigen Gorgonzolasauce mit Stückchen von der Schweinelende. Letzterer hätte ein paar Minuten weniger Aufenthalt in der Pfanne durchaus nicht geschadet. Das ist allerdings Jammern auf hohem Niveau… Auf meinem Teller lag jetzt keine schweingewordene Atacama-Wüste in Häppchenform, sondern einfach nur sehr mageres und sehr schlecht auf den Punkt bratbares Fleisch.
Mein Gegenüber hatte Penne all’arrabbiata, die sehr vorzüglich aussahen und scheinbar auch genauso mundeten. Ich persönlich traue mich mittags nicht an Tomatensauce. Murphy’s Gesetz zwingt mit Garantie mindestens einen Saucentropfen dazu, in einer ballistischen Flugbahn das getragene Oberteil anzusteuern und lässt einen für den Rest des Tages wie einen Lebensmittelgrobmotoriker aussehen… Ich verzichte…
Der Nachtisch-Espresso war stark und gut und half, das aufkommende Fresskoma in einen erträglichen Rahmen zu zwingen. Auch die Bezahlung ging schnell und schnörkellos vonstatten und mein Gegenüber und ich wackelten satt und zufrieden bis zur Kreuzung aus Imbiss-Epizentrum und Gerichtsmeile. Dort trennten sich unsere Wege.
Von mir gibt es vier Sterne – den einen Stern hat der Salat… ich hatte Salat…?!! leider gekostet. Für mein Gegenüber gibt es glatte fünf Sterne plus. Vielen Dank für das wunderbare Mittagspausengespräch – jederzeit gerne wieder! Das gilt sowohl fürs Centrale als auch, ganz besonders, für mein Gegenüber.
Der Schlauchteil des Centrale ist barrierefrei, der Gewölbekeller leider nicht. Besonders ökologische Tübinger können auch mit dem Stadtbus Linie 10 (Richtung Österberg) anrücken. Die Bushaltestelle befindet sich nur einen kleinen Sprung einer mittelgroßen Katze (20m) entfernt.[verkleinern]